Review: Rec-Z – Verstärkung-EP



  • 01. Intro feat. DJ Trackatteasy
    02. Angekommen (Mad Diary-Version) – B-Chris
    03. Kolibri (Mad Diary-Version)
    04. Drahtseilakt (Mad Diary-Version)
    feat. B-Chris
    05. Engel oder Teufel (Mad Diary-Version)
    06. Stereotypen (Mad Diary-Version)
    07. Leitwolfgene (Mad Diary-Version)
    feat. B-Chris
    08. Outro (Mad Diary-Version)


    Crossover aus Rap und Rock gibt es nicht erst seit heute und so versuchten sich bereits entsprechend viele Künstler – mal mehr, mal weniger erfolgreich – an einer Symbiose der beiden Genres. Oftmals ergibt sich bei dem Versuch einer solchen Fusion meist eines von zwei großen Problemen. Einmal wird versucht, in einen schlichten HipHop-Beat etwa ein kratziges Gitarrenriff oder härtere Drums "reinzuschustern", wodurch ein halbgares Mischwesen entsteht, bei dem sich die Intention zwar erkennen lässt, das letztlich aber doch nur ein Raptrack mit entliehenen, genrefremden Elementen bleibt. Im anderen Fall werden Inhalt und Aussage zugunsten eines geeigneten "Mitgröl-Textes" geopfert, sodass das Endergebnis nur noch entfernt bis gar nicht an Rap erinnert und nur platten "Auf die Fresse"-Sound bietet. Auch der in der Nähe von Hannover geborene Rec-Z und sein langjähriger Rapperkollege B-Chris wagen mit ihrem neuesten Werk den Schritt heraus aus den bekannten Gefilden, umgehen die erwähnten Problematiken hierbei aber relativ geschickt. Wie genau sie das machen und was den Hörer der "Verstärkung"-EP erwartet, erschließt sich beim Anhören dieses Projekts.


    "Ich bin auf 'nem guten Weg/
    Etwas Revolutionäres zu schaffen – kein Rap, wie er im Buche steht/
    Das ist Musik, um drüber nachzudenken/
    Das ist anstatt mit Fäusten mit Kräften der Sprache kämpfen/
    "
    (Rec-Z auf "Kolibri")


    Beim Blick auf die Tracklist fällt eines sofort auf: Die EP setzt sich aus bereits veröffentlichten Titeln zusammen, welche für das neue Projekt frische, rockige Gewänder erhielten. Das bedeutet, dass sich der Inhalt selbst bereits auf "gewöhnlichen" Beats beweisen musste, ohne durch harten, lauten Sound über mangelnde Aussage hinwegtäuschen zu können. Entsprechend gehaltvoll klingen dann etwa die Texte von "Angekommen", auf dem sich B-Chris mit Zukunftsängsten und ihrer Verdrängung auseinandersetzt, oder Rec-Zs "Kolibri", auf dem der Rapper von seiner Musik, der Liebe zu ihr und seinen Ambitionen dahinter berichtet. Auf "Drahtseilakt" werden beide Thematiken geschickt verbunden, da sich das Leben zwischen privaten Sorgen und dem Musikmachen als ebensolcher herausstellt. Rec-Z und B-Chris befassen sich mit der Frage, ob Rap einen hohen Stellenwert im Leben einnehmen darf, solange die private Zukunft noch in der Schwebe zu hängen scheint, oder ob es letztlich eine Frage des Erwachsenwerdens ist, die Musik irgendwann an den Nagel zu hängen. Die Aussage steht bei beiden Künstlern stets im Vordergrund und scheint deutlich wichtiger als die Raptechnik zu sein, sodass den Hörer Tracks mit Bedeutung und Tiefgang, jedoch ohne unpassende Doubletime-Einlagen oder zahllose Punchlines erwarten – wenngleich Rec-Z auch technikorientierten Rappern ihre Daseinsberechtigung zuspricht. So befasst er sich mit unterschiedlichsten "Stereotypen" zwar kritisch und weist auf fragwürdige Aspekte in Sachen Image und Schubladendenken hin, gibt jedoch auch zu bedenken, dass selbst der klischeeschwangerste MC auf seine Art und Weise gut sein kann. Hierbei schwingt sicherlich auch der Wunsch mit, als Künstler fair und objektiv behandelt zu werden, was er in der Szene und von Seiten der Hörer nur als bedingt gegeben sieht, wie Rec-Z auf "Engel oder Teufel" beschreibt. Zur Not wird nach dem Motto "Scheiß auf die Szene" weitergemacht und man lässt das Alphatier raushängen, auch wenn selbst bei der neuen Version von "Leitwolfgene" das Knurren noch nicht so beeindruckend rüberkommen mag, wie es das vermutlich tut, wenn vor der Bühne das Wolfsrudel mitknurrt.


    "Scheiß auf die Szene/
    Denn es geht hier nur um Chicks, als wären wir streitende Hähne/
    Okay, ihr habt es vielleicht versucht – ahu!/
    Alle folgen unserem Leitwolfruf/
    "
    (Rec-Z auf "Leitwolfgene")


    Denn genau hier liegt der Ursprung der Idee zur "Verstärkung"-EP. Aus mehreren Live-Performances, bei denen der Beat nicht "aus der Dose", sondern von einer Band ertönte, ergaben sich quasi von selbst neue, rockige Untermalungen für die Rapparts von B-Chris und Rec-Z. Was daraus entstand, wurde mit der dreiköpfigen Rockband Mad Diary aus Hannover dann zurück ins Studio transportiert und neu aufgenommen. Wenngleich der Live-Charakter natürlich nicht ganz auf eine Studio-Aufnahme übertragen werden kann, passt das neue Soundbild in den meisten Fällen dennoch recht gut und überzeugt klanglich. Schon das "Intro", das hauptsächlich von der Kombination aus lauten Gitarrenriffs und Scratches lebt, lässt erahnen, dass gerade Rec-Zs tiefe, oftmals sehr grimmige Stimme durch die rocklastigen Instrumentals noch an Kraft gewinnt.


    E-Gitarre, Bass und Drums der Band klingen genauso sauber und klar wie die Vocals der beiden Rapper, wodurch sie sowohl unabhängig voneinander als auch in Kombination bestens funktionieren. Die "Leitwolfgene" scheppern lauter und klarer aus den Boxen, als sie es bei der ursprünglichen Version taten, und das neue "Stereotypen" spielt hinsichtlich Energie und Kraft in einer völlig anderen Liga als der Vorgänger. Doch auch die ruhigeren Stellen der EP, wie etwa die nachdenklichen Tracks "Kolibri" und "Angekommen", werden von passend sanften, melodiösen Klängen eingehüllt und stehen den Originalen weder klanglich noch von der überzeugenden Vermittlung der jeweiligen Emotionen her in irgendeinem Punkt nach. Näher als auf der "Verstärkung"-EP kann man dem Hörgenuss eines Liveauftritts von Rec-Z nur dann kommen, wenn man ihn tatsächlich auf der Bühne performen sieht.


    Fazit:
    Wo es für gewöhnlich schon schwer ist, innerhalb eines Genres den Geschmack vieler Leute zu treffen, scheint es bei einem solchen Crossover noch schwieriger, sowohl überzeugenden Rock als auch ansprechenden Deutschrap zur selben Zeit zu liefern. Doch auch wenn eine Verschmelzung zweier Genres logischerweise nie ganz Fisch oder Fleisch sein kann, haben Rec-Z, B-Chris und die Band Mad Diary doch ein Projekt geschaffen, bei dem kaum Reibungsflächen entstanden sind, sondern sich beide Musikgenres gegenseitig unterstützen. Ab und an fällt zwar auf, dass das Fehlen der Live-Atmosphäre die ein oder andere Stelle der EP etwas schwächeln lässt, doch im Großen und Ganzen hat es sich für Rec-Z durchaus gelohnt, sich "Verstärkung" zu holen, um ein funktionierendes Crossoverprojekt zu verwirklichen.



    Wobo Solagl (Daniel Fersch)

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  • EP ist gut, ohne Frage. Aber finde Rec-Z auf solchen Beats/Arrangements eher nicht so pralle.. Vielleicht auch einfach zu simpel alles gewählt.

  • Danke für eure Arbeit!


    Eine Minikorrektur:


    "Scheiß auf die Szene/
    Denn es geht hier nur um Chicks, als wären wir streitende Hähne/
    Okay, ihr habt es vielleicht versucht aber – ahu!/
    Alle folgen unserem Leitwolfruf/"
    (Rec-Z auf "Leitwolfgene")


    So macht es auch ein wenig mehr Sinn ;)

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