01. Auch wenns dauert
02. Niemals
03. Alles für die Gang
04. Geld liegt auf der Straße
05. Immer wenn ich raus will feat. Kalusha
06. Gabriel
07. Log mich aus feat. Ufo361 & Greeny
08. Leggins
09. Hater feat. Kalusha, Ufo361 & Greeny
10. So einfach
11. Tot sehen feat. Harris
12. Schätze das Leben
Said? Moment mal, da war doch was. Hatte der nicht ein Album bei Aggro Berlin, kurz bevor die am Abnippeln waren? Mal eben den Namen in die YouTube-Suchleiste eingegeben ... "Halt die Fresse"-Videos hat er auch. Er wirkt wie ein äußerst gefährlicher Zeitgenosse. "Zum Leben verurteilt" klingt jetzt auch eher nach grauer Ghettoromantik, statt nach frischen Vibes. All diese Assoziationen kamen mir in den Sinn. Zeit, die Wiedergabe zu starten, um zu überprüfen, ob der Ersteindruck der Wahrheit entspricht.
Den musikalischen Eingang in "Zum Leben verurteilt" bildet "Auch wenns dauert". Auf einem sehr ruhigen Instrumental eröffnet Said die Platte mit einem selbstreflektierenden und nachdenklichen Track. Wo andere Rapper auf Teufel komm raus ihr Album mit einem Knall beginnen wollen, vermittelt Saids Herangehensweise direkt eine gewisse Ernsthaftigkeit und Ehrlichkeit. Doch wer nun ein langsames und ruhiges Gesamtwerk erwartet, liegt weit daneben. Denn schon im darauffolgenden Titel "Niemals" wird die noch zuvor geäußerte Ruhe eingetauscht gegen Energie. Diesmal geht der Beat nach vorne, wird mit kraftvollen Parts und einer Hook, die nur so zum Mitschreien auffordert, berappt. Wieder erzählt Said von seiner durchwachsenen Vergangenheit, um dann als gutes Beispiel weiter seinen Weg zu gehen und zu motivieren. Auch wenn man zunächst vermuten könnte, dass es sich bei "Niemals" um einen dieser 0815-Kopf-hoch-Raptracks handelt, muss man doch erkennen, dass es bei Said etwas Besonderes ist. Er wirkt unfassbar authentisch, man kauft ihm jede seiner Storys ab. Das liegt nicht zuletzt auch an seinem verbissenen Stimmeinsatz und dem rauen Flow, die perfekt die gewünschte Hood-Atmosphäre übertragen.
"Die Last, die ich hab', kann ich grad' so tragen/
Knast geschafft, meine Mum begraben/
Was für Fragen? Es gibt keine Antwort/
Da, wo heute nichts ist, da waren mal Farben/"
(Said auf "Niemals")
Auch der nächste Banger lässt nicht lange auf sich warten. Mit "Alles für die Gang" liefert Said eine stimmige Ganghymne ab. Auf einem Beat, bei dem Kopfnicken eigentlich Pflicht ist, wird die Liebe zur eigenen Bande ausführlich erläutert. Neben einer eingängigen Hook gibt es Parts mit schönen Reimketten und einem Flow, der sich perfekt an den ohnehin schon super produzierten Beat anschmiegt. So rund sind leider nicht alle Titel des Albums. "Gabriel" etwa bricht komplett mit der Authentizität und Ehrlichkeit, die Said sonst in seinen Texten verkörpert. Es findet sich hier pure Gewaltfantasie auf einem apokalyptischen Beat, was überhaupt nicht in das Gesamtbild passt und auch von der Thematik an sich eher langweilt als schockt. Zum Glück haben die meisten anderen Tracks einen weniger befremdlichen Inhalt. Oftmals wird man sogar überrascht: Scheint "Zum Leben verurteilt" zunächst wie eine reine Straßenrap-Platte, finden sich auch einige Tracks abseits von Gangs und Hustle. Auf "Log mich aus" wird sich beispielsweise entschleunigend mit Social Media beschäftigt und auf "Hater" kriegen gleich die Nervensägen auf die Nase, die dort vorzufinden sind. Gefeaturet wird Said auf beiden Tracks von seinen Hoodrich-Kollegen Greeny und Ufo361, auf "Hater" gesellt sich noch Kalusha in die Runde. Die Gäste fügen sich gut mit ein, klingen aber lange nicht so routiniert und sicher wie ihr Labelchef.
"Du lachst mir ins Gesicht, redest hinter meinem Rücken/
Du Stück Scheiße, nicht mal deine Mutter will dich drücken/
Du solltest dich mal lieber pflegen, nicht nörgeln/
Ich hab' gehört, sogar die Huren geben dir Körbe/"
(Said auf "Log mich aus")
Ein weiterer erfrischender Track ist "Leggins" – und das in zweierlei Hinsicht. Einerseits fängt Said perfekt die Sicht der meisten Männer zurzeit ein und schreibt eine regelrechte Ode an die aktuell wohl meistgetragene Beinbekleidung der modernen Frau. Andererseits ist der Track auch soundtechnisch echt frisch. Das lockere, jazzig klingende Instrumental untermalt die sommerliche "Leggings-hinterherguck-Atmosphäre" optimal. Allgemein sind die Produktionen, für die hauptsächlich KD Supier verantwortlich zeichnet, überraschend smooth und abwechslungsreich und bilden eine besondere Stärke des Releases.
Fazit:
"Zum Leben verurteilt" ist lange nicht so böse und grau, wie sein Titel und Cover es vermuten lassen. Klar, Said ist ernst und authentisch und das ist auch eine seiner großen Stärken. Dennoch besteht sein Album nicht nur aus düsteren Ghettoballaden – und das ist gut so. Die Soundkulisse ist genau das, was moderner Straßenrap braucht und die Themenvielfalt lässt wenig Wünsche offen. Lediglich Features und einige textliche Schnitzer, die an der Atmosphäre kratzen, stören das Gesamtbild. Dennoch hat Said mit "Zum Leben verurteilt" ein rundes Produkt geschaffen, das trotz bodenständiger Straßenrap-Ausrichtung zeitgemäß und interessant klingt.
Florian Peking (Florginal)
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