01. Intro
02. Pheromone
03. Biggest Boss
04. Neureicher Wichser
05. Produkt der Umgebung feat. Jihad
06. Skit
07. Meine Farbe
08. Chrome
09. Blaues Blut
10. Grizzly feat. Animus
11. Barack Osama
12. Skit
13. Skrupellos feat. Jihad
14. Echte Männer feat. Silla & Jihad
15. City Boy feat. Jihad
16. Mut zur Hässlichkeit (JBG)
Wenn jemand "blaues Blut" hat, dann ist das entweder ein nie dagewesenes medizinisches Phänomen oder aber man nimmt es sprichwörtlich und es geht um Adelsgeschlechter und Aristokratie. Berliner Rapper und Maskulin-Labelchef Fler jedenfalls scheint es blau als Farbe angetan zu haben, weshalb er nun, nur knapp ein halbes Jahr nach seinem letzten Album "Hinter blauen Augen", sein neuestes Werk "Blaues Blut" veröffentlicht. Die Frage, ob Fler tatsächlich adelige Wurzeln hat, bleibt unbeantwortet, doch der viel wichtigeren Frage, ob wir es hier mit einem königlichen Album zu tun haben, möchte ich im Folgenden nachgehen.
Bereits im "Intro" zeichnet sich ab, was die Hauptthemen von "Blaues Blut" sind: Auf der einen Seite stehen die Narben der schlimmen Vergangenheit, auf der anderen Seite der Ruhm und der Reichtum, den Fler inzwischen erreicht hat. Passend dazu wird per Sprach-Sample eingespielt, dass der gute Flizzy sogar "Scars on top of scars" hat. Aua. Klingt aber rund, da genanntes Sample sauber in den ohnehin cool klingenden Beat eingearbeitet wurde, der mit Synthies und Kopfnicker-Drums das Album eröffnet. Der Rap, der dazu geliefert wird, kommt leider etwas monoton daher. Fler flowt oft so träge, dass er sogar nach den meisten Lines noch Zeit hat, die Reimworte per Echo zu wiederholen. Könnte man als Stilmittel zur Unterstreichung der Arroganz des Berliners deuten, wirkt auf mich aber eher, als wäre er beim Rappen ziemlich gelangweilt. Nach ähnlichem Schema geht es in "Pheromone" weiter. Fler rappt über seinen Erfolg und seinen dekadenten Lifestyle. Textlich kommt dies leider ziemlich flach daher. Der Berliner bringt hier mehr als einmal Lines, die einen die Haare raufen lassen. Und doch wirkt es irgendwie. Der simpel gehaltene Text bringt die gewollte Arroganz Flers ziemlich gut rüber und lässt ihn irgendwie erhaben wirken. Doch daran ist wohl zum größten Teil der wirklich großartige Beat Schuld. Dieser erscheint durch sein niedriges Tempo, kräftige Strings und wuchtige Drums wirklich monströs und ist eindeutig der Star des Tracks.
"Ich denke groß – Billionär/
Ich geb' nicht auf, ich will noch mehr/
Mehr Ketten, mehr Häuser, Mittelmeer/
Ihr seid mittellos, dafür gibt's kein Mittel mehr/"
(Fler auf "Pheromone")
Doch gibt es auf "Blaues Blut" noch mehr als Selbstbeweihräucherung? Ja – teilweise wird auch versucht, in die deepere Richtung zu gehen. Auf "Meine Farbe" zum Beispiel. Hier erzählt Fler davon, dass er es wegen seiner "Farbe" immer schwer in seinem Leben hatte. Ob er mit "Farbe" nun seine Hautfarbe meint oder doch die seines Bluts, das ja laut Albumtitel wohl blau ist, bleibt offen. Klar ist, Fler musste sich als Kind alleine durchbeißen und ist heute deshalb besonders stark. Trotz der seltsamen Inszenierung klingt der ehemalige Aggroberliner dennoch authentisch und real. Übermäßige Emotionen werden dennoch nicht rübergebracht, da die Stimmung immer wieder durch willkürliche Lines gebrochen wird, die erzählen, wie Flizzy auf seine Feinde schießt oder Ähnliches. Viel tiefer geht es thematisch auf "Blaues Blut" kaum. Höchstens noch auf dem Track "Produkt der Umgebung", der sogar mit Zitat aus einer Dokumentation anfängt. Na, wenn das nicht nur so vor Authentizität strotzt! Wie der Name des Lieds leicht vermuten lässt, geht es hier um die Umgebung, aus der Fler und Featurepartner Jihad kommen und was diese mit ihnen angestellt hat. Thematisch geht es hier in Richtung Gesellschaftskritik, Zeilen über den eigenen Kontostand oder Schießereien auf Rapgrößen bleiben dennoch nicht aus, was einen den Track leider nicht so ganz ernst nehmen lässt. Immerhin der Beat passt mit einer etwas dramatischen Piano-Melodie zur angepeilten Thematik.
"Der Rauch, der mich umgibt, der Smog in diesen Straßen/
Die Justiz und die Bullen, sie könn' mir ein' blasen/
Wir sind Hunde, die beißen, aber nie bell'n/
Willkommen in meiner Hood, wir schießen auf T-Pain/"
(Fler auf "Produkt der Umgebung")
Das war es dann auch mit den Tracks auf "Blaues Blut", die eine ernstere Schiene einschlagen wollen. Ansonsten herrscht nur Straßen- und Battlerap vor. Und natürlich Rap über Geld und Luxusgüter. Aber das muss ja nicht unbedingt schlecht sein. Denn tatsächlich gibt es unter genau diesen Tracks eine kleine Perle, in die ich mich ein wenig verguckt habe. "Chrome" kommt mit einem 1A produzierten Trap-Instrumental daher, das ein tolles Feeling vermittelt. Dazu ein Fler, der zwar auch wieder in allen Parts gleich flowt, dafür aber anders als auf dem Rest des Albums und das ist ja schon mal was. Spaß beiseite, der langsame Flow des Maskulin-Chefs, der beim ersten Hören noch etwas seltsam klingt, passt überraschend gut zum Beat und auch die extrem einfach gehaltene Hook fügt sich optimal ein. So ist "Chrome" zwar auch textlich unterdurchschnittlich, hat aber dafür das perfekte Klangbild eines modernen Raptracks. Dieses Konzept wurde wohl auf dem gesamten Album versucht, funktioniert leider aber nur hier so reibungslos. Das liegt wieder zu einem sehr großen Teil am Instrumental, das, wie das gesamte Album, von den Highjackers produziert wurde. Die Produzenten haben wirklich eine tolle Arbeit geleistet, denn die Beats auf "Blaues Blut" sind der Hauptgrund, warum man oftmals über die simplen Texte hinwegsehen kann und anfängt, mit dem Kopf zu nicken.
"Ich bin ein Berliner, doch chill' jeden Tag am Beach/
Ich lach' euch Rapper aus, meine Zähne sind gebleacht/
Ich jage meine Feinde wieder mit dem BMW/
Der Schönste hier im Land, wenn ich vor dem Spiegel steh'/"
(Fler auf "Chrome")
Fazit:
Wahrlich königlich kommt es nicht daher, das neue Album von Fler. Fast jeder Track gleicht dem anderen. Textlich sind sie austauschbar, flowlich kommt Frank White monoton und uninspiriert daher. Daran ändern auch die Features nichts, da sie dieselbe Schiene wie Fler fahren. Aber eines muss man Fler lassen: Er pickt super Beats. Und genau die retten dieses Release so ein bisschen. Denn dank der tollen Instrumentals hat "Blaues Blut" einen einheitlichen und vor allem coolen Sound. Sie sind es, was dieses Album vor der absoluten Belanglosigkeit rettet und so zur strahlenden Krone des blaublütigen Flers werden.
Florian Peking (Florginal)
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