01. Hölle
02. Romy Schneider
03. Schall und Staub
04. Skit
05. Dieses Lied
06. Aufstehen
07. Wer ist hier Rockstar feat. Persteasy
08. Platz
09. Kultus
10. Anneliese
11. Skit (Der mit der Säge)
12. Sommer in Stubenberg
13. Maxi Kings
14. Partybitch III feat. Lance Butters
15. Nimm die Beine in die Hand
16. Alles wird gut
Allzu besonders ließ er mich ja noch nicht aufhorchen, der österreichische HipHop. Neodisco konnte dies ein wenig ändern. Dem ein oder anderen dürfte die dreiköpfige Formation schon ein Begriff sein, wurden in den letzten Jahren doch schon einige Singles und EPs veröffentlicht. Nun bringen sie endlich das erste richtige Album in die Läden. Ob Neodisco hier neue Disco oder alte Schule bringt oder doch nur ein bisschen Krawall machen möchte, versuche ich im Folgenden herauszufinden.
"Hallo Hölle, das sind wir." Mit dieser Begrüßung leiten die drei Österreicher ihr erstes Studioalbum ein. Sofort wird klar: "Krawalle und Liebe" ist keine gewöhnliche Rap-Platte. Falls sich die Musik von Neodisco überhaupt noch in die Kategorie "Rap" einordnen lässt – aber ich bin nicht hier, um Schubladen zu beschriften. "Hölle" schlägt dem Hörer mit einer Fassade elektronischer Melodien und klatschenden Drums entgegen. Verstärkt wird das dichte Klangbild noch durch eine eingängige Hook, die wie dafür gemacht zu sein scheint, sich als Ohrwurm festzusetzen. Thematisch wollen die Jungs, passend zur wuchtigen Soundkulisse, lieber in die Hölle statt in den Himmel. Dort seien eh die cooleren Menschen. Schon hier schimmert klar die Attitüde durch, die auf "Krawalle und Liebe" vertreten wird: Wir scheißen auf Regeln und Konventionen. Wir sind die Jugend; wir machen, was wir wollen. Und das, was sie machen, klingt super. Denn auch der folgende Track "Romy Schneider" überzeugt durch ein stimmiges Klangbild. Der sehr poppige Beat trifft auf die lockeren Raps von Rapper Niko, dessen Art zu texten optimal zur Tunichtgut-Thematik des gesamten Albums passt. Seine charismatische Stimme tut das Übrige und schon steht der Neodisco-Sound. Da darf dann auch gerne mal ein Haftbefehl-mäßiges "Eova" auf den absolut radiotauglichen Beat gespittet werden. Die Stimmung passt trotzdem ... oder vielleicht gerade deswegen.
"Du willst in die Hölle, aber stehst nicht auf der Gästeliste/
Wenn ich mir dich so anseh' – besser is' es/
Um Vergebung bitt' ich vielleicht morgen/
Hier lässt es sich leben, dafür bin ich gern' gestorben/"
(Neodisco auf "Hölle")
Bevor die drei Grazer aber in die "Hölle" dürfen, muss erst mal das Leben gemeistert werden. Da stellt man sich schon mal die altbekannte Frage: Warum das alles, wenn die Welt schon morgen nicht mehr sein könnte? Vertont nennt sich das dann "Schall und Staub" und kommt in einem lockeren Instrumentalgewand und einem ebenfalls super einprägsamen Refrain daher. Dieser ist, wie vieles auf "Krawalle und Liebe", nicht gerappt, sondern gesungen. Auch das klingt rund und wertet das Lied weiter auf. Textlich ist "Schall und Staub" sicherlich keine Offenbarung, doch die teilweise simplen, aber dennoch vor Ironie und Stilmitteln strotzenden Texte ergänzen sich toll mit der stimmigen elektronischen Soundkulisse. Da können die einen oder anderen Lines auch noch so banal scheinen, zum Nachdenken regen sie im Endeffekt dann doch an. Das trifft auch auf den wohl ernsthaftesten Song auf "Krawalle und Liebe" mit dem Titel "Dieses Lied" zu. Hier wird es ruhiger, was sich auch im Beat widerspiegelt. Wo sonst die ganze Platte mit eingägigen Elektro-Melodien und Kopfnicker-Drums bestückt ist, wird hier auf einen minimalistischen Piano-Beat gesetzt. Dieser hat aber durch seine harten Drums einen dennoch recht rasanten Charakter. Auch an diese Produktion schmiegt sich die charismatische Stimme des Rappers überaus passend an und in der Hook wird das Ganze noch mit Gesangsvocals verfeinert. Erzählt wird von verflossener Liebe, Enttäuschung und Reue, was sich thematisch zwar gängig anhört, aber durch die eigenwillige Art der Texte und den charakterstarken Beat zu einem einzigartigen Sound verschmilzt.
"Wusste nie, ob ich ein' Menschen finde, der mich versteht/
Okay, vielleicht tust du's nicht, aber selbst wenn du es fakest/
Machst du's so viel besser, als alle anderen, die da war'n/
Soviel besser, als alle anderen, die dann kam'n/"
(Neodisco auf "Dieses Lied")
Doch lange wird auf "Krawalle und Liebe" nicht Trübsal geblasen. Lieber wird auf den Putz gehauen und Party gemacht. So erhält sich immer das Image des charmanten Versagers aufrecht, wenn man an der Bar "Platz" braucht oder aufgrund des ein oder anderen Drinks über den Durst nicht ins "Kultus" kommt. Hier geht der Sound passenderweise immer mehr in Richtung Elektro, sodass diese Tracks auch ohne Probleme im Club um die Ecke laufen könnten. Doch das Spektrum der Produktionen wird noch größer. Auf "Wer ist hier Rockstar" erwarten den Hörer adäquaterweise knallende E-Gitarren. Außerdem wird die Band hier von einem gewohnt arroganten Persteasy unterstützt, der einen stimmigen Part beisteuert und sich stimmlich gut mit Neodisco ergänzt. Apropos arrogante Rapper: Für den zweiten Featurepart hat sich die Band mit Lance Butters einen weiteren, ähnlich überheblichen Rapper ins Boot geholt. Gemeinsam wird sich auf "Partybitch III" über leichte Mädchen des Nachtlebens ausgelassen. Auf Neodiscos Seite geschieht dies wieder mit einer ordentlichen Prise Selbstironie, Lance Butters hingegen setzt eher auf pure Prahlerei. Dies stört das Gesamtbild, da es leider nicht allzu gut zusammen passt und lässt den Track, im Vergleich zum hohen Niveau der restlichen Titel, ziemlich schwächeln.
"Er sagt, mir fehlt's an Niveau für sein Etablissement/
Doch glüh' ich vor nur mit Dom Pérignon/
Ich habe Stil und sauf' Long Island aus dem Weizenglas/
Wir singen Katy Perry Karaoke – Heidenspaß/"
(Neodisco auf "Kultus")
Fazit:
"Krawalle und Liebe" klingt anders als das gemeine Rap-Album. Elektronischer, melodischer und, ich bin fast versucht es so zu sagen, besser. Die Tracks haben allesamt einen einheitlichen Sound und dennoch besitzt jeder einzelne einen eigenen Charakter und eine verschiedene Stimmung. Dies ist nicht zuletzt den durchweg großartigen Beats zu verdanken. Jeder Beat klingt höchst professionell produziert und hebt sich mit Leichtigkeit von jeglichem Einheitsbrei der Musiklandschaft ab. Hinzu kommen treffende Gesangsparts, die im Ohr bleiben und Rap-Parts, die stilistisch eigenwillig und frisch formuliert eingerappt wurden. Alles in allem ergibt sich so ein einzigartiges Gesamtprodukt, das in sich stimmig ist und es perfekt schafft, seine jugendlichen Botschaften zu transportieren.
Florian Peking (Florginal)
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