Interview: Casper


  • Wer sich an das Splash! 2011 erinnert, der wird eventuell auch noch im Gedächtnis haben, dass der Bielefelder Rapper Casper am ersten der Tage des Festivals sein damals heiß ersehntes Album "XOXO" veröffentlichte. Mit der Platte gelang ihm der Durchbruch: Eine Nummer 1-Platzierung sowie eine goldene Schallplatte resultierten aus dem Release. Eine zumindest ansatzweise ähnliche Situation trat auf dem diesjährigen Splash! ein – zwar wurde nicht direkt ein komplettes Cas-Album veröffentlicht, aber zumindest eines angekündigt, denn am Ende seines Live-Sets vermeldete der Act, dass der "XOXO"-Nachfolger in den Startlöchern stehe. "Hinterland" erscheint am 27. September dieses Jahres. Auch wir hatten in Ferropolis die Gelegenheit, uns ein wenig mit Casper zu unterhalten ...


    rappers.in: Kannst du das Aufnahmegerät halten? Das kennst du ja schon ... es ist das gleiche Gerät wie in den letzten Jahren.


    Casper: Wirklich? Der Olympus hier?! Ey, wenn der Olympus sprechen könnte, was der alles erzählen würde.


    rappers.in: Ich glaube, dass da auch noch das uralte Splash!-Interview mit dir drauf ist, als wir drinnen saßen und die Wände so gruselig angemalt waren.


    Casper: (lacht) Da waren kiffende Aliens! Das Splash! hat sich dieses Jahr Graffiti-technisch ja nochmal unterboten mit den "Happy Hip Hops". Ich hoffe immer noch, dass das Ironie ist. Das war so, als würde man einem Autounfall zugucken. Das ist wie diese Leute ... Du sagst: "Hi, ich bin die Lupa. Ich höre gerne HipHop." Und die antworten: "Yoyoyo!" – das Niveau ist das nämlich!


    rappers.in: Und dann machen sie Gangzeichen.


    Casper: Genau. Und sie sagen: "So wie Sido, ne?!" ...


    rappers.in: Erst einmal herzlichen Glückwunsch zu deinem großen Auftritt gestern Abend. Erzähl uns doch kurz, wie du das Ganze gestern erlebt hast und was es für ein Gefühl war, als Mainact auf dem Splash! aufzutreten.


    Casper: Ich glaube, das würde Marten (Marteria, Anm. d. Red.) auch so unterschreiben: Hier zu spielen ist einfach was ganz Anderes. Wenn wir bei Rock am Ring spielen, ist es das Fünffache an Menschen. Wenn wir beim Hurricane spielen, dann ist da musikalisch alles viel, viel weiter aufgestellt. Aber wenn wir hier spielen, dann ist es ein Stückchen wichtiger. Da muss man einfach gucken, ob man mit der Basis noch cool ist. (grinst)


    rappers.in: Ich fand, dass du alles ausgepackt hast, was man auspacken konnte. Schnee-Schnipsel, das Feuer auf der Bühne, dann noch das Feuerwerk ...


    Casper: Guck mal, die Taktik dahinter war folgende: Als wir letztes Jahr als Headliner auf der Bühne angekündigt wurden, hat das ganze Gelände gebuht. Das hat mich eine Woche lang fertig gemacht. Ich habe von Anfang an gesagt, dass es keine gute Idee ist, das so zu machen. Da stehen ein Haufen YOLO-Kids, die Mac Miller und Wiz Khalifa geguckt haben. Und dann komm ich so: "Heeeeeey ... !" Und vorher wird noch gesagt: Wir kündigen den Headliner an. Ich habe Gemurmel gehört wie: "Bestimmt Kanye und Jay-Z!" Und ich war so: "Oh Gott, oh Gott ... " Und die Taktik jetzt war: Es kann alles passieren. Es kann sein, dass wir Headliner spielen, der Platz ist nur halb voll und die Hälfte findet es auch noch scheiße. Aber dann haben wir wenigstens ein amtliches Feuerwerk gemacht! (grinst)



    rappers.in: Mit "Hinterland" hast du heute Nacht ja dein Album angekündigt, das am 27. September erscheint. Es ist also schon fertig ...


    Casper: Es ist fertig! Es liegt vor. Aber das hört noch keiner.


    rappers.in: Passend dazu hast du dein Cover veröffentlicht und einen Trailer. Was hat es damit auf sich?


    Casper: Das ist so krass. Ich hab' die ganzen Indie-Medien gecheckt und alle sind so: "Boah, voll nice, hab' ich richtig Bock drauf!" Und die HipHop-Kids sind so: "Ich versteh' das nicht! Warum heißt das so?!" Ich glaube, die HipHop-Kids wollen alles vorgekaut bekommen. Die wollen, dass man selber auf dem Cover ist, dass man das Gesicht sieht und das Album heißt "Der König ist zurück". Das wollen die. Und das können die dann abstrahieren: "Ah, dann ist er der König und ach, er ist zurück!"


    rappers.in: Dann frage ich dich jetzt anders. Für mich wirkt das Ganze wie eine Art Taufe.


    Casper: Es hat auf jeden Fall keinen christlichen Bezug. Wir haben eine Soundsprache und eine Bildsprache .. eine Welt erschaffen. Es ist Kunst! Es ist einfach Kunst. Es ist wie Jesus. Nur nicht ganz so anstrengend ...


    rappers.in: Du wirkst gerade wie ein abgedrehter Künstler, der seit Jahren alleine Bilder malt in seiner Hütte im Wald ...


    Casper: ... der, wenn man zum Interview reinkommt, in einer Yoga-Stellung da sitzt und einen Hund schminkt. Einfach irgendwas total Absurdes macht. Ich hab' schon überlegt, dass ich demnächst so einen Interview-Rider mache. Ich mach' keine Interviews, wenn nicht mindestens neun Katzenbabys im Raum rumrennen. Roter Teppich und die Raumtemperatur muss so und so sein. Und man darf das Wort "und" nicht benutzen. Dann stehe ich auf und gehe. (lacht)


    rappers.in: Gut, wir bringen dir das nächste Mal eine Katze mit. An der Leine.


    Casper: Ich liebe Katzen! Ich habe tatsächlich die sogenannte Scheidungskatze. Ich hatte mal eine Freundin und wir waren so zusammen und so verliebt, dass wir uns unbedingt ein Haustier holen wollten. Dann haben wir uns eine sauteure Katze gekauft, für 800 Euro oder so. Kennst du die Sheba-Werbung noch? Diese lilanen Britisch Kurzhaar-Kartäuser? Und diese Katze war so ein Douchebag; die wusste halt, dass sie schön ist. Und jetzt ist sie bei ihr ... die Scheidungskatze.


    rappers.in: Zurück zum Auftritt gestern. Warum wurde nur ein Song vom neuen Album im DJ-Set gespielt? Warum hast du nicht mehrere schon mal live gezeigt?


    Casper: Ein Stichwort: Handyvideos. Ich hab' da keinen Bock drauf. Wir haben lange hin und her überlegt, ob wir die neuen Songs schon spielen. Ich finde sie um Längen besser als alles, was ich bisher gemacht hab' – es ist eine spitzenmäßige Platte geworden. Aber ich will, dass die Leute das abgemischt und geil hören – so, wie es gedacht ist. Und nicht das erste Mal live ... Beim Open Air kommt es ja sogar noch drauf an, wie der Wind steht. Dann weht der Sound weg und es kommt alles ins Internet. Geht auf die ganzen Blogs und hat 200.000 Klicks ... Und was dann auch immer passiert, wenn die Leute eine frühe Version kennen: Der exakt gleiche Song ist auf dem Album, es wurde nichts dran geändert. Und dann sagen sie: "Na ja, irgendwie war das anders."


    rappers.in: Das war doch auch bei "Alaska" damals so.


    Casper: Genau! Das war einfach der exakt gleiche Song. Dann kommen aber irgendwelche 13-Jährigen und sagen: "Hä? Warum habt ihr das denn nochmal geändert?" – haben wir doch gar nicht! Es ist echt so: Handyvideos. Wir hätten das neue Intro spielen können, das ist echt booooah. 190 Spuren ... (pausiert) Hundertneunzig Spuren! Bläser! Chöre! Der Song wurde in fünf Tagen gemischt. Und der, der gestern angespielt wurde, das ist mal wieder ein Battlerap-Song. Da haben wir so eine Drum-Line gehabt. Weißte, so eine Marching Band. Und 20 Cheerleader-Mädchen. Richtig Geld ausgegeben. Also, nicht meins. Also, doch meins ... (lacht)


    rappers.in: Hast du denn noch die Reaktion des Publikums auf das Banner mitbekommen, als du von der Bühne gegangen bist?


    Casper: Mir war schon klar, dass nicht der euphorischste Applaus auf Erden ausbrechen wird. Für uns war das so: Da läuft eine Fernsehübertragung und wir richten den Countdown genau darauf aus. Gleichzeitig läuft es dann im Fernsehen, im Internet und live. Und wir machen eine Welt aus drei Welten. Das ist Kunst! (grinst) Ich glaube, es ist ein großes "Hä?" gewesen. Aber: "Hä?" ist ja gut! Man muss auch nicht alles verstehen. Ich meine, ich versteh' alles. Deswegen ist das für mich alles sehr leicht. (lacht)



    rappers.in: Kannst du uns kurz sagen, ob das Album vom Klang her nun was ganz Anderes ist – vielleicht wieder Rap-lastiger als damals?


    Casper: Ich gehe jetzt wieder in die Richtung, ja! Richtig heißes Crack in petto. (alle lachen)


    rappers.in: Gehen wir bitte noch einmal ganz kurz zurück zu "XOXO". Was hat sich denn großartig bei dir verändert, seitdem dieses Album releast wurde?


    Casper: Eigentlich hat sich gar nicht so viel verändert. Die großen Gespräche machen die Management-Leute. Ich hätte eigentlich gedacht, dass man sich irgendwie krass fühlt. Aber man steht morgens auf und denkt sich: "Ist alles ganz normal irgendwie." Das finde ich aber auch gut so. Da bin ich ein bisschen langweilig ... ich wohne noch in meiner WG, es sieht immer noch so aus wie bei einem 16-Jährigen.


    rappers.in: Und du hast hoffentlich Spaß.


    Casper: Ich habe jetzt Spaß. Die Platte machen war die Hölle.


    rappers.in: Wie lange hast du denn gebraucht?


    Casper: Dieses Mal ging es richtig, richtig schnell. Wir haben angefangen: Ende Januar. Und waren fertig: letzte Woche. Die Leute glauben, dass wir ewig gebraucht haben, vergessen dabei aber: Wir waren anderthalb Jahre nur auf Tour. Wir haben 190 Shows gespielt und waren immer unterwegs.


    rappers.in: Ich habe noch eine letzte Frage an dich. Was ist aus den Menschen und deiner Bindung zu ihnen geworden, die dich ganz am Anfang deiner Karriere begleitet haben – zum Beispiel Lump und Affenboss?


    Casper: Der Affenboss war gestern da und ist hier rumgehangen. Der fährt immer noch mit. Das Ding ist: Als wir noch Shows gespielt haben wie den Splash!-Opener vor hundert Leuten, habe ich irgendwann gesagt: "Jungs, ich will das ernsthaft machen." Da haben sich manche früher und andere später dazu entschieden, dass sie das nicht möchten. Bei Lump war das sehr früh, dass er gesagt hat: "Mich nerven diese ganzen Wichser jetzt schon, ich mache das einfach nur hobbymäßig." Und der Affenboss war sehr lange noch mit dabei. Eigentlich bis zur "XOXO"-Platte. Dann hat er von heute auf morgen gesagt: "Nee, ich will jetzt eine Bude und einen normalen Job." Da hat er einfach angefangen, normal zu arbeiten.


    rappers.in: Diese Personen sind aber alle noch ein Teil deines jetzigen Lebens.


    Casper: Selbstverständlich. Nicht so viel, wie ich es gern hätte – aber das liegt daran, dass wir so verstreut wohnen.


    rappers.in: Das finde ich auch wichtig. Dass man die Menschen mitnimmt auf seine kleine Künstlerreise.


    Casper: (grinst) Na, mal sehen, wie lange die noch geht.


    rappers.in: Die geht schon noch 'ne Weile. Wir fragen dich im nächsten Jahr nochmal.



    (Florence Bader & Kristina Scheuner)
    (Fotos von Christoph Voy)

  • Zitat

    rappers.in: Kannst du uns kurz sagen, ob das Album vom Klang her nun was ganz Anderes ist – vielleicht wieder Rap-lastiger als damals?


    Casper: Ich gehe jetzt wieder in die Richtung, ja! Richtig heißes Crack in petto. (alle lachen)


    Sehr schön :chu:

  • Zitat

    Original von TmK
    Sehr schönes Interview auch besonders die Frage zu Lump und Affenboss war cool


    Finde ich auch!
    Ich werde aber höchstwahrscheinlich wahlweise kotzen, in Tränen ausbrechen oder Tobsuchtsanfälle bekommen, wenn auf "Hinterland" Battleraptracks sind. Die soll er lieber als Freetracks raushauen oder in 'nem Spaßmixtape. Auf 'nem Casper-Album kann ich sowas echt nicht gebrauchen, aber ich lasse mich auch gerne positiv überraschen. Bin sehr, sehr gespannt.

  • Zitat

    Original von TonySunshine


    Finde ich auch!
    Ich werde aber höchstwahrscheinlich wahlweise kotzen, in Tränen ausbrechen oder Tobsuchtsanfälle bekommen, wenn auf "Hinterland" Battleraptracks sind. Die soll er lieber als Freetracks raushauen oder in 'nem Spaßmixtape. Auf 'nem Casper-Album kann ich sowas echt nicht gebrauchen, aber ich lasse mich auch gerne positiv überraschen. Bin sehr, sehr gespannt.


    Er hat ja schon im interview mit 16bars gesagt, dass er auch auf jeden fall mal wieder bock hat nur mit nem dj auf tour zu gehen, und er dann wahrscheinlich ne ep raushauen würde, mit gutem halten rapkram. bin auf hinterland echt gespannt, bei ihm kann ich mir einfach sooo viel vorstellen.

  • Zitat

    Original von TonySunshine


    Finde ich auch!
    Ich werde aber höchstwahrscheinlich wahlweise kotzen, in Tränen ausbrechen oder Tobsuchtsanfälle bekommen, wenn auf "Hinterland" Battleraptracks sind. Die soll er lieber als Freetracks raushauen oder in 'nem Spaßmixtape. Auf 'nem Casper-Album kann ich sowas echt nicht gebrauchen, aber ich lasse mich auch gerne positiv überraschen. Bin sehr, sehr gespannt.

  • Einfacher Rap wie früher wird es ja auf keinenen Fall werden. Er hat in einem anderen Interview schon gesagt, dass es vom Soundbild her mehr Indie/Folk mäßig wird. Aber auch nicht mehr diese Post-Rock-Schiene wie auf XOXO. Bin gespannt.

  • sympathischer kerl ..
    müsste mir mal die zeit nehmen richtig bei seinen tracks reinzuhören, krieg immer nur nebenbei von irgendwelchen singles mit die gechartet sind.
    kommt bei mri dann automatisch auf ne stufe mit cro oder so, wobei der typ wirklich viel zu bieten hat .. cooler mensch!

  • Also ich freue mich schon megamäßig auf das Album. Gehöre ja noch zu den glücklichen die ein Ticket für die kleine Tour im Oktober/November bekommen haben.


    Aber ich habe ein bisschen Angst, dass wenn er sagt das er komplett zufrieden ist evtl. die Platte dann gerade DESHALB nicht so gut ist wie XOXO/HzS weil er bei beiden ja auch irgendwie nicht komplett zufrieden war. Oder wir bekommen einfach mal das Album des Jahres abgeliefert.


    Mich wundert es aber immer wieder wie krass dieses Jahr ist, was es releasetechnisch angeht. Supergut! :thumbup:

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