Review: Fatoni – Die Zeit heilt alle Hypes



  • 01. Intro
    02. Tränen oder Pisse
    03. Best time of my life
    04. Lustig
    05. Vorurteile Pt. 2
    feat Juse Ju & Antilopen Gang
    06. Dicke Hipster
    07. An der Uhr
    feat. Edgar Wasser
    08. Mein Freunde Skit feat. Edgar Wasser
    09. Focus! feat. Sir Search


    "Solange früher alles besser war, bleibt alles beim Alten und die Zeit heilt alle Hypes" – wenn das 2011 erschienene Soloalbum des Münchners Fatoni auch sonst nur wenig Anklang bei den Hörern fand und daher nur geringen Einfluss auf die Szene haben konnte, beschenkte es die Deutschraplandschaft doch zumindest mit diesem großartigen Zitat. Während Anton Schneider, so der Rapper bürgerlich, damals den ersten Teil der Zeile zeitgleich als Titel für das entsprechende Album "Solange früher alles besser war" verwendete, wählte er als Namen seiner neuen EP nun den Schluss selbigen Satzes. So gilt es im Jahr 2014 also, die Schäden fragwürdiger Trends im Bereich Deutschrap zu lindern. Hierbei kann man sich jedoch zurücklehnen und abwarten, denn "die Zeit heilt alle Hypes".


    "Alles bleibt, wie es bleibt/
    Diese Scheibe dreht sich weiter im Kreis/
    Erst ist es Hype, dann ist es einfach vorbei/
    Dann ist es tot und trägt ein' scheinheiligen Heiligenschein/
    "
    (Fatoni auf "Intro")


    Getreu ihrem Titel widmet sich die Platte auf vielfältige Weise diversen Trends und Stiltendenzen sowie ihrer Kurzlebigkeit und der Vergänglichkeit an sich. Auf "Intro" etwa erzählt der Rapper zunächst von der zeitlichen Begrenzung von Leben, Liebe und eben diversen Hypes auf die Fatoni-typische Art und Weise. Viel Humor, Wortwitz und Zynismus, dargebracht durch einen sehr lockeren, nur selten wirklich konstanten Flow auf oftmals eher im oldschooligen Bereich anzusiedelnden Beats. Für diese zeigt sich der Regensburger Maniac auf insgesamt vier Stationen der neun Tracks starken EP verantwortlich und hämmert, zimmert und schneidert dem wandlungsreichen Rapstil des Münchners ein paar instrumentale Gewänder auf den Leib. Der dumpfe Bass von "Intro" wird mit geloopten "Die Zeit heilt alle Hypes"-Fanrufen kombiniert, während die Drums von "Best time of my life" laut brummen, krachen und scheppern, jedoch stets von Fatonis Stimme dominiert werden. Das ist auch gut so, denn ansonsten würden dem Hörer unter anderem die "besten" Geschichten aus Fatonis Leben entgehen, die von Erfolglosigkeit, übermäßigem Alkoholkonsum und mangelnder Relevanz aufgrund eines fehlenden Wikipediaeintrags geprägt sind. Beattechnisch mag sich hier zwar in der Hook nicht viel ändern, dennoch gelingt es dem Künstler, diese so simpel und eingängig zu halten, dass man sie spätestens nach dem ersten Hören mitrappen muss. Jeder, der nicht den Drang danach verspürt, hier zumindest mit dem Kopf zu nicken, hat seine besten Zeiten entweder schon längst hinter sich oder ist schlicht und ergreifend nicht "lustig". Wenn dagegen Toni "lustig" ist, klingt das nach tiefem Bass und schrillem Klirren, während die Vergleiche des Rappers an seinen historischen Kenntnissen bezüglich der Wiedervereinigung Deutschlands scheitern oder sich als ziemlich fragwürdige Weisheiten à la "Um die Ecke gedacht wie bei Schach/ immer noch besser als um die Ecke gebracht" entpuppen, die dem ein oder anderen vielleicht etwas zu stumpf sein dürften. Wer sich dabei von Fatonis bewusst monoton gehaltenem Stimmeinsatz täuschen lässt und nicht merkt, dass die gespielt dümmliche Vortragsweise des Textes nur Zeichen seines schauspielerischen Talents ist, um "Lustig" noch amüsanter zu machen, der muss sich wohl oder übel eingestehen, dass er das ein oder andere Vorurteil hat.


    "Und früher trugt ihr Baggie Pants, aber heute Röhrenjeans /
    Ich halte das für scheißegal/
    Früher warst du 'Esperanto', heute 'Voice of Germany'/
    Offensichtlich bist du arm/
    "
    (Fatoni auf "Vorurteile Pt. 2")


    Fatoni dagegen hat keinerlei Vorurteile und auch Juse Ju und die Antilopen Gang bezeichnen sich selbst als recht liberal, zumindest soweit man dem trauen darf, was sie auf "Vorurteile Pt. 2" sagen. Das Soundbild des Tracks ist zwar ähnlich dem des Vorgängers, wurde vom Dortmunder Producer The Gunna aber nochmals aufpoliert und klingt nun wesentlich frischer. Textlich weicht man von der berechtigten Kritik ab und wendet sich lieber der Widersprüchlichkeit und Absurdität von Vorurteilen zu. Gerade der bitterböse Humor der Antilopen kommt hier großartig zum Tragen, sodass etwa Danger Dans Zeile "Diskriminierung ist behindert, Spast zu sagen ist schwul" alleine schon bissiger wirkt als der alte Track insgesamt. Die Gastbeiträge von "Nocebo"-Partner Edgar Wasser andererseits wirken im Vergleich zu dem, was man sonst von ihm gewohnt ist, fast schon handzahm. Weniger zynisch und witzig sind "An der Uhr" und der "Moin Freunde Skit" deswegen keinesfalls und so stellen die beiden zunächst mal klar, dass statt Kay One und dessen Entourage natürlich sie beim ZDF Fernsehgarten auftraten sowie dass sie vollwertige Mitglieder des Quintetts Fettes Brot sind. Gerade der "Moin Freunde Skit" mit seiner Sammlung absurdester Punchlines weiß mit viel Witz und einer Prise schwarzem Humor zu bestechen, wirkt aber dennoch stückweise recht lieblos und gerade so, als wären die Texte aus dem Inhalt des Papierkorbs zusammengesetzt, in dem während der Arbeit an "Nocebo" die Zeilen landeten, die für das Kollaboalbum letztlich doch zu sinnfrei waren. Ganz anders ist das bei "Tränen oder Pisse", einem absoluten Highlight des Releases. Dieses wartet nicht nur mit einem großartigen, aus dem Lied "Barricades" des englischen Musikers Fyfe Dangerfield gezauberten Beat und einem fantastisch ironischen Text über Verschwörungstheorien auf, sondern wird auch noch von einer Gesangshook abgerundet, die von Fatoni höchstselbst stammt. Dass das Ganze nicht allzu perfekt klingt, muss wohl genauso wenig erwähnt werden wie die Tatsache, dass es genau deswegen absolut perfekt ist und Fatoni mit "Die Zeit heilt alle Hypes" ein großartiges – und noch dazu kostenloses – Gesamtpaket abliefert.


    Fazit:
    Auch wenn ich persönlich nie so ganz verstehen konnte, warum Fatonis Soloalbum bei den Hörern nicht wirklich gut angekommen war, hatte man die Sache durchaus noch akzeptieren können. Sollte dies bei der neuen EP jedoch wieder der Fall sein, sähe ich mich ernsthaft gezwungen, der Szene sämtlichen Geschmack abzusprechen. Fatoni hat sich für sein neues Werk nicht nur einige passende Beats von Produzenten wie Maniac, The Gunna und Dexter zusammengesucht, sondern diese auch in mehr als amüsante Tracks verwandelt. Viel Selbstironie, nie allzu böse Parodien und Kritik an Hypes, Verschwörungstheorien und dergleichen sorgen für jede Menge gute Laune, halten bei alledem dennoch immer einen großen Klumpen Wahrheit in sich, sodass man dem Rapper dabei nie so wirklich widersprechen kann. Mit "Die Zeit heilt alle Hypes" sollte Fatoni jeden davon überzeugen können, dass er ein eigenständiger Künstler ist, der das Aufsehen, welches er gemeinsam mit Edgar Wasser erregt hat, absolut verdient und dass es sich dabei nicht nur um irgendeinen Hype handelt, der mit der Zeit wieder heilen wird.



    Wobo Solagl (Daniel Fersch)

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  • Ich mag die ep.
    Beim Ende von dicke hipster/anfang von an der Uhr musste ich laut loslachen.

    Sündige vor Gott, breche das Inzest-Tabu
    denn HipHop macht uns zu Brüdern - und ich ficke deine Crew"

  • die review klingt besser als die bewertung letztendlich is aber mal ne ganz blöde frage, wo bekomm ich denn die ep?

    "Deine Seele gehört jenem der am meisten bietet/
    Ich krieg lieber weiter Prügel als mich schweigend einzufügen/
    Was nützt die Ablehnung ihrer, wenn deine eigenen Lügen/
    Die einzig plausible Alternative sein solln?/
    Dass du der Feind meines Feindes bist, macht dich nicht zu meinem Freund/
    Wir sind nicht ein Volk mein Freund/"

  • da ich kein facebook habe fällt das wohl flach :(

    "Deine Seele gehört jenem der am meisten bietet/
    Ich krieg lieber weiter Prügel als mich schweigend einzufügen/
    Was nützt die Ablehnung ihrer, wenn deine eigenen Lügen/
    Die einzig plausible Alternative sein solln?/
    Dass du der Feind meines Feindes bist, macht dich nicht zu meinem Freund/
    Wir sind nicht ein Volk mein Freund/"

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