Review: Freunde von Niemand – Willkommen im Niemandsland – Teil zwei



  • 01. Intro – Vega
    02. Niemand wie wir – FVN
    03. Wir lassen das Feuer brennen – Bosca & Bizzy Montana
    04. Eine Liebe – Timeless
    05. Meine Feinde – Bosca & Vega
    06. Könige der Nacht – Bizzy Montana
    07. Schockwelle – Timeless
    08. Wenn ich rap – Bosca, Timeless & Vega
    09. Immer noch – Johnny Pepp & Vega
    10. Kaos – Timeless & Vega
    11. Atemlos – Bosca
    12. Es brennt – Johnny Pepp & Timeless
    13. Zeiger auf der 10 – Johnny Pepp & Bosca
    14. Was weißt du 2 – Vega
    15. Krieg in meinem Kopf – Johnny Pepp


    Wenn es eine Farbe gäbe, mit der man das 2011 von Vega gegründete Label Freunde von Niemand beschreiben könnte, wäre das ohne jeglichen Zweifel Schwarz. Die Farbe symbolisiert unter anderem Finsternis und Bedrohlichkeit. Dies sind Eigenschaften, die den Sound des Labels, welcher sich durch düstere Beats sowie eine aggressive "Anti Alles"-Haltung auszeichnet, ziemlich treffend widerspiegeln. Außerdem polarisiert Schwarz – manch einer ist fasziniert von der Farbe, andere hingegen lehnen sie strikt ab. So lässt sich die Position des Labels in der Deutschrap-Szene vereinfacht darstellen. Manche Leute können sich mit der Musik und den Rappern identifizieren, andere hingegen finden überhaupt keinen Gefallen an den speziellen Attitüden, die alle Künstler des Labels an den Tag legen. Das Label FvN distanziert sich bewusst von Hipstern und der YOLO-Fraktion, statt auf Frisuren und trendige Kleidung wird Wert auf Loyalität und Ehre gelegt. Die Freunde von Niemand sind besonders, sie sind wie eine kleine Familie, die sich als Pendant zu maskentragenden und oberflächlichen Rappern sieht. Nun laden die Künstler den Hörer zum zweiten Mal zu einem Besuch ins Niemandsland ein. Ob sich ein Ausflug in die Gegend, "wo der Mainstream verhasst ist" und "Keilereien an der Maines Seite" gang und gäbe sind, lohnt, werden die nächsten 48 Minuten zeigen.


    "Und genau deswegen such' ich keine Lines/
    Eure Technik juckt mich nich', weil ich verblute, wenn ich schreib'/
    Sind die Kombo des Wahnsinns, nehmen die Bomber vom Haken/
    Und wenn du testen willst, wer wir sind, komm auf die Straße/
    "
    (Vega auf "Intro")


    Das Album beginnt mit einem "Intro" in typischer Vega-Manier: emotionale, pathetische Worte auf einem anfangs ruhigen, sich langsam aufbauenden Beat. Gekonnt spielt V seine Stärken aus und sorgt für eine sehr gelungene Begrüßung im Niemandsland. Genau diese theatralische Atmosphäre, die er erzeugt, hebt ihn von vielen anderen Rappern ab. Doch nicht nur das Oberhaupt von Freunde von Niemand kann eine besondere Stimmung auf den Hörer übertragen. Timeless widmet sich zwischen Liebesbekundungen und verzweifelten Hilferufen auf "Eine Liebe" seiner Angebeteten namens HipHop. Dabei deckt er stimmlich von weinerlich bis hochgradig aggressiv alles ab, ohne dass es zu irgendeinem Zeitpunkt aufgesetzt klingt. Man fühlt förmlich, wie in ihm der Hass gegenüber den "Sunnyboys" von Wort zu Wort wächst, an die sich seine Verehrte aufgrund des Erfolgs verkauft hat. Es scheint, als könnten alle Rapper ihre persönlichen Facetten, welche sie auszeichnen und durch die sie sich von den anderen abgrenzen, zu einem stimmigen Gesamtbild zusammenfügen. Bosca und Vega ziehen in "Meine Feinde" in den altbekannten Kampf gegen die Staatsgewalt, der so hasserfüllt ist, dass letztendlich sogar Cops verbal erschossen werden. Der Beat ist extrem düster und von Chören unterlegt, die Stimmen wirken bissig und in jeder Silbe, die die Protagonisten rappen, platzt die Wut förmlich aus ihnen heraus. Selbst für die beiden ist der Track ungewohnt aggressiv, sodass man ganz froh sein kann, Bosc und V nicht zu seinen Feinden zählen zu müssen. Bizzy Montana rotzt im "Wos Party!?"-Stil auf "Könige der Nacht" die Erlebnisse einer durchzechten Party-Nacht auf seinen selbstproduzierten, mit Vocals und Klingeln gespickten Beat, der zu überzeugen weiß und sich durch einen eher partylastigen Sound von den restlichen Produktionen abhebt. Bizzy präsentiert sich dem Hörer in Höchstform: Ein präziser Flow, durchdachte Reime sowie ein beachtenswerter Stimmeinsatz zeichnen seine Auftritte aus. Durch seine besondere Aussprache und die von Alkoholexzessen geprägten Texte schafft er es, den alten, sympathisch-asozialen Bizzy-Charme aufleben zu lassen. Man darf auf das neue Projekt des 30-jährigen Müllheimers gespannt sein, das eventuell dieses Jahr noch erscheinen soll.


    "Nach der allerletzten Whisky-Runde/
    Alle still, alle außer mir im Nichts verschwunden/
    Für den Moment hab' ich schon lange einen Trick gefunden/
    Es gibt kein Ende, denn die Tanke sorgt für Licht im Dunkeln/
    "
    (Bizzy Montana auf "Könige der Nacht")


    Von der durchgepeitschten Party-Nacht, die wir mit Bizzy Montana erleben, scheinen alle Rapper einen leichten Kater davongetragen zu haben, da sie stellenweise nicht mehr so fokussiert und präzise wirken. In der Folge nimmt nach besagtem Track die Qualität des Albums leicht ab. Zum einen liegt das daran, dass Texte und Beats halbherziger klingen. Die größtenteils von Johnny Pepp und Drumz N' Roses, die unter anderem für MC Bogy und Toony tätig waren, stammenden Produktionen reichen von überwiegend brachialen bis hin zu wenigen powerlosen, dahinplätschernden Beats. Der Sound liegt im Vergleich zu Instrumentals anderer Produzenten aber nach wie vor deutlich über dem Durchschnitt. Im Großen und Ganzen sind sie recht typisch für Releases des Labels und bilden eine homogene, gut hörbare Masse – an manchen Stellen fehlt jedoch der Feinschliff, was eben besonders auf der zweiten Hälfte des Samplers zum Tragen kommt. Darüber hinaus leidet der Gesamteindruck der Platte dadurch, dass der bereits erwähnte Johnny Pepp vermehrt als Rapper zum Einsatz kommt. Der gebürtige Niederländer ist ein herausragender Produzent, der sich in den letzten Jahren durch seine düsteren und mächtig klingenden Beats immer wieder bewiesen hat. Als Rapper auf diesem Sampler kann er mich jedoch nicht überzeugen und will sich nicht in das ansonsten eingespielte Team einfügen. Er zeigt durchaus gute Ansätze, beispielsweise durch seinen Stimmeinsatz, hat aber keine Besonderheit, die ihn von den anderen Künstlern unterscheidet. Da "Willkommen im Niemandsland – Teil zwei" sein erstes Projekt ist, bei dem er vermehrt als Rapper agiert, kann man über die fehlenden Eigenheiten hinwegsehen. Allerdings klingen seine Texte oftmals nicht besonders durchdacht, selten kann er einen roten Faden in seinen Songs spannen und zu oft driftet er in Phrasendrescherei ab.


    Aber wie bereits angedeutet, schaffen es auch Vega, Bosca und Timeless auf der zweiten Hälfte der Platte teilweise nicht mehr, ihr Potenzial aus den ersten Auftritten auszuschöpfen. Die riesige Flamme, die Bizzy und Bosca anfangs mit "Wir lassen das Feuer brennen" entfacht haben, brennt zwar nach wie vor, erscheint jedoch erheblich geschrumpft. Das Lied "Es brennt" erinnert dann nur noch aufgrund des Namens an das lodernde Feuer aus kräftigen und scheppernden Instrumentals sowie atmosphärischen Raps und stellt den Tiefpunkt der Platte dar. Timeless und Johnny Pepp harmonieren bei genanntem Song überhaupt nicht mit dem Beat und tragen extrem monoton ihre recht belanglosen Texte vor. An manchen Stellen wirkt es, als hätte eine "Schockwelle" den Künstlern die Energie geraubt, da Lieder wie "Zeiger auf der 10" oder "Krieg in meinem Kopf" sehr kraft- und konzeptlos präsentiert werden. An manchen Stellen hat das nicht mehr viel mit den detailverliebten Freunden von Niemand gemeinsam, die sonst viel Wert auf einen ausgereiften Sound legen. Kurz bevor wir das Niemandsland verlassen, reißt der Labelboss persönlich das Steuer noch einmal rum und sorgt dafür, dass wir mit überwiegend guten Erinnerungen sein gelobtes Land verlassen. Im Song "Was weißt du 2" kommt wieder die besondere Stimmung zum Tragen, die einen in ihren Bann zieht und nicht mehr so schnell loslässt.


    "Sag mir, was weißt du über Regeln auf der Straße/
    Über die Fahnen, die so lange wehen werden, wie wir atmen/
    Sag mir, was weißt du über meine Stadt/
    Nichts, Chab – ich hab' Frankfurt auf die zwei gebracht/
    "
    (Vega auf "Was weißt du 2")


    Fazit:
    "Willkommen im Niemandsland – Teil zwei" ist schwer einzuordnen. Im Vergleich zu anderen Samplern ist dieser definitiv überdurchschnittlich, vergleicht man ihn allerdings mit anderen Freunde von Niemand-Releases, wirkt das Projekt unausgeglichener und an manchen Stellen nicht ganz rund. Nichtsdestotrotz präsentiert das Label um Vega eine unvergleichbare Atmosphäre, die es nur im Niemandsland gibt. Diese Welt, wo "Flaschen auf den Tischen stehen" und "Blut für die Stadt" gelassen wird, ist nach wie vor faszinierend. Obwohl einige Schwächen vorhanden sind, hat sich der Ausflug ins Niemandsland gelohnt – hoffen wir, dass die Freunde von Niemand für uns auch noch ein drittes Mal die Pforten öffnen werden.



    Maximilian Lipp (Maxkulin)

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  • ich finde reviews zu fvn sollten aus objektivitätsgründen ausschließlich von pro ripper kommen!


    review passt im groben, wobei für mich johny pepp das ganze album leider echt runterzieht, super produzent, aber wenn überhaupt durchschnittlier rapper, der mit dem rest leider nicht mithalten kann, weil die alle sehr gut sind!

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