Review: Chefket – Guter Tag



  • 01. Mcee
    02. Geld ist nicht alles
    03. Yes y'all
    04. Guter Tag
    05. Optimist
    feat. Tua
    06. Easy come, easy go feat. Amewu
    07. Kippenbekenntnis
    08. Cüneyt (Skit)
    09. Cok Güzel
    feat. Amewu
    10. KremInalitaet
    11. Was ich nicht bin
    12. Jetzt


    Der Wecker muss gar nicht klingeln, du wachst schon fünf Minuten vorher komplett ausgeschlafen auf. Die Haare sind im Bad schnell gemacht und sitzen perfekt, der Frühstückstisch ist längst gedeckt. Der Kaffee ist noch warm und in der Bahn ist erstaunlich wenig los ... Vielleicht denkst du das auch nur, weil es dich immer optimistischer stimmt, wenn der iPod dein Lieblingslied spielt. So könnte man eigentlich jeden Morgen wach werden, oder? Chefket spinnt den Gedanken vom perfekten Morgen auf seinem neusten Mixtape ein wenig weiter und werkelt sich damit auf "Guter Tag" seinen eigenen, optimal möglichen Tagesablauf zusammen. Doch während er sich in Gedanken die banalen Dinge des Lebens schöner malt, kommt er schnell zu grundsätzlicheren Fragen: Was muss sich in der Welt denn ändern, damit man jedes Kalenderblatt mit einem Lächeln umdreht?


    Was darf für einen MC an einem "guten Tag" natürlich nicht fehlen? Klar, ordentliche Rapmusik. Und so geschieht es, dass wir auf "Guter Tag" vier Tracks finden, die Rap als solchen zum Thema haben. Auf "Mcee" zeigt Chefket die typische "HipHop rettete mein Leben"-Mentalität, welche wir wohl mittlerweile zur Genüge von hunderten Künstlern gehört haben. Passend dazu gibt es in Bridge und Hook noch ein paar Oldschool-Cuts. Auf dem Kopfnicker-Beat von "Yes y'all" geht die Liebesbekundung gleich weiter, schon wieder unterlegt mit Vocalsamples. Dieses Muster ist auch auf "Cok Güzel" und "Jetzt" erkennbar. Wenn man ehrlich ist, wechselt Chefket hier im Endeffekt nur das Sample, doch erzählt jedes Mal das Gleiche: Ich mag Rap, ich brauche in meinem Leben nur Stift und Papier, ich gebe mein Leben für die Musik. Schön und gut, er mag HipHop und möchte der Kultur seinen Respekt zollen, aber: Muss man deshalb vier von zwölf Tracks dieser Thematik widmen? Natürlich ist "Guter Tag" nur ein Vorreiter auf das richtige Album, weswegen man ihm auf einem Mixtape auch keine mangelnde Themenvielfalt vorwerfen sollte, aber trotzdem wirkt dieses ständige Herumreiten auf der HipHop-Thematik ein wenig gekünstelt. Und muss man seine Realness und Standfestigkeit als wirklicher Oldschool-MC mit Cuts unterlegen? Und falls ja: Müssen diese wirklich auf jedem zweiten Track sein? Warum kann man seine Liebe zur Kultur nicht gebündelt in einem ganzen, richtigen Song präsentieren? Nichts gegen Cuts als Stilmittel an sich, ich weiß Vocalsamples durchaus zu schätzen, doch finde ich, man sollte sie auch in Maßen genießen. Dabei kann es Chefket doch auch anders. Und wenn er anfängt, gesellschaftskritisch zu werden, wird "Guter Tag" auch tatsächlich erst richtig gut.


    "Amirap hat Deutschrap auf die Welt gebracht/
    Geld gemacht %uFFFD Kinder schauen gerne von den Eltern ab/
    Erwachsensein ist bestimmt nicht leicht/
    Denn die Eltern sind schwarz und das Kind ist weiß/
    "
    (Chefket auf "Cok Güzel")


    Während er auf seinen Liebesbekundungen noch von sich selbst als Arbeiterkind spricht, das nur HipHop zum Leben braucht, kommt auf "Geld ist nicht alles" die ehrliche und durchaus schön formulierte Einsicht: "'Geld ist nicht alles' sagt man erst, wenn man Geld hat". Diese erschreckend treffende Erklärung ist von der Idee her sehr innovativ und stimmig aufgezogen. Indem Chefket uns erzählt, was er sich alles mit Geld kaufen und wie viel Gutes er damit tun könnte, scheint aber nicht fertig gedacht. Ohne eine kluge Pointe wirkt das Ganze eher wie die Aufzählung eines Kleinkinds am Weihnachtsabend, das nicht alles von seinem Wunschzettel gekriegt hat. Generell liegt da das Hauptproblem von "Guter Tag": Kein Track wirkt komplett zu Ende gedacht, was man auch daran merkt, wie abrupt manche Songs bereits nach einem oder zwei Parts enden. Zwar ist das typisch für ein Mixtape, dennoch stört das den Gesamteindruck. So auch auf "Optimist", wo Chefket den Ansatz verfolgt, einen guten Tag könne man nur mit einer durchweg positiven Weltanschauung haben, die auch das Glück des Nächsten mit sich führt. Eigene Zufriedenheit durch Nächstenliebe klingt nach einem unglaublich interessanten Konzept, welches auch mit durchaus hübsch formulierten Phrasen unterstrichen wird ("Komm, wir laufen durch die Wüste und verteilen ein paar Blumen"), doch auch hier einfach nicht den zündenden Kerngedanken trifft. Was lyrisch nicht anspricht, unterhält musikalisch: Wenn in der Hook die etwas melancholisch wirkende Stimme von Chefket einsetzt, klingt das durchauch verträumt und so spielerisch, wie es wohl von Anfang an als Konzept angedacht war. Schade ist aber auch der unheimlich uninspiriert wirkende Part von Tua, was man daran merkt, dass er es in 16 Zeilen nicht schafft, mir positiv in Erinnerung zu bleiben. Anstatt an die ordentliche Leistung seines Vorredners anzuknüpfen, bleibt mir inhaltlich alles ein wenig zu vage bei ihm. Dabei fällt es doch - in einer solch fröhlich gehaltenen Gesamtstimmung - umso einfacher, ein paar sinnvolle Gedanken zu formulieren, wie es auch auf "Easy come, easy go" der Fall ist.


    "Mein Wort ist nicht Gesetz, nein, mein Wort gehorcht nur einem/
    Mir tun immer noch die Leute leid, die versuchen, Gott zu sein/
    Erst hoch, nur um dann ganz tief in ein depressives Loch zu fallen/
    Du musst mit deinem Kopf dein Herz und mit deinem Herz dein' Kopf befreien/
    "
    (Chefket auf "Easy come, easy go")


    Wenn man das Mixtape nun mal rein musikalisch betrachtet, könnte Chefket hier wirklich den Soundtrack für den am Anfang beschriebenen Morgen liefern - denn klanglich passt das perfekt rein. "Guter Tag" spielt beinahe ausnahmslos auf sanften, melodischen Beats, die eigentlich kaum harmloser wirken könnten. In Kombination mit Chefkets entspannender Stimme muss ich zugeben, dass ich den gleichnamigen Track "Guter Tag" als einen der besten auf dem gesamten Mixtape sehe. Die Atmosphäre gefällt mir super. Wenn Chefket nämlich in der Hook so klingt, als würde seine Stimme direkt aus einem alten, verstaubten Radio der '80er Jahre hallen, dann hört sich das doch sehr angenehm an und perfekt angepasst an den Flair des gesamten Tapes. Die banalen Dinge im Leben, die für Chefket dann einen perfekten Tag ausmachen würden - beispielsweise die Frau an der Kasse, die ihm das Rückgeld lächelnd in die Hand drückt, anstatt es nur wortlos auf den Tresen zu legen, oder der TV-Sprecher, der heute keine Katastrophen zu vermelden hat, reihen sich perfekt ein auf einem Tape, das insgesamt nur als Wohlfühl-Mucke gedacht ist. Auf zwölf Tracks wird diese "Feel good"-Atmosphäre auf langsamen, ruhigen Instrumentals beinahe komplett durchgezogen - wäre da nicht der Track "Kippenbekenntnis". Das einzige schnelle Sample auf dem gesamten Mixtape avanciert durch den Doubletime-Flow von Chefket zum beinahe besten Titel. Auch thematisch bewegt sich der Rapper nicht auf dem Niveau der bereits gewohnten Wohlfühl-Lyrics, die er bisher präsentierte, und kommt stattdessen mal aus seiner harmlosen Idylle heraus. Hier rappt er über sein kleines Problemchen mit den Zigaretten, von denen er einfach nicht loskommt. So unglaublich schlimm, wie er es beschreibt, kann die Sucht dann aber doch nicht sein - schließlich hat er noch genug Luft in der Lunge, um seinen Flow, der sich hier durchaus positiv durch seine Schnelligkeit vom Rest des Mixtapes unterscheidet, auf dem Piano-Beat durchzuhalten. Die Gesamtatmosphäre und dieser Unterschied zum sonst recht einheitlich klingenden Tape macht hier die Besonderheit von "Kippenbekenntnis" aus.


    "Fuck! Wenn ich weitermache, sterb' ich/
    Und werde in einer Zigarettenschachtel beerdigt/
    Aufhören ist einfach, hab' das ja schon tausend Mal gemacht/
    Doch immer wieder hat der Zigarettenautomat gelacht/
    "
    (Chefket auf "Kippenbekenntnis")


    Fazit:
    "Guter Tag" macht exakt das, was der Titel schon andeutet: Es versucht, ein bisschen gute Laune in die Welt zu streuen und eine Wohlfühl-Atmosphäre aufzubauen. Dieses Ziel erreicht das Mixtape ohne Probleme, doch bleibt es meiner Meinung nach dabei textlich noch viel zu harmlos, speziell wenn Chefket auf die Probleme der Welt dreinblickt. Vielleicht hätte diese kritische Komponente ja später noch hinzugefügt werden sollen, doch bei sehr knapp bemessenen 25 Minuten Gesamtlänge blieb da wohl nicht genug Zeit, ein wenig mehr in die Tiefe zu gehen. "Guter Tag" wirkt wie die Resterampe von Tracks, welche lediglich für das Album nicht gut genug waren. Schöne Ansätze sind auf beinahe jedem Song hörbar, doch ob mich exakt dieses Tape für immer und ewig durch meinen Tag begleiten sollte, damit ich glücklich und entspannt bleibe, wage ich zu bezweifeln.



    Sven Aumiller (TagTiC)

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  • Habs mir mehrmals angehört und für gut befunden. Ich finde den Sound wirklich dope und Chefket ist ein sehr fresher Rapper. Ich hätte dem Ganzen mindestens vier Mics gegeben.


    Das Tape war auch sicherlich nicht für sehr tiefgründigere Sachen ausgelegt, man kann es auch sehr gut nebenbei hören. Die Featuregäste sind auch gut.
    Schade nur, dass man das Mixtape nicht auf CD erwerben kann. :(

  • grad mal wieder angeschmissen und dachte mir "hat chefket eigentlich nen thread, wo ich grad mal bisschen liebe lassen kann?" ne, hat er nicht. dafür eine review, die mit der bewertung mind. 1 mic drunter bleibt.


    egal: die platte sei noch mal allen wärmstens ans herz gelegt, die auf smoothe beats und nen chilligen flow stehen. ist dope und macht gute laune,

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