Review: Summer Cem – Babas, Doowayst & Bargeld



  • 01. Doowayst
    02. Slumdog Millionaire
    03. Neue Bugatti
    04. Dieser Beat
    feat. MoTrip
    05. Dein Ex feat. KC Rebell
    06. Epilepsie
    07. Weiter
    feat. Eko Fresh
    08. Das erste Mal feat. Onichiwa
    09. Halay
    10. Junkielove
    11. Gottlos
    12. Katapult 2
    feat. Kollegah & RAF Camora
    13. Babas Barbies Bargeld feat. Prodycem
    14. Diskostoff
    15. Stress ohne Grund 2
    feat. Farid Bang
    16. One Night Cem
    17. Herbst Winter Frühling
    feat. Zemine


    Popkulturelle Abhandlungen ließen sich darüber verfassen, welchen Einfluss welche Künstler durch innovative Sounds auf die durchschlagenden Charterfolge so mancher Deutschrapper der letzten Jahre hatten. Es lässt sich aber auch auf eine kleine, feine, obligatorische – jedoch größtenteils alberne – Promoaktion herunterbrechen. Für Cem Toraman – selbsternannter "Hammer", "Killer" und "Chief" – sind selbstredend die "Wie kauft man eine CD?"-Kampagnen die Ursache für das neue Bewusstsein unter Anhängern. Nur, um sich diese – zweifellos etwas fragwürdige – These noch einmal vor Augen zu halten: Rapper XY beschließt, aus Werbezwecken ein Video zu drehen, in dem er seine eigene CD in einem Supermarkt kauft. Daraufhin, so die Vermutung, wagen sich tausende LCD-verstrahlte Kids, es ihm gleichzutun. Wäre dem so, könnte sich der Mönchengladbacher tatsächlich lobend auf die Schulter klopfen; von steigenden Verkaufszahlen kann er jedenfalls ein Liedchen singen: Nach Platz 85 und 10 ging er mit seinem neuen Album "Babas, Doowayst & Bargeld" just auf die 5. Genau dieses Album ist das letzte, das Summer Cem seinem derzeitigen Label Sony BMG schuldet, bevor er als "Free Agent" gilt – und somit von jedermann gesignt werden kann. Bleibt fast nur noch die Frage, ob der Cashflow gewohnheitsgemäß funktioniert und die Schlampen noch flippen. Das Cover weiß zumindest eine eindeutige Antwort – das Album auch?


    Seine hinlänglich bekannte Vergangenheit unter Eko, Kool Savas und Bushido und der darauffolgende Durchbruch werden, kurz nachdem "deine Mum gesandwicht wird" ("Doowayst"), aufgearbeitet ("Slumdog Millionaire"). Dabei stellt SC klar, dass sich die Labels schon früh um seine Dienste gerissen haben – doch "BMG lockte mit Fame". Wie sich der zweite Part auf den Track verirrt hat, bleibt dann aber sein Geheimnis: Den roten Faden suche ich zwischen der Trauer um Onkel Hashim und "dem Quotenkanaken, der Drogen verpackt" jedenfalls vergeblich. Ja, und wenn man nicht gerade Drogen verpackt, fabuliert man eben über das neue "Haus auf Rädern" ("Neue Bugatti"). Leider ist der Spaß mit einem geloopten, orientalischen "Neue Bugatti"-Singsang unterlegt, der das Vergnügen deutlich schmälert. Im Anschluss besingen Summer und MoTrip "den Beat" gemeinsam. Dabei ließ mich der äußerst vage (!) Titel "Dieser Beat" zunächst komplett im Dunkeln. Dass es hier tatsächlich nur um das – übrigens sehr unspektakuläre – Instrumental von Kollege Prodycem geht, ist sinnbildlich. Ein Chorus, der aus Liebeserklärungen an einen Beat aus Fußball-Fanfaren und langweilig-billig abgekupferten Elementen aus Amiland besteht, macht ziemlich deutlich, dass hier ein Track aufgenommen werden wollte – und mehr eben nicht. Was daraus schlussendlich wurde, scheint den Protagonisten einerlei. Der vorab veröffentlichte Track "Dein Ex", der in Zusammenarbeit mit KC Rebell entstanden ist, kennzeichnet den vorläufigen Tiefpunkt des Albums. Der Chorus von SC wurde gänzlich planlos – so scheint es – durch den Autotune-Effekt gepeitscht – das darf sich jetzt jeder ausmalen, wie er möchte. Der "bangende Rebell" alias KC Rebell kann das Ding zwar auch nicht mehr rausreißen, aber immerhin noch ein annehmbares Angebot in das Ohr der Umworbenen wispern. Dass sowohl der Text des "Chiefs" als auch die musikalische Gestaltung gänzlich einfallslos und abgedroschen daherkommen, steht außer Frage:


    "Denn ich bin da für dich – und, kannst du es spür'n?/
    Ey, der ganze Club ist drauf/
    So, wie du tanzt, bist du nicht auf Kuscheln aus/
    Du schaust mich an und ich deute deinen Blick/
    Heute wird gefickt/
    "
    (Summer Cem auf "Dein Ex")


    Die musikalischen Unterlagen, die basslastigen Beats sowie das vereinzelt gruselige, sture, eintönige Piano-Geklimper sollen sich nebenbei erwähnt ganz hervorragend über die ans Smartphone gestöpselte "Babas Boom Box" hören lassen, die der limitierten Edition beiliegt – leider helfen die wummerndsten Bässe aus den heftigsten Boxen aus dem Hause Baba nur wenig, wenn ein uninspirierter Piano-Loop dem bassigen Trap-Getöse hinterherläuft. Na ja, zurück in den bunten Männertraum, der da noch mit halbrohen Representern, auf dem der "Schwarzkopf" "aufs Papier kackt" ("Epilepsie"), Durchhalteparolen mit Ex-Mentor Eko Fresh ("Weiter") und einer seichten Erinnerung an "das erste Mal" aufwartet. Auf Letzterem kennzeichnen Onichiwas verkitschte, poppig-schmalzige Hook und Bridge, die von einem klingeltonähnlichen Beat begleitet werden, den Tiefpunkt des Tracks. Die nostalgischen Rückbesinnungen des "Schwarzkopfes" – lasst sie doch da, wo sie sind. Mir kräuseln sich die Haare – hier mehrere durch den Autotuneeffekt gejagte Hooks und teils gesamte Parts ("Dein Ex"), dort wird "aufs Papier gekackt", anderswo ist man "umwerfend, so, als würd' ich Bowling spielen" ("Weiter").


    "Ich kack' aufs Papier, bis du Schwachkopf kapierst/
    Alles, was Summer macht, knallt und rasiert/
    Ich mach's ihnen vor und die ander'n kopieren/
    Ihr dürft nur die goldenen Zacken polieren/
    "
    (Summer Cem auf "Epilepsie")


    Wie lustig Summer Cem infolgedessen tatsächlich sein möchte, ist fraglich. "Halay", "Babas Barbies Bargeld" und "Herbst Winter Frühling" wirken wie eine schlechte Parodie seiner selbst – wie ein Komiker, der keiner sein will.
    Während Cem Toraman die Angebetete auf "Babas Barbies Bargeld" schon heiraten möchte, sinniert Produzent Prodycem gleich von mehreren schönen Frauen. Und genau das ist symptomatisch für "Babas, Doowayst & Bargeld": In welche Richtung der Gladbacher mit seinem neuesten Album treibt, bleibt mir ein Rätsel. "Halay" wartet weder zum ersten noch zum letzten Mal mit einer verzerrten Stimmlage auf, dafür erzählen "Junkielove" und "Gottlos" immerhin mitreißende Geschichten und zeigen einen Ansatz, doch so wirklich will der Funke nicht überspringen, denn die musikalische Umsetzung gestaltet sich – wieder mal – größtenteils als überladener Mix aus überflüssigen Effekten. Ganz im Gegenteil kommen da die Parts von RAF Camora und Kollegah daher, genau wie die Hook, die von RAF in feiner französischer Mundart eingesungen wurde. Die Pop-überladenen Tracks à la Onichiwa/Prodycem von zuvor? Fast vergessen – fast. Die Stressmachnummer "Stress ohne Grund 2" samt Pushersweater-tragendem Gast balanciert zwischen ungewollter Witzigkeit und – sofern das überhaupt möglich ist – ernstzunehmendem Eier-Geschaukel, dennoch bleibt Farid unter seinem sonstigen Niveau. Dem folgt die "Sexmachine" auf "One Night Cem", das eher zum Schunkeln und Mitwippen einlädt.


    "Ey, das ist Bossplayer-Rapshit, Boss-Boss-Bossplayer-Rapshit/
    Ich smoke die John Player Special, baller' durch dein' Tom Tailor-Jacket/
    Und lass' vor Afrikareisen die Slums niederreißen/
    Denn sie beißen sich stilistisch mit meinen Platinarmreifen/
    "
    (Kollegah auf "Katapult 2")


    Fazit:
    Nicht, dass ich vor lauter sprachlicher Fäkalien empört den Stecker ziehe, die thematische Ausrichtung nicht hätte erwarten oder zumindest erahnen können oder den überdeutlichen amerikanischen Einschlag der Beats verteufeln wollte. Ein gewisses Fingerspitzengefühl hinsichtlich Stimmverzerrung und musikalischem Konfetti (Was haben bitte Fußball-Fanfaren in einem Rap-Song zu suchen?!) – beides ist "Babas, Doowayst & Bargeld" schlichtweg vorbehalten. Was uns der "Schwarzkopf" vorsetzt, wird seinem bisherigen Nimbus und hoffentlich auch seinem Selbstverständnis nicht wirklich gerecht. Tracks werden mit und von ausgeleierten Effekten bearbeitet, dass sich jeder treue SC-Fan auf den Schlips getreten fühlen muss ob der Einfallslosigkeit des neuen Langspielers, der mit dem einstigen Debüt "Feierabend" nur noch proletenhafte, raue Texte gemein hat. Die dreckige Attitüde versteckt sich dieses Mal leider irgendwo hinter den Autotune-Sounds.



    (Die Robbe)

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  • Halbwegs nachvollziehbar, auch wenn 1.5/6 schon hart ist. Von Feierabend war ich regelrecht begeistert, aber das hier war einfach nichts.

  • Zitat

    Original von monstersteak
    finds gut, dass mal jemand den mut hat sowenig mics zu vergeben!
    hab mir das album nicht gegeben, weil ich mir ohnehin wenig bis nichts davon erwartet habe


    Was hat das mit Mut zutun? Finds eher dumm, dass hier jeder 4 oder 5 Mics hinterher geschmissen bekommt. Kritische Reviews geb ich mir da weit lieber.

  • Zitat

    Original von ***RiddLer***
    Ich glaub das war die schlechtwste mic bewertung die je verteilt wurde
    Kann mir nicht vorstellen dass es so schlecht ist


    Ist so weit ich mich erinnere nicht schlechter als das, was ich mal ner Dissziplin-Platte gegeben habe.

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