Review: Afrob – Push



  • 01. Immer weiter
    02. R.I.P.
    feat. Megaloh
    03. Wer bin ich?
    04. Schwerer Anschlag
    feat. Samy Deluxe
    05. Zeit Intro
    06. Zeit
    feat. Phono
    07. Ruf deine Freunde an feat. Max Herre
    08. Freundschaft +
    09. Keine Gefangenen
    10. Push
    11. Fuss in der Tür
    feat. Der Stamm
    12. Ich mag an dir feat. She-Raw
    13. 808 Walza feat. Telly Tellz & Asmarina Abraha
    14. Jeder geht
    15. Von Pfaffenäcker ins Märkische
    16. Lampedusa
    feat. Habesha


    Stuttgart – eine Stadt mitten in Baden-Württemberg und nebenbei bemerkt die sechstgrößte Stadt Deutschlands. Vor wenigen Jahren kam ein junger Mann von hier mit seinem Raop-Stil ganz groß raus. Und vor einigen Jahren mehr brachte dieser Ort einige Größen des deutschen HipHops hervor. Denn nicht nur die Mitglieder der Crews Massive Töne und Freundeskreis sind hier aufgewachsen, sondern auch eine der Legenden der frühen Deutschrapszene – Afrob. So kann der Wahlberliner seit seinem 1999 erschienenen Debüt "Rolle mit Hip Hop" inzwischen nicht nur vier Soloalben, sondern beispielsweise auch ein Kollaboalbum mit Samy Deluxe vorweisen. Selbst in den letzten fünf Jahren ohne Solo-Release war er doch immer präsent und machte vor allem durch seine Feature-Parts in letzter Zeit stark auf sich aufmerksam. Das Release eines neuen Albums war somit nur selbstverständlich – aber pusht Afrob sich mit "Push" wirklich wieder einmal in die oberste Riege des Deutschraps?


    Mit dem ersten Track stellt der Eritreer definitiv schon mal klar, dass er an genau dieser Stelle gebraucht wird. Unterstützt von einem nach vorne treibenden Beat mit imposant ankündigenden Trompeten soll der Hörer darauf eingestimmt werden, was ihn auf der Platte erwartet. Doch obwohl Afrob nicht dem Trend anderer Legenden der Szene folgt und sich nicht dem Mainstream-Pop hingibt, gibt es auch nicht den gleichen Sound wie früher. Ganz im Gegenteil, auf den 16 Anspielstationen geht es nicht nur inhaltlich in verschiedene Richtungen, sondern auch musikalisch war der Interpret diesmal etwas experimentierfreudiger. So geht es in einer reichhaltigen Stunde von straightem Rap über Reggae bis hin zu Pop. Und immer dabei: die Wortgewalt des Künstlers.


    "Es ist wieder Zeit und ich schließe den Kreis/
    HipHop braucht mich mehr denn je, ohne Scheiß/
    Solange ich das Gras rauch' und nicht in das beiß'/
    Roll' ich mit HipHop, ihr wisst ab jetzt Bescheid/
    "
    (Afrob auf "Immer weiter")


    Denn wie in den zitierten Lines schon deutlich wird, lebt dieser Robert HipHop bis zu seinem Tod. Er gibt den anderen MCs mal eben zusammen mit Megaloh eine heftige Klatsche, kann aber mit "Wer bin ich?" auch einen ruhigen Storyteller über seinen Werdegang kicken. Doch das ist noch nicht alles. Wenn man die Lyrics der Tracks alle mal auf sich wirken lässt, merkt man, dass Robbe einiges zu erzählen hat, ohne dabei inhaltslos zu werden. Das wird allem voran bei den kritischeren Zeilen deutlich, in denen er uns unter anderem die Ausmaße des Nahost-Konflikts nahebringt oder Beanstandungen an unserer Politik äußert. Aber auch andere Themen, wie eine Geschichte über die eigene "Freundschaft +" oder die gute alte "Zeit", an die wir uns alle gern erinnern, sind ansprechend inszeniert und wirken selten abgedroschen. Eine Ansammlung vielfältigster Titel also, ohne dass einer deplatziert wirkt. Stattdessen erfolgen flüssige Übergänge zwischen Emotionen, Party und Ernsthaftigkeit. Das Ganze wird dann auch noch mit einem sicheren und technisch versierten Flow auf die Beats gepresst, sodass man rasch merkt, dass es sich hier tatsächlich nicht um das Werk eines beliebigen Rapheads der inzwischen sehr überfüllten Szene handelt.


    "Es endet niemals friedlich/
    Warum das? – Weil keiner so wie ich diese Beats pickt/
    "
    (Afrob auf "Keine Gefangenen")


    Allerdings kann weder Flow noch ein krasses Reimschema völlig überspielen, dass die Beatwahl auf dem Album nicht so genial ist, wie vom Interpret behauptet wird. Denn auch wenn die vielseitigen Instrumentale von Rik Marvel und Phono stark ausproduziert wurden und von Rock- bis Pop-Sound keine Wünsche offen lassen – ein bisschen weniger hätte es auch getan. Manchmal wirkt das Ganze einfach etwas zu überladen, vor allem die Synthie-Effekte hätte man vielleicht nicht so häufig noch mit einbauen müssen. So rückt Afrobs Rap neben den derben Drums, Piano- und Disco-Klängen, die Produzenten wie iamnobodi oder Rocky Balboa mit eingebaut haben, gerne mal etwas in den Hintergrund. Es wird allerdings auch so gut die entsprechende Atmosphäre aufgebaut, dass man dann doch etwas Nachsehen bezüglich der eben genannten Mängel hat. Allen voran "Lampedusa" wirkt so stimmig und eingängig, dass sich der Track inzwischen mit ganz oben auf meiner "Am meisten gehört"-Liste befindet. Und selbst wenn ein Instrumental wie das von "Schwerer Anschlag" – bei dem übrigens Fid Rizz seine Finger im Spiel hatte – grade aufgrund des Samples in der Hook etwas gewöhnungsbedürftig wirkt, ist hier soundtechnisch im Endeffekt für jeden was dabei. Hier wird ein guter Mittelweg zwischen Vielseitigkeit und Oldschool-lastigem Rap gefunden, obwohl Afrob auf dem top-aktuellen Boom bap-Sound vielleicht etwas besser aufgehoben wäre, wofür auch die härteren Beats der vorigen Alben sprechen.


    "Interessanter als die Anderen, denn die Anderen sind so Standard/
    Ich bin anders als die Anderen, denn die sind so Standard/
    Ups, ich hab' mich wiederholt, das passiert mir manchmal/
    "
    (Samy Deluxe auf "Schwerer Anschlag")


    Leider gibt es auf diesem sonst so gelungenen Release auch ein für mich etwas größeres Manko: die Länge der Feature-Liste. Denn obwohl der Künstler selbst von seiner Feature-Wahl überzeugt ist, sieht manch einer neben Robert eher alt aus. Natürlich, gerade die Gesangs-Gäste verstehen durchaus ihr Metier. Aber muss die Phono-Hook inhaltlich wirklich so belanglos sein? Und muss eine She-Raw tatsächlich so viel Text in einem Track übernehmen, dass es am Ende eher wie "She-Raw featuring Afrob" klingt und nicht umgekehrt? Auch bei den Rap-Features herrscht nicht nur eitel Sonnenschein, denn gerade Samy Deluxe macht im von vielen erhofften ASD-Comeback nicht gerade die beste Figur. Man merkt dann doch, dass ihm hier nur mal zwischen Tür und Angel das Mic für einen 16er in die Hand gedrückt wurde, was eigentlich bei einem alten Hasen wie ihm nicht der Fall sein sollte. Besser als erwartet hingegen war für mich Robbes Cousin Habesha – auch wenn ich die eritreische Sprache aus seiner Hook leider nicht beherrsche. Zusammenfassend ist die Leistung der Features somit etwas durchwachsen, was der Interpret selbst aber glücklicherweise durch seine eigene wieder rausholt und gut zu überspielen weiß.


    Fazit:
    Nach mehrmaligem Durchhören stehe ich nun mit etwas geteilter Meinung da. Auf der einen Seite feiert Afrob hier ein ganz großes Comeback und zeigt, dass er es immer noch drauf hat – und das besser denn je. Untermalt von starken Beats, wenn es auch manchmal zu gut gemeint wurde. Auf der anderen Seite das Feature-Manko und die Tatsache, dass – bis auf das leicht überflüssige "Zeit Intro" – statt Skits zu machen mitten in manche Tracks gequatscht wurde. Ich würde sagen, gelungen ist das Comeback definitiv und die Freude groß, wieder ein volles Release vom Mann mit dem markanten Afro zu hören – immerhin hat er es auch mal wieder in die Top 20 geschafft. Und auch wenn dem einen oder anderen der etwas andere Stil nicht mehr so gefallen mag wie der dreckigere Rap der ersten Alben, denke ich, dass es definitiv stärker ist als das letzte seiner Art.



    Lukas Päckert (FlatDieter)

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    Bewerte diese CD:
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  • Album mehrfach durchgehört. Schlecht ist es nicht, allerdings auch nichts, was höchstwahrscheinlich in einem halben Jahr noch oftmals im Player läuft..

  • Sehr schönes Ding, wie ich schon mal schrieb, find ich es gut dass Afrob nach Oldschool klingt ohne altbacken zu wirken.
    Einfach nur Rap. Nicht mehr, nicht weniger.


    Auch ne schöne Review. :thumbup:

  • Zitat

    Original von Toastradamus


    Nämlich wo? :o


    "Und selbst wenn ein Instrumental wie das von "Schwerer Anschlag" – bei dem übrigens Fid Rizz seine Finger im Spiel hatte"

  • Zitat

    Original von Betaville


    "Und selbst wenn ein Instrumental wie das von "Schwerer Anschlag" – bei dem übrigens Fid Rizz seine Finger im Spiel hatte"


    nicht nur finger im spiel, der beat is komplett von ihm :sound:

  • Zitat

    Original von Tremm2
    Ich bin fast schon versucht n Kommentar mit Dirty Maulwurf zu geben, unterlasse es aber. Stattdessen lobe ich einfach mal das gute Album, einige große Tracks dabei.


    I See what you did there...
    Bedenke einfach das Maulwurf nicht von mir war und ich nicht einfach weil ichs besser finde Afrob 5,5 Geben kann. ;)

  • Zitat

    Original von FlatDieter


    I See what you did there...
    Bedenke einfach das Maulwurf nicht von mir war und ich nicht einfach weil ichs besser finde Afrob 5,5 Geben kann. ;)


    Da könnt man auch anmerken, Assis kollegah weniger Mics hat als Maulwurf :D


    Geschrieben ist die Review aber gut.

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