Review: KASH – Suff



  • 01. Laufen
    02. Mit dem Strom
    03. Fight Club
    04. Der Hoes versohlende Punker
    05. Vielen Dank
    06. Verlierer
    07. Straße
    08. Schlaflose Nächte
    09. Unbekannt
    10. Mejicano Lifestyle
    11. I need hero
    12. Hard Cock Life
    13. KASHDERBOSS
    14. Unter der Erde
    15. Disco Guerillas
    16. S.U.F.F.
    17. Hook die nach vorne geht
    18. Nein Mann
    19. Party kaputt
    20. Ein Schluck Mut
    21. ADS
    22. Endstadium


    Wo es im deutschen Rap früher noch darum ging, der eigenen Persönlichkeit Ausdruck zu verleihen, können sich einige Rapper heutzutage scheinbar nicht mehr entscheiden, von welcher Seite aus sie die Dinge nun betrachten wollen und greifen zur multiplen Persönlichkeit zurück. Da hätten wir etwa Marteria und dessen Alter Ego Marsimoto, der immer dann zum wortwörtlichen Zug kommt, wenn es um illegalere Thematiken geht, oder auch Rap-Urgestein Samy Deluxe, der der Welt vor nicht allzu langer Zeit den von der Apokalypse besessenen Herr Sorge präsentierte. Und wo RAF Camora für düstere, theatralische Musik steht, da bewegt sich RAF 3.0 auf Gesangsebene in Richtung Mainstream und erobert mal eben Platz eins der Charts. Ein weiterer dieser Künstler – wenn auch eher unbekannt – ist Private Paul beziehungsweise KASH als Stellvertreter für den hiesigen Untergrundrap. Während er unter ersterem Pseudonym vor allem im Winter den "weinerlichen Punkrap" auspackt und davon erzählt, wie schlecht unsere Welt doch zu ihm sei, ist sein Alter Ego KASH schon immer der Rüpelhafte der beiden gewesen. Angeeignet hat er sich dieses Verhalten wohl in der RBA, wo Beleidigungen noch zum guten Ton gehörten. Wie auch immer: Unter dem Namen KASH publiziert der Rapper nun auch seine neue Platte "Suff", ein – laut eigener Aussage – Akronym für "Saufen und Frauen ficken". Ob der Inhalt die heren Versprechen des Titels einhält?


    "Alles wird nebensächlich, wenn es um Promille geht/
    Frauen ficken ist nur Bonus, der Wille zählt/
    Und am nächsten Tag aufwachen macht nie Spaß/
    Entweder der Schädel platzt fast – oder die Slut/
    "
    (KASH auf "S.U.F.F.")


    Das wäre dann auch schon der Grundtenor von "Suff": ausgelebte Gewaltfantasien, die Misshandlung von Frauen und blindes Komasaufen mit den befreundeten "Disco Guerillas" auf ziemlich eigenen Beats, die zudem auch noch alle vom Künstler selbst produziert wurden. Und selbst, wenn sich das alles jetzt so anhört, als wäre KASH ein unsympathischer Frauenschläger – ein Image, mit dem er sich selbst nur allzu gerne brüstet – ist das dann doch ein wenig verfehlt. Denn wer zwischen den Zeilen liest, sieht an jeder Stelle die durchklingende Selbstironie. Etwa, wenn der Protagonist feststellt, dass seine Groupieausbeute äußerst mager sei, man selbiges von den Groupies aber nicht behaupten könne, oder wenn das "lyrische Du" "in die Knie, so wie 'Skyrim'-Pfeile" geht (KASH auf "Gegen den Strom"). Ein weiteres Stilmittel neben der Selbstironie stellt dann noch der schwarze Humor dar, der vielen Tracks innewohnt und den man allein schon anhand von Tracktiteln wie "Der Hoes versohlende Punk" herausliest ("Die Schlampe sagt, sie ist auf der Treppe ausgerutscht – so circa 20 Mal", KASH auf "Der Hoes versohlende Punk"). Das trifft natürlich nicht jeden Geschmack und Gegner von sexistischen Witzen werden während der Spielzeit von "Suff" wenig zu lachen haben, denn KASH redet "nur Scheiße, doch Frauen versteh'n es" (KASH auf "Hard Cock Life"). In keinem Fall aber sollte man den Inhalt des Albums so missverstehen, dass KASH jede Silbe ernst meint – auch dann, wenn das Augenzwinkern mal nicht ganz so gut herauszuhören ist.


    "Die Slut vom Amt sagt: 'Du warst doch grade da'/
    Schlampe, ich mach' ein freiwilliges asoziales Jahr/
    [...]
    Aber vielleicht kann ich's doch noch schaffen/
    Als Warnbild auf Wodkaflaschen/
    "
    (KASH auf "Unbekannt")


    Dabei bleiben die Grundzüge des letzten Private Paul-Ablegers "Emopunkrap" auf musikalischer Ebene erhalten. So merkt man den Beats etwa an, dass sie abermals im Alleingang produziert wurden. Zu bemängeln gibt es daran allerdings nichts, denn "KASHDERBOSS" hat seinen ganz eigenen Anspruch an Instrumentals, die auf "Suff" oftmals sehr dreckig-elektronisch ausarten, aber an anderer Stelle auch mal nur aus Drumset und Moll-Gitarrenschlägen zur Erzeugung düsterer Lagerfeuerstimmung bestehen. Gemixt wurde ebenfalls wieder selbst, denn auf "Suff" tauchen viele ähnliche Soundelemente auf, wie sie auch auf "Emopunkrap" Verwendung fanden. Der Distortion-Effekt erlebt beispielsweise sein Revival – auch, wenn ich mir das nicht unbedingt gewünscht habe, denn er wird ein wenig zu oft eingesetzt und zumindest mich nervt das mit der Zeit. Eine aufgelockerte Stimmung zwischen dem ganzen Geprügel und Gesaufe wird zudem dann aufgebaut, wenn zum Beispiel einer der Skits eingespielt wird, die etwa mal aus dem originalen Tom & Jerry-Soundtrack bestehen ("Vielen Dank") oder irgendwelche Schlagerhits beinhalten ("Schlaflose Nächte"). Oder dann, wenn KASH singt. Doch auch, wenn man die Absicht, alles schief klingen zu lassen, heraushört, passiert das Ganze für meinen Geschmack noch ein wenig zu oft, um auf Dauer darüber lachen zu können. Während die auf "Verlierer" geträllerte Hook "So seh'n Verlierer aus – schalalalala" nostalgisch an denkwürdige Freitagabende erinnert, animiert der Gesang auf "Mejicano Lifestyle", unterlegt von mexikanischen Trompetenmelodien, schnell mal zum bewussten Skippen. Zum Glück gibt's aber auch die ein oder andere "Hook die nach vorne geht" – was jetzt nicht unbedingt auf den gleichnamigen Track zutrifft, aber doch öfters mal auftaucht. Ohrwürmer wie "Slut" vom letzten Private Paul-Album fallen allerdings leider aus.


    "Wenn ich in die Hände klatsch', kämpfen Sluts/
    Die ohne Ende matschbedeckt sind wie ein Campingplatz/
    [...]
    Nach einem Schlag verfällst du in mädchenhafte Haltung/
    Deine Mutter ging öfter über die Theke als mein Album/
    Und das ist nicht schwer – im Gegensatz zu ihr/
    Sie hört sich 'Slut' an, während sie masturbiert/
    "
    (KASH auf "Hook die nach vorne geht")


    Fazit:
    Im Grunde ist "Suff" asozial, schwarzhumorig und frauenverachtend, aber trotz alledem noch selbstironisch genug, um nicht als bierernst gemeint abgestempelt werden zu können. Dass man mehr als "Saufen und Frauen ficken" nicht erwarten durfte, hat KASH bereits vor Release der Platte gesagt. Und im Gegensatz zu anderen Acts, die versprechen, dass ihr neues Album "so und so" klinge, man als Hörer am Ende dann verwunderlicherweise aber eher "das und das" hat, hält er Wort. Wer nichts mit dieser rohen Thematik und dem düsteren Soundgerüst anfangen kann, macht einen weiten Bogen und kauft sich lieber die nächste Orsons- oder Cro-Platte, denn von der Lebenslust des Künstlers ist hier wenig bis nichts rauszuhören. Aber genau das macht ihn auf seine Weise so charmant und damit ist KASH aka Private Paul – egal, welche Maske er nun aufsetzt – einer der individuellsten Künstler im deutschen Untergrund. Nicht zuletzt deshalb, weil er sich im Alleingang produziert und die Beats nahezu perfekt auf seinen Rap abgestimmt sind. Ich persönlich freue mich nach den ganzen Sauforgien jetzt aber auch auf einen ruhigeren Winter und ein, wie angekündigt, atmosphärisches drittes Album, voll von "weinerlichem Punkrap".



    Pascal Ambros (ProRipper)

    [REDBEW]1218 [/REDBEW]

    Bewerte diese CD:
    [reframe]reviewthread.php?reviewid=1218 [/reframe]
    [azlink]KASH+%96+Suff [/azlink]

  • "denn sie ist ans bett gefesselt wie ms-patienten
    mit seilen die nicht abgemacht werden wie erste treffen
    sie kratzt, beißt und fleht um gnade
    doch die seile bleiben fest so wie heiligabend
    und dann wird sie mit schlägen behandelt wie edelmetalle
    mit schlägen die klatschen als hätte ihnen eine szene gefallen"


    "ich nehme alle drogen wie ein polizist"


    "ich kipp alles rein wie in einem labor"


    bestes album :)

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!