Special: Kurz-Reviews Juni 2013

  • Im Jahr 2013 sieht man sich als eigenständiges Deutschrap-Magazin in einer wahren Dilemmasituation gefangen: der Markt ist längst übersättigt. Tagtäglich wächst die Szene exponentiell, ein Ende ist nicht in Sicht – Rapper kommen, aber so wirklich gehen wollen sie nicht, selbst wenn sie's sagen. Comebacks an jeder Ecke. Und nachdem vor einigen Jahren noch sämtliche Plattenfirmen dicht machten, schießen neue Labels langsam wieder aus allen Böden. Vorbei die Zeiten von Aggro Berlin, BOZZ Music und Optik Records – die Ära der Freunde von Niemand, der Azzlackz, der Halunkenbanden und der Banger-Musiker hat unlängst begonnen. Bei einer solchen Vielfalt an neuen Künstlern ist es natürlich nicht ganz so einfach, den Überblick zu behalten – was ist wichtig, was könnte noch wichtig werden und was kann man getrost unter den Tisch fallen lassen? In internen Gesprächen kommen sie immer wieder auf: die Fragen, wer sich nun seine Review verdient hat, wer seinen Platz in den "Unknown Kings" kriegen sollte und wer zwar ein guter Künstler ist, aufgrund von Kapazitätenauslastung aber leider keine Plattform von uns geboten bekommt. Und das sind teilweise leider so einige ... Was uns zur Dilemmasituation zurückführt: Allen kann man's in der heutigen Zeit unmöglich Recht machen. Ist ein wenig wie in "300": eine Hand voll Redakteure sieht sich einer Übermacht an Rappern gegenübergestellt. Deshalb wollen wir mit diesem Special mal einen kleinen Exkurs wagen – abseits der unbekannten Könige und der sowieso schon bekannten Acts ist nämlich nach wie vor ein Haufen aufstrebender Künstler in der Szene unterwegs, die wir euch im Rahmen einiger Kurz-Reviews vorstellen möchten ...



    Jinx – Weirdnam


    Hat was von Alice im Wunderland: Der 58Muziker Jinx entführt euch mit seinem Debütalbum nach "Weirdnam". Nicht in Richtung Südostasien, trotzdem irgendwie ziemlich nah an der Grünen Hölle erwarten euch ironisch reflektierte, persönliche Niederschläge zwischen gesellschaftskritischen Paukenschlägen und kranken Representertexten. Schon die erste Anspielstation ist typisch: Auf "Stealth" tobt sich Jinx auf einem Boom-Bap-Beat aus und beeindruckt mit stark abstrakten Satzkonstrukten. Der Kölner markiert seine Position in Rapdeutschland – mit modernen Lyrics und Oldschool-Flow. Jinx ist übrigens Allrounder: Die Instrumentals sind bis auf wenige Ausnahmen an den eigenen Reglern entstanden. Dabei schleicht sich auch mal ein Crunk-Beat zwischen die Anspielstationen, auf dem Jinx erfrischend asozial klarstellt: "Ich find' mich hammer". Wer lieber mal wieder so richtig schön in Melancholie versinken will, dem sei "Wird nie verwehn" mit der Selbstfindungsproblematik während der Jugend ans Herz gelegt. Nur die Features konnten mich nicht ganz vom Hocker hauen: Bis auf den überragenden Cr7z kann keiner das hohe Niveau des Albums halten, und so empfand ich die sieben weiteren unterstützenden Rapper wie Questgott oder Sinuhe als eher störend. Trotzdem ist "Weirdnam" ein Album, das ich mir für den kommenden Urlaub zurücklegen werde. Denn wer die vielen Synonyme und Anspielungen aus der Feder von Jinx verstehen möchte, muss viel Zeit mitbringen.





    Donzen – Trauerweiden


    Ein weiteres Cr7z-Feature befindet sich auf der "Trauerweiden"-EP: "Bannkreis" ist einer der herausragenden Tracks des Donzen-Releases. Kurz heruntergerissen: Donzen fühlt sich nirgendwo zugehörig und grenzt sich lyrisch von der Allgemeinheit ab. Deep also. Hervorgehoben werden muss dabei der kreative Umgang mit den verschiedenen Themenkomplexen der EP. Paradebeispiel ist "Strg Alt Entf" – wünschst du dir nicht manchmal, dein Leben nochmal neu zu starten? Ein Blick auf die Tracklist zeigt, dass der Weseler ebenso wie Jinx auf Intros, Outros und Skits verzichtet. Sowieso sind sich die beiden Künstler sehr ähnlich – mit der Ausnahme, dass mir das Questgott-Feature auf der "Trauerweiden"-EP besser als auf "Weirdnam" gefällt. Der aggressive, gehetzte Stimmeinsatz geht hier eine schön gelungene Symbiose mit Beat und Thematik ein. Die Features sind gut gewählt und werten die EP auf. Weitere Anspieltipps: "Lokomotivsinnig" und "One Love". Ganze sechs Beats hat übrigens der im rappers.in-Forum bekannte Creepa beigesteuert.





    Timeless – R.H.C.P.


    Timeless droppte bereits Ende Mai die EP "R.H.C.P." als Vorbereitung auf sein Debütalbum "00:00". Die Idee: Das Freunde von Niemand-Küken schnappte sich fünf bekannte Instrumentals der Red Hot Chili Peppers, um sie als Rap-Versionen neu zu interpretieren. Thematisch rappt Timeless ganz typisch über das "High Life" und seine Groupies. Außerdem befindet sich jeweils ein Song für die blöde Ex-Freundin ("Miststück") und die bessere Ex ("Mann über Bord") auf der EP. Da ist also für jeden was dabei. Rotzfrech und selbstverliebt: Timeless spielt dabei nicht nur mit Hollywood-Klischees – mit seiner Attitüde würde der Ex-Kellner mit Sicherheit nicht auffallen auf dem Sunset Boulevard. Viel hängen bleibt dabei aber nicht; die EP ist ein leichter Happen, was wohl auch so gewollt ist. Bis auf die schiefen Töne in so mancher Hook kann man sich das Release im Sommer auf dem Balkon mal gut geben. Zwar nicht auf seinem Album-Niveau, aber zum Reinhören allemal akzeptabel!



    (Der_Lektor)

  • Ich finde es gelinde gesagt einfach sehr schade ( um nicht zu sagen: sehr sehr schade), dass solche "rapper" wie timeless dann auch noch in den kurzreviews ein forum bekommen.
    zwar ist es lustig, dass die redundanz im inhalt seiner texte sich in der redundanz der berichterstattung widerspiegelt, aber welchem journalistischen anspruch rappers.in gerecht werden will, wenn die, die bereits regelmäßig reviews und eigene blöcke bekommen, auch noch so nebenbei andere alben verdrängen, die der promo vielleicht dringender bedürfen, bleibt wohl fraglich.
    leider auch häufig in der kategorie unknown kings zu beobachten.
    aber wenn man wirklich nur große bis sehr große namen mit einer review bedenkt, ist es wieder schlüssig, den namen die noch nicht groß bis sehr groß aber bei weitem groß genug sind, plätze in den unknown kings zuzubilligen.
    so verkommt die plattform zum gehilfen größerer promomaschinen und managaments, die ohnehin genug kohle übrig haben, um ihre musik zu streuen.

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