Interview: 3Plusss


  • Einer der wohl aktivsten Rapper, die unser Videobattleturnier hervorgebracht hat, dürfte 3Plusss sein. Kurz nachdem er sich im VBT 2011 und der folgenden Splash!-Edition 2012 einen kleinen Hype aufbauen konnte, verkaufte er binnen weniger Stunden die komplette Auflage seiner "Kindskopf LP" und legte im März dieses Jahres mit "Mehr" nach. Die bereits zu "Kindskopf"-Zeiten vorherrschende, fast durchgängig positive Resonanz in den Reihen der Fans und Kritiker blieb ihm dabei erhalten: Ohne großartige Labelunterstützung im Rücken platzierte sich "Mehr" auf der #24 der deutschen Albumcharts. Einige Monate nach diesem Erfolg baten wir 3Plusss zum Interview und zogen ein kurzes Résumé bezüglich der jüngsten Ereignisse.


    rappers.in: Dir geht's gut?


    3Plusss: Mir geht's blendend. Ich habe Eistee und ein richtig geiles Hotelzimmer da oben. Wir haben gerade ein Video gemacht, eine Ansage für Ampya, da habe ich oben auf dem Hotelbett gesessen. Mit Früchten, jeder Menge belegter Brötchen, einer Flasche Vodka und Bier. Die Flyer für den Gig heute sind Türhänger. Das sieht richtig geil aus. Das denke ich jetzt natürlich, weil ich da drauf bin. Aber ich kam vorhin so rein: "Oah, darf ich mir davon einen mitnehmen?" - "Klar, kannste haben" – "Wuuuuuhuuuuuu!"


    rappers.in: Du klingst, als würdest du momentan gar nicht realisieren, was bei dir passiert.


    3Plusss: Ja, was passiert denn? Ernstgemeinte Frage. Ich meine, sowas wie Ampya bekomme ich mit. Da wird mir mehr bewusst, dass es keine große Nummer ist im Sinne von "vor vielen Leuten". Aber es ist eine Riesenehre, da zu sein. Abgesehen davon: Heißt das denn was? Ist mein Arsch nicht ersetzbar?


    rappers.in: Jeder Arsch ist ersetzbar?!


    3Plusss: Es gibt ein paar, bei denen der Arsch nicht ersetzbar ist, und danach strebt man ja. Es gibt niemanden, der Marteria, Casper, Savas, Samy ersetzen kann. Punkt. Bis du das erreicht hast, bist du einer von vielen. Darum nehme ich das immer mit einem Lächeln wahr, was alles passiert, aber mehr auch nicht. Und ich glaube, ich nehme das alles auch nicht direkt wahr. Es gibt auch immer noch unfassbar viele Leute, die mich gar nicht abkönnen, von daher nehme ich die aktuellen Onlinekommentare auch nicht als Aufwärtsbewegung wahr. Es ist ja schon ein bisschen logisch, dass mich jetzt mehr Leute kennen. Wenn das Video auf einmal auf allen möglichen Plattformen läuft, es auch gute Kritiken gibt und sowas. Das VBT hat mich auch ein bisschen verwöhnt, muss ich sagen. Die wenigsten Leute können das danach dann noch halten. Also von dem allgemeinen, bloßen Interesse an der Person. Darum nehme ich auch vieles eher nüchtern wahr. Ich freu' mich wirklich über alles, was passiert. Ich freue mich über jeden Zuschauer, der kommt, über jedes Album, das sich verkauft. Ich war einmal da, dass ich über Nacht ein paar tausend Fans mehr hatte. Da war ich einmal, da kommst du nicht wieder so schnell hin. Ich glaube, das ist ganz gut, sonst würde ich wahrscheinlich abheben oder mir irgendwas darauf einbilden. Aber ich habe ja schon mal gefühlt mehr gehabt, weißt du. So von wegen "ich habe grade das Gefühl, die ganze Welt dreht sich um mich". Das Gefühl habe ich jetzt nicht mehr. Das ist gut. Das hat mir nicht gut getan, so eine Zeit lang.


    rappers.in: Hast du das denn alles richtig ernst genommen?


    3Plusss: Nicht von wegen: Der und der schreibt mir jetzt: "Das ist total geil." Und deswegen ist das jetzt total geil. Wenn mir aber tausend Leute schreiben: "Das und das ist richtig geil", dann hat das ja irgendwas zu bedeuten. Dann beeinflusst dich das auch, wenn du von allen Seiten hörst, dass alles super ist. Oder du das Gefühl hast, dass alles super ist. Es war auch ein riesig großer Umschwung. Wir haben Mucke nur für uns gemacht und dann kam das Turnier und Boom. Input übermenschlich. Ich weiß gar nicht, wie alle damit umgegangen sind – ohne wahnsinnig zu werden. Jetzt hat sich das wieder eingependelt. Auf einem schönen Level, das mir gut gefällt. Wobei ich nicht denke: Yeah, ich bin der heiße Scheiß und 2015 starte ich richtig durch.


    rappers.in: Ist ein ernstzunehmender Anfang, oder? Da gibt es andere, die gehen aus einem Turnier raus und releasen ganz schnell irgendwas.


    3Plusss: ... und bekommen bei euch dann auch 4,5 Mics. (lacht) Das ist jetzt gar nicht böse gemeint. Ich finde allgemein Bewertungssysteme überall immer lustig. Weil du immer etwas findest ... Du bekommst die gleiche Bewertung wie wer anders und denkst dir: "Was ist los ...?!"


    rappers.in: Es sind ja auch unterschiedliche Leute, die das schreiben.


    3Plusss: Natürlich. Aber am Ende steht da dann doch etwas, an dem sich viele Menschen aufhängen oder was für einen selber ein Aufhänger ist. Das Ampya- Ding zum Beispiel wäre für mich anders, wenn ich wüsste, dass schon die und die Ottos hier waren, die ich nicht leiden kann und für talentfrei halte. Ist immer noch ein Superformat dann, aber der und der waren auch schon da. Das schwächt den Wert für einen selbst.


    rappers.in: Unabhängig von Bewertungen und Meinungen anderer, bin ich persönlich beleidigt, wenn jemand mit Talent hinterher ein Aussage-neutrales Album veröffentlicht.


    3Plusss: Das ist aber auch so ein bisschen das Ding. Wie bleibst du bei all dem, was passiert, auf dem Boden? Das ist jetzt Heulen auf hohem Niveau und natürlich ein Problem, das die meisten Leute nicht kennen und nicht nachvollziehen können. Aber wenn sich dein Leben auf einmal nur noch um Mucke dreht und du Möglichkeiten hast, an die du vorher nicht gedacht hast: Wir könnten das und das machen, sollen wir ... ? Wir hätten für das Album auch einen Chor aus Ungarn mitnehmen können, für 200 Euro singen die dir alles ein. Wollen wir einen Chor auf dem Album haben? Chor kann geil sein, kann aber auch scheiße sein. Wollen wir das machen? Wollen wir das nicht machen? Machen wir nicht, brauchen wir nicht, haben wir keine Verwendung für. Ich kann das verstehen, dass Leute überfordert sind mit ihren Möglichkeiten und sich dann für das Falsche entscheiden. Am Ende des Tages sollte man aber dann das Album bewerten, und wenn das Album Kacke ist, sollte man auch sagen: Das Album ist Kacke. Aber ich habe immer auch ein bisschen Mitgefühl ...


    rappers.in: Ist das nicht immer auch die Sender-Empfänger-Sache?


    3Plusss: Meinst du, man sollte allgemein darauf achten, was die Leute wollen?


    rappers.in: Eher das Gegenteil. Wenn ich das mache, was ich mag, erreiche ich dann den, zu dem es passt?


    3Plusss: Es ist eine verzwickte Lage, wenn man aus dem Turnier kommt: Wofür wird man denn eigentlich gemocht? Nur für den Battlerap? Hat man gar keinen Charakter? Oder eben nur den aus dem Battlerap? Willst du denn hinterher ein Album voller "Hurensohn" machen? Das braucht ja keiner, also musst du etwas anderes machen. Wenn du die Möglichkeiten hast, mit einem Produzenten zusammenzuarbeiten, der Sound machen kann, den du noch nie gemacht hast, dann machst du das erstmal. Vielleicht geht der Weg ja danach anders weiter.



    rappers.in: Es ist nur traurig, wenn jemand eigentlich was kann und das dann negiert.


    3Plusss: Aber viele Leute können was. Es gibt so viele talentierte Leute da draußen, die einfach scheißegal sind. Da frage ich mich manchmal: Warum sollte ich deine Musik hören? Du stehst für nichts und fällst für alles. Dann bist du halt erfolgreich im Turnier und kannst eine gute Punchline rappen. Ich habe die Diskussion schon oft gehabt, dass jemand meint: "Der und der kann ja was". Natürlich kann der was. Es ist nicht schwer, rappen zu lernen. Es ist schwer, daran zu schmieden, dass es irgendwann deins ist. Dass die Menschen einen Ton hören und wissen, dass er von dir ist. Das ist schwer. Rappen lernen ist nicht schwer. Nach einem halben Jahr rappen habe ich zwölfsilbige Reime geschrieben. Das kann jedes verdammte Kind, das ein bisschen intelligent ist und die Materie begreift. Aber das bloße Können reicht halt nicht. Ich hätte gerne, dass die Allgemeinheit wegkommt von dem "der kann ja was"-Argument. Ist nämlich auch egal, dass der das kann ...


    rappers.in: Die andere Seite ist, dass sich jemand im Turnier etwas Charismatisches aufbaut, mit Wirkung erfolgreich spielt und das dann einfach nicht nutzt.


    3Plusss: Es gibt da schon Totschlag-Beispiele, das stimmt. Im Grunde hast du Recht. Da gibt es einen Charakter und damit könnte man was machen. Vielleicht kommt da ja noch was. Aber die Frage ist, ob es dann nicht zu spät ist. Die Hörerschaft ist unglaublich kurzlebig. Es ist schwer, sich aufzubauen, dass sie länger bei einem bleibt und man nicht mit dem nächsten Album von wem anders vergessen wird.


    rappers.in: Wollen wir nicht noch eine Runde über dich reden? Hast du Angst?


    3Plusss: Ich habe nicht immer Angst, aber so eine Grundangst schwingt natürlich immer mit. Einfach, weil es ein total schmaler Grat ist, auf dem ich mich bewege. Mit dem Umfeld, das sich grade aufbaut, mit der Zukunftsperspektive von dem, was ich grade mache. Der bloße finanzielle Aspekt. Das ist alles jetzt keine Lage, bei der ich sage: Ich schlafe ruhig. Ich schlafe schon gut. Wieder. Mittlerweile. Wie kommst du auf die Frage?


    rappers.in: Ich bin Autorin und der Moment der Verlagszusage hat bei mir Angst ausgelöst. Bücher schreiben war immer mein Backup-Plan. Was, wenn das schief geht?


    3Plusss: Ja, wenn Plan B zu Plan A wird. Es gibt keinen zweiten Fallschirm mehr. Wobei ... Es gibt immer einen zweiten Fallschirm. Ich glaube, dass Talent sich immer durchsetzen wird. Wenn du scheißgut Klavier spielst und du spielst die ganze Zeit nur in deinem stillen Kämmerlein, dann wirst du ewig in deinem scheißkleinen Kämmerlein bleiben. Talent alleine reicht nicht. Aber wenn du ein bisschen klug bist, wird sich das immer durchsetzen. Wenn du zum Beispiel mit dem Buch auf die Schnauze fällst, dann wirst du für eine Zeitung schreiben oder so ... (überlegt) Ich versuche mich auch immer wieder mal als Autor. Manchmal schreibe ich auch nur wirr alle meine Gedanken auf und denke mir: Irgendwann bringe ich mal ein Tagebuch raus. Weil ich in den verschiedenen Stationen der letzten Jahre immer Buch über meine Gedanken geführt habe und auch das, was ich sonst kaum einem erzähle. Aber es ist verdammt schwer, den roten Faden zu behalten und einen eigenen Stil zu entwickeln, sodass man interessant ist. Dass es einen Grund gibt, dass man mich interessant findet. Bei mir eines Tages, wenn ich meine Tagebücher dann veröffentliche ... (lacht) Dann ist das ja so: "Das ist der und der Musiker". Aber wenn ich das jetzt schreiben würde, würde es keinen Arsch interessieren.


    rappers.in: Ich glaube, du musst nur den Anteil an autobiografischen Aspekten auf vier Prozent runterfahren und drumherum eine Geschichte entwickeln. Dann kommt der rote Faden von allein.


    3Plusss: Ich hab' halt auch keine Geduld, ich will dann sofort zum Punkt kommen. Auf die und die Handlung will ich hinaus. Wie komm' ich da jetzt hin? Wie mach' ich da den Aufbau? Ich hab' schon die wirrsten Sachen angefangen. Ausgedachte Geschichten von fiktiven Charakteren. Und dann einfach keine Lust mehr, bis zu dem Punkt ist es mir jetzt doch zu weit. Falsch angefangen, scheiß' drauf, ich lösch' jetzt einfach alles und ...


    rappers.in: Dann kürz doch einfach ab. Ist doch deine Geschichte.


    3Plusss: Ja, aber ich will doch auch, dass es irgendwen interessiert am Ende.


    rappers.in: Wenn du das schreibst, was du selber lesen willst, dann merkt man das hinterher auch. Ist dasselbe wie Musik zu machen, die die Leute hören wollen. Schreib einfach das, was du selber schreiben und lesen willst.


    3Plusss: Das ist ein guter Punkt. Als ich angefangen hab', selbstständig Musik zu machen, habe ich auch gehört: "Das ist alles immer so direkt auf den Punkt und in die Fresse, was du so sagst." Du sagst einfach, was du sagen willst und da gibt's keine blöde Metapher. Dann wurde ich aber auch gefragt: "Ist das nicht ein bisschen zu einfach, wie du das machst?" Aber so ist es ja auch. Wenn du etwas sagen willst: Sag's. Wenn dir ein krasses Bild dazu einfällt: Pack es rein. Das ist etwas, was zum Beispiel Marteria total gut kann. Ein Gedicht. Ein Ohrenschmaus. An den prägnanten Stellen muss es kommen, da brauchst du ein Bild. Aber die ganzen Tracks so kunstvoll machen, nee. Da haben wir eine ähnliche Ausgangslage: Wo will ich hin? Okay, dann geh ich da jetzt hin und mach' auf dem Weg nicht noch drei Pirouetten. Am Ende des Tages ist die Aussage diesselbe, du hast nur ein wenig Atem gespart.


    rappers.in: Liest du viel?


    3Plusss: Früher ganz viel. Jetzt aber gar nicht mehr.


    rappers.in: Ist auch ein Trend, möglichst detailgetreu zu schreiben. Ich würde bücherweise mindestens 200 Seiten streichen.


    3Plusss: Das hatte ich neulich. Da dachte ich: Alter, die Story ist bestimmt echt gut, aber das Frühstück über 30 Seiten beschreiben ... Nee! Ich kann mir echt vorstellen, dass mich das kicken würde, aber du laberst über 40 Seiten einfach nur rum. Das hat mir echt körperlich weh getan, dieses Buch zu lesen. Wohingegen: "Kill your friends!" Geiles Buch! Da ist nicht eine Seite dabei, die mich gelangweilt hat.


    rappers.in: Guck dir Karl May oder Tolkien an, die sind berühmt für ihre Detailarbeit. Also mehr das Gegenteil.


    3Plusss: Ich hab' Tolkien angefangen zu lesen, da war Teil 1 schon draußen. Die ersten beiden Bücher habe ich so halb gelesen. Die haben bei dem Film schon ganz richtig gestrichen. Im Buch halten die noch in dem Hof an, da legt Frodo sich kurz auf die Schnauze. Dafür habe ich jetzt ein paar wertvolle Kindheitserinnerung vergessen wegen der Scheiße. Oder fandest du das gut?



    rappers.in: Ich mochte "Der kleine Hobbit" sehr gerne. Bei den "HdR"-Filmen ist mir das Ende zu sehr an der Botschaft vorbei. Frodo ist Antiheld, Auenland hat Nachkriegsprobleme und er wird einfach nie mehr lieben können.


    3Plusss: Das ist natürlich das geilere Ende. Der Film hat zwar auch ein schönes Ende, aber Hollywood halt. Ich fand es für mich als Zuschauer angenehmer.


    rappers.in: Aber ist doch Quatsch. Du gehst doch nicht solange auf eine Reise und kommst genauso zurück wie du weggegangen bist.


    3Plusss: Ich hab' mich über Frodo geärgert, weil er auf der Reise zu so einem Hurensohn geworden ist. Ich hab' da letztens auch ein richtig geiles Video zu gesehen, so Scumbag Frodo. Wo die in den Bergen sind und er zu Sam sagt: "So, jetzt gehen wir mal wieder nach Hause. Zurück ins Auenland." Ich denk' mir da so: Klar, der ist die ganze Zeit mit dir gewandert und soll sich jetzt verpissen. Du Missgestalt, Alter. Das kann doch nicht dein Ernst sein. Da hab' ich mir gedacht: Ganz ehrlich Frodo, das hast du nicht verdient, so ein glückliches Ende. Der sollte auch als das Arschloch dargestellt werden, das er ist.


    rappers.in: Reden wir hier eigentlich grade was Sinnvolles?


    3Plusss: Kaum! Ich seh' schon die Headline vor mir: "Frodo ist ein Hurensohn." Wollen wir zu den wichtigen Dingen der Welt kommen? Wie du magst. Ich bin tendenziell immer froh, wenn es über was anderes geht. Ich rede nicht gerne über HipHop. Was denk' ich über Hiphop? Ich mach' die Musik, ich werde das wohl mögen.


    rappers.in: Gibt es denn dann für dich noch andere Musik?


    3Plusss: Ich hab' eine Zeit lang viel Metallica und sowas gehört. Foo Fighters. Jetzt nichts von wegen: "Oh, die und die Band solltest du mal auschecken." Babyshambles fand ich super. Ich hör' jetzt in letzter Zeit gerne wieder die Dinge, die ich früher gehört habe, sowas wie Coldplay. Ich liebe Coldplay. Ich habe leider im Moment gar nicht die Zeit, mich mit neuer Musik auseinanderzusetzen. Da war ich in letzter Zeit ziemlich traurig darüber, dass alles so an mir vorbeizieht. Aber ich habe auch nie so die Lust gehabt, mich damit richtig auseinanderzusetzen. Dazu habe ich ein schönes Zitat von Genetikk gelesen. Die meinten: "Wir hören nicht soviel neue Musik, um unsere Einflüsse nicht zu verwässern." Genau das ist mein Punkt, der mir bis dahin gar nicht so bewusst war. Ich könnte ganz viele andere Genres hören, aber das würde irgendwas mit mir anstellen, wenn ich mich dauernd dieser Musik aussetze. Ich würde vielleicht in irgendwelche Richtungen abdriften, die ich in einem Jahr bereuen würde. Da hätte ich mich in dem Moment vielleicht so gefühlt, aber das ist nichts mit Substanz.


    rappers.in: Du könntest auf deinem Player alles durcheinander mischen, dann wär's nicht einseitig belastend, oder?


    3Plusss: Es beeinflusst mich trotzdem. Auf der Tour habe ich mich über alles gefreut und es hat Spaß gemacht, aber wenn ich im Bus saß und ich hab' nur Coldplay gehört, dann habe ich mich auch melancholisch dabei ertappt, über Dinge nachzudenken, die ich gern noch machen würde. Ich kann mich von dem Einfluss nicht frei machen. Ich muss sehr dosieren, mit was ich mich auseinandersetze. (überlegt) Im Grunde habe ich auch genug Bock und Energie – bilde ich mir zumindest ein –, um alles mal machen zu wollen. Aber ich hab' leider den Punkt übersprungen, an dem ich unbeobachtet alles machen kann. Ich kann's mir gerade auch voll verscherzen.


    rappers.in: Als B-Seiten?


    3Plusss: Ich hab' schon viele Ideen für B-Seiten. Mal schauen. Ich finde es aber trotzdem nicht so cool, wenn Künstler so rumspringen. "Ich mach' jetzt dies, dann mach' ich das. Und das widerspricht sich nicht, weil ich bin ja Künstler". Doch, das widerspricht sich wohl!


    rappers.in: Du hast doch auch im echten Leben mehrere Facetten, nicht nur eine.


    3Plusss: Ja, aber du musst ein bisschen darüber nachdenken, was die Leute denken. Ich persönlich würde denken: Pussy, Alter, dann hast du halt die Gefühle, aber die hat jeder. Selbst wenn das gut ist ... Da sind wir wieder an dem Punkt: Wer bist du? (überlegt) Vielleicht werde ich das auch irgendwann machen, dann werde ich eine schlimme Trennung hinter mir haben und mach' das einfach so. Aber ich bin halt Fan von vielen Künstlern. Richtig Fan. Wenn die irgendwo spielen, gehe ich ins Publikum und raste mit aus. Von daher habe ich noch so eine Fansicht auf die Dinge, dass ich denke: Warum machst du das jetzt? Ich kann dir nicht folgen. Ich möchte dir aber folgen. Du musst für mich greifbar und nachvollziehbar sein.


    rappers.in: Mit Hilfe eines anderen Projekts würde das doch gehen?


    3Plusss: Klar, aber damit halst du dir enorm viel auf. Du musst das ja auch verkaufen. Innerhalb von kürzester Zeit schaffst du dir ein zweites Ich, eine andere Identität. Das ist so gekünstelt. Ich bin darauf bedacht, dass es bündig ist. Im Grunde denke ich auch: Wenn du's fühlst, dann mach's. Dann hat es seine Richtigkeit. Um noch mal auf das mit der Trennung zurückzukommen: Gefühle sind nicht von Beständigkeit. Spätestens mit der nächsten Frau, die ich kennenlerne, ist das vorbei und dann denke ich: Alter, wegen der Scheiße damals ... Dann ist das auf dem nächsten Ding nicht mehr nachvollziehbar. Kennst du das nicht? Ich nehme Alben immer so persönlich wahr.


    rappers.in: Ich finde, man kann mit einer Band gemeinsam alt werden. Wie Fettes Brot. Damals "Jein", das war super. "An Tagen wie diesen" ist trotzdem eines ihrer besten Lieder, obwohl es nichts zu tun hat mit Fettes Brot von damals. Und wenn du selber keinen Stillstand hast, kannst du ja mit dem Künstler gemeinsam die Entwicklung machen.


    3Plusss: Genau, genau! Die Entwicklung. Die kann nicht einfach passieren, in dem du nur die Mucke so machst, wie du dich grade fühlst. Ich fühle mich eine Million Mal verschieden am Tag ... Da hab' ich auch oft die Diskussion: Ist das noch Rap? Klar ist das noch Rap, der Typ hat sich halt weiterentwickelt, so wie zum Beispiel Casper. Ich habe mir diese Frage nicht eine Sekunde gestellt, bis ich sie im Internet gelesen habe. Das ist eine nachvollziehbare Entwicklung. Ich finde es schön, wenn man sich damit auseinandersetzt: Wer bin ich eigentlich? Aber wenn du das über 20 Jahre machst: Alter, du musst jetzt auch mal angekommen sein, ganz ehrlich.


    rappers.in: Danke. Das ist doch das perfekte Schlusswort.



    (Jasmin N. Weidner)

  • Zitat

    rappers.in: Ist ein ernstzunehmender Anfang, oder? Da gibt es andere, die gehen aus einem Turnier raus und releasen ganz schnell irgendwas.


    3Plusss: ... und bekommen bei euch dann auch 4,5 Mics. (lacht)


    hahaha :D

    du bist so dünn du kaufst bei c&a einen kindergürtel
    ich hab marihuana grün wie ein ninja turtle

  • "Rappen lernen ist nicht schwer. Nach einem halben Jahr rappen habe ich zwölfsilbige Reime geschrieben. Das kann jedes verdammte Kind, das ein bisschen intelligent ist und die Materie begreift. Aber das bloße Können reicht halt nicht."


    True Words

    Don’t give yourselves to these unnatural men - machine men with machine minds and machine hearts! You are not machines! You are not cattle! You are men!
    You have the love of humanity in your hearts! You don’t hate! Only the unloved hate - the unloved and the unnatural!

  • gut geführtes interview. dass der n sympathischer Kerl is, wissen ja inzwischen alle, aber dass n interview mal nicht so n stupides Frage-Antwort Spiel hier is, sondern mal mit brain geführt wird, is nice. erst ma die Frau googlen

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