Review: Halunkenbande – Beuteschema



  • 01. Beuteschema (Intro)
    02. HB13
    03. Yeah Yeah Yeah
    04. Hallo Rapfans
    05. Es zum Ta
    06. Angezählt
    feat. McTwist
    07. Rapmaschinen auf Beats
    08. Backpfeife
    feat. Tumor der Atze & Charles Clear
    09. Hollow Tips
    10. Wir sind fresh
    11. Was, du rappst?
    feat. McTwist
    12. Gerüchte
    13. Keine Rapper
    14. Hurensohn
    15. Rap wie der Boss
    16. Panik in den Strassen
    17. Schlafzimmerblick
    – McTwist
    18. Wir jagen sie


    Es gab Zeiten, da konnte man sich in der Öffentlichkeit noch als Fan von Baba Saad, EstA und Punch Arogunz outen, ohne direkt von anderen Deutschraphörern verbal angegriffen zu werden. Doch aktuell werden die drei Halunken in vielen Ecken der Szene mehr gehatet als die meisten anderen Artists des Genres. Warum, wissen sogenannte "Mainstream-Hater" vielleicht selbst nicht mal so genau, war es in vielen Fällen doch Saad, der damals, gemeinsam mit Bushido und dem "CCN II"-Album, so einige Kids in Deutschland erst zum Battlerap brachte. Und während ein EstA es noch vor einem Jahr mit Unterstützung seiner Fanbase trotz kontroverser Diskussionen um seine Battles bis ins Finale des VBTs 2012 schaffte, gestehen ihm viele der damaligen Verfolger des Turniers heute keinen kommerziellen Erfolg zu. Ganz ähnlich lief das auch bei Punch Arogunz, der sich trotz zahlreicher Diskussionen um seinen Charakter ansehnliche Like-Zahlen auf Facebook aneignen konnte und schon bald "Cash mit der Mucke" machte. Egal, wie man die Sache auch dreht: So ganz nachvollziehen kann ich den virtuellen Shitstorm gegen die drei Halunken, die alle ihren Beitrag für ihre Nische der Deutschrapszene geleistet haben, nicht. Dass ihnen das ganze Gerede aber eh komplett am Arsch vorbeigeht, beweisen sie nicht nur mit ihrer stets arroganten Haltung in der Musik, sondern auch auf ihrem kürzlich erschienenen Label-Sampler "Beuteschema", der sich – um den Hatern dann nochmal schön eins reinzuwürgen – sogar auf Platz zwei der Trendcharts platzieren konnte. Oder, um es mit EstAs Worten zu sagen:


    "Sie labern wieder gern von wegen Charten sei nichts wert/
    Aber zwei Mal in 'nem halben Jahr klingt gar nicht so verkehrt/
    Meine Hartnäckigkeit ist für die Bengel nicht zu fassen/
    Nach dem Part sind sie nervlich am Ende wie Synapsen/
    "
    (EstA auf "HB13")


    Wer nun genau ins "Beuteschema" der Drei passt, ist zwar nicht klar definiert, aber zerlegt wird auf lyrischer Ebene so ziemlich jeder MC – manch einer auch namentlich –, jeder Hater und diverse Journalisten sowie Magazine. Sprich: "Beuteschema" ist in Sachen Inhalt eine fast lupenreine Battlerapplatte. Und das ist beim ersten Eindruck auch gut so. Denn in einer Zeit, in der irgendwie alles auf eine sich selbst bemitleidende "Generation Irgendwas" hinausläuft und man battleraptechnisch nur noch die Wahl zwischen der hundertsten Kollegah- oder Fler-Kopie hat, liefern Baba Saad, EstA und Punch Arogunz von Sekunde eins an mal wieder einen Mix aus stumpfem "Auf-die-Fresse"-Sound und technisch versierten Parts. Klar ist da allerdings auch, dass nicht jede Line immer sitzt – dennoch sorgen die unterschiedlichen Charaktere im Laufe der Spielzeit für Variation. Während Baba Saad auf seinen Solo-Songs den "Ghettorapking" gibt und auf düsteren Beats, die an die gute alte "CCN II"-Zeit erinnern, typischen Gangsterrap präsentiert ("Yeah Yeah Yeah", "Rap wie der Boss"), berappt EstA auch gerne mal ein Sample-Instrumental ("Es zum Ta"). Punch Arogunz hingegen fährt vermehrt die Elektro-Schiene ("Hollow Tips", "Keine Rapper"), findet damit aber ebenfalls den zu ihm passenden Beatstil und lässt immer wieder eine unglaublich saubere Doubletimepassage springen. Hört man die Drei dann zusammen auf einem Track, wechseln sich die Instrumentals der vorher genannten Arten eben durchgängig ab – mal düster, mal Elektro-lastig, manchmal sogar etwas verrückt, aber immer mit wummerndem Drumset und super ausproduziert. Da haben Sinch, 2Bough, Ayfa Music und Shady Black ganze Arbeit geleistet!


    "[...] Weil ich vor niemandem hier Furcht hab'/
    Ich nehm' das auf die spielend leichte Schulter wie Weekend seinen Rucksack/
    Und klär' jetzt locker durch mein' Rapperfame die Bitches/
    Du kannst nur Weiber anquatschen, die kein Pfefferspray besitzen/
    "
    (Punch Arogunz auf "Wir sind fresh")


    Was in Sachen Battle natürlich eine große Rolle spielt, ist, andere Rapper mit allen Mitteln zu dissen. Und so wird auf "Beuteschema" gleich gegen mehrere MCs geschossen. Was die Video-Single "Hallo Rapfans" bereits vermuten ließ, bestätigt auch der Rest der Platte: Battleboi Basti bekommt von EstA gleich in mehreren Songs sein Fett weg ("Und BBB ist halt bombastisch gefloppt, doch wenn ich ihm die Brille zu Kontaktlinsen box', is' es aus [...]" auf "Angezählt"), Punch Arogunz hat noch den ein oder anderen Seitenhieb gegen Weekend in petto und Saad hat es insbesondere auf Magazine wie die JUICE und laut.de abgesehen ("Und diese Zeil'n versetzen laut.de in Extase, wenn ich will, komm' ich vorbei, dann brennt dieser Drecksladen" auf "Yeah Yeah Yeah"). Wer allerdings am meisten rumdisst, ist keiner der drei Halunken, sondern EstAs langjähriger Kollege McTwist, was für mich etwas seltsam wirkt. In keinem seiner Gastparts – mit Ausnahme von "Schlafzimmerblick" – lässt er die Gelegenheit verstreichen, entweder auf Kico, Pimf oder sogar KAAS rumzuhacken. Das stört vor allem deshalb, weil man keine kreativen, sondern nur stumpfe Lines zu hören bekommt ("Ich will einfach auf die Kacke hau'n und box' diesen Pimf" auf "Angezählt") und der Rapper keinerlei Bezug zu seinen "Opfern" hat. Leider ein nicht sehr einfallsreicher Weg der Provokation, der hier vermutlich bewusst gewählt wurde. Auch der bereits erwähnte Titel "Schlafzimmerblick", für den McTwist sogar im Alleingang verantwortlich zeichnet, kann im Rahmen des Samplerkonzepts nicht wirklich überzeugen. Es handelt sich dabei um den einzigen Track der Platte, der nicht auf Battlerap, sondern auf dem typischen "Ich-hab'-diese-und-jene-gepoppt"-Prinzip basiert und er das zwar durchaus hörbar, weil gut gereimt, aber wenig innovativ umsetzt. Perfekt konzepttauglich und dazu noch einer der besten Songs ist das Album-beendende "Wir jagen sie", in dem sich Saad, EstA und Punch kurzerhand gegenseitig dissen und am Ende erklären, dass Battlerap eben doch nur eines ist: Entertainment. Und das funkioniert auf "Beuteschema" fast auf ganzer Linie.


    "Eike, dass du ein Halunke bist, wundert mich doch auch/
    Du hast bei dem Teufel unterschrieben, EstA, was' da los/
    Nimm den Mund nicht zu voll, nur weil du Lutscher in die Charts willst/
    Ich hab' deine Alben selbst gekauft – für ein paar Mill'n/
    Damit dich endlich ein paar Menschen kenn'/
    Du kommst aus dem VBT und denkst, du bist der Großcousin von Eminem/
    "
    (Baba Saad auf "Wir jagen sie")


    Fazit:
    "Beuteschema" funktioniert genau so, wie es soll: Man nehme drei unterschiedliche Battlerap-Charaktere, deren durchaus variationsreichen Beatgeschmack und vermische das Ganze. Fertig ist ein Sampler, der einen gesunden Mix aus stumpfem Straßenrap, teilweise anspruchsvollem Vergleichsrap, der ein oder anderen Ohrwurmhook und technischen Finessen wie Reimketten oder Doubletimepassagen darstellt. Natürlich ist das nicht jedermanns Sache, denn manch einer fährt eben mehr die anspruchsvolle Schiene, und dass die drei Halunken mit "Beuteschema" etwas Niveauvolles für die Deutschrapszene geleistet haben, ist wohl unbestritten nicht der Fall, war aber wohl auch nie das Ziel. Trotzdem höre ich mir genau so etwas ab und zu gerne an – einfach, weil der Sound gut nach vorne geht. Und wer nicht will, der muss es sich ja nicht reinziehen, kann dann aber auch gerne den virtuellen Shitstorm unterlassen, denn letztendlich zwingt die Halunkenbande niemanden dazu, sich mit ihr zu beschäftigen – und ich persönlich glaube, dass man seine Zeit besser nutzen kann als mit Haten im Internet. Mit Musik, die einem gefällt, zum Beispiel.



    Pascal Ambros (ProRipper)

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  • Wenn das Album für Ripper 4,5 Sterne hat, dann hat es 4,5 Sterne. Ganz einfach.
    Ist ja keine Review, die die Meinung der Allgemeinheit widerspiegeln soll. Sondern die subjektive Meinung von Ripper.


    Find aber, dass sich bei so nem kontroversen Album ne Doppelreview angeboten hätte. Ne zweite Review von z.B. Robbe. Ich wette, dass es bei ihm nicht so gut weggekommen wäre, hehe.

  • Habt ihr euch allesamt das Album gegeben oder schreibt ihr nur aus Gewohnheit, wie scheiße es ist?
    Ich bin zwar über die 4 1/2 Mics überrascht, hab mir das Album aber, wie vermutlich die meisten hier, gar nicht erst angehört.

  • Zitat

    Original von ProRipper
    Trotzdem höre ICH MIR genau so etwas ab und zu gerne an – einfach, weil der Sound gut nach vorne geht. Und wer nicht will, der muss es sich ja nicht reinziehen, kann dann aber auch gerne den virtuellen Shitstorm unterlassen, denn letztendlich zwingt die Halunkenbande niemanden dazu, sich mit ihr zu beschäftigen – und ICH PERSÖNLICH glaube, dass man seine Zeit besser nutzen kann als mit Haten im Internet. Mit Musik, die einem gefällt, zum Beispiel.


    Benenne diese Rubrik doch bitte in "Rippis kleines Universum" um, dann verteilst du anstelle von Mics kleine niedliche Sicheln und gut ist.


    Fazit: Objektivtät is was anderes.

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