01. Bombe
02. A.L.I.
03. Ich bin ein Star, holt mich hier raus
04. Wir machen kaputt feat. Emory
05. Paper Paper
06. Vielleicht
07. Battlerap feat. Samy Deluxe
08. Rückwärts Einparken
09. Hölle
10. Mach den Weg frei feat. Samy Deluxe
11. Leuchtturm
12. Mir geht es gut feat. Emory
13. Hoffnungsloser Fall
14. Hier
15. Rettung ist nah
16. Irgendjemand
„Ich bin ein hoffnungsloser Fall!“
Das attestiert sich Ali A$ auf dem ebenso betitelten dreizehnten Anlaufpunkt seines vorliegenden Debütalbums im Rahmen einer Reihe fingierter Therapiesitzungen selbst. „Bombe“ heißt der Langspieler, und ob der Münchner Dauernewcomer mit dieser halbherzigen Phrase am Ende vielleicht mehr Recht hat, als ihm selbst lieb sein kann, das gilt es hier zu klären...
Alles auf Anfang: Wie seiner mit allerlei - nur bedingt als solche erkennbaren - Witzeleien über bereits vollzogenen bzw. noch geplanten Coitus mit der Kindergärtnerin oder Scarlett Johansson gespickten MySpace-Biographie zu entnehmen ist, gibt es den Herrn Zulfiqar Ali Chaudhry nämlich schon ein bisschen länger. Genauer gesagt: Ali, den Rapper, seit mittlerweile fast 10 Jahren, Ali, den HipHopper seit beinahe 20 und Ali, das Individuum, sogar schon stolze 30 Sonnenumrundungen. Donnerwetter, da wurde's aber auch mal Zeit für ein Albumdebüt!
Und hier ist es nun: 16 Tracks stark, inklusive Produktionen von Instrumens, Tai Jason und Sinch & Ken Kenay sowie Gastbeiträgen vom Baus aka Samy Deluxe höchstpersönlich sowie einem Sangesknaben namens Emory. Klingt erstmal ein wenig ernüchternd, nach einem Vorlauf, der zwei Durchschnittsdeutschrappern für eine komplette Karriere vom Untergrundmixtape bis zum Best of-Album reicht. Aber nach diversen großspurigen Ankündigungen, einstimmend betitelten Pre-Mixtapes und ähnlichen Mätzchen sind die Erwartungen nach wie vor oben. Und man sollte ja annehmen, nach beinahe einer Dekade praktischer Erfahrung im Spiel, bringt ein sich selbst als „Mcee“ zu verstehen gebendes Urgestein wie es unser Ali ist, das nötige Rüstzeug mit, eine nicht nur so betitelte, sondern sprichwörtliche Bombe zu zünden. In dem Sinne: Lassen wir's krachen!
Ganz unkonventionell fangen wir an dieser Stelle mal mit dem Intro an, welches auf den Namen – na, wie wohl…? – „Bombe“ hört und natürlich inklusive stilechtem Countdown-Setting gen Ende daherkommt. Davor gibt es aber eine Fremdscham versprühende Sugarhill Gang-Reminiszenz sowie allerlei Standardansagen aus dem Takeover-Baukasten. Kann man machen.
Den Aufhorcher gibt’s dann bei „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“! Nach dem etwas unausgegorenen Soundbild der ersten beiden Tracks ein Stück mit frischem Beat plus gelungenen Autotune-Anleihen in der Hook. Aber spätestens bei den zugehörigen Strophen offenbart sich dem Hörer schon jetzt eines der elementarsten Probleme dieses Albums: Ali Quaidas beschränkte Songwriter-Skills! Sicher, anspruchsvolle Doppelreime und die anno 08 ja fast schon unerlässlichen Wortspielereien gehen mittlerweile scheinbar recht gut von der Hand, aber, wann immer sich unser Mann abseits des mit Punchlines gepflasterten, sicheren Weges wagt, gerät er merklich ins Straucheln. So verkommt die Vorab-Single hier zu ebenso zusammenhang- wie sinnlosem Promi-Namedropping, in dem die wenigen sinnbehafteten, sozialkritisch angehauchten Lines wie
„Ich will ins Guinessbuch mit einem Businessmove/
Und vielleicht schaff ich’s ja wie Tomekk mit nem Hitlergruß/“
nicht nur untergehen, sondern sogar ganz und gar deplatziert wirken. Das lyrische Niveau des Quasi-Vorgängers aus dem Dschungelcamp wird zwar gehalten, aber bislang stehen die Zeichen weiterhin eher auf Blindgänger.
Die nächsten Anspielpunkte gehen dann sauber durch, ohne jedoch irgendeinen bleibenden Eindruck zu hinterlassen, bis schließlich „Battlerap“ mit dem Labelchef am Feature einsetzt. Jetzt wird’s interessant! Sam liefert einen selbst für seine heutigen Verhältnisse erschreckend uninspiriert wirkenden Part, umrahmt von einer leicht befremdlichen Säuselhook, ab und bringt so doch tatsächlich das Kunststück fertig, neben dem punchlinegespickten 16er seines Protegés zu verblassen. Aber damit nicht genug. Als ob das alles nicht schon im höchsten Maße verwirrend gewesen wäre, beginnt Monsieur Deluxe nun – zuerst mit Worten, später in Reimform – gegen all die Producer da draußen zu schießen, die ihm scheinbar unentwegt kostenlos Beats zukommen lassen (verständlicherweise ein gewaltiges Ärgernis) und deren Produktionen es ja sowieso mal überhaupt nicht wert sind, von ihm in seiner halbgottgleichen Art beackert zu werden.
An der Stelle schießen einem zwei Dinge durch den Kopf.
Nummer 1: „Hat es Samy Deluxe gerade tatsächlich zum allerersten Mal in unserer mittlerweile eine gefühlte Ewigkeit andauernden, harmonischen Rapper-Fan-Beziehung geschafft, so richtig, richtig unsympathisch auf mich zu wirken?!“
Und Nummer 2: „Instrumens, Tai Jason und Sinch & Ken Kenay verschicken kostenlos Beats?!“ Denn viel schlechter als der Großteil der hier vorherrschenden gnadenlos uninspirierten Instrumentalisierung können diese ominösen musikalischen Ärgernisse wahrlich nicht sein!
Naja, zumindest ist das durch die ersten beiden Parts durcheinander geratene Kräfteverhältnis wieder hergestellt, wenn Ali A$ der skurrilen Veranstaltung die Krone aufsetzt, und diesmal gleich komplett ohne Angabe von Beweggründen mal eben auch noch gegen die komplette Zunft der DJs wettert. Sehr seltsam, das alles!
Ähnlich realitätsfremd erscheint die ausgerechnet auf einem der absoluten Musterbeispiele für das trostlose Soundbild des Albums („Rückwärts Einparken“) positionierte Ansage, „diese Hymne“ „in den Charts“ positionieren zu wollen. Diese Art der hoffnungslosen Selbstüberschätzung mag heutzutage im deutschen Rapspiel beileibe kein Einzelfall sein, aber selten wurde sie dem Konsumenten so gnadenlos vor Augen geführt wie hier. Grund dafür dürfte vor allem Ali A$' zweites zentrales Problem auf dem Weg an die Spitze sein: Er schafft es leider nicht, Sympathien zu wecken – und schlimmer noch; nicht einmal Antipathien zu wecken! Was ganz nebenbei die These in den Raum stellt, dass es wohl nur wenige deutsche Sprechgesangskünstler in diesem Land gibt, die das Prädikat „farblos“ treffender beschreiben würde.
Da helfen auch die diversen pseudodeepen, in der Herangehensweise doch frappierend an die des direkten Vorgesetzten erinnernden Schmachtfetzen und Konzeptsongs nicht viel, mit denen besonders die zweite Hälfte der Platte aufwartet. Ob da nun von der verallgemeinerten Rettung in Form von einem „Leuchtturm“ die Rede ist, für eine komplette Hook nur auf dreiste Poesiealbum-Phrasendrescherei à la
„Für die Welt warst Du irgendjemand/
aber für irgendjemanden warst Du die Welt/“
zurückgegriffen wird, oder sich der durchaus nicht untalentierte Emory an einer weiteren Hook versuchen darf - nichts von alledem trägt wirklich dazu bei, unseren Protagonisten ein wenig greifbarer oder interessanter erscheinen zu lassen.
Schade eigentlich, denn die theoretischen Battle-Texterfertigkeiten eines Kollegahs an schlechten Tagen und einen der größten Deutschrapper überhaupt im Rücken zu haben, sollten doch eigentlich nicht die aller schlechtesten Voraussetzungen sein. Aber es ist, wie es ist, und so bleibt eben nicht viel mehr als ein gerade noch annehmbares Erstlingswerk, das nur bei den Allerwenigsten Lust auf mehr wecken dürfte. Fazit: Ob es strategisch sinnvoll ist, eine Hook, die tönt „Die Rettung ist nah!“ ans hinterste Ende eines Albums zu setzen, ist fraglich, doch zumindest beschert uns das Werk so wenigstens einen Moment, in dem man sich voll und ganz mit einer gemachten Aussage identifizieren kann...
lupa (Florence Bader)
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