Denkt vielleicht mal an den Geschichtsunterricht und damit daran, dass Hitler & seine Gang die halbe Welt ins Chaos gestürzt haben und deswegen dutzende Millionen Menschen gestorben sind... von den Auswirkungen ganz zu schweigen. Mit diesen Dingen auf subtile Art und Weise zu spielen (eben genau soviel, dass man sich hinter der Vagheit verstecken kann) find ich hochgradig unangebracht. Wenn es eine offensichtliche Provokation ist, wie z.B. Fave der mit Hitler durch sein Video spaziert oder meinetwegen auch die Auschwitz-Line von Farid, dann kann ich damit sehr gut leben. Das sind offene Provokationen und das ist absolut in Ordnung, weil man sich damit dann auch in aller Deutlichkeit auseinandersetzen kann oder dann eben auch gar nicht braucht.
Also ein Prezident ist tendenziell gefährlicher mit seinen subtilen Ausdrucksweisen als ein Farid Bang oder Kollegah, die eine sehr hohe Reichweite haben und dazu noch ein jüngeres Zielpublikum?
Weder in dem Interview noch in seinen neuen Tracks äußert der gute Prezident irgendwelche wirklich greifbaren Dinge... gleichzeitig kokettiert er aber mit Rechtspopulismus und bietet Leuten mit einer entsprechenden Denkweise damit ein Feld (wie z.B. in den Interviewkommentaren zu sehen).
Die erste Frage, die sich mir da stellt, woran machst du das mit dem Kokettieren fest? Weil er ziemlich platt zwischen einem "coolen Links" und einem "nicht-coolen Links" unterscheidet? Und wie kann sich jemand, der sich nicht klar äußert, auf einmal mit dem Rechtspopulismus kokettieren?
Die andere Frage die sich mir ergibt ist: Darf man keine ideologische Kritik äußern, wenn sie Rechten in die Karten spielen kann?
Und zu guter Letzt: Ist man per se für seine Fans verantwortlich? Oder konkreter: Wenn man ein paar vage Aussagen getätigt hat, die irgendwelche Spinner als Bestätigung interpretieren, ist das dann nicht eher die Schuld des Rezipienten selbst? Muss man unbedingt jedes Mal auf Knien rutschen und klarstellen, dass man Nazis hasst?
Ich glaube auch eher, dass er keine greifbaren Dinge liefert, weil er keine wirklich greifbare Meinung zu dem Thema hat bzw. haben will. In seinen vorherigen Werken war ja immer schon eine grundsätzliche Skepsis gegenüber Trends und Hypes der Masse vorhanden. Mittlerweile hat sich Deutschland so gespalten, dass auf beiden Seiten praktisch ein solcher Hype gebildet hat, sodass er keinen Bock hat irgendeiner Menschenmasse in eine klare Richtung zu folgen. Und egal was man dann tut oder sagt, auch wenn man von beiden Sachen vielleicht nur zehn- oder zwanzigprozentig überzeugt ist und man einfach nur seine Ruhe haben will, irgendwelche Grüppchen kriegen eine oder mehrere unklare Aussagen in den falschen Hals und schlußfolgern daraus eine eindeutige Positionierung.
Man sollte dabei auch vll ein wenig den Zeitgeist bedenken und sich überlegen, dass in Europa ein klarer Rechtsruck zu erkennen ist. Staatsoberhäupter wie bspw. Trump, Erdogan oder Putin sind nun auch keine großartigen Verfechter von humanistischen Prinzipien oder einer liberalen Gesellschaft. Ist es da eine gute Idee sich vorrangig gegen übereifrigem Feminismus zu positionieren oder gegen "Menschen die Geschlechter erfinden" oder gegen "Gutmenschen" die sich seiner Meinung nach etwas zu laut empören?
Wieder eine Gegenfrage: Muss man jetzt alles von der "guten Seite" toll finden, nur weil ein paar Trottel auf der anderen Seite zur Zeit stark im Fokus stehen? Ist es nicht konstruktiver, diese eigenen Schwächen zu bekämpfen, weil sie immer wieder als valider Angriffspunkt der schlechten Seite dienen? Das ist ja auch irgendwo der springende Punkt, wofür einige Leute immer wieder zu unrecht als rechts dargestellt werden, obwohl sie ebenso liberale Werte vertreten wollen. Eben jene Leute wie in dem Song genannte Hengameh vertreten Werte gegen die man per se nicht viel haben kann, aber die machen das so schlecht, dass Rechts immer wieder Futter bekommt und verzerrte Paradebeispiele liefern kann, was die Welt erwartet, wenn das "mit den Linken so weitergeht".