01. Zweite Chance
02. Gladiator
03. Blockparty
04. Bis ans Ende
05. Hass/Liebe
06. Meine Crew
07. Für immer in Erinnerung
08. Science Fiction Patterns
09. Spitta
10. 808 & Beatbreaks
11. MC MG
"Sag, ich hab' keine Karriere und werd' niemals eine haben/ und trotzdem bleib' ich hier, rapp' bis ans Ende meiner Tage" – mit diesen Worten beendete der aus Gütersloh stammende Laas Unltd. den ersten Teil von "Blackbook". Es ist eine Aussage, die sich in mein Gedächtnis eingebrannt hat. Solch eine Einstellung finde ich sehr beachtlich, da man an ihr erkennen kann, wie sehr der Rapper mit HipHop verbunden ist und wie viel Liebe er in seinen Traumberuf steckt. Egal, wie viele Rückschläge Lace hinnehmen musste, er stand immer wieder auf. Selbst in der Zeit, als unter seinen Videos fast ausschließlich "Wer ist dieser Laas?"-Kommentare standen, ihm kaum ein Rapmagazin Aufmerksamkeit schenkte und er auf seiner Tour oftmals nur vor 20 Leuten spielte. Anstatt in Selbstmitleid zu baden und den Grund für viele erfolglose Jahre bei anderen zu suchen, gibt er ganz alleine sich selbst die Schuld für seine Misserfolge. Offen und ehrlich spricht der mittlerweile in Berlin lebende Rapper über seine Probleme und die oftmals gescheiterten Projekte. So zum Beispiel sein letztes Album "Im Herzen Kind", bei dem er ein wenig den Fokus auf seine eigentlichen Stärken verloren hatte. Zu häufig driftete er in einen poppig klingenden Sound ab und legte dabei zu wenig Wert auf Flow oder anspruchsvolle Reime. Nach diesem, laut eigener Aussage "gefloppten Unterfangen" erschien die EP "Im Herzen King", auf der er seinen alten Weg wieder einschlug und sich ausschließlich auf Rap beschränkte. Treffend rappte er auf einem der Songs: "Ich hab' meinen Flow wieder". Für ein deutliches Ausrufezeichen in der Deutschrap-Szene sorgte er vor einigen Monaten mit seinem Battle bei "Rap am Mittwoch" gegen Drob Dynamic. Die Resonanz auf seinen Auftritt, bei dem er den Gegner nach allen Regeln der Kunst auseinandernahm, war überragend. Den entstandenen Hype und die wiedergewonnene Selbstsicherheit will Laas Unltd. nun nutzen, um mit "Blackbook II" einen weiteren Schritt in Richtung Anerkennung und Erfolg zu gehen. Schafft er es, seine "zweite Chance" zu nutzen?
"Du fandst mein Album wack, die erste Single Pop/
Jetzt hörst du puren Rap, meine Style-Renaissance/
Kapuze überm Cap, stell' mein Mic auf 'On'/
Du dachtest, ich wär' weg – hier's meine zweite Chance/"
(Laas Unltd. auf "Zweite Chance")
Der Track "Zweite Chance", der von Beginn an zu überzeugen weiß, stellt die erste Anspielstation des Albums dar. Einleitend widmet P-Zak, der sich als Battle-MC bei "Rap am Mittwoch" einen Namen gemacht hat, wo Laas vor wenigen Monaten seine "Wiederauferstehung" feierte, zu den Qualitäten des Rappers als Live-MC ein paar Worte. Ein episch anmutender Beat in Kombination mit der kurzen, aber dennoch bewegenden Rede sorgen für eine sehr emotionale Stimmung, die Laas gekonnt nutzt, um "aufzuräumen". Er analysiert treffend vergangene Fehler und stellt klar, auf was sich der Hörer in den nächsten 38 Minuten einzustellen hat: nichts als puren Rap. Im Klartext bedeutet das: Vergesst Gesangshooks ebenso wie Features, Liebeslieder, Autotune-Versuche und teilweise poppige Beats – das war "Im Herzen Kind". Stattdessen erwarten den Hörer Scratches, durchgerappte Hooks, typischer HipHop-Sound und ausgefeilte Reimtechniken. Dank dieser Rückbesinnung auf seine Wurzeln, vor allem aber wegen der starken Weiterentwicklung dieser, liefert uns Laas Lieder wie "MC MG", mit denen er eindrucksvoll beweist, dass er sich in puncto Technik vor niemandem zu verstecken hat. Er variiert mit verschiedenen Reimstrukturen und Flow-Varianten, als hätte er noch nie etwas anderes gemacht. Beispielsweise benutzt er vielmals Block- oder gebrochene Reime: Mal fliegt er förmlich über den Beat, ein paar Sekunden später hackt er Wörter ab und bringt das Wort "MC" 15 mal in acht Zeilen unter, ohne dabei verkrampft zu klingen. Trotz all dieser Variationen klingt das Ergebnis nie unvollkommen, sorgen sie eher doch dafür, dass "Blackbook II" sehr abwechslungsreich ist und zu keinem Zeitpunkt monoton wirkt. Trotz der gebotenen Vielseitigkeit fehlen stellenweise allerdings die spektakulären Momente, die den Hörer ins Staunen versetzen.
"Du sprichst über mein Album, doch ich weiß schon, was du sagen willst/
'Oh, er macht nur Rap, rappt nur über Rap/
Rappt über früher, darüber, wie er fühlt, wenn er was rappt'/
Fresse! Ich bin nich' der Liebling der Rappresse/
Doch sie freuen sich alle, wenn ich fürs Interview nett lächel'/"
(Laas Unltd. auf "Blockparty")
Wie man es von Laas kennt, dreht sich bei dem Backpack-Rapper thematisch einiges um Rap und HipHop, jedoch nie wiederkehrend nur um einen bestimmten Aspekt. Vielmehr nimmt er einen mit auf eine Reise durch alle Schichten dieser Kultur und beleuchtet all ihre Facetten. Allerdings hat er auch noch andere Inhalte in petto. So thematisiert er zum Beispiel geradeheraus die vielen negativen Erlebnisse der letzten Jahre, die von falschen Freunden bis hin zum Überraschungsbesuch von Kollegah und Farid Bang auf einem seiner Konzerte reichen. Es wirkt, als wolle er mit einigen alten Kapiteln abschließen, andere hingegen schlägt er für den Hörer noch einmal auf. In "Meine Crew" nimmt er uns auf eine kleine Zeitreise mit und lässt seine Anfänge in der Szene Revue passieren. Vor circa 15 Jahren rappte Lace mit drei Freunden zusammen, die alle den Traum von goldenen Platten und großen Konzerten hatten. Auf diese Vorstellungen, die zum Großteil wahrscheinlich dem jugendlichen Leichtsinn geschuldet waren, folgte jedoch schnell die Ernüchterung. Die großen Erfolge blieben aus, zu Gigs verliefen sich höchstens eine Handvoll Menschen und an dicke Gagen war erst recht nicht zu denken – eine aufschlussreiche Story, an der zu erkennen ist, wie schnell man von der Realität wieder eingeholt werden kann. Ebenfalls sehr interessant gestaltet sich der Song "Für immer in Erinnerung", auf dem Laas die Begriffe "Erfolg" und "Glück" aus seiner Sicht definiert. Im Vergleich zu alten, oftmals oberflächlich gehaltenen Tracks wirkt dieser sehr reflektiert und reif. Erfolg spiegelt sich nicht zwangsweise in haufenweise Geld oder schicken Sportwagen wieder, für manch einen ist es ein Gewinn, wenn man sich im Alter an viele schöne Erlebnisse erinnern kann. Materielle Dinge bleiben nicht für immer, die erlebten Geschehnisse allerdings schon. Nicht nur an dieser Stelle merkt man, dass der früher häufig eingebildet wirkende MC von seinen teilweise überheblichen Ansichten abgewichen ist. Mittlerweile besitzt Lace ein gesundes Bild von der Szene und seiner Rolle in dieser, auch wenn er ab und zu noch Lobeshymnen auf sich selbst anstimmt – ein klein wenig gehört diese Attitüde ja aber auch zur Kultur.
"Was ist besser, als wenn du mit deinen Freunden thronst/
Weil der Erfolg nie kam, wurde am Ende die Enttäuschung groß/
Heut' steh' ich alleine in dieser Booth und denk': Wir wollten bloß/
Von hier unten bis zu den Wolken hoch/"
(Laas Unltd. auf "Meine Crew")
Es sind auch die Feinheiten, die "Blackbook II" ausmachen. Oft wird ein Faden zu älteren Zitaten gesponnen, die teilweise neu interpretiert werden. Ich glaube es Laas aufs Wort, wenn er mir auf dem Track "Spitta" Lines wie "Nachts bis nach vier wach/ spitt', bis jeder Satz sitzt" präsentiert, da das Endergebnis in fast allen Fällen ausgereift und durchdacht klingt – Flows, Beats, Parts und Hooks harmonieren und ergänzen sich in der Regel wirkungsvoll und sorgen somit stets für ein rundes Soundbild. Was DJ Smoove, der unter anderem schon für Kool Savas und Xavier Naidoo produziert hat, auf jedem der elf Tracks abliefert, ist ganz großes Kino. Anfangs hatte ich die Befürchtung, dass das Spektrum an Beats ziemlich klein ist, da alle dem Schaffen eines einzigen Produzenten entsprungen sind. Schnell kristallisiert sich jedoch heraus, dass Vermutungen in diese Richtung jeglicher Grundlage entbehren. Die Palette an Produktionen reicht von ruhigen, emotionalen Sounds hin zu regelrechten Brettern, die powervoll aus den Boxen wummern. DJ Smoove hat ein Händchen dafür, wie er Laas Unltd. bestmöglich inszenieren kann, da er die jeweiligen Thematiken durchgehend mit den passenden Klängen unterstreicht. Bei "Für immer in Erinnerung" verleiht er zum Beispiel durch einen kompletten Umschwung des Instrumentals den nachdenklich stimmenden Worten von Lace Nachdruck. Das Lied beginnt mit einem klassischen HipHop-Beat, der durch mehrere Jazz- und Reggae-Elemente sowie verschiedenste Vocalsamples ergänzt wird. Nach zwei Strophen setzen Streicher ein, die das Stück in einem sehr gefühlvollen Licht erscheinen lassen – dass der Produzent lediglich durch sein Handwerk solche Emotionen beim Hörer hervorrufen kann, hebt ihn deutlich von anderen Kollegen ab. Auf dem Song "Gladiator" hingegen fasst Laas nochmals seine Battle-Qualitäten zusammen, was meiner Meinung nach allerdings unnötig ist, da über dieses Thema in den letzten Monaten schon genügend Worte verloren wurden. So wirkt es, als klammere er sich an diesem Triumph fest und wolle bloß nicht, dass dieser in Vergessenheit gerät. Außerdem klingt die Hook mit dem Aufzählen von Zahlen etwas erzwungen, wodurch der Track für mich den schwächsten Auftritt auf "Blackbook II" darstellt. Mit "808 & Beatbreaks" gelingt dem Backpacker dafür eine wahre HipHop-Hymne. Strophenweise rappt er über Merkmale beziehungsweise Trends, die für eine Art Rap-Epoche stehen. Es geht von Walkmans, "Yo! MTV Raps" und Vinyls über hochgepitchte Samples, knielange Shirts und Air Force Ones bis hin zu 808-Trapbeats, Instagram und iPhones. Dem Hörer bleibt gar nichts anderes übrig, als kopfnickend dem von scheppernden Drums und stimmigen Samples geprägten Beat sowie dem immer on-point rappenden Lace zu lauschen und in Erinnerungen zu schwelgen.
Fazit:
Nach mehrmaligem Durchhören hält sich die Kritik im Rahmen – allein der Song "Gladiator" ist meiner Meinung nach gegenüber den anderen leicht abfallend. Unterm Strich muss ich allerdings sagen, dass sich "Blackbook II" trotz aller Stärken wohl nicht neben den ganz großen Deutschrap-Alben einreihen kann, da es dafür etwas zu unspektakulär ausfällt. Hier und da fehlen die gewissen "Wow"-Momente, die teilweise zwar vorhanden, aber insgesamt zu rar gesäht sind. Trotzdem muss man festhalten, dass Laas Unltd. es über die gesamte Länge des Albums schafft, den Hörer in seinen HipHop-Film zu ziehen, der durch all seine Feinheiten und die überragende Vortragsweise bildhaft in den Köpfen dieser abläuft. Zugegeben: Anfangs war ich recht skeptisch, was das sechste Solo-Werk des Rappers anbelangt, da mich Laas mit seinen bisherigen Alben nie restlos überzeugen konnte. Mit "Blackbook II" hat er das nun definitiv getan, auch wenn er das Rad sicherlich nicht neu erfunden hat. Man sollte der Platte eine Chance geben und ohne Vorurteile an die Musik rangehen. Wer dies getan hat, kann eigentlich nur zu dem Schluss kommen, dass Laas Unltd. seine "zweite Chance" mehr als nur genutzt und ein sehr gutes Stück Deutschrap geschaffen hat.
Maximilian Lipp (Maxkulin)
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