Tracklist:
01. Eva Green
02. Stage Divin‘
03. Keine isst (XXL Version)
04. 21 Jumpstreet feat. Olli Banjo
05. Hunger
06. Modern Stalking
07. LMS (Lidl Miss Sunshine)
08. Crash dein Sound feat. Deichkind
09. Ausgesetzt
10. Beste feat. Sido
11. Insel der Legenden
12. Robocop Jukebox
13. Tamara feat. Miss Platnum
14. Reich und hässlich
15. Ein ganz normaler Tag
16. Zu zweit allein
17. Mein Dad ist Hiphop
18. Ey Mann, wo ist mein Outro feat. Analicious
Es ist soweit. Heliumstimme Marsimoto beglückte uns mit einem zweiten Album, welches über Four Music erschienen ist.
Zumindest der Titel “Zu Zweit Allein” lässt Tiefgründe erahnen.
Ob Marten Laciny es tatsächlich schafft, den Fokus auf dem zweiten Marsimotoalbum weg von gut gemachter Unterhaltung mit kleinen Denkanstößen zu inhaltlich gehaltvoller Musik mit eventuell hohem Unterhaltungswert zu lenken, bleibt abzuwarten.
Soundtechnisch genauso abwechslungsreich wie vielfältig, gerade deswegen für Marsimotofans sicherlich nicht überraschend, warten 18 Tracks auf den Hörer. Durchgängig gute und trotz diverser, hauptsächlich aus der elektronischen Ecke stammender, Einflüsse in sich stimmige Produktionen, die musikalisch von sich überzeugen.
Gute Arbeit leisten hier unter anderem Dead Rabbit, Robot Koch und Flashgordon, um den perfekt auf Marsimoto zugeschnittenen Klangteppich unter seinen Füßen auszurollen.
Schaut man sich die Liste der Featuregäste an, fällt einem zuerst das breite Spektrum der vertretenen Künstler auf. Angefangen bei Olli Banjo, über die von einigen sicherlich schon länger erwartete und gewünschte Zusammenarbeit mit Deichkind, über Sido bis hin zu Miss Platnum und Analicious. Sicherlich eine große Spannweite für den sehr individuellen Sound und Stil Marsimotos.
Obwohl “Zu Zweit Allein” ein Marsimotoalbum ist, mischen sich in jedem Track Parts sowohl von ihm als auch von Marteria. Anders als beim Marteriaalbum “Base Ventura”, sind hier beide gleichermaßen vertreten.
Schon der erste Track “Eva Green” macht klar, was meiner Meinung nach nur konsequent ist: Auf “Zu Zweit Allein” wird es keinen Track übers Kiffen geben.
Marsimoto wäre nicht Marsimoto, würde er nicht immer weiter nach Innovation streben, ohne die seine Halbwertzeit auf der anderen Seite natürlich auch nur bedingt wäre. Treu bleibt sich Marsi trotzdem.
“Marsi, sag, was gibt’s zum Album zu wissen?/
-Nichts. Ach ja, es gibt kein Track übers Kiffen./
Was?! Du machst kein Track übers Kiffen?/
-Doch, die Tracks sind so verkifft, dass alle denken, dass sie spliffen./”
("Eva Green")
So vielfältig wie der Electro-Grime-Dub-Techno-Sound Marsimotos ist, ist auch der Inhalt seines neuen Albums.
So findet man ravende Partytracks wie die erste Singleauskopplung “Stage Divin’” , "21 Jumpstreet" feat. Olli Banjo, das wirklich gelungene Deichkindfeature, “Crash dein Sound”, neben trotz aller Komik thematisch tiefergreifenden Songs, oder der produktionstechnischen Meisterleistung Robot Kochs “Robocop Jukebox”, die klingt, wie das Drittel der Berliner Elektro-Formation Jahcoozi selbst sagt: “Als würden Mr. Oizo, Roy Ayers und Madlib zusammen die Treppe runterfallen.”
So handelt beispielsweise “LMS (Lidl Miss Sunshine)” vom Schicksal einer Obdachlosen, die vor Lidl Zeitungen verkauft, oder “Tamara” mit Miss Platnum vom Leben einer gekauften, verprügelten und eingesperrten Frau - ohne dabei auf die Tränendrüse zu drücken, versteht sich.
Insgesamt könnte man Marsimoto als Beobachter sozialer Abgründe beschreiben, mit der erstaunlichen Fertigkeit, nicht nur aufzuzeigen, sondern dem Hörer das jeweilige Schicksal tatsächlich näher zu bringen, indem er selbst völlig darin aufgeht.
Generell versteht es Marsimoto wie kein anderer, diverse Perspektiven aufzugreifen, thematisch zu verarbeiten oder sich direkt hineinzuversetzen und dieses Stilmittel vielfältig zu nutzen.
So berichtet er in “Ausgesetzt” vom Schicksal und aus der Perspektive eines alten, verstoßenen Hundes und dessen Leben an der ‘kurzen Leine‘, was durchaus metaphorisch verstanden werden kann.
In “Modern Stalking” erzählt er vom Werdegang, Leben und Leiden eines Stalkers, als wäre es seine eigene Geschichte. Sicherlich eine ungewöhnliche Art des Storytellings.
Um dem Titel des Albums gerecht zu werden, befindet sich natürlich auch ein gleichnamiger Song darauf, in dem klar wird: Marteria ist genauso auch Marsimoto und umgekehrt - obwohl eine genauere Definition beider Identitäten höchstens und generell zwischen den Zeilen gelesen werden kann.
“Zu zweit allein, zu zweit und doch solo/
Ihr seht, es schlägt nur ein Herz in meiner Brust/
Zu zweit allein, zu zweit und doch solo/
Ich (Marsimoto) hab angefangen, und ich (Marteria) mach’s bis zum Schluss/”
("Zu Zweit allein")
Ein Statement zu den immer wieder nörgelnden Stimmen, Marsimoto befinde sich längst außerhalb der streng abgesteckten Hiphopgrenzen, gibt “Mein Dad ist Hiphop” ab. Dieser Track ist für mich deutlich vorne bei den Highlights des Albums mit dabei, vollgestopft mit Anspielungen und Verweisen rund um und aufs Thema, und macht klar, dass Marten hier klar Position bezieht:
“Ich bin Hiphop. Ich bin Rapmusik/”
("Mein Dad ist Hiphop")
Fazit: Ein sehr gelungenes Album, das es wert ist, genauer unter die Lupe genommen zu werden. Viele Aspekte des darauf vorhandenen Wortwitzes, die Vielschichtigkeit und das Ausmaß der Kunst Marsimotos und Marterias, sich gegenseitig die Bälle perfekt getimet zuzuspielen, kann erst nach mehrmaligem Hören überhaupt erfasst werden. Leider wird viel davon erst einmal durch die Produktion, die hier nicht nur Grundgerüst, sondern ein sehr auffälliges Merkmal ist, und die hochgepitchte Stimme Marsimotos überdeckt. Beides Punkte, die das Album für mich zwar mit interessant machen, doch auf Dauer zum Teil eher nervtötende Auswirkungen haben können.
Unnötig sind auf dem Album meiner Meinung nach die Featureparts von Olli Banjo und Sido, auch wenn ich hier keinerlei Berechnung bei der Platzierung unterstelle. Obwohl an beiden qualitativ nichts auszusetzen ist, gehen sie neben Marsimoto und Marteria leider fast völlig unter. Hier gilt für mich: Weniger wäre in diesem Fall mehr gewesen.
Die Erwartungen, die ich vor dem Hören an das Album gestellt habe, sind jedoch weitgehend erfüllt worden. Inhaltlich vielseitig, interessant und zudem nicht nur mit auffälligem Wortwitz, sondern generell unterhaltsam gestaltet, schafft es “Zu Zweit Allein”, mir mehr als einen flüchtigen Zeitvertreib zu bieten.
Und da hier für mich einmal mehr deutlich wird, wie abhängig Marsimoto von Marteria ist, bildet der Titel nicht nur einen interessanten Themenaspekt, sondern ist ebenso Programm für das Album. So soll es sein und darum gibt es von mir abzüglich der oben genannten Mankos 4,5 Mics für ein Werk, das zwar sicher nicht für jeden Moment geeignet, dafür aber innovativ und eigenständig ist.
pollyssima (Pauline Staigle)
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