Review: Jifusi – P.E.U.N.T.



  • 01. Stories auf der Haut
    02. Alles was ihr braucht
    03. Ich hab es
    04. Ich fang grade erst an
    05. Immer noch
    feat. Vanessa Gentile
    06. In my zone
    07. Guck ma
    feat. Harris
    08. Traum
    09. Sneaks
    10. Whut up
    11. Wenn sie mich hören
    12. Scheiße nein
    13. Mind on my money
    14. Mir gehts gut
    15. Gehen oder bleiben
    feat. Marvin Baker
    16. Feuer feat. Franky Kubrick
    17. Sie will mich
    18. Solo
    feat. Deenie S.
    19. Es tut mir ja leid
    20. Wochenende
    feat. Vanessa Gentile
    21. Früher


    Hand aufs Herz: Als das neue Release von Jifusi angekündigt wurde, konnte ich mit dieser Nachricht zuerst nicht viel anfangen. Irgendwo im Hinterkopf klingelte es zwar ganz leise, doch weder konnte ich ein Gesicht noch irgendwelche Tracks mit dem Namen in Verbindung bringen. Nach ein paar Momenten des Grübelns fand ich dann aber doch eine Antwort – jedem, dem es in Bezug auf den Künstler anfangs ähnlich wie mir ergeht, sei ein Hinweis gegeben: "Mammut Remix". Spätestens jetzt fällt einem wieder der junge Stuttgarter ein, der neben vielen anderen talentierten Künstlern auf dem Remix von Savas' "Der Beweis" zu hören war. Nun kommen auch Erinnerungen an Zusammenarbeiten mit Franky Kubrick, die Aufmerksamkeit als Backup von Kool Savas und der auf "John Bello Story 2" befindliche Track "Horrormusic" aus den Tiefen des Unterbewusstseins hoch. Nach ein wenig Recherche hat man dann auch wieder diverse Mixtapes und das Album "In vollen Zügen" auf dem Schirm, wodurch die Nachricht über ein neues Release nun doch wieder recht interessant klingt. Was genau Jifusi aus alledem machte und was er sich im Hofstaat des "King of Rap" aneignen konnte, ist zunächst ungewiss. Doch wenn man dem Titel des neuen Mixtapes glauben schenkt, scheinen zumindest ein "paar Euro und 'n Traum" übrig.


    "Das ist die fünfte Platte – mal seh'n, was diesmal geht/
    Mal seh'n, ob ihr nach Nummer fünf endlich dahinter seht/
    Einer der echtesten Spitter, die es in Deutschland gibt/
    Hat ein paar Euro und 'nen Traum und ist wieder zurück/
    "
    (Jifusi auf "Stories auf der Haut")


    Der Anfang des neuen Werks ist in jedem Fall vielversprechend. Eine helle Gesangsstimme und sanfte Klavierklänge bauen sich zu einem immer lauteren, zunächst noch recht sphärischen Beat auf, während die Kraft und Geschwindigkeit von Jifusis Flow stetig zunimmt. Das Ganze entlädt sich schließlich in einem energiegeladenen Beat und einem schnellen, wütenden Rappart des Stuttgarters, wodurch es zunächst erscheint, als lehne sich der Künstler gar nicht so weit aus dem Fenster, wenn er meint, er habe "alles was ihr braucht". Seiner Meinung nach brauchen wir allerdings ein Soundbild, das sehr an amerikanischen Club-Vorbildern orientiert ist und bietet uns daher eine Vielzahl an Titeln, die sehr auf eingängige Hooks und Bridges konzentriert sind. Titel wie "Ich hab es" und "Sneaks", auf dem Jifusi seine teure Liebe zu neuen Schuhen gesteht, warten daher oftmals mit kurzen, eingängigen Strophen auf, die entsprechend oft wiederholt werden, um selbst beim ersten Hören im Kopf hängenzubleiben. Inhaltlich geht hierbei leider nicht sonderlich viel, doch zumindest kann er mit seinem US-lastigen Sound halbwegs überzeugen. Dies liegt vor allem auch an seiner interessanten Stimme, die gerade bei vereinzelten, englischen Strophen genauso gut von einem internationalen Künstler stammen könnte.


    Wenn man sich dann auch noch den Stuttgarter Marvin Baker dazuholt, dem die englische Sprache ähnlich gut liegt, muss man sich eigentlich nur noch wenig Sorgen darum machen, dass das Ganze zumindest sprachlich erzwungen klingen könnte. "Gehen oder bleiben" besticht allerdings nicht nur durch einen Featuregast mit sanfter, angenehmer Stimme, sondern auch durch einen interessanten Beat, der ebenjenen warmen Gesang mit knallenden Drums und dumpfen Gitarrenriffs kombiniert. Das Inhaltliche bleibt bei beiden Künstler jedoch ziemlich auf der Strecke – trotz der Thematik einer erfolglosen Beziehung wird textlich nur an der Oberfläche gekratzt und man verbleibt eher nichtssagend, was sich des Öfteren als Problem Jifusis herausstellt. So sind Features mit Kumpel Deenie S. und Franky Kubrick an und für sich zwar stimmige Representertracks, doch bringen sie keinerlei Tiefgang in das Werk. Spezializt Harris wird sogar regelrecht verpulvert, hat er auf dem Beat zu "King Company" von US-Rapper Tyga, welcher für "Guck ma" verwendet wurde, doch nur ein paar wenige Sätze beizutragen, die in Fusis Part so eingebaut wurden, dass ein Dialog der beiden entsteht. Warum Dirty Harri nicht auf "Wochenende", einem Track über das Partyleben nach einer harten Woche, gastiert, wo dies doch ein nahezu perfektes Thema für den Berliner wäre, bleibt fraglich. Zwar klingt Vanessa Gentile hier auch durchaus passend, doch kann die Singer-Songwriterin, die vor allem durch diverse Coversongs ein wenig Aufmerksamkeit auf sich lenken konnte, viel eher durch ihre Performance auf "Immer noch" überzeugen.


    "Ich bin immer noch derselbe Typ, der ich damals war/
    Immer noch Straße, immer noch kein Superstar/
    Ich hab' immer noch Träume zu verwirklichen/
    Und ich träum' immer noch von Dingen, die nicht wirklich sind/
    "
    (Jifusi auf "Immer noch")


    Auf den sehr ruhigen, sanften Klängen von "Immer noch" zeigt sich Jifusi plötzlich deutlich bescheidener, ist dankbar für das Feedback, das ihm seine Fans entgegenbringen, gesteht sich aber auch selbstkritisch eigene Fehler ein. Der Kontrast zu den vielen aggressiven Representern, in denen er sich etwa als "underrated, most hated Top-MC" ("In my zone") bezeichnet, der laut eigenen Worten so vielen kleinen Scheißern hier den Weg ebnete, ist so extrem, dass der inkonstante Charakter, den der Rapper auf dem Mixtape verkörpert, dem Werk durchaus schadet. Die Tape-Eigenschaft von "P.E.U.N.T." wurde dadurch verstärkt, dass die Beats der einzelnen Tracks ineinander übergehen und somit vorgegeben ist, die Titel in der richtigen Reihenfolge zu hören, um plötzliche, störende Cuts im Soundbild zu vermeiden. Gleichzeitig sind somit aber auch die Sprünge vom selbstverliebten Star zum demütigen HipHop-Fan innerhalb einer einzelnen Person vorgegeben, so dass diese abrupten charakterlichen Widersprüche beim Hören immer wieder auffallen. Die ruhige, zurückhaltendere Ader Jifusis alleine ist jedoch alles andere als unnötig, im Gegenteil: Seine leiseren Titel sind inhaltlich sogar die besten des Werks. Statt hohler Phrasendrescherei über das Abschleppen von Frauen im Club wie auf "Scheiße nein" oder den sexuellen Verkehr mit den Müttern seiner Hater auf dem äußerst nervigen, aus orientalischen Sounds zusammengeschusterten Beat von "Wenn sie mich hören", kann der Rapper in nachdenklicheren Texten beweisen, dass er durchaus auch fähig ist, Geschichten zu erzählen. Im Falle von "Früher", einem Resümee seiner bisherigen Karriere, liegt dies natürlich wohl auch daran, dass es schlicht und ergreifend eigene Erfahrungen sind, von denen er erzählt. Doch selbst "Sie will mich", ein Track, in dem Jifusi mit leichtem Augenzwinkern die Rolle eines Frauenhelden spielt, der sich von Geliebter zu Geliebter bewegt, gelingt es ihm, eine gewisse Handlung aufzubauen.


    Der Versuch, einen entspannten Beat mit prahlerischen Texten zu kombinieren, scheitert dagegen allerdings wieder, "Mind on my money" entpuppt sich eher als eine schleppend langsame Nummer, die dem Hörer viel zu viel Zeit lässt, sich darüber klar zu werden, dass die Phrasen, die der Rapper immer wieder von sich gibt, meist doch eher fragwürdig sind. Geschickterweise beendet Jifusi das Mixtape jedoch nicht nur mit dem bereits erwähnten "Früher", sondern fügt dem Ganzen noch einen abschließenden Hiddentrack bei, auf dem er seine einsame Kindheit und Jugend ohne Eltern darstellt und damit ein weiteres Mal seine erzählerischen Fähigkeiten unter Beweis stellen kann. So endet "P.E.U.N.T." fast so gut, wie es begonnen hat, und lässt den Gesamteindruck letztendlich wieder ein wenig positiver wirken.


    Fazit:
    Rückblickend muss ich gestehen, dass, sofern ich Jifusi nur auf sein neues Mixtape reduzieren würde, ich durchaus nachvollziehen könnte, warum der Stuttgarter bei mir etwas in Vergessenheit geriet. Zu viele der 21 Anspielstationen sind austauschbar und zu klischeebehaftet, haben keinerlei tiefergehende Aussage oder versuchen sich zu sehr an einem internationalen Soundbild. Sicher dient ein Mixtape oft dazu, dass B-Ware, die nicht auf einem Album landen soll, aber dem Künstler doch zu schade für den Papierkorb ist, zu veröffentlichen. Doch im Falle von "P.E.U.N.T." bleibt zu hoffen, dass fast der gesamte Inhalt aus genau diesem Grund seinen Platz auf dem Werk fand. Wünschenswerter wären viel eher weitere Titel, bei denen Jifusi Wert auf Aussage statt ausschließlich auf massentaugliche Klänge legt. Dass er dies beherrscht, beweist er immerhin vereinzelt, nur eben leider viel zu selten. Für das nächste Release sollte der Stuttgarter neben den paar Euro und dem Traum aus dem Mixtapetitel auf jeden Fall noch deutlich mehr Inhalt im Gepäck haben.



    Wobo Solagl (Daniel Fersch)

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  • Fazit recht treffend, bin auch etwas enttäuscht vom Mixtape. Obwohl er ja eigentlich schon ordentlich was drauf hat.. Schade drum.

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