Review: Flip & Average – Tuesday Classics Volume 2



  • 01. Hip Hop Junkies
    02. Definition
    03. Hahn in der Hand
    04. Der Joint
    05. 93 bis
    feat. Aphroe & Roger
    06. Rennen feat. Huckey
    07. Kling Kling Kling feat. DJ Url
    08. Come on mit dem sei down
    09. Tu es schon
    10. Faken den Funk
    11. Das Was
    12. Kann es so simpel sein


    Mal abgesehen davon, wie innovativ es ist, amerikanische Rap-Klassiker aufs Geratewohl ins Deutsche zu übersetzen; neuen, alten Rap gibt es immerhin mehr als genug. Die Österreicher Flip und Average haben durch ihre "Tuesday Classics" in 2011 viel Zuspruch erhalten. Das lag vor allem an ihrem außergewöhnlichen Projekt, das darin bestand, jede Woche den Beat eines amerikanischen HipHop-Klassikers – in der Regel Dienstags – nachzubauen und den dazugehörigen Text ins Deutsche zu übersetzen. Und das innerhalb weniger Stunden. Dementsprechend brachte das "Gaudi-Projekt" einige kuriose Formulierungen hervor. Auf "Sie wollen EFX" beispielsweise forderte man auf, das "Schenkelbein" mit dem "Knochenbein" zu verbinden; das erinnerte schon fast an die ungewollte Komik in schlecht nachsynchronisierten Dauerwerbesendungen, da in diesem Fall die übersetzten Raps unter das Original-Video gelegt wurden. Außerdem rückte es das Projekt aus dem Licht der belehrenden Geschichtsstunden hin zu einem feucht-fröhlichen Flashback. Nicht verwunderlich war es somit auch, dass sich die beiden einer weiteren Episode ihrer dienstägigen Klassiker annahmen. Drum, verbinden wir einfach mal den Zeigefinger mit der Play-Taste, pa rum pum pum!


    "Eins, zwei, drei/
    Flip und Average sind am Mic/
    [...]
    Ziemlich einfach, MC zu sein/
    Haben kein Rückgrat und keine Zeit/
    Zu viel Wackness im HipHop – ay yo!/
    "
    (Flip und Average auf "Definition")


    Im Original lauten Mos Defs & Talib Kwelis Verse wie folgt:


    "One, two, three/
    Mos Def and Talib Kweli/
    [...]
    It's kind of dangerous to be a mc/
    They shot Tupac and Biggie/
    Too much violence in HipHop, yo/
    "
    (Mos Def & Talib Kweli auf "Definition")


    Ohne tiefe geschichtliche Verbundenheit hätten die Österreicher ihre Neuinterpretationen kaum so leidenschaftlich, überzeugend und frisch in kürzester Zeit produzieren können. Viel Fingerspitzengefühl zeigte vor allem Texta-Mitglied Flip bei den detailgetreuen Instrumentierungen der Reproduktionen. Jede einzelne noch so kleine Facette des Originals wird durch eine ebenbürtige Flip'sche Adaption geschätzt und geehrt. So abgegriffen es klingt: Die beiden leben nicht von, sondern für die Musik. Und das hat sich offensichtlich bis zur amerikanischen Ostküste in die New Yorker Bronx herumgesprochen; denn Nice & Smooth, deren Track "Hip Hop Junkies" ebenfalls einen österreichischen Anstrich erfährt, zeigen sich in einem Shout über die Neuauflage ihres Klassikers sehr angetan. Ebenjener Track ist neben "Hahn in der Hand" und "Definition" eine der forscheren, flotteren Nummern mit ungemeinem Kopfnickerpotenzial. Viel Lockerheit versprühen die flowstarken Österreicher vor allem durch ihren österreichischen Zungenschlag, der sich bei der großen Masse eigentlich keiner großen Beliebtheit erfreut. Aber hier ist er für die vielen kleinen Variationen in den Betonungen kaum entbehrlich. Locker flockig stolzieren Flip und Average tanzend über den blechig-jazzigen Beat von Cypress Hills "Hand On The Pump", lalalala-lalala-la ... ich fühl' den Scheiß! Dass die zwei auch bei ihrer Fortsetzung schneller geschrieben als aufgenommen haben, legen manche sehr kreative textliche Konstruktionen nahe:


    "Die Brüder am Machen und geben's nie auf für die Fuckers/
    Sag ruhig 'Fuckers', denn wir treiben's mit Weibern wie die Azzlackz/
    [...]
    Ich rocke dir jede Jam mit Sam und renn' so in die Tightness/
    Doch Biter und schlecht rappende Rapper – keine Leistung/
    "
    (Average auf "Come on mit dem sei down")


    Im Original lauten Artifacts' Verse wie folgt:


    "Cause brothers be buggin' not givin' love to the nuccas/
    Sayin' fuck us, cause we be shinin' brighter than the suckers/
    [...]
    I just wanna do my jams with fams and slam into some hypeness/
    But biters and backstabbin' rappers don't even like us/
    "
    (Artifacts auf "C'mon wit da git down")


    Mögen die Tracks, denen sich die Österreicher angenommen haben, unvergessliche Klassiker sein, so gehören durch die unverwechselbaren smoothen Melodien "Hahn in der Hand" und "Hip Hop Junkies" zu den großen Highlights. RAG-Mitglied Aphroe, der im vergangenen Jahr ein verdächtig ähnliches Projekt auf die Beine stellte, unterstützt Flip und Average zusammen mit Blumentopf-Member Roger auf "93 bis". "This is how we chill from 93 'til" von Souls Of Mischief hört sich im Original sicher etwas eleganter als "Das ist wie wir chillen im eigenen Film" von Average an. Dass sich die zwei genau daraus einen Spaß machen, suggerieren zudem die teils sinnfrei und selbstironisch ins Deutsche übersetzten Tracktitel. Aus "C'mon wit da git down" wird "Come on mit dem sei down" und "Hand on the pump" wird zu "Hahn in der Hand". Das ist ebenfalls Teil der Grundessenz des Projekts: Der gesunde Humor, der es erlaubt, über sich selbst zu scherzen. Die "Hip Hop Junkies" bereichern uns so mit einem Projekt, dessen Besonderheit ausschließlich im Novum liegt und von der Idee lebt. Weitere Episoden würden den ursprünglichen Impact allerdings nicht reproduzieren können, sondern dem Zeitgeist von Vorgestern hinterherlaufen. Es sind keine neuen Erkenntnisse, die "Tuesday Classics Volume 2" bereithält, sondern das herzhaft unüberlegte Zelebrieren und Rekapitulieren der alten Zeiten, in denen die Szene noch in den Kinderschuhen steckte. Das ist lustig und unterhält, aber nicht nachhaltig und durch weitere Fortsetzungen für das Deutschrapspiel wohl eher ein Rückschritt. Doch solange dem nicht so ist, dürfen die zwei getrost in Gebäuden sein und ergonomische Höchstleistungen vollbringen.



    (Die Robbe)

    [REDBEW]1098 [/REDBEW]

    Bewerte diese CD:
    [reframe]reviewthread.php?reviewid=1098 [/reframe]
    [azlink]Flip %26 Average %96 Tuesday Classics Volume 2 [/azlink]

  • Das Souls Of Mischief Ding mit Aphroe und Roger ist schon nice. Insgesamt stimme ich dem Verfasser der Review aber zu, kurzweilig und unterhaltsam aber auf die Dauer nicht das Wahre.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!