Sooooo, Tag 11 des Blogs.
Wo war ich stehen geblieben? Achja, meine Kamera war ja kaputt.
Und nachdem ich den ganzen Tag gepennt hatte, weil ich ja am Tag zuvor mal wieder bis in die Puppen feiern war, war es bereits später Nachmittag, als ich mich dann aus den Federn quälte.
Kein Problem, dacht ich mir, denn es ist ja erst Samstag, und Sonntags haben in Korea ja alle Geschäfte offen, also kannst du das bequem morgen erledigen.
Allerdings hab ich dann doch noch einen Blick in meinen Reiseführer geworfen, nur um festzustellen, dass der Yongsan Electronics Market an jedem ersten Sonntag im Monat geschlossen hat. Und am nächsten Tag hätten wir den…. ARGH, ersten Sonntag im August. War ja klar. Also keine Kamera kaufen.
Nur wann, wenn nicht am Wochenende? Montags ging das Programm ja schon weiter, unter der Woche ist keine Zeit zum Einkaufen, und auf Fotos der Aktivitäten will man ja nur ungern verzichten.
Also doch am Wochenende. Glücklicherweise fiel mir dann ein, dass der E-Mart in Bundang eine Elektronikwaren-Abteilung hat. (Ihr erinnert euch vielleicht an das Shopping-Center, das wir an einem der ersten Tage besucht haben, als es so unendlich geschüttet hat? Wo ich mir das erste Mal das Eis mit Löffel im Boden gekauft habe? Genau da!)
Und tollerweise hat der in Korea auch bis 24 Uhr abends geöffnet.
Also hab ich mir Anub und Tanja geschnappt und bin abends um 19 Uhr auf nach Bundang gefahren. Natürlich im strömenden Regen (scheint irgendwie Tradition zu sein, wenn es um Bundang und E-Mart geht).
In der Elektronikwarenabteilung hab ich mich dann erst mal von einem freundlich aussehenden Verkäufer im Anzug bezüglich verschiedener Digitalkameras beraten lassen.
Oder sagen wir besser: Ich habe versucht, in gebrochenem Koreanisch Fragen zu stellen und seine Antworten einigermaßen zu begreifen. Glücklicherweise war Anub dabei, dessen Koreanisch schon ziemlich gut ist, und der für mich einige der Fragen gestellt hat, zu deren Artikulation ich nicht in der Lage gewesen wäre.
Ich glaube, ich wäre selbst in einigen anderen Sprachen aufgeschmissen, müsste ich mich über die technischen Vorzüge verschiedener Kameramodelle unterhalten.
Ich habe an diesem Abend dann auch gegen jede Vorgabe verstoßen, die mir meine Mum zuvor am Telefon gegeben hatte: Batterien, selbes Kartenformat, Sucher.
Meine Mutter hat natürlich recht, dass Akku-Kameras den Nachteil haben, immer dann leer zu gehen, wenn man keine Steckdose hat, um sie aufzuladen. Allerdings gab es nur zwei Kameramodelle, die noch batteriebetrieben waren, davon war eine überdimensional teuer, und die andere überdimensional riesig. Und da der Verkäufer mir sagte, er würde mir einen zweiten Akku schenken, hab ich mal ganz normal auf das Batteriekriterium geschissen.
Dann stellte ich fest, dass die xD Picture Cards, die meine Mum für ihre alte Kamera benutzte, nur für Olympus- und Fuji-Kameras geeignet sind, was meine Modell-Wahl zu sehr eingeschränkt hätte. Ich war nicht unbedingt scharf auf ein Olympus-Gerät, die meist teurer oder aber qualitativ schlechter als die anderen Geräte waren. Außerdem war bei den meisten neuen Kameras eine kostenlose 1 GB SD-Karte dabei, während die xd Picture Cards, die ich in den Urlaub mitgebracht hatte, zwar einige waren, allerdings jeweils nur 256 MB Speicherplatz oder weniger boten. Und da der Verkäufer mir angeboten hat, eine 2 GB SD-Karte draufzupacken, hab ich mich dann für ein Samsung-Modell entschieden, und bin ganz chu mit der Entscheidung. Normale Sucher findet man sowieso in keinem modernen Digitalkameramodell der Welt mehr, und seien wir doch mal ehrlich: Wer benutzt sie schon?
Klar, sollte ganz zufällig durch einen Schlag des Schicksals der Digitalbildschirm ausfallen, dann ist der Sucher Gold wert (aber die Kamera dennoch im Arsch). Und ja, in gewissen Situationen, z.B. Nachtsicht, kann ein Sucher Fotografien ermöglichen, wo der Digitalbildschirm schon längst nichts mehr anzeigt. Aber dann muss ich halt Fotos bei Tageslicht oder auf gut Glück machen, fuck it.
Mission Kamera war jedenfalls geglückt, auch wenn ich dem Spruch des Verkäufers, den zweiten Akku gäbe er mir nur oben drauf, weil ich Ausländerin und so nett wäre, nicht ganz Glauben schenken kann. (Vermutlich hätte ein Koreaner gleich zwei zusätzliche Akkus bekommen. :D)
Da wir schon mal da waren, sind wir dann gleich runter in die Lebensmittelabteilung, und haben ein paar Einkäufe erledigt. Hier habe ich mich mit lebenswichtigem deutsch-ähnlichen Essen eingedeckt, für die nächsten Tage: Joghurt (oh himmlisches Frühstück…), Kaffee (Lesbien-Kaffee gibt’s hier im Sixpack und man spart dabei die Hälfte im Vergleich zum Automaten!), M&Ms (leider so teuer wie bei uns, weil ausländisches Produkt, hmpf), Ananassaft und diverse Snacks.
Das geilste an koreanischen Lebensmittelabteilungen in Supermärkten ist, dass an jeder Ecke irgendein Heini mit Sachen steht, die du probieren kannst. Ich hab da so ziemlich alles abgestaubt, was es gab. Nudeln, Fleischspieße, Käse, bis hin zu irgendeinem ekelerregenden Gerstenteegetränk (das ich im Nachhinein lieber nicht probiert hätte, weil es schwer zu vergessen war :D).
Erstaunlich teuer ist in Korea das Obst. Das war so teuer, dass ich mir nicht mal ne einzelne Rebe mit Trauben leisten wollte, obwohl ich wirklich Obstmangel hatte während dieses Aufenthalts. Aber ich weigere mich, für so was 10 Euro zu bezahlen.
Hier mal ein paar Eindrücke von unserem Lebensmitteleinkauf. (mjam…)
Leider hat Anub nur sehr wenige Bilder an dem Tag gemacht, und die interessanten Sachen (wie die Fischtheke mit den Tintenfischen und seltsamen Meerestieren) weggelassen. *g*
Dann ging’s wieder raus in den strömenden Regen (der jetzt noch strömender war).
Draußen war’s inzwischen dunkel, und wir durften geschlagene 45 min auf den Bus warten (weiß der Himmel, warum der so lang brauchte). Und obwohl ich an der Bushaltestelle unter einem Dach saß, habe ich den Regenschirm aufgespannt. Und ihn vor mich gehalten. Als Schutzschild gegen Spritzwasser wahnwitzig vorbeifahrender Autos und Busse, die einen mal ganz normal von oben bis unten nass machen, wenn man das nicht tut.
Wieder zurück im Guesthouse musste ich natürlich als allererstes meine Kamera ausprobieren (und einen Joghurt essen). Hier das erste Probebild, das ich von Erin gemacht habe.
Tja, und was macht man nun mit so nem angebrochenen Abend?
Man geht ins Noraebang! Das ist die koreanische Version der Karaokebar.
Im Gegensatz zu deutschen Einrichtungen dieser Art, bei denen man sich vor versammelter Öffentlichkeit lächerlich machen, sind die koreanischen (und übrigens auch japanischen) Karaokebars allerdings etwas privater: Jede Gruppe mietet sich einen Raum, in dem sie nach Herzenslust schief rumjaulen können.
Gottseidank konnten wir Anub überreden, dass er NICHT in diesem Aufzug in die Noraebang geht. Nach 10 Minuten Überredungskunst meinerseits (sprich Androhungen körperlicher Misshandlungen mit einem spitzen Gegenstand im Anus) hat er dann doch noch sein gestreiftes Hemd angezogen. Den Anblick dieses dünnen Drahtesels und seinen Brustwarzen, die neben den Trägern des Unterhemds rausgucken, hätte ich aber auch keine Sekunde länger ertragen.
Als wir da ankamen, musste ich leider feststellen, dass im Gegensatz zu japanischen Karaoke-Schuppen in koreanischen Noraebangs leider keine Getränke und Essen serviert werden. Unchu. Hätt ich das gewusst, hätt ich mir’n Joghurt mitgenommen.
Gut, aber zuerst muss man sich mal mit den Gerätschaften vertraut machen…
Am geilsten sind übrigens die genialen Videos, mit denen in Noraebangs die Gesangsclips unterlegt werden. Davon habe ich in Korea zwei verschiedene Arten kennengelernt:
Die Noraebang, die wir an diesem Abend besucht haben, und die in der Straße vor unserer Akademie lag (wo auch unser heißgeliebter Minisupermarkt ist), unterlegt die Songs einfach mit koreanischen Musikvideos (sehr passend, wenn knapp gekleidete koreanische Poptussis peinliche Choreografien zu „Knocking on heavens door“ abspulen :D).
Die weitaus schrecklichere Variante allerdings ist mir in allen anderen Noraebangs begegnet. Dort wurden nämlich einfach irgendwelche Landschafts- und Naturfilmaufnamen unter die Songs gelegt, die sich dabei in Endlosschleifen wiederholten, nachdem die letzte vorbeiwar. So harkte der traditionell gekleidete koreanische Bauer fröhlich auf seinem Feld rum, während im Background „Don’t Cha“ von den Pussycat Dolls spielte, oder amerikanische Touristen fläzten in ekligen Bikinis am Strand, wobei Elton John’s „Your Song“ zum Besten gegeben wurden. Das hat Stil.
Hier das einzige Foto, auf dem ich drauf bin, weil ich alle anderen selbst gemacht habe. Ich flätze auf dem Sofa und suche mir irgendeinen Song aus. Da war die Welt noch in Ordnung…
Lovely Martina, bevor die ganze Sache da richtig schlimm wurde:
Tja, und dann ging’s los. Was anfangs noch ganz witzig war, wurde schnell zu einem nervenaufreibenden Kraftakt. Denn anders als geplant (man sucht sich einen Song aus, performt ihn mehr oder weniger gut und gibt das Mikrofon an den nächsten weiter) beschloss die Gruppe (mal wieder ohne zu fragen) einfach jeden Song gemeinsam zu singen… bzw. zu gröhlen… nein. Zu Brüllen.
Das mag beim ersten Mal noch ganz witzig sein. Spätestens nach drei Liedern fallen einem allerdings wegen der Lautstärke die Ohren ab. Mal ganz davon abgesehen, dass das auch einfach ne Beleidigung für meine Musikempfinden darstellt.
Denn erstaunlicherweise kennt der Großteil der Leute selbst bei den bekanntesten Liedern die Melodie nicht (oder ist einfach zu blöd, um die Töne zu treffen).
Insbesondere Ruslana röhrt mit solch einer selbstbewussten Lautstärke und so konsequent falscher Tonabfolge ins Mikrofon, dass es unmöglich war, dagegen anzukommen, ohne selbst zu schreien. Einige der Songs habe ich anhand ihrer Melodie nicht einmal wiedererkannt.
Wer das nicht glaubt, für den hat Anub ein Beweisvideo aufgenommen. Ruslanas Melodiesicherheit bei der Geschichte lässt sich besonders gut ab Minute 0:30 hören.
[YOUTUBE]aFVFg2fm_N8[/YOUTUBE]
Naja, wie ihr sehen könnt, war die Stimmung an dem Abend trotzdem ganz gut.
Bei Songs, die niemand anderer mochte, hatte ich sogar mal die Gelegenheit, sie ganz ohne Brüllen RICHTIG zu singen. (Obwohl meist immer der eine oder andere Idiot mit dem zweiten Mikrofon dazwischen brüllen musste. Für die Idee, in jeder Noraebang zwei Mikrofone anzubringen, würde ich Korea am liebsten verklagen.)
Tja, das war dann auch der Abend. Nach etwa einer Stunde war der Spaß vorbei, und wir machten uns auf den Rückweg zum AKS, tauschten gegenseitig falsche Komplimente in Bezug auf unser Gesangstalent aus, und ich war froh, als ich endlich in meinem ruhigen Bett lag, wo mir immer noch die Ohren klingelten. Erin ist danach übrigens nie wieder in eine Noraebang mitgekommen. Ihrer Aussage nach hat es ihr schon gereicht, dass sie nie wieder an „Your song“ denken kann, ohne dabei Ruslanas eigene Interpretation des Liedes im Ohr haben zu müssen. (Ich muss zugeben, dass es mir genauso geht. :D)
Da wir am nächsten Tag nach Seoul zum Einkaufen wollten (jahahah, Geschäfte haben in Korea Sonntags geöffnet, was für ne tolle Erfindung), sind wir dann auch relativ früh ins Bett.
Heute nich soviel Action, dafür morgen dann mehr aus Seoul.