01. Intro
02. Haus aus Gold
03. Xanadu
04. Zeit für mich
05. Mr. Humble 1 feat. Mr. Humble
06. Skit
07. Stemmer
08. 014 Gunter Sachs feat. Guliano
09. Micaela
10. Superreich feat. James
11. Skit
12. Barbies
13. Mr. Humble 2 feat. Mr. Humble
14. Nana Mouskouri
15. Fabrik
16. Skit
17. Stillstand
18. Vao
19. Skit
20. Für ewig
21. Outro
Der Münchner Rapper Felix Krull nimmt den Hörer mit auf eine Reise nach "Xanadu", eine Traumwelt, in der alles perfekt scheint. Im Vorfeld kündigte er an, dass er auf dem Release ein klares Konzept verfolge, wodurch das Projekt wie ein Film vor den Augen der Hörer ablaufen solle. Die 21 Anspielstationen erzählen eine zusammenhängende Geschichte, die aus Liedern, Skits und Dialogen in Rap-Form besteht. Felix Krull und "Xanadu" scheinen auf den ersten Blick wunderbar zusammenzupassen. Ein fiktiver Ort, der für Prunk und Wohlstand steht, in Kombination mit einer listigen Romanfigur, die als Meister der Täuschung gilt und exakt die oberflächlichen Werte anstrebt, die "Xanadu" verkörpert. Ist die Reise lohnenswert oder eifert Felix Krull seinem Namensvetter nach und das spannende Projekt ist letztendlich doch mehr Schein als Sein?
Im "Intro" wird der Hörer aufgeklärt, wie der Rapper an den zunächst geheimnisvollen Ort gelangen konnte – nach einer Verfolgungsjagd mit der Polizei wird er angeschossen und fällt anschließend in einen tiefen Schlaf. Probleme, die er vor wenigen Minuten noch hatte, sind schönen Träumen gewichen. So kommt er schließlich an die Pforten der Stadt, hinter denen sich alles verbirgt, was man sich nur wünschen kann. Zusammen mit den Hörern betritt Felix Krull seine Traumwelt, in der alle "Barbies" auf ihn fliegen, in der er "superreich" ist und die Häuser aus Gold sind. Passend zum Ausblick auf diesen schönen Ort, ist der Sound sehr fröhlich gehalten. Platz zum Trauern oder Philosophieren ist nicht gegeben, hier wird einfach nur die Sau rausgelassen.
"Ich koks' ausm Schoß von 'nem Playboy-Bunny/
Mitten in 'nem Haus aus Gold/
Und vom Himmel regnet's Money/
Ich hoff', ich wache nie mehr auf/"
(Felix Krull auf "Goldenes Haus")
Die Inhalte der Platte sind schnell wiedergegeben: Party, Reichtum, Party, Statussymbole und nochmal Party. Von den Themen her könnte man fast meinen, dass "Xanadu" der kleine Bruder von Prince Kay Ones "Prince of Belvedair" sei. Der kleinere deshalb, weil dieser Stil bei Felix Krull erzwungen und aufgesetzt wirkt. Wenn er beispielsweise englische Zeilen in seine Texte einfließen lässt, klingt es keineswegs lässig, sondern eher unecht und affektiert. Zwischen all den "Goldpalmen" und "YOLO für die Ohren" kommt mir immer wieder in den Sinn, was Felix Krull in einem Interview über sein Album erzählte: "Ich sage mit völliger Überzeugung, dass es eines der spannendsten, abgefahrensten, tiefgründigsten und einzigartigsten Rap-Alben der letzten zehn Jahre geworden ist." Zugegebenermaßen ist die Idee mit der durchgängigen Geschichte, die sich durch das Album zieht, recht interessant, allerdings keineswegs ein Tarantino-Drehbuch. Wenn es dermaßen an der Umsetzung hapert, hat man allerdings sowieso nichts von der Story, selbst wenn diese Oscar-reif wäre.
Ein typisches Lied für das Debütalbum lässt sich folgendermaßen beschreiben: ein poppiger Beat, unsaubere Rap-Parts und die obligatorische Schlager-Hook. Nehmen wir als Beispiel den Song "Micaela": Ein Instrumental, das man ohne Probleme gegen fast jedes andere des Longplayers hätte tauschen können, Parts, in denen sich wenig bis gar nichts reimt, Zeilen wie "Und ich weiß nicht, ob ich schwul bin, doch ich schmuse mit dem Mic" sowie eine Autotune-Hook, die schmalziger kaum hätte sein können. Als er dann auch noch die Worte "Daaaa-da, ich mach Party auf der Venus" ins Mikrofon trällert, stellen sich bei mir endgültig die Nackenhaare auf.
"Aus Jungs werden Männer, Stemmer/
Mit Tattoos wie ein Seemann, nee, Mann/
Ich will kein' von euch featuren, Shisha/
Zieh' den Kopf wie Zidane, Biatch/"
(Felix Krull auf "Stemmer")
Die lyrische Leistung des Künstlers bewegt sich über die gesamte Länge fast stetig auf dem Niveau des obigen Zitats. "Männer" auf "Stemmer", "Seemann" auf "nee, Mann" – mir stellt sich die Frage, wen Felix Krull mit solch uninspirierten Reimen überzeugen möchte. Ich denke, es bedarf keiner weiteren Erläuterung, warum man bei diesen Zeilen in keine große Euphorie verfällt. An sich wäre dies vielleicht noch zu verkraften, stellenweise klingen die Texte jedoch viel zu oberflächlich. Was zudem dieser "Kopernikus-Flow" sein soll, den er zu seinen Fähigkeiten zählt, würde ich zu gerne wissen. Sein Flow klingt zu fast keinem Zeitpunkt flüssig, da es oftmals so wirkt, als würde er sich von Zeile zu Zeile hangeln, ohne dabei einer erkennbaren Struktur oder einem Konzept zu folgen. Eine angenehme Abwechslung bietet Mr. Humble alias Ali As, der in der realen Welt als der Polizist agiert, welcher Felix Krull angeschossen hat. In "Xanadu" hingegen arbeitet er als eine Art Direktor, der dem Stemmer erläutert, wie das Leben im Paradies abläuft. Während diesen kurzen Sequenzen hat der Rap-Fan Zeit, sich zu entspannen und von den haarsträubenden Autotune-Hooks sowie dem ganzen Glitzer und Glamour zu erholen. Im Vergleich zu Felix Krull weiß sein Gast durch einen präzisen Flow, durchdachte Reime und einem gewissen Witz in seinen Texten zu gefallen und stellt damit so ziemlich genau das Gegenteil von ihm dar. Im Übrigen bin ich kein Gegner des Einsatzes von Autotune, wenn allerdings gefühlt 70 Prozent des Albums daraus bestehen, ist es für meinen Geschmack zu viel des Guten. Vor allem, wenn die Texte in diesen Passagen so schnulzig klingen, dass das Ergebnis an die Titelmusik einer Zeichentrickserie für kleine Kinder erinnert. Die Beats sind überwiegend im poppigen Bereich anzusiedeln, Rap-Elemente tauchen nur äußerst selten in den Massen von durchgehenden und sanften Rhythmen auf. Die Produktionen ähneln sich stark, plätschern meist vor sich hin und lassen jeglichen Anflug von Komplexität vermissen. Schlicht und ergreifend sind die Produktionen, die hauptsächlich von David Lauren stammen, weit unter dem Durchschnitt einzuordnen, da auf der gesamten Platte nicht ein Instrumental begeistern kann. Durch die sich ständig wiederholenden Elemente wirkt die Gesamtheit der Beats wie eine große und zähe Masse, durch die sich der Hörer etliche Tracks lang durchbeißen muss.
Nach 15 Anspielstationen wacht Felix Krull plötzlich auf, "Xanadu" ist so schnell verschwunden, wie es erschienen war – alles nur ein Traum gewesen. Böse Zungen würden jetzt behaupten, dass es sich um einen Albtraum gehandelt haben muss. Und siehe da, nachdem die Realität ihn wieder zurück hat, ändert sich das Soundbild. Leider nur für zwei Tracks, wie sich später rausstellt. Statt des inhaltlichen Vakuums, gepaart mit einer Art Plastik-Sound, wird es nun tatsächlich etwas tiefgründiger. Mit "Stillstand" und "Vao" liefert er die ersten durchgängig hörbaren Songs ab, bei denen er zum ersten Mal eine stimmige Atmosphäre erzeugt und mit gelungenen Reimen hantiert. Der erste Track ist leicht philosophisch angehaucht und kritisiert beispielsweise das Desinteresse der Jugend. Im Vergleich zu den anderen Inhalten sicherlich ein Fortschritt, wenngleich die Thematik sehr vereinfacht und oberflächlich dargestellt wird. Bei der zweiten gelungenen Anspielstation handelt es sich um ein Liebesgeständnis an seine Freundin, die ihn danach im "Skit" fragt: "Schatzi, was ist dein größter Traum?" Als die Antwort lautete: "Baby, ganz ehrlich? Eigentlich wünsch' ich mir nur, dass wir für ewig jung bleiben", befürchtete ich das Schlimmste. Dieser geistreiche Dialog setzt dem kitschigen Gesamtbild voller "A little bit of this, a little bit of that" die Krone auf. Wie ich ein paar Sekunden später erfahren musste, bewahrheiteten sich meine Befürchtungen nicht nur, sondern wurden deutlich übertroffen. Autotune, Phrasendrescherei und eine Hook, die es ohne Probleme auf die neueste Schlager-Compilation schaffen würde – da war nun also wieder der Felix Krull, wie ich ihn auf seinem Debütalbum kennengelernt habe.
"Für ewig, für ewig, für ewig/
Keine Regeln, denn: Hey, ich will leben/
Für ewig, für ewig, für ewig/
Und wenn sie sagen: 'Nee, das geht nicht!'/
Sag' ich: 'Sorry, you speak english?'/"
(Felix Krull auf "Für ewig")
Fazit:
Leider ist ein interessantes Konzept noch lange kein Indiz für ein gelungenes Album. Ab und zu ein paar gute Ansätze reichen nicht aus, um auf Albumlänge überzeugen zu können. "Xanadu" klingt an vielen Stellen wie eine Mischung aus Rap, Pop und Schlager. Allerdings nie wirklich rund. Felix Krulls Fähigkeiten als Rapper stechen im Vergleich mit anderen MCs in keinster Weise heraus. Sein Flow ist zu monoton, textlich weiß er fast nie zu gefallen und die Reime bewegen sich zu oft auf dem Niveau von "Seemann, nee, Mann". Das Einzige, das bei mir nach 55 Minuten tatsächlich hängengeblieben ist, ist das Wort "Stemmer", welches neben englischen Worteinschüben zu seinem Stammrepertoire zu zählen scheint. Bevor sich der Münchner Rapper an sein nächstes Projekt begibt, sollte er sich auf eine gewisse Art der Dartstellung festlegen und diese verfeinern, bevor er auf den Hörer wieder eine Flut von unausgereiften Stilrichtungen einbrechen lässt. Ganz im Stile des von Thomas Mann geschriebenen Romans "Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull", beherrscht auch der Musiker das Kunststück des Prinzips "Mehr Schein als Sein". Aus der Ferne wirkt "Xanadu" wie eine Oase, die sich aus einer Wüste von vielen ähnlichen Releases erstreckt. Geht man jedoch näher heran, stellt man fest, dass die schöne Vorstellung in der Realität nur eine Fata Morgana war.
Maximilian Lipp (Maxkulin)
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