Review: Texta – XX



  • 01. 3 Uhr 10
    02. Walkmania
    03. Millionen Personen
    04. Nachtmensch
    05. Fragestunde
    06. Sprachbarrieren
    07. Neinsager
    08. Wer?
    feat. Pahel
    09. Text vs. Autor vs. Hörer
    10. Plastikrap
    11. Mühlviertler Kraut
    12. So oder so
    13. Hediwari
    14. Alt
    feat. Blumentopf
    15. Schaun feat. Attwenger
    16. So könnts gehen
    17. Ned deppat
    18. You're driving me wild
    19. Dramatrugie der Ereignisse
    20. Drahtseilakt


    20 Jahre Musik – was für eine gewaltige Zahl! Die österreichische Formation Texta macht nun schon seit 1993 Rap und ein solches Jubiläum sollte gebührend zelebriert werden. Das dachten sich Flip, Huckey, Laima und DJ Dan wohl auch und so setzte sich die Crew pünktlich vor dem Freudentag an einen Tisch und stellte ein Best-of-Album zusammen, das sie dem Anlass entsprechend mit "XX", der lateinischen Schreibweise für 20, betitelten. 20 ist das Thema: 20 Jahre, zusammengefasst in 20 Songs, nämlich ihren besten und erfolgreichsten aus den letzten zwei Dekaden. Und so wollen auch wir uns einmal auf die Reise begeben, eine lange Bandgeschichte einmal Revue passieren lassen und vielleicht auch einen genaueren Blick auf die Entwicklung der Gruppe werfen.


    "Ist das alles eine Frage der Betrachtung/
    Oder schweb' ich, seitdem ich kiff', in geistiger Umnachtung/
    Warum schreit niemand 'Alle Achtung'/
    Wenn man auf Persönlichkeit setzt statt auf Verpackung/
    "
    (Laima auf "Fragestunde")


    Das Album ist chronologisch aufgebaut; wir bewegen uns mit diesem Tape vom Beginn der Crewgeschichte bis zum heutigen Stand. Den Einstieg liefert der Track "3 Uhr 10" von der "Geschmeidig"-EP aus dem Jahre 1995, eine Hymne ans Auto und die damit verbundenen Freiheiten. Weiter geht's zwei Jahre später mit drei Singles aus Textas Debütalbum "Gediegen" (1997). Zu diesem Kapitel stoßen noch drei weitere Tracks, zur LP "Gegenüber" (1999) gehörend, dazu. All diese Anspielpunkte kommen entspannt gerappt sowie mit durchaus sozialkritischen Textinhalten daher und gehen gut ins Ohr. Interessanterweise sind sich gerade die Tracks aus den Anfangsjahren sehr ähnlich und es zeichnet sich noch keine nennenswerte Entwicklung der Musik ab. Positiv fallen allerdings die zeitgemäßen Beats auf, die man heute als Oldschool bezeichnen würde und die von harten Drums, einer staubigen Atmosphäre und einem Einschlag in Richtung Elektro und Folk geprägt sind. Flowlich kann man die Werke als typisch für die damalige Zeit bezeichnen: Der Takt wird bis an seine Grenzen ausgelotet, wodurch Harmonien und Flows über die Zeilen hinweg entstehen, die wirklich Spaß machen können. Inhaltlich werden vielfältige und ausgefallene Thematiken angesprochen, die von Musik im Alltag ("Walkmania") über gestörte Schlafrhythmen ("Nachtmensch") bis zu "Sprachbarrieren" reichen. Die Texte schwanken dabei zwischen Storytelling und dem Aneinanderreihen von intelligenten und prägnanten Aussagen hin und her. In den darauffolgenden Jahren ging die anfangs gehaltene Konsequenz leider ein wenig verloren. Zwar folgen auch hier Tracks in alter Manier mit clever ausgetüftelten Themen, die auf halbernste Weise gesellschaftliche Kritik üben, aber dennoch spürt man, dass sich in dieser Phase der Entwicklung von Texta, etwa von 2000 bis 2004, der Wille und die Bereitschaft vergrößert haben, mit anderen Genres zu experimentieren. Crossovers sind jedoch meistens mit Vorsicht zu genießen – und so betrachte ich auch dieses hier eher mit gemischten Gefühlen: "Mühlviertler Kraut", eine Reggae-lastige Ode an ein Genusskraut, bei dem es sich wohl eher nicht um Petersilie handelt, oder ein orientalisch anmutendes "Hediwari" bringen zwar durchaus mehr Vielfalt auf die Platte – laufen aber auch Gefahr, zu Skipkandidaten zu werden, weil sie durch ihre Andersartigkeit sehr aus dem Stil des Gesamtwerks herausfallen und deswegen nicht unbedingt alle Geschmäcker bedienen.


    "Wenn jemand zu dir sagt: 'Ich hab' den Track aus dem Internet.'/
    Und du sagst: 'Geil, den will ich auch, wo ist dieses Geschäft?'/
    Wenn du kein Wort verstehst, wenn alle von 'Jackass' und 'Buffy' schwärmen/
    Willst 'Dallas' sehen, doch hast zuhaus' kein Kabelfernsehen/
    "
    (Huckey auf "Alt")


    Auf jeden Fall hervorzuheben ist "Alt", eine Kollaboration mit Blumentopf. Denn wenn man den Dialekt unserer Landsnachbarn nicht gewohnt ist, erschwert er es schon, die Texte einwandfrei zu verstehen. Umso mehr freut man sich, nach 13 Anspielstationen wieder hochdeutschen Rap zu hören. Es ist durchaus interessant, dass die Gruppe sich nun schon vor fast zehn Jahren selbst als "alt" empfunden hat. Doch auch die auf der 2004 erschienenen LP "So oder so" festgestellten Alterserscheinungen taten der Produktivität von Texta keinen Abbruch und es entstanden bis zum heutigen Tag noch zwei weitere Alben: "Paroli" und "Grotesk". Die Tracks aus dieser Zeit sind erfreulich humorvoll, nehmen sich weniger ernst und stechen durch ein glatteres und homogeneres Soundbild heraus. Das zeichnet sich auch an den Beats ab, die etwas melodischer und treibender als auf den ersten Alben erscheinen. Rein klanglich nimmt "XX" dadurch gegen Ende immer mehr zu. Die Texte wirken nun reifer und weniger schwerfällig, da die ernste HipHop-Mentalität ein wenig Selbstironie gewichen ist. Auch der Hang zum Folk hat sich im Laufe des Albums ausgeprägt, zum Beispiel in der Auswahl der gesampleten Instrumente sowie in den Hooks, und wurde zu einem stimmig integrierten Bestandteil von Textas Style. Allerdings ist anzukreiden, dass sich diese immer mehr von ihrer ursprünglichen Art entfernt haben – zwar ist Entwickung wichtig und richtig für Musiker, dennoch wirken besonders die letzten Tracks fast zu homogen. Außerdem ist leider wenig übrig geblieben von der ursprünglichen Knalligkeit, dem etwas aufmüpfigen und frischen Esprit der Anfangsjahre, der viel von Textas Charme ausgemacht hat. Ihr persönliches Fazit zieht die Crew jedoch auf dem Bonustrack "Drahtseilakt" selbst mit einer elektrisch klingenden, sehr nachdenklichen Retrospektive auf ihre Karriere.


    "Erster Akt, vor den Akteuren liegt ein leeres Blatt/
    Erste Skizzen, im ungewissen Licht der Werdegang/
    Herz und Talent noch ungeschliffen und ungestimmt/
    Trotz aller Faxen zu erwachsen für ein Wunderkind/
    "
    (Flip auf "Drahtseilakt")


    Fazit
    Obwohl der österreichische Dialekt und die ungewöhnliche Mischung aus Oldschool und Folk gewöhnungsbedürftig sind, bietet "XX" einen tiefen Einblick in die Geschichte und die Facetten der Musik von Texta. Der Sound vieler Tracks ist zeitlos und auch wenn es gerade gegen Ende mehrere Skipkandidaten gibt, kann das Album mit eingängigem Oldschool-Gefühl, vielen markanten, intelligenten Textzeilen und einem originalen Charakter durchaus überzeugen. Texta zeigen, dass sie nicht nur Teil der österreichischen HipHop-Kultur sind, sondern sich auch eine Position im gesamten deutschsprachigen Raum erarbeitet haben. Und so bleibt abschließend nur zu sagen: auf die nächsten 20 Jahre!



    Yannik Gölz (Cuttack)



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  • ist kein akzent, sondern dialekt ;)


    texta top, review top :thumbup:

    “We had two bags of grass, seventy-five pellets of mescaline, five sheets of high powered blotter acid, a salt shaker half full of cocaine, and a whole galaxy of multi-colored uppers, downers, screamers, laughers... and also a quart of tequila, a quart of rum, a case of Budweiser, a pint of raw ether and two dozen amyls.
    Not that we needed all that for the trip, but once you get locked into a serious drug collection, the tendency is to push it as far as you can.”

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