Review: Cr7z – Hydra



  • 01. Shellshock
    02. Yuki
    03. Minus und Minus
    04. Geboren zum Rappen
    feat. Absztrakkt
    05. Lass mich gehen
    06. Siegeszug
    07. Sprung in das Blaue


    Jeder, der sich schon einmal mit der Materie beschäftigt hat, kennt die unglaubliche Faszination, die von der griechischen Sagenwelt ausgeht. So weckt das Release von Cr7z, der als Titel die "Hydra" gewählt hat – jenes vielköpfige Schlangenungeheuer, das damals gegen Herakles gekämpft haben soll – gleich doppelt Interesse. Zum einen verspricht es nach einer Odyssee vieler recht stumpfer Releases wieder einen gewissen Intellekt, zum anderen lässt sich der Titel durchaus vielseitig interpretieren; ist etwa die EP eine "Hydra", die mit ihren vielen Köpfen viele Facetten aufzeigen kann? Oder ist Cr7z selbst etwa der glorreiche Held, der mit Textblatt und Beat gegen das mythische Monster in den Kampf zieht? Es stellen sich also durchaus einige Fragen, wenn man nur das Cover-Artwork betrachtet, und deswegen wollen wir uns nun einmal ansehen, wie oder ob der Rosenheimer Rapper sie uns beantworten kann und ob die Tracks selbst ähnlich vielschichtig sind.


    Bereits der erste Track macht klar, welche musikalische Marschrichtung Cr7z auf "Hydra" einschlagen wird. Der Beat ist ruhig, verbreitet einen meditativen Flair und unterbreitet, besonders durch die gedämpften Drums, einen interessanten und ungewöhnlichen Klangteppich für den Rapper. Dessen Flow darauf wirkt besonnen und gefasst, aber dennoch sehr präsent. Und selbst auf einem Track wie "Shellshock", auf dem er im Prinzip nur erklärt, warum er so ein toller Rapper sei, schafft er es, durch Betonung, Stimmlage und vor allem Formulierung eine Stimmung aufzubauen, die seine Worte sehr gewichtig und bedeutungsschwanger erscheinen lässt. Dabei kommt es allerdings an manchen Stellen dazu, dass eine Aussage zwar sehr intelligent klingt, aber hinter der schönen Formulierung doch weniger Inhalt steckt, als sie es vermuten lässt. Gerade die Passagen, die den vielgerügten Rap über Rap abhandeln, zum Beispiel der schon angesprochene Einstiegstrack, kommen in ihrem tatsächlichen Inhalt nicht wirklich über prinzipielle Antihaltung und Selbstbeweihräucherung hinaus. Dass er dieser aber gerecht werden kann, beweist Cr7z daraufhin auf den folgenden Tracks immer wieder. Insbesondere "Yuki" sticht hervor, denn dieser Song schafft es, eine gewaltige Atmosphäre mit sehr intelligenten und auf den Punkt gebrachten Aussagen zu kombinieren, um sie auf einem nahezu perfekt dazu abgestimmten Beat dem Hörer zu präsentieren.


    "Mir wurd' erklärt, dass einige nicht bereit sind für die Weisheit/
    Und es gefährlich wär', sie einzuweih'n in ein Geheimnis/
    Deshalb tu' ich ab und zu auch so, als folge ich dem Trend, den man uns beibringt/
    Schreibe etwas Seichtes/
    Weil der ein oder andere erst mal langsam in das Wasser reingeht/
    Nicht sofort von 20 Metern in die Kälte springt/
    "
    (Cr7z auf "Yuki")


    Inhaltlich bleibt die EP dabei vielfältig. Denn auch, wenn die Tracks nicht immer genau eine konkrete Materie abhandeln, bleiben die nacheinander angesprochenen Themenkomplexe variantenreich. So wartet man hier auf großflächiges Storytelling zwar vergebens, doch trotzdem gibt es immer wieder Abschnitte, in denen kleine Geschichten geschildert werden. So lässt Cr7z zum Beispiel auf "Geboren zum Rappen" seine Biographie Revue passieren, während er auf "Minus und Minus" die Verkümmerung der deutschen Sprache durch Slang und Jugendkultur angreift. Ebenso ist die Beziehung zur Damenwelt, insbesondere zu seiner Ex-Freundin, ein immer wiederkehrendes Thema auf der Platte. Highlight bleibt dabei durch die Bank hinweg die Formulierung und die dadurch entstehende Atmosphäre, die eine sehr starke Ausstrahlung des Rappers mit einem mystischen Flair verbindet. Doch auch die Beats leisten einen großen Anteil zum Gesamtprodukt. In ihnen schwingt stets eine intensive Melancholie mit. Dabei gehen dezente Synthies konform mit gedämpften Drums, während sich zur Abrundung oft noch melodische Vocals oder ein Piano in die Instrumentalbesetzung mischen. Leider ist Letzteres besonders für deepe Tracks sehr verbraucht und schafft es es auch hier – trotz stimmigen Gesamtprodukts – nicht, wirklich frisch zu klingen. Aber abgesehen von diesem einen Makel sind die Beats durchweg top und verleihen der EP eine erfrischende und individuelle Note, was gerade für die tiefsinnigere Sparte sehr erfreulich ist. Dazu kommt der gleichzeitig druckvolle und ruhige Rap von Cr7z, der mit einer sehr gefassten Stimmlage und abwechslungsreichen Flows den Grundpfeiler der Stimmung setzt. Insgesamt wirkt die EP so rundum durchdacht, besonnen und verbreitet eine mystische, meditative Note – und das ohne dabei an Persönlichkeit und Musikalität zu verlieren.


    Fazit:
    Man könnte nun natürlich viele Mutmaßungen anstellen, aber abgesehen von den hier und da auftauchenden Querverweisen zur griechischen Mythologie lässt sich der Titel der EP nicht wirklich als Metapher auflösen. Vielleicht beschreibt es das, was Cr7z macht, auf symbolischer Ebene annähernd. Denn auf den sieben (was für ein Zufall) Tracks präsentiert der Rosenheimer das, was er am Besten kann; deepe Tracks mit der für ihn typischen Atmosphäre, Texte und Formulierungen nahe an der Perfektion und ein nahegehendes, persönliches Gesamtprodukt zwischen Melancholie und Representing. Demnach sei jedem, dem seine früheren Releases wie "Zurück zum Kind" schon gefallen haben, auch die "Hydra"-EP ans Herz gelegt. Doch auch, wenn diese schon ziemlich gut ist, glaube ich, dass Cr7z sein Maximum noch nicht erreicht hat und mit einem potenziellen nächsten Album noch ein wenig mehr aus seinem Stil und seinem Talent herausholen könnte. Nichtsdestotrotz bleibt "Hydra" unterm Strich ein weit überdurchschnittliches Release, das auf jeden Fall einen genaueren Blick wert ist.



    Yannik Gölz (Cuttack)

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  • Könnte was wetten, dass er auf Kool Savas kommendem Album mit drauf ist.


    Krasser Typ aufjedenfall.


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    "Weitsicht" ist immer noch der beste Track

  • Hätte nicht gedacht, dass cuttack so ne gute Review schreiben könnte. Saubere Arbeit nur hätte ich ein mic mehr gegeben!

  • Zitat

    Original von D!lly
    ... zur griechischen Mythologie ...


    Schau mal nach Phönizien, Sumer und Babylon. Der Typ fährt einfach nur die New Age Schiene wie soviele Rapper zurzeit. Wers mag ...


    Wer Cr7z auch in Vergangenheit intensiv gehört hat, den beschleicht das Gefühl, das dieser Künstler keiner von denen ist, die auf irgendwelche Züge aufspringen oder Schienen fahren.


    Das ist ganz ehrliche Musik, die nicht viel mit diesem und jenem anderer Künstler zu tun hat.

  • Zitat

    Und selbst auf einem Track wie "Shellshock", auf dem er im Prinzip nur erklärt, warum er so ein toller Rapper sei, schafft er es, durch Betonung, Stimmlage und vor allem Formulierung eine Stimmung aufzubauen, die seine Worte sehr gewichtig und bedeutungsschwanger erscheinen lässt. Dabei kommt es allerdings an manchen Stellen dazu, dass eine Aussage zwar sehr intelligent klingt, aber hinter der schönen Formulierung doch weniger Inhalt steckt, als sie es vermuten lässt.


    Bringt es ziemlich gut auf den Punkt, weshalb ich auch die Mic-Anzahl voll verstehe.


    Ich hoffe auch, dass das auf dem nächsten Album anders ist. Hat so ein guter Rapper nicht nötig

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