Review: Credibil – Deutsches Demotape



  • 01. Barton Fink Skit 1
    02. Play + Rec (Intro)
    03. Will lieber

    04. Der Beweis
    05. Meine Stadt
    feat. Belabil & Frustration
    06. Nie ein Gangster feat. Dziki Kaban
    07. 10 Psis
    08. Füchse

    09. Siehst du mich
    10. Barton Fink Skit 2
    11. Gott liebst du mich
    12. Haltet die Welt an
    feat. Pay & Amir der Sänger
    13. Struggle
    14. Meine Sprache
    15. Weck mich auf
    16. Frankfurt
    17. Mein Leben
    feat. DJ Fader Lustig
    18. Beste Tag meines Lebens
    19. Barton Fink Skit 3


    Demotape-Exclusives:
    20. Gangsterrap
    21. Vinz
    – Belabil
    22. Irgendwas dazwischen – Frustration


    Wenn in der Vergangenheit ein Monarch einem völlig unbekannten Musiker Talent suggerierte, war das etwas Besonderes und konnte eine lange Karriere für den begabten Künstler bedeuten. Angenommen, man sieht das "Rapgame" als Königreich an und Kool Savas als dessen Oberhaupt, ist dem erst 19-jährigen Frankfurter Rapper Credibil genau das passiert. Bereits im Grundschulalter begann er laut eigener Aussage alles aufzusaugen, was in Sachen deutschem Sprechgesang so passierte – im Jahr 2012 begann der ambitionierte junge Mann dann via YouTube, erste Acapellas im Internet zu veröffentlichen. Auf sie wurde, durch einen glücklichen Zufall, auch der "King of Rap" aufmerksam, gab ihnen öffentlich Props und nahm den begabten Newcomer mit auf die Bühne. Es folgte die Veröffentlichung der "Ehrlich gesagt"-EP, ein Part auf dem "Parallelen-Remix" von Celo & Abdi und ein Track auf einer JUICE-CD – bei ihm läuft's also, wie man so schön sagt. Ende des kürzlich vergangenen Jahres brachte Credibil dann sein "Deutsches Demotape" an den Start. Dafür spittete er über Instrumentals von diversen Deutschrap-Klassikern, von Bushido über Curse und die Beginner bis Samy Deluxe. Insgesamt 22 Titel stehen nun zum kostenlosen Download bereit. Herunterladen: check. Zip-Ordner entpacken: check. Eine Reise durch Deutschrap beginnt, Credibil ist der Reiseleiter.


    Das Tape startet dann jedoch nicht mit Musik, sondern mit einem Dialog zwischen den Charakteren Charlie Meadows und Barton Fink aus dem Filmklassiker "Barton Fink", der 1991 von den Coen-Brüdern produziert wurde. In ihm wird, einfach gesagt, thematisiert, dass nicht alle die sind, die sie vorgeben zu sein. Auch Credibil wird im Verlaufe des Tonträgers immer wieder genau dieses Thema ansprechen. Bei ihm bezieht es sich jedoch auf die Aufgesetztheit diverser deutscher Gangsterrapper. Gleich zu Beginn des Mixtapes folgt eines der vielen Highlights von "Deutsches Demotape". Schon im Vorfeld in audiovisueller Form bereitgestellt und durch ein düsteres, mystisches Klanggewand von Beatschmied m3 untermalt, überzeugt der Titel "Will lieber" voll und ganz. Credibil arbeitet in dem an Bushidos "Nie wieder" angelehnten Track sein Leben in lyrischer Form auf. Triste Viertel, grauer Beton, schlechte Einflüsse von außen, aber immer der Wille, etwas zu erreichen und seine Mutter stolz zu machen. Vorgetragen mit einem sehr ausgereiften, erwachsenen Flow, rappt er Reimkette über Reimkette und man glaubt nicht daran, dass hier ein "Nochnichzwanziger" am Werk ist.


    "Frag mal Mama: Was hat damals der Junge zu ihr gesagt?/
    Zwar kein Parra, aber wart ab, in Zukunft bin ich ein Star/
    Denn die Anderen wollen labern, doch Zungen brechen im Park/
    Bei mir nur wenn die Lunge verkackt, denn ich hab' Hunger verdammt/
    "
    (Credibil auf "Will lieber")


    Auch auf vielen weiteren Titeln lässt Credibil lyrisch die Muskeln spielen. Straighten und authentisch-arroganten Straßenrap gibt es auf Tracks wie "Frankfurt" zu hören. Diese Anspielstation überzeugt durch eine gewisse Aggressivität, die einen kurz zusammenzucken lässt, denn derartiges war man von dem jungen Herren vorher noch nicht gewohnt. Vorgetragen wird das Ganze stilecht auf dem "Berlin"-Beat von Bushido. Auf "Meine Stadt" wird der teils triste Alltag in der hessischen Metropole noch etwas ausführlicher abgehandelt. Auf dem Beat, den auch schon Azad, Juvel und Manuellsen für einen gleichnamigen Track verwendeten, unterstützen den Hauptprotagonisten dabei seine Weggefährten – der Produzent und Rapper Belabil aus Frankfurt sowie Frustration aus Berlin. Gemeinsam mit Credibil bilden die beiden die Formation Trist und Grau, welche für nachdenklichen und kritischen Straßenrap steht. Auch auf den letzten Minuten von "Deutsches Demotape" kommen die Freunde noch einmal zum Zuge. Beide geben sich jeweils auf einer Solonummer die Ehre. Belabil liefert dabei mit "Vinz", wozu es mittlerweile schon ein sehr gelungenes Musikvideo gibt, auf dem "Kontrolle/Schlaf"-Instrumental von Casper den wohl pessimistischsten Moment der Veröffentlichung ab. Und auch Frustration ist sein Leben betreffend nicht gerade positiv gestimmt. Der Name ist Programm, Frustration macht sich im Text breit; Frustration über das Leben in grauen Vierteln und über nicht erreichte Ziele. Auch hier sind zwei Rapper am Werk, die durchaus wissen, was sie tun. Sie können ihrem Bruder im Geiste, Credibil, aber nicht ganz das Wasser reichen. Gemeckert wird hier jedoch auf hohem Niveau – runter ziehen die Beiden das Mixtape auf keinen Fall. Von Gangsterrap grenzt sich der Hauptprotagonist jedoch klar ab, was er auch in musikalischer Form verpackt noch einmal unterstreichen möchte. Darum rechnet er mit diesem Thema auf "Nie ein Gangster" – wie zu vermuten auf dem Instrumental des Klassikers "Nie ein Rapper" von Bushido und Baba Saad – noch einmal ab. Er möchte nicht in besagte Schublade eingeordnet werden. Der junge Künstler will dem Hörer etwas Positives mit auf den Weg geben und Kriminalität nicht, wie oft im Rap üblich, romantisieren. "Ein grader Mann blendet Kids nicht mit Images", sagt er deswegen und kritisiert damit jene Musiker, deren Texte von Kleinkriminalität handeln, die aber derartige Geschichten selbst nie erlebt haben. Seine Meinung teilt er auf dem Track dabei mit Dziki Kaban.


    "Nie ein Gangster, guck, wie behindert es ist/
    Viele sind Schauspieler, doch ich bin immer noch ich/
    "
    (Credibil auf "Nie ein Gangster")


    Neben der punchlinelastigen, angriffslustigen Seite kann der junge Mann aber auch ganz anders. Die von Melancholie geprägte Stimmung im richtigen Moment aufrecht zu erhalten, gehört zu den großen Stärken von Credibil. Mit einer ehrlichen Nachdenklichkeit setzt er sich mit seinen Problemen und denen der heutigen Gesellschaft auseinander. Er blickt zurück auf verflossene Beziehungen, richtet sein Wort an Gott und spricht sehr nachdenklich über den täglichen Hustle in Frankfurt am Main. Derartige Thematiken tauchen vielleicht ein wenig zu oft auf. Der Punkt, an dem dies wirklich störend wirkt, wird glücklicherweise jedoch nicht erreicht. "Meine Sprache", angelehnt an "Deine Sprache" von Olli Banjo, behandelt währenddessen aus verbaler Kommunikation resultierende Missverständnisse innerhalb einer Beziehung. Auch sein bis dato erfolgreichster Song und erster Meilenstein "Beste Tag meines Lebens" reiht sich in die Liste der trüberen, düstereren Tracks ein. Gedankenverloren grübelt er über die Hektik des Lebens und seinen bisherigen Werdegang. Zweifel, Resignation, aber auch Hoffnung sind zu spüren. Absolut glaubwürdig, mit einem ausgewogenen Flow, mit angenehm ins Ohr gehender Stimme, kommt seine Version sehr nah an das Original des Titels von Kool Savas heran. Ganz anders klingen dagegen Stücke wie "10 Psis". Dort wird auf Curse' "10 Rapgesetze"-Beat unter Beweis gestellt, wie gut Credibil auch auf derartigen Instrumentals zurechtkommt. Auch der wahrscheinlich beste Moment des Mixtapes ist beattechnisch eher der klassischeren Richtung zuzuordnen. Die Rede ist vom Track "Füchse", der seinen Weg auch schon auf eine JUICE-CD fand. m3, der geschätzt die halbe Rapszene in Deutschland mit seinen konstant qualitativ hochwertigen Beats zwischen Synthie und Sample versorgen konnte, hat auch bei diesem Musikstück wieder Hand angelegt. Wunderbar spiegelt sich hier der Hunger, das Feuer und die Motivation des aufstrebenden Rappers wieder. Klar, Erzählungen über das Viertel, Respektsbekundungen an die Kollegen und sich selbst Mut machen ist nichts Neues, aber die prägnante Stimme, der melodiöse Singsang in der Hook und der schon angesprochene großartige Beat verleihen diesem Track eine eindrucksvolle Wirkung.


    "Ich lebe jeden Tag wie ein Fuchs, Bruder/
    Denn wir sind auf der Jagd in 'nem Wald zwischen Graben und Flussufer/
    Nach dem Fluss, Bruder, lauf wenn du's siehst/
    Raub, was du liebst, bevor es irgendwo ein Hund schnuppert/
    "
    (Credibil auf "Füchse")


    Fazit:
    Credibil festigt mit seinem neuen Mixtape seine Stellung als einer der heißesten Newcomer, den Deutschrap letztes Jahr hervorgebracht hat. Als intellektuellen Straßenrap könnte man das, was er da fabriziert, am ehesten bezeichnen. Technisch und stimmlich spielt der junge Hesse vorne mit, das war schon im Vorfeld klar – wie gut er jedoch auf die teilweise mit einem gewissen Legendenstatus behafteten Beats von den um einiges bekannteren Kollegen klar kommt, war nicht vorauszusehen. Klar wird ein technisches Level des jungen Savas und die überzeugende Ausstrahlung eines Caspers oder die bitterböse Art eines Bushidos noch nicht überall erreicht, aber das Potenzial ist definitiv vorhanden. Der Hauptakteur beschränkt sich außerdem nicht nur auf eine stilistische Ausrichtung; nachdenkliche, nihilistische Stücke über ernsthafte Themen liegen ihm genauso wie arrogante, punchlinelastige Tracks, und eben das macht das Gesamtpaket Credibil aus und ihn zu einem gern gehörten Künstler. Das einzige wirkliche Manko an "Deutsches Demotape" ist die Länge. Mit fünf Tracks weniger würde dieses Release wohl noch weiter vorne mitspielen und leichter zugänglich sein. Hält man sich aber vor Augen, dass es sich hier um ein kostenfreies Download-Mixtape handelt, gibt es eigentlich nicht viel zu meckern. Es macht nur noch mehr Lust auf ein erstes richtiges Album.



    Johann Voigt (JXHVN)

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  • Trist und Grau :smoke:


    Ich find Credibil richtig gut und das Tape ist richtig geil geworden. Einer der Newcomer des Jahres!
    Feier aber auch die anderen Jungs von TuG: Frustration und Belabil, mag Frustration sogar fast noch lieber als Credibil, aber das ist natürlich nur mein persönlicher Geschmack. :thumbup:

  • Ich kanns mir nicht geben,
    der hat sone verstopfte nasen stimme und aussprache alsob er die ganze zeit rumspucken würde und raptechnisch find ichs auch nicht so toll.
    KP vllt ist mein urteil falsch

  • Zitat

    Original von Mixez
    ach der spasti aus den hiphop.de videos



    Fuck ich hab grad Tee über meine Tastatur gespuckt.
    Simmt er ist ziemlich hängengeblieben irgendwie.

  • Das Tape hat mich auch sehr positiv überrascht. Bin generell erst eher mal enttäuscht, wenn keine bzw. kaum eigenen Beats drauf sind, aber als die 10 Rap-Gesetze kamen war ich sehr geflasht. Dass ein 19jähriger 'Straßenrapper' einen Scan-Beat bespuckt, und das so gekonnt, hat mich sehr beeindruckt. Ich meine, Cred war 5 als Feuerwasser rauskam und vor allem nicht gerade die Sparte Rap, die ich ihm zugeschrieben hätte. Dann noch Banjo, Beginner usw. Props!

  • Zitat

    Original von RamboProductions


    Er hat die Tracks auf den ursprünglichen Beats neu interpretiert


    Jo, schon klar. Dennoch habe ich beim ersten halbherzigen Durchhören nach dem guten M3-Beat eben den 'Beweis' gehört und dachte, meh. Die meisten der unzähligen 'Beweis'-Beat-Picker haben das Thema, naja, für sich 'interpretiert'. Und außerdem gibt es inzwischen so viele verdammt gute unbekannte Producer, dass ich es immer schade finde, wenn ein (Demo)Tape halt nicht eigen genug ist, weil fast nur bekannte Beats drauf sind.


    Aber wie bereits geschrieben: ich wurde sehr schnell eines besseren belehrt...der Junge kann was und das Beat-Spektrum weiß zu gefallen....auch schön z.B. dass ein paar bekannte Beats nachgebaut wurden.

  • Einfach nur geil geworden, bin sehr gespannt auf ein Album von ihm.

  • Zitat

    Original von Mixez
    ach der spasti aus den hiphop.de videos


    genau deshalb habe ich mich zuerst regelrecht "gewehrt" es runterzuladn :D
    aber nachdem ich "will lieber" gehört hab, hat mich der typ mit seiner mukke gefangen :thumbup:

  • Zum "Azzlack Camp" kann man ihn eigentlich nicht direkt zählen. Abgesehen von einigen Gastspielen bei Celo und Abdi und der gemeinsamen Frankfurter Herkunft war da nichts Verbindendes.

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