Das VBT-Mag beschäftigt sich in erster Linie mit den Teilnehmern des Turniers – weshalb wir Euch in diesem Jahr bereits die verschiedenen Crews in Form von Steckbriefen nähergebracht haben. Nun wird der Fokus auf eine Gruppe von Leuten gerichtet, die vielleicht weniger auffällig, dennoch ebenso wichtig für das Turnier agiert. Die Entscheidungen über Sieg oder Niederlage stehen und fallen mit der Jury, bestehend aus diversen, in der Rapszene etablierten und relevanten Persönlichkeiten, die es sich zur Aufgabe machten, im Laufe der VBT Splash!-Edition 2014 die beste teilnehmende Crew zu ermitteln. Um das VBT einmal aus einer anderen Perspektive zu beleuchten, präsentieren wir Euch kurze Interviews, bestehend aus vier Fragen, welche wir mit Mitgliedern der Jury führten.
Marc Leopoldseder
rappers.in: Hat man an die Runden einer Crew höhere Erwartungen als an die eines Solokünstlers?
Marc Leopoldseder: Der Zeitdruck, unter dem die Teilnehmer stehen, ist mir natürlich bewusst. Und dass sich die Probleme bezüglich Zeitmanagement und Organisation noch verschärfen, wenn man x Menschen termingerecht erst auf einem Track und dann noch in einem Video unterbringen soll, leuchtet mir auch ein. Aber zumindest auf der Punchline-Ebene sollte diese Bündelung von Kräften eigentlich zu spannenderen Resultaten führen. Mal sehen, ob das so klappt.
rappers.in: Steigen deine persönlichen Erwartungen an die Crews im Laufe des Turniers?
Marc Leopoldseder: Natürlich.
rappers.in: Kann ein besonders gelungenes Video raptechnische oder textliche Patzer teilweise ausgleichen?
Marc Leopoldseder: Nö. Schön verpackte Scheiße bleibt Scheiße. Aber man kann die Verpackung natürlich trotzdem schön finden.
rappers.in: Verfolgt man als Jurymitglied auch das Geschehen außerhalb der Runden?
Marc Leopoldseder: Natürlich suche ich meinen Namen in sämtlichen verkackten Schreibweisen im rappers.in-Forum und freue mich, wenn ich richtig sonderbare Kommentare finde. Leider tendiert das gesamte Kommentarwesen zum Thema VBT dazu, unter Vernachlässigung aller anderen künstlerischen Aspekte auf einer rein technischen Ebene zu argumentieren. Was dazu führt, dass im VBT-Kosmos hin und wieder auch Rapper gut wegkommen, die zwar in den Augen erbsen- beziehungsweise silbenzählender Internet-Ameisenficker alles richtig machen, aber in puncto Style, Ideen und Charisma kaum was von Belang mitbringen. Reimtechnik kann man lernen, Ausstrahlung und Kreativität aber nicht.
Up
rappers.in: Inwieweit gestaltet sich das Bewerten der Runde einer Crew anders als bei einem Solokünstler?
Up: Im Grunde nicht sehr viel. Sicherlich kommen noch einige Aspekte, wie das Zusammenspiel der einzelnen Rapper hinzu und wie sie auf die Gegner eingehen – ob sie jetzt Rapper für Rapper abklappern oder auch die Crew als solches angreifen. Aber das sind eher Feinheiten, die jetzt keine große Umstellung für mich als Juror bedeuten. Für die Crewmitglieder und auch die Leute hinter der Kamera stellen sich hier glaube ich deutlich stärkere Herausforderungen.
rappers.in: Ist es als Jurymitglied wichtiger, dass die Crewmitglieder gut miteinander harmonieren oder eher, dass sie starke Einzelrapper sind?
Up: Wenn man ehrlich ist, schon eindeutig Letzteres. Ich vergleiche ja Rappen gern mit Kochen. Wenn ich nun 4, 5 Gänge vorgesetzt bekomme, die zwar perfekt aufeinander abgestimmt sind, aber riechen und schmecken, als hätten die Herren an den Töpfen schlussendlich nur ihre verschiedenen Körperausscheidungen serviert, möchte ich davon trotzdem keinen Nachschlag. Da sind mir dann vier ganz verschiedene, aber genießbare Richtungen immer noch lieber, wenn auch natürlich nicht das Optimum. Eine gute Harmonie in einer Crewrunde kann daher erst ab einem gewissen Niveau einen wirklich positiven Einfluss haben. Ist dieses aber erreicht, kann ein sehr gutes Zusammenspiel durchaus auch gewisse raptechnische Defizite kompensieren und mich auch zur Punktvergabe gegen eine Crew bewegen, die im Einzelnen zwar bessere Rapper, in der Summe aber eben kein so gutes Werk geschaffen hat.
rappers.in: Welche Runde der bisherigen VBT-Geschichte ist deine absolute Lieblingsrunde?
Up: Extrem schwierige Frage, ich kann die eigentlich nur mit drei Runden in alphabetischer Reihenfolge beantworten: 3Plusss gegen Battleboi Basti, Scotch gegen K-Win und die Rückrunde von Weekend gegen Tamo-Flage.
rappers.in: Welches ist dein absolutes Lieblingsbattle in der Geschichte des deutschen Raps?
Up: Die Frage ist nicht viel einfacher, denn außerhalb von Turnieren sind fast alle Battles im Deutschrap meines Erachtens nach relativ einseitig gewesen. Na gut, bei Savas gegen Eko war eigentlich auch die "Abrechnung" schon in Ordnung und auch bei Samy gegen Azad haben beide MCs für die damalige Zeit teilweise gute Battletracks hervorgebracht, aber an ein hochklassiges VBT-Battle reichten diese längst nicht heran. Der beste Disstrack ist für mich definitiv Kollegahs "Fanpost", den ich auch heute noch sehr gerne höre. Ein gutes Battle wurde daraus nun aber leider nicht, wie die meisten wissen.
Natürlich stellten wir auch den meisten anderen Jurymitgliedern jeweils vier Fragen. Ihre Antworten werden wir Euch in Kürze präsentieren.
Wobo Solagl (Daniel Fersch)