Prezident

  • Denkt vielleicht mal an den Geschichtsunterricht und damit daran, dass Hitler & seine Gang die halbe Welt ins Chaos gestürzt haben und deswegen dutzende Millionen Menschen gestorben sind... von den Auswirkungen ganz zu schweigen. Mit diesen Dingen auf subtile Art und Weise zu spielen (eben genau soviel, dass man sich hinter der Vagheit verstecken kann) find ich hochgradig unangebracht. Wenn es eine offensichtliche Provokation ist, wie z.B. Fave der mit Hitler durch sein Video spaziert oder meinetwegen auch die Auschwitz-Line von Farid, dann kann ich damit sehr gut leben. Das sind offene Provokationen und das ist absolut in Ordnung, weil man sich damit dann auch in aller Deutlichkeit auseinandersetzen kann oder dann eben auch gar nicht braucht.


    Also ein Prezident ist tendenziell gefährlicher mit seinen subtilen Ausdrucksweisen als ein Farid Bang oder Kollegah, die eine sehr hohe Reichweite haben und dazu noch ein jüngeres Zielpublikum?


    Weder in dem Interview noch in seinen neuen Tracks äußert der gute Prezident irgendwelche wirklich greifbaren Dinge... gleichzeitig kokettiert er aber mit Rechtspopulismus und bietet Leuten mit einer entsprechenden Denkweise damit ein Feld (wie z.B. in den Interviewkommentaren zu sehen).


    Die erste Frage, die sich mir da stellt, woran machst du das mit dem Kokettieren fest? Weil er ziemlich platt zwischen einem "coolen Links" und einem "nicht-coolen Links" unterscheidet? Und wie kann sich jemand, der sich nicht klar äußert, auf einmal mit dem Rechtspopulismus kokettieren?
    Die andere Frage die sich mir ergibt ist: Darf man keine ideologische Kritik äußern, wenn sie Rechten in die Karten spielen kann?
    Und zu guter Letzt: Ist man per se für seine Fans verantwortlich? Oder konkreter: Wenn man ein paar vage Aussagen getätigt hat, die irgendwelche Spinner als Bestätigung interpretieren, ist das dann nicht eher die Schuld des Rezipienten selbst? Muss man unbedingt jedes Mal auf Knien rutschen und klarstellen, dass man Nazis hasst?


    Ich glaube auch eher, dass er keine greifbaren Dinge liefert, weil er keine wirklich greifbare Meinung zu dem Thema hat bzw. haben will. In seinen vorherigen Werken war ja immer schon eine grundsätzliche Skepsis gegenüber Trends und Hypes der Masse vorhanden. Mittlerweile hat sich Deutschland so gespalten, dass auf beiden Seiten praktisch ein solcher Hype gebildet hat, sodass er keinen Bock hat irgendeiner Menschenmasse in eine klare Richtung zu folgen. Und egal was man dann tut oder sagt, auch wenn man von beiden Sachen vielleicht nur zehn- oder zwanzigprozentig überzeugt ist und man einfach nur seine Ruhe haben will, irgendwelche Grüppchen kriegen eine oder mehrere unklare Aussagen in den falschen Hals und schlußfolgern daraus eine eindeutige Positionierung.



    Man sollte dabei auch vll ein wenig den Zeitgeist bedenken und sich überlegen, dass in Europa ein klarer Rechtsruck zu erkennen ist. Staatsoberhäupter wie bspw. Trump, Erdogan oder Putin sind nun auch keine großartigen Verfechter von humanistischen Prinzipien oder einer liberalen Gesellschaft. Ist es da eine gute Idee sich vorrangig gegen übereifrigem Feminismus zu positionieren oder gegen "Menschen die Geschlechter erfinden" oder gegen "Gutmenschen" die sich seiner Meinung nach etwas zu laut empören?


    Wieder eine Gegenfrage: Muss man jetzt alles von der "guten Seite" toll finden, nur weil ein paar Trottel auf der anderen Seite zur Zeit stark im Fokus stehen? Ist es nicht konstruktiver, diese eigenen Schwächen zu bekämpfen, weil sie immer wieder als valider Angriffspunkt der schlechten Seite dienen? Das ist ja auch irgendwo der springende Punkt, wofür einige Leute immer wieder zu unrecht als rechts dargestellt werden, obwohl sie ebenso liberale Werte vertreten wollen. Eben jene Leute wie in dem Song genannte Hengameh vertreten Werte gegen die man per se nicht viel haben kann, aber die machen das so schlecht, dass Rechts immer wieder Futter bekommt und verzerrte Paradebeispiele liefern kann, was die Welt erwartet, wenn das "mit den Linken so weitergeht".

  • Provokation schön und gut... da bin ich absolut kein Gegner von, aber man sollte sich dann dabei doch überlegen wo der Punkt ist und da sehe ich bei Prezident keinen wirklichen (weil es eben bewusst sehr kryptisch und ohne klare Aufhänger ist).


    Aufzeigen wie verkürzt die Kritik ist. Dass ein Skinny Prezident als einen "lupenreinen Rassisten" bezeichnet, im Kern nur weil er Begriffe wie Gegenbild benutzt hat oder dass sich jetzt so viele über die Anlehnung an NS-Symbolik aufregen, zeigt doch wie wenig an tatsächlicher intellektueller Kritik dahinter steht. Man wirft Prezident plumpe Parolen vor, hat aber selbst nicht weiter zu bieten außer "der ist doof", um es mal übertrieben darzustellen. Ich fand da eine Zeile von Edgar Wasser immer großartig dazu: "Leute die über die Nazivergleiche lachen/sind geschockt wenn ich auf der Bühne den Hitlergruß mache/Halt die Fresse, wenn du so entsetzt bist/das ist gute deutsche Aufarbeitung, oberflächlich".


    Zitat

    Ist es da eine gute Idee sich vorrangig gegen übereifrigem Feminismus zu positionieren oder gegen "Menschen die Geschlechter erfinden" oder gegen "Gutmenschen" die sich seiner Meinung nach etwas zu laut empören?


    Das hängt ja zusammen. Der Aufstieg der Neuen Rechten kommt ja nur zustande, weil die politische Linke einfach erbärmlich ist. Gerade der viele der Feminismen beschäftigen sich nur noch mit oberflächlichen Kleinkriegen, feiern es gleichzeitig ab, wenn "Frauenpower" T-Shirt bei H&M verkauft werden oder kooperieren offen mit radikalen Muslima (z.B. Linda Sarsour). Und ich finde es dahingehen wirklich mega interessant, dass dann von "linker" Seite gefordert wird inhaltliche Differenzen zu ignorieren, um gemeinsam gegen die Rechten zu agieren. Was im Grunde ein ultra faschistischer Gedanke ist. Und ich sehe es auch nicht ein Seite an Seite mit Leuten zu kämpfen, die von einem Patriarchat oder critical whitness labern. Wenn ich dadurch ein Sexist/Rassist bin, so be it. Meine Positionen zu den Themen werde ich dadurch aber definitiv nicht ändern.

    "Deine Seele gehört jenem der am meisten bietet/
    Ich krieg lieber weiter Prügel als mich schweigend einzufügen/
    Was nützt die Ablehnung ihrer, wenn deine eigenen Lügen/
    Die einzig plausible Alternative sein solln?/
    Dass du der Feind meines Feindes bist, macht dich nicht zu meinem Freund/
    Wir sind nicht ein Volk mein Freund/"

  • Und ich finde es dahingehen wirklich mega interessant, dass dann von "linker" Seite gefordert wird inhaltliche Differenzen zu ignorieren, um gemeinsam gegen die Rechten zu agieren.


    Wer fordert das?


    Ich würd sagen im Grunde ist der Trick dabei relativ einfach:
    Wie es bei Zustimmung dämlich ist, einer Sache blindlings hinterher zu rennen, ist es genau so dämlich bei Ablehnung sich direkt zum Gegenteil treiben zu lassen. Beides zu vermeiden ist natürlich anstrengend und erfordert viel (Selbst-)Reflektion... kann man als halbwegs intelligenter Mensch aber schaffen...

  • Das hängt ja zusammen. Der Aufstieg der Neuen Rechten kommt ja nur zustande, weil die politische Linke einfach erbärmlich ist. Gerade der viele der Feminismen beschäftigen sich nur noch mit oberflächlichen Kleinkriegen, feiern es gleichzeitig ab, wenn "Frauenpower" T-Shirt bei H&M verkauft werden oder kooperieren offen mit radikalen Muslima (z.B. Linda Sarsour). Und ich finde es dahingehen wirklich mega interessant, dass dann von "linker" Seite gefordert wird inhaltliche Differenzen zu ignorieren, um gemeinsam gegen die Rechten zu agieren. Was im Grunde ein ultra faschistischer Gedanke ist. Und ich sehe es auch nicht ein Seite an Seite mit Leuten zu kämpfen, die von einem Patriarchat oder critical whitness labern. Wenn ich dadurch ein Sexist/Rassist bin, so be it. Meine Positionen zu den Themen werde ich dadurch aber definitiv nicht ändern.


    Stimmt schon größtenteils irgendwie bruder, aber Prezis Feminismuskritik trotzdem selten dämlich und von der Hitlerline will ich gar nicht erst anfangen. Das kann man gar nicht mehr schönreden.

  • Wer fordert das?


    Ich würd sagen im Grunde ist der Trick dabei relativ einfach:
    Wie es bei Zustimmung dämlich ist, einer Sache blindlings hinterher zu rennen, ist es genau so dämlich bei Ablehnung sich direkt zum Gegenteil treiben zu lassen. Beides zu vermeiden ist natürlich anstrengend und erfordert viel (Selbst-)Reflektion... kann man als halbwegs intelligenter Mensch aber schaffen...


    Jetzt reichts mir aber! Seit jeher wird dieses Wort in diesem Forum falsch geschrieben. Es heißt Reflexion, hörst du, REFLEXION!

  • Jetzt reichts mir aber! Seit jeher wird dieses Wort in diesem Forum falsch geschrieben. Es heißt Reflexion, hörst du, REFLEXION!


    ist so... ich bin selbstreflexiert genug diesen Fehler einzugestehen und gelobe Besserung.

  • Wer fordert das?


    Sara Wagenknecht zum Beispiel mit ihrer linken Sammelbewegung. Gibt auch auch noch andere die das vereinzelt tun.

    "Deine Seele gehört jenem der am meisten bietet/
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    Die einzig plausible Alternative sein solln?/
    Dass du der Feind meines Feindes bist, macht dich nicht zu meinem Freund/
    Wir sind nicht ein Volk mein Freund/"

  • Aufzeigen wie verkürzt die Kritik ist. Dass ein Skinny Prezident als einen "lupenreinen Rassisten" bezeichnet, im Kern nur weil er Begriffe wie Gegenbild benutzt hat oder dass sich jetzt so viele über die Anlehnung an NS-Symbolik aufregen, zeigt doch wie wenig an tatsächlicher intellektueller Kritik dahinter steht. Man wirft Prezident plumpe Parolen vor, hat aber selbst nicht weiter zu bieten außer "der ist doof", um es mal übertrieben darzustellen. Ich fand da eine Zeile von Edgar Wasser immer großartig dazu: "Leute die über die Nazivergleiche lachen/sind geschockt wenn ich auf der Bühne den Hitlergruß mache/Halt die Fresse, wenn du so entsetzt bist/das ist gute deutsche Aufarbeitung, oberflächlich".


    Gerade das erachte ich auch als so wichtig bzw. glaube ich auch als eine zentrale Idee hinter diesem "Experiment" zu erkennen. Die Auflehnung gegen den undifferenzierten Nazi-Stempel und Kurzschlussargumentation für jede halbkontroverse Aussage ist gerade hierzulande einfach ein wichtiges Thema, denn solche Stigmata halte ich für extrem gefährlich, können sie doch in Windeseile jemandes Reputation ruinieren und jemandes Persönlichkeit großes Unrecht tun (wenn man bedenkt, wie groß die Implikationen hinter Worten wie Nazi, Rassist, etc. sind). Das sind Stigmata, die wie Prezident aufzeigt, NICHT mit Vorsicht genossen werden, sondern noch immer von vielen Seiten auf Generalverdacht wild umhergeworfen werden oder instrumentalisiert werden um die eigene Ansicht mit allen Mitteln zu verteidigen. Finde all das reiht sich im Grunde sehr gut in Prezis bisherige Haltung ein.


    Btw.: Find die Hitlerline auch nicht so dufte, aber so schlimm ist die jetzt auch nicht. Erzielt halt durch die Übertreibung/Verzerrung und Provokation direkt Wirkung und sollte man nicht auf die Goldwaage legen (wie eigentlich fast alles im Text).

  • ist so... ich bin selbstreflexiert genug diesen Fehler einzugestehen und gelobe Besserung.


    Jetzt mal ernsthaft, wenn man schon so hochtrabend daherschwadroniert, sollte man auf sowas ein wenig Acht geben. Also, hab' Acht!

  • Btw.: Find die Hitlerline auch nicht so dufte, aber so schlimm ist die jetzt auch nicht. Erzielt halt durch die Übertreibung/Verzerrung und Provokation direkt Wirkung und sollte man nicht auf die Goldwaage legen (wie eigentlich fast alles im Text).


    Naja, die Hitlerline ist schon ziemlich wack.

    "Deine Seele gehört jenem der am meisten bietet/
    Ich krieg lieber weiter Prügel als mich schweigend einzufügen/
    Was nützt die Ablehnung ihrer, wenn deine eigenen Lügen/
    Die einzig plausible Alternative sein solln?/
    Dass du der Feind meines Feindes bist, macht dich nicht zu meinem Freund/
    Wir sind nicht ein Volk mein Freund/"

  • Ich bin mir fast sicher, dass sich Prezident überhaupt keine Gedanken über Metabenen und Nuanciertheit zu dem Thema gemacht hat. Er sieht das, was offensichtlich scheiße ist und kritisiert es bzw. macht sich darüber lustig, ohne von seinem Stil großartig abzuweichen. Damit trifft er vlt. das Epizentrum der Filterblase von Menschen wie mir, die ihn normal nichtmal feiern, sich darüber in dem hier gezeigten Maße aufzuregen, wirkt trotzdem etwas kleinkariert; aber go on, Forum kostet nichts.

  • Die Auflehnung gegen den undifferenzierten Nazi-Stempel und Kurzschlussargumentation für jede halbkontroverse Aussage ist gerade hierzulande einfach ein wichtiges Thema, denn solche Stigmata halte ich für extrem gefährlich, können sie doch in Windeseile jemandes Reputation ruinieren und jemandes Persönlichkeit großes Unrecht tun (wenn man bedenkt, wie groß die Implikationen hinter Worten wie Nazi, Rassist, etc. sind). Das sind Stigmata, die wie Prezident aufzeigt, NICHT mit Vorsicht genossen werden, sondern noch immer von vielen Seiten auf Generalverdacht wild umhergeworfen werden oder instrumentalisiert werden um die eigene Ansicht mit allen Mitteln zu verteidigen.


    Die Sache ist nur, dass 95% der Leute, die sich darüber beschweren, wie sie als Nazis bezeichnet werden, in erster Linie ein Problem damit haben, damit in die rechte Ecke gestellt zu werden, in die sie gehören. Ich bin auch kein Fan davon, jemanden, der sich faschistoid geäußert hat, direkt als Nazi zu brandmarken, alleine schon weil richtige Nazis im Sinne der NS-Ideologie heute wirklich selten und auch ziemlich irrelevant sind. Selbst "Faschismus" ist ein Begriff, von dem (nicht nur) viele Linke nur ein sehr oberflächliches und oft auch einfach falsches Verständnis haben, weil sie damit vor allem ästhetische Eigenschaften der Nazis assoziieren, die die von der Arbeiterbewegung gekapert haben. Das alles ändert aber nichts daran, dass heutige Faschisten aus diesen Schwächen innerhalb der Linken Kapital schlagen und leicht kontern können, dass sie ja gar nicht Hitler 2.0 sind, obwohl das völlig am Punkt vorbei geht. Ich finds deshalb auch vollkommen legitim, wenn beispielsweise auf Gegendemos "es gibt kein Recht auf Nazipropaganda" usw. skandiert wird, weil das in erster Linie den wunden Punkt aufgreift, dass die AfD sich auf Meinungsfreiheit berufen will. Ob "Nazi" da jetzt der politisch-historisch korrekte Begriff ist, sei jetzt mal hingestellt, das ist in dem Kontext relativ unwichtig und ändert wenig an der Tatsache, dass die AfD, die alt-right etc. das historische Äquivalent zur NSDAP sind und sich nur insofern von ihr unterscheiden, als sie einen Neofaschismus verkörpern, der in das 21. Jahrhundert passt.


    Ich glaube bei Prezi ist das größte Problem, dass er sich da an simpler und populärer Kritik bedient, ohne dabei auf einen anderen Weg hinzuweisen. Wenn er sich darauf beschränkt, die heutige Linke zu "triggern" (das ist btw immer noch ein hässliches Wort), Begriffe wie "Gutmenschen" völlig unironisch verwendet und sie mit Hitler vergleicht, schreibt er da Lines, die Rechten in die Hände spielen, anstatt tatsächlich eine innerlinke Veränderung zu bewirken. Ich würds vielleicht mit Kanyes Aussage vergleichen, von wegen Sklaverei wäre eine Entscheidung gewesen - an sich ist das sogar ein hegelianisches Argument, das nen emanzipatorischen Charakter hat, weil es bestreitet, dass irgendetwas an der Sklaverei notwendig oder natürlich ist. Also Hegel sagt, dass jede Sklavenrevolution mit der Einsicht beginnt, dass die Verhältnisse verändert werden können usw. Das Problem ist aber, dass Kanye nicht die Verantwortung übernimmt, die Aussage auf dieser Linie zu verteidigen und er sie in einem Kontext geäußert hat (und auch vor seinem Hintergrund, dass er Trump unterstützt), in dem sowas nicht hervorgeht. Deshalb wurde das dann auch von Faschisten retweetet, die gefeiert haben, dass Kanye jetzt endlich "redpilled" ist... Wenn man sagen will, dass die Linke in ihrem gegenwärtigen Zustand mit für den Aufstieg der Rechten verantwortlich ist, was an sich erstmal richtig ist, dann muss man auch vorsichtig damit sein, was genau man daran kritisiert und welche Alternative (müssen nicht mal konkrete Programmpunkte sein) man anzubieten hat.

  • Ich bin mir fast sicher, dass sich Prezident überhaupt keine Gedanken über Metabenen und Nuanciertheit zu dem Thema gemacht hat. Er sieht das, was offensichtlich scheiße ist und kritisiert es bzw. macht sich darüber lustig, ohne von seinem Stil großartig abzuweichen. Damit trifft er vlt. das Epizentrum der Filterblase von Menschen wie mir, die ihn normal nichtmal feiern, sich darüber in dem hier gezeigten Maße aufzuregen, wirkt trotzdem etwas kleinkariert; aber go on, Forum kostet nichts.


    hätt ich eigentlich auch so gesehen
    die Symbolik in Thumbnail und Artwork, die phil erwähnt, ist dann aber, wenn sie so gewollt ist (wovon ich mal ausgehen würde), ziemlich dumm



    davon ab ist “Du hast mich schon verstanden“ n relativ cooler Track, für Prezi-Verhältnisse musikalisch cool und insgesamt schlüssig
    ich glaub so ne lockere Delivery hatte er selten
    die Hitler-Line finde ich auch komplett okay im Kontext des Songs, verstehe den Hype nicht

  • Gerade das erachte ich auch als so wichtig bzw. glaube ich auch als eine zentrale Idee hinter diesem "Experiment" zu erkennen. Die Auflehnung gegen den undifferenzierten Nazi-Stempel und Kurzschlussargumentation für jede halbkontroverse Aussage ist gerade hierzulande einfach ein wichtiges Thema, denn solche Stigmata halte ich für extrem gefährlich, können sie doch in Windeseile jemandes Reputation ruinieren und jemandes Persönlichkeit großes Unrecht tun (wenn man bedenkt, wie groß die Implikationen hinter Worten wie Nazi, Rassist, etc. sind). Das sind Stigmata, die wie Prezident aufzeigt, NICHT mit Vorsicht genossen werden, sondern noch immer von vielen Seiten auf Generalverdacht wild umhergeworfen werden oder instrumentalisiert werden um die eigene Ansicht mit allen Mitteln zu verteidigen. Finde all das reiht sich im Grunde sehr gut in Prezis bisherige Haltung ein.


    Sehr schön zusammengefasst. Ich denke in diesem Kontext ist auch das Albumcover zu sehen.


  • Ich glaube bei Prezi ist das größte Problem, dass er sich da an simpler und populärer Kritik bedient, ohne dabei auf einen anderen Weg hinzuweisen. Wenn er sich darauf beschränkt, die heutige Linke zu "triggern" (das ist btw immer noch ein hässliches Wort), Begriffe wie "Gutmenschen" völlig unironisch verwendet und sie mit Hitler vergleicht, schreibt er da Lines, die Rechten in die Hände spielen, anstatt tatsächlich eine innerlinke Veränderung zu bewirken. Ich würds vielleicht mit Kanyes Aussage vergleichen, von wegen Sklaverei wäre eine Entscheidung gewesen - an sich ist das sogar ein hegelianisches Argument, das nen emanzipatorischen Charakter hat, weil es bestreitet, dass irgendetwas an der Sklaverei notwendig oder natürlich ist. Also Hegel sagt, dass jede Sklavenrevolution mit der Einsicht beginnt, dass die Verhältnisse verändert werden können usw. Das Problem ist aber, dass Kanye nicht die Verantwortung übernimmt, die Aussage auf dieser Linie zu verteidigen und er sie in einem Kontext geäußert hat (und auch vor seinem Hintergrund, dass er Trump unterstützt), in dem sowas nicht hervorgeht. Deshalb wurde das dann auch von Faschisten retweetet, die gefeiert haben, dass Kanye jetzt endlich "redpilled" ist... Wenn man sagen will, dass die Linke in ihrem gegenwärtigen Zustand mit für den Aufstieg der Rechten verantwortlich ist, was an sich erstmal richtig ist, dann muss man auch vorsichtig damit sein, was genau man daran kritisiert und welche Alternative (müssen nicht mal konkrete Programmpunkte sein) man anzubieten hat.


    Vielem von dem, was du im ersten Abschnitt geschrieben hast, stimme ich einwandfrei zu und kann nachvollziehen, warum jemand von dieser Warte aus betrachtet ein grundsätzliches Problem mit ihm hat. Dennoch muss man wohl auch der Tatsache Rechnung tragen, dass Prezi noch nie Alternativen angeboten hat - das gilt auch für vergangene Texte, die einen gesellschaftskritischen Ton angeschlagen haben. Einerseits könnte man wohl füglich kritisieren, dass er es sich damit zu einfach macht - andererseits muss man jedoch im Hinterkopf behalten, dass bei einem Prezident immer ein großes Fragezeichen mitschwingt, er also keine Absolutheitsansprüche in Bezug auf das Gesagte erhebt (auf dieses "vielleicht ja, vielleicht nein, vielleicht vielleicht" ist dabei im Grunde das Hauptaugenmerk zu richten). Ich persönlich betrachte es gerade in der Kunst nicht als zwingende Notwendigkeit die Anbringung von Kritik daran zu koppeln, Alternativen aufzuzeigen, weil das nunmal natürlicherweise nicht simultan geschieht und das Fehlen der Alternative die eventuelle Berechtigung der Anbringung der Kritik nicht dramatisch schmälert. Insofern weiß ich nicht, inwieweit man wirklich von ihm verlangen kann, eine innerlinke Veränderung oder dergleichen zu bewirken. Finde ich doch eher etwas überzogen. Zumal sich Prezi wie gesagt sehr zurücknimmt und die Materie im Zweifel nunmal eher mit Samthandschuhen anfasst als seinen Aussagen Absolutheit beizumessen.


    Auch stellt sich bei deiner Argumentation die Frage der Verantwortung des Künstlers dafür, dass dieses und jenes nicht in die falschen Hände gerät oder irgendwie instrumentalisiert wird. Und davon distanziere ich mich persönlich etwas, weil es keine gesunde Restriktion für Kunst darstellt. Und bei einem Künstler wie Prezi, bei dessen Lines und Aussagen mitunter so dermaßen viele Ermessensspielräume bei der Interpretation existieren, wird es immer Leute geben, die sich das nach ihrem Gusto auslegen können. Davon abgesehen, finde ich aber sogar, dass Prezi rechtes bzw. nationalistisches Gedankengut noch relativ gut aus seiner Aussageabsicht ausklammert und das auch mit Lines untermauert.

  • ich finde, dass das alles kein problem ist, falls prezident sich in naher zukunft von dem rechten following das er da gerade entwickelt distanziert.
    fühle mich da etwas an die bukowski-bar-story erinnert, die er irgendwann mal gebracht hat.
    man kann sich drüber streiten, ob seine eher vage kritik jetzt sinnvoll ist oder nicht. kann man aber auch lassen.
    hab da schon deutlich konkretere diskussionen über das gleiche thema gesehen, die ebenfalls zu nichts geführt haben.
    prezident hat ja glücklicherweise nicht die art von popularität, bei der man sich sorgen machen müsste, dass er versehentlich verbleibenden kulturellen schaden hinterlässt.


    edit: glaube auch noch immer, dass da auf dem album noch was kommt, wo er auch gegen die rechte rubrik schüsse schießt. ich interpretiere das fragezeichen-symbol so, dass sich prezi nicht in irgendeine schublade schieben lässt, dass seine konkrete position eben unbekannt ist. oder das album ist homogen anti-links und soll die frage anregen, ob er denn wegen dem album nun wirklich ein nazi ist. das wäre aber schon eine ziemlich langweilige pointe.

  • Zu dem Punkt, dass er keine Gegenvorschläge bringt (etwas was ich auch kritisiert habe unter seinen Videos) fand ich seine Antwort auf Facebook doch ganz gut:


    "Und so hat Ice Cube gekuckt, als man ihm Bequemlichkeit und Positionslosigkeit vorgeworfen hat, weil "Fuck the Police" keine dritte Strophe mit konstruktiven, realistisch umsetzbaren Vorschlägen zur Verbesserung des amerikanischen Polizeiwesens bereithält."


    Kann den post nicht verlinken, weil ich kein Facebook habe

    "Deine Seele gehört jenem der am meisten bietet/
    Ich krieg lieber weiter Prügel als mich schweigend einzufügen/
    Was nützt die Ablehnung ihrer, wenn deine eigenen Lügen/
    Die einzig plausible Alternative sein solln?/
    Dass du der Feind meines Feindes bist, macht dich nicht zu meinem Freund/
    Wir sind nicht ein Volk mein Freund/"

  • Mir gehts auch weniger um Gegenvorschläge als um einen anderen Diskurs. Außerdem hinkt der Vergleich. Natürlich soll eine Infragestellung der Polizei als Institution nicht darauf hinauslaufen, die gleiche Institution zu verbessern. Es sei denn Prezident sagt auch "fick linke Politik prinzipiell", aber dann bestätigt das alle Vorwürfe.


    e: Übrigens auch sehr vermessen, institutionelle Repression auf eine Stufe mit seinem halbintellektuellen Stress mit seinen Hipsterkommilitonen zu stellen.

    #gwallagang


    wo ich herkomm lernst du wie man aus 1 10 macht
    erste regel is dass niemand was mit der 1-10 macht


    Dümmster User: schiegfried
    Dümmster Post: schiegfried

    2 Mal editiert, zuletzt von Fiber ()

  • Mir gehts auch weniger um Gegenvorschläge als um einen anderen Diskurs. Außerdem hinkt der Vergleich. Natürlich soll eine Infragestellung der Polizei als Institution nicht darauf hinauslaufen, die gleiche Institution zu verbessern. Es sei denn Prezident sagt auch "fick linke Politik prinzipiell", aber dann bestätigt das alle Vorwürfe.


    e: Übrigens auch sehr vermessen, institutionelle Repression auf eine Stufe mit seinem halbintellektuellen Stress mit seinen Hipsterkommilitonen zu stellen.


    welche art von diskurs wünscht du dir denn von prezident?

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