01. Westberlin Camouflage
02. Kilo Kanacken
03. Halbwelt
04. Klick Klack feat. Serkan Airmax
05. Rapgame
06. Kindergarten ist vorbei
07. I Love Money feat. Orgi69 & MC Bogy
08. Skit
09. D.M.L.M.S.
10. Ost West feat. Liquit Walker
11. Titten raus
12. Wir sind die feat. MC Bogy
13. Gemein wie 10 (Remix)
14. Outro
Innerhalb der deutschen Graffiti-Szene ist der "Neuköllner Hustler" MOK wohl unbestritten eine lebende Legende – in der Rapszene hingegen verharrte er stets vornehmlich im Untergrund. Zwar erwies er sich seit seinem Karrierestart im Jahr 2002 auch in dieser HipHop-Disziplin als äußerst produktiv, dennoch wollte ihm der Sprung zu den "Großen" bis heute nie ganz gelingen. Dementsprechend wurde es um den Berliner Musiker nach seiner letzten Album-Veröffentlichung "Most Wanted" vor vier Jahren relativ schnell ruhig, bis er Ende 2011 erstmals seine neue Platte "Ghettopicasso" erwähnte und verkündete, dass diese bald erscheinen solle. Nun, knapp zwei Jahre später, ist es soweit: "Ghettopicasso" ist nach diversen Komplikationen und Verschiebungen im Handel erhältlich und MOK wagt erneut den Versuch, die deutschsprachige Rapszene davon zu überzeugen, dass er nicht nur in Sachen Graffiti, sondern auch im Rappen Talent hat. Greift das Motto "Was lange währt, wird endlich gut"?
"Das hier ist Westberlin Camouflage, Mörderrap in Vollzeit/
Es kann schon sein, dass ihr ein wenig enttäuscht seid/
Deutschrap ist schon scheiße, Aggro Berlin ist tot/
Jeder and're Act außer MOK ist ein ... /"
(MOK auf "Westberlin Camouflage")
Der erste Track "Westberlin Camouflage" ist dabei auf textlicher Ebene zeichnend für die gesamte Platte. Es handelt sich um einen typischen Representer, in dem allerlei Seitenhiebe an die restliche Rapszene verteilt werden und übertriebene Selbstbeweihräucherung ebenso Standard ist wie das Repräsentieren der eigenen Gegend. Phrasen wie "Ich hab' mich durchgeschlagen" (MOK auf "Kilo Kanacken"), "Eure Zeit ist vorbei" (MOK auf "Halbwelt") oder "Ich bin back" (MOK auf "Kindergarten ist vorbei") wiederholen sich leider in jedem Song – ein wenig mehr Abwechslung wäre an dieser Stelle wünschenswert gewesen, zog sich MOK augenscheinlich doch für vier Jahre zurück, um "Ghettopicasso" zu vollenden. So bleibt nicht viel Neues zu entdecken. Flowlich gelingt es MOK durch die bei vielen Straßenrappern fehlende Aggressivität in der Stimme allerdings durchaus hier und da, über die inhaltlichen Mängel hinwegzusehen. Die Wahl der Featuregäste ist in puncto Abwechslung ein zweischneidiges Schwert: Ja, einige schaffen es definitiv, frischen Wind in die sonst etwas monotonen Stories über das Leben am Block und die stumpfen Beleidigungen mit einzubringen. Da hätten wir etwa Liquit Walker, der auf "Ost West" den besten Part der gesamten Platte abliefert oder Orgi69, der sich inhaltlich zwar auf unterstem Niveau bewegt ("Niemals 'ne Rose, nur Sperma ins Gesicht, ich liebe deine Lippen, mein Fotzengesicht"), aber durch seine Vortragsweise und die gewohnten Gelächter-Addlips doch irgendwie heraussticht. MC Bogy und MOK nehmen sich indessen nichts, weder in Sachen Flow noch in Sachen Technik.
"Man, erzähl mir nichts, rede nichts Überhebliches/
Ja, ich kann deine Worte hören, aber ich seh' sie nicht/
Ich überlege nicht, wer mir grad' überlegen ist/
Denn ich beweg' mich lediglich auf Weg in Richtung Ehre/"
(Liquit Walker auf "Ost West")
Einen weiteren Pluspunkt von "Ghettopicasso" stellen die Beats dar: Auf instrumentaler Ebene kann eigentlich kaum gemeckert werden, denn die ausführenden Produzenten steuerten hierfür ausnahmslos echte Bretter bei. Da hat MOK von aggresiven Synthiemelodien über düstere Chorbeats bis hin zu orientalischen Bangern so ziemlich alles im Repertoire. Auch die Ausrichtung des gesamten Klangbilds kann dadurch überzeugen: Das Album ist in seiner kompletten Struktur auf aggressiven, kompromisslosen Battle- und Straßenrap ausgelegt und das unterstreichen die Instrumentals ganz wunderbar. Fast fühlt man sich ein wenig in die gute alte Aggro Berlin-Ära zurückversetzt, wo es noch nicht um siebensilbige Reime, ausgeklügelte Wortspiele oder etwaige Doubletime-Passagen ging, sondern nur darum, den anderen MCs mal ordentlich auf die Fresse zu hauen. Allerdings hat jede Ära irgendwann auch ein Ende und für diese Art von Battlerap scheint der Zenit unlängst überschritten zu sein.
"Rapper kommen, Rapper gehen/
MTV ist gefickt, nur manche besteh'n/
Kopierte Texte und 'n falsches Image sind nicht teuer/
Wirf die Promoscheiße an und du spielst mit dem Feuer/
Verstehst du? Das Game ist voll mit Bitchmoves/
Kauf dir die JUICE, wenn du eine Bitch suchst/"
(MOK auf "Gemein wie 10 (Remix)")
Fazit:
Es scheint, als würde MOK immer noch ein wenig nostalgisch in der alten Zeit festhängen: Mit "Ghettopicasso" liefert er brachialen, kompromisslosen Battle- und Straßenrap. So richtiger "Auf die Fresse"-Sound – leider ist genau dieses Subgenre für mich schon seit Jahren tot. Beziehungsweise: Es hat seine Veränderungen durchgemacht und würden Aggro Berlin und Konsorten heute dieselbe Musik abliefern wie 2002, würde kein Hahn mehr danach krähen. Sicher, Die Sekte war inklusive MOK damals richtungsweisend für die gesamte Szene, doch während ein Sido es beispielsweise schafft, einen künstlerischen Reifeprozess zu durchleben, steht MOK aus musikalischer Sicht noch da, wo er schon vor Jahren stand. Das muss nicht unbedingt schlecht sein, denn Anhänger der ersten Stunde können mit "Ghettopicasso" bestimmt etwas anfangen. Mir persönlich stagniert der Künstler im Endeffekt allerdings doch zu sehr, auch wenn die Beats sowie der aggressive Flow teilweise über inhaltliche Mängel hinwegtrösten.
Pascal Ambros (ProRipper)
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