Interview: EstA


  • Eines der besten aktuellen Beispiele, wie man das VBT zu einem Karrieresprung nutzen kann, dürfte EstA sein. Vor wenigen Monaten gab der Saarbrückener bekannt, einen Vertrag bei der Plattform Halunkenbande des Bremer Rappers Baba Saad unterzeichnet zu haben. Danach ging alles relativ schnell: Noch während der Splash!-Edition 2013 kündigte man das Debütalbum an, "EstAtainment". Die Nachfrage nach dem Longplayer war in kürzester Zeit so hoch, dass man vor Veröffentlichung sogar nochmal nachpressen musste. Im Vorfeld luden wir EstA zum Interview und befragten ihn zum aktuellen Stand seiner Musikkarriere, entlockten ihm weitere Details zu "EstAtainment" und forderten natürlich auch das ein oder andere Statement zu unserem Videobattleturnier ...


    rappers.in: Dein Halunkenbande-Signing hat für viel Wirbel gesorgt – viele meinen, dass du nicht so ganz in dieses Label reinpasst. Darum würden wir zu Beginn des Interviews gerne mal wissen: Was macht dich zum Halunken und was setzt du den kritischen Stimmen entgegen?


    EstA: Also, erst einmal finde ich persönlich, dass ein EstA sehr gut zu der Halunkenbande passt. Klar, von Außen betrachtet mag der ein oder andere denken: "Okay, was will EstA bei Saad?" Aber ich finde, gerade die positive Resonanz zu dem Song "Mein Tag" hat doch gezeigt, dass wir super Musik zusammen machen können. Ich denke, man muss es sich verdienen, ein Halunke zu sein. Das ist man nicht einfach so von heute auf morgen. Durch das Zusammenspiel meiner provokanten, polarisierenden – aber auch sympathischen – Art habe ich mir einen Platz bei HB verdient.


    rappers.in: Viele kannten dich bisher nur aus diversen Battles, aber der EstA, den wir beispielsweise auf der ersten Album-Single "Es läuft" hören, zeigt ganz neue Facetten von sich auf – was erwartet uns auf "EstAtainment" noch so?


    EstA: Auf "EstAtainment" ist für jeden etwas dabei. Man muss das natürlich auch so sehen, dass die Leute noch überhaupt keine Songs außerhalb des VBTs von mir zu hören bekommen haben. Ich will mit diesem Album zeigen, dass ich einfach viel mehr kann als Battlerap. Ich kann sowohl Themensongs, persönliche Songs als auch sommerliche Gute Laune-Songs machen. Natürlich werden die Fans von meinem Battlerap auch auf ihre Kosten kommen. Es ist einfach für jeden Halunken-Fan was dabei.


    rappers.in: Bestand da denn zuvor vielleicht auch die Angst, dass ein solcher "Stilwechsel" unter den bisherigen Fans nicht auf Akzeptanz stoßen könnte?


    EstA: Na ja, Angst würde ich nicht sagen. Wenn "Es läuft" jetzt schlecht gewesen wäre, dann vielleicht, aber ich war von Anfang an überzeugt von dem, was ich kann, und bisher kommt es ja auch sehr gut bei den Leuten an.


    rappers.in: Wir haben uns mal ein paar YouTube-Kommentare unter dem Video angesehen. Einer der Top-Kommentare besagt: "EstA wirkt viel sympathischer als in vielen Battle-Runden." Wenn man sich das Image, das du dir in den letzten Jahren aufgebaut hast, mal ins Gedächtnis zurückruft: War es überhaupt deine Absicht, "sympathischer" zu wirken?


    EstA: (lacht) Ich bin doch super sympathisch, oder nicht? Manche Leute können mich gar nicht leiden und manche finden mich richtig sympathisch. Jeder sollte sich sein Bild machen und wer was gegen mich hat, kann mich mal, juckt mich nicht wirklich. Die andere Sache ist doch: Wozu in einem Battle, in dem man sich verbal völlig auseinandernehmen und den Gegner so sehr fertig machen sollte, wie es nur geht – Stichwort: "Die Rote" – sympathisch sein? Wo ist da der Sinn?


    rappers.in: Als wir in unserem letzten Interview vor knapp einem halben Jahr über Tracks abseits des VBTs geredet haben, hast du gesagt, dass du normalerweise nicht konstant Tracks aufnimmst und nur alle paar Monate mal einen "normalen" Song machst. Wann hast du den Entschluss gefasst, dich an dein Album zu wagen und wie viel Zeit hat die Produktion der Platte in Anspruch genommen?


    EstA: Also, ich hatte eigentlich schon länger vor, mal was zu releasen, aber irgendwie kam es nie wirklich dazu. Dazu muss man auch sagen, dass ich halt einfach regelmäßig VBT-Runden rausgehauen habe und parallel noch studiere. Viel Zeit für ein Release bleibt da nicht. Dennoch habe ich mich parallel zu dem Ganzen hingesetzt und in circa drei Monaten ein Album geschrieben, mit dem ich sehr, sehr zufrieden bin. Klar war es natürlich nicht stressfrei und ich habe die ein oder andere Nacht im Studio verbracht, aber ich bin super zufrieden mit dem Endergebnis.



    rappers.in: Hat das Halunkenbande-Signing etwas an deiner Herangehensweise ans Schreiben, Recorden et cetera verändert oder ist da alles beim Alten geblieben?


    EstA: HB hat mir einfach die Möglichkeit gegeben, mein Hobby, die Musik, auf einer professionellen Ebene zu betreiben, wofür ich auch sehr dankbar bin. Meine Texte schreibe ich nach wie vor alleine und hatte in der Albumgestaltung auch komplett freie Hand, was mein Konzept angeht. Es war mir auch von Anfang an wichtig, dass ich mein Ding da durchziehen kann. In Sachen Sound hat sich natürlich insofern was geändert, als dass ich nicht mehr in meinem 80 Euro-Mic-Homerecording-Studio aufnehme, sondern in ein richtiges Studio gegangen bin.


    rappers.in: Hast du dich in diesen professionelleren "Studioalltag" schnell reingefunden? Das ist ja schon nochmal ein bisschen was anderes, als jetzt alleine daheim aufzunehmen.


    EstA: Klar, es ist immer "ungewohnt", in einer neuen Umgebung aufzunehmen, aber ich habe damit überhaupt keine Probleme und Simon, der nette Kerl, dem das Studio gehört, war auch super lässig drauf. Hat echt alles gepasst und hat richtig Spaß gemacht.


    rappers.in: Das Release deines Albums musste wegen der regen Nachfrage nochmal um eine Woche nach hinten verschoben werden. Hättest du damit gerechnet? Wie gehst du allgemein mit deinem aktuellen "Hype" um und inwiefern wird der Erfolg von "EstAtainment" deine weitere Musikkarriere beeinflussen?


    EstA: Nein, ich glaube, damit hätte keiner gerechnet und ich war natürlich auch sehr überrascht, als ich gehört habe, dass wir nachpressen lassen müssen. Ich kann mich nur immer wieder bei den Leuten bedanken und finde es echt krass, wie viele ich mittlerweile mit meiner Musik erreiche. Ich mag ja eigentlich dieses Wort "Hype" nicht so, aber merke so langsam, welchen Einfluss meine Person zum Teil auf die Fans hat. Ich bleibe aber weiterhin bescheiden, habe keinen Grund abzuheben oder sonst was in der Art. Ich freue mich einfach auf den 28.06. und alles Weitere seh' ich gechillt. Wie das Album meine weitere Musikkarriere beeinflussen wird, kann ich dir nicht sagen. Warten wir einfach mal ab. Ich hoffe natürlich positiv und dass ich noch mehr Menschen mit meiner Musik begeistern kann.


    rappers.in: "Es war 2005, ich scheiterte am Takt", ist der Einstieg in den Song "Alleine gegen alle". Hast du zu Beginn deiner Musikkarriere allgemein viel Gegenwind erhalten? Was hat dich damals dazu motiviert, dennoch am Ball zu bleiben?


    EstA: Am meisten Gegenwind bekam ich von den Takten, auf die ich damals versucht habe zu rappen. (lacht) Nein, Spaß! Ich wurde definitiv oft belächelt, was meine ersten Rapversuche angeht. Vielleicht ist das normal, aber ich habe es schon als sehr negativ empfunden. Ich war allerdings schon immer ein absoluter Kämpfertyp und habe immer versucht, mein Ding durchzuziehen. Diese "Jetzt erst recht"-Mentalität ist definitiv ein Bestandteil meiner Persönlichkeit.


    rappers.in: Ist gerade aus der Prägung dieser Anfangszeit dann auch dieses "Alleine gegen alle"-Image entstanden? Glaubst du, du hättest am Ende vielleicht sogar inhaltlich ganz andere Sachen gemacht, wenn du mehr Unterstützung zu Beginn erhalten hättest?


    EstA: Gute Frage ... Ja, ist definitiv möglich! Ich war halt echt immer auf mich alleine gestellt und habe nie wirklich einen Mentor oder so gehabt. Heute bin ich mein eigener Mentor. (lacht)


    rappers.in: Aber damit könnte man prinzipiell schon sagen, dass diese Grundeinstellung vielleicht von dem früheren Feedback auf deine Tracks kommt, oder? Oder gibt's da auch noch sonstige, persönlichere Hintergründe?


    EstA: Na ja, "Feedback" ist übertrieben. Wenn sich irgendwelche Lutscher in den HipHop-Foren negativ über meine Battlerunden oder meine Art äußern, ist das natürlich nicht ernst zu nehmen. (lacht) Dieses "Alleine gegen alle" habe ich mir definitiv auch bewusst so ausgewählt in der VBT-Zeit. Ein Battle muss für mich immer noch einen gewissen Reiz haben und wenn ich mit demjenigen befreundet bin, gegen den es gerade geht, dann überleg' ich mir doch zwei Mal, ob ich die Line jetzt bringen soll oder nicht. Ist schon alles gut so.



    rappers.in: Jetzt müssen wir natürlich noch ein wenig auf die VBT-Thematik eingehen: Im VBT 2012 warst du im Finale, in der Splash!-Edition 2013 im Halbfinale. Warst du an irgendeinem Punkt enttäuscht, dass es letztlich doch nicht zum Sieg gereicht hat oder waren die Turnierverläufe deiner Meinung nach gerechtfertigt?


    EstA: Also, sagen wir es so: Ich kann die Leute verstehen. Gegen Klaus war meine Hinrunde nicht die stärkste und gegen Tune meine Rückrunde. Auf die Ursachen und Hintergründe möchte ich nicht unbedingt eingehen, aber es ging im Endeffekt nicht mehr und ich bin mit meinen "Platzierungen" im Großen und Ganzen zufrieden. Enttäuscht auf keinen Fall.


    rappers.in: Aber den Anreiz, jetzt nochmal mitzumachen und dann eventuell auf Eins zu gehen, hast du jetzt auch nicht, oder?


    EstA: Im Moment auf gar keinen Fall. Ich habe jetzt drei Mal mitgemacht und den Leuten circa 30 Battles geboten und immer alles gegeben – ich glaube, da darf ich es mir auch erlauben, einen Strich unter das Ganze zu ziehen und zu sagen: Es war 'ne geile Zeit, aber jetzt heißt es: "Bye Bye, VBT!" Ich hoffe natürlich, dass die Leute mir nicht böse sind.


    rappers.in: Böse Zungen behaupten, dass das VBT wegen dir auf eine viel persönlichere Ebene gelangt ist und viele sich an dir ein Beispiel genommen haben, vor allem die privaten Seiten auszuschlachten – würdest du rückblickend betrachtet sagen, dass du dich in diesen Battlegeschichten immer korrekt verhalten hast oder gab es vielleicht wirklich die ein oder andere Stelle, von der du dir inzwischen denkst, dass sie doch nicht angebracht war?


    EstA: Ich stehe voll und ganz hinter jeder einzelnen Zeile, die ich im VBT und auch in der Splash!-Edition gerappt habe. Du willst natürlich auf die Hinrunde gegen die Rote hinaus! (lacht) Ich habe das schon in ein paar Interviews gesagt, aber erkläre jetzt nochmal meine Sicht der Dinge zu der ganzen Geschichte. In der Hinrunde gegen die Rote habe ich ein paar private Fakten auf den Tisch gelegt, die aber nur gegen die Rote direkt gingen. In ihrer Rückrunde hat sie genau das Gleiche gemacht – und ist sogar noch einen Schritt weiter gegangen. Jetzt wird mir vorgeworfen, ich hätte irgendeine Grenze überschritten? Ganz ehrlich, das ist kompletter Bullshit und ich sehe das überhaupt nicht so. Ich war doch sogar noch so gnädig und hab' die Stories in der Hinrunde gebracht, dann hatte die Rote die Gelegenheit, sich in ihrer Rückrunde dazu zu äußern. Wenn das mal nicht nett ist, weiß ich auch nicht mehr. (lacht)


    rappers.in: Ging mir tatsächlich nicht explizit um dieses Battle! (lacht) Nee, man beobachtet viel mehr plötzlich in sämtlichen Battles, dass es dir viele Nachkömmlinge "gleichtun", viel mit Screenshots et cetera spielen und gerne mal Privatprofile ausschlachten. Das gab's meines Wissens nach letztes Jahr noch nicht so oft, deshalb die Frage.


    EstA: Ich finde, zu einem Battle gehört, Recherche zu betreiben. Die Leute wollen doch immer Gegnerbezug, dies das, und jetzt wird sich beschwert, wenn man diesen bringt. (lacht) Man sollte sich halt zwei Mal überlegen, bei so einem Turnier teilzunehmen, wenn man ein paar Leichen im Keller hat.


    rappers.in: Zum Abschluss hätten wir gerne noch einen kleinen Tipp an unsere Leser von dir: Welche Beschäftigung abseits der Musik hat den höchsten "EstAtainmentfaktor"?


    EstA: Kennst du Bugfights?


    rappers.in: Schon mal gehört, kann damit aber gerade nichts assoziieren ...


    EstA: Da lassen so kranke Japaner Insekten gegeneinander kämpfen. Ich bin natürlich komplett gegen jegliche Art von Tierquälerei oder sonst was, bitte nicht falsch verstehen. Hab' das vor einiger Zeit bei YouTube entdeckt und wenn du dir einen Kampf reingezogen hast, versprech' ich dir: Du schaust dir Minimum drei weitere an. (lacht) Aber was ich auch noch empfehlen kann, ist YouTube-Kommentare lesen. Das ist jedes Mal wieder ein riesengroßes Spektakel.


    rappers.in: Möchtest du sonst noch etwas loswerden?


    EstA: Nochmal vielen, vielen Dank für die ganzen Vorbestellungen. VBT- und MZEE-Edition sind leider schon ausverkauft, aber es gibt natürlich noch die normale auf Amazon und natürlich am 28.06. überall, wo es CDs gibt, Leute! Vielen Dank für das Interview.



    Pascal Ambros (ProRipper)

  • Was ich bisher gehört habe von seinen Veröffentlichungen nach dem VBT überzeugt mich jetzt schon wirklich!

  • Zitat

    Original von Fr33man
    Was ich bisher gehört habe von seinen Veröffentlichungen nach dem VBT überzeugt mich jetzt nicht so wirklich.


    Geht mir genauso. Im Interview klingt er ziemlich sympathisch, wenn auch ein bisschen zu patriotisch gegenüber der Halunkenbande, als ob er schon seit seiner Kindheit davon geträumt hat. Naja, gönn es ihm auf jedenfall :]

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!