Review: Lakmann – 2 Gramm gegen den Stress



  • 01. Intro
    02. Ruhrpott Rydermusic
    03. Zeichen und Wunder
    04. Früher war es anders
    feat. DJ Dier
    05. Real Talk feat. DJ Rocksta
    06. Wofür mach ich das
    07. Reflektionen

    08. Pottracer feat. Mr. Nice & DJ Unkut
    09. Tabbi's Song feat. Tabata
    10. Serious Spitter
    11. Straight aus Witten
    12. Xclusive Radio
    feat. Mr. Flipstar
    13. Das letzte Wort
    14. Seelischer Schaden
    15. 3 nicht allein
    feat. Mr. Flipstar & Lenny


    "Wisst ihr morgen noch, wer heute euer Held war?", fragte Torch zu Beginn der Jahrtausendwende in DJ Tomekks "Return of HipHop". Eine berechtigte Frage, denn gerade Rapmusik legt viel mehr musikalisches Vergessen an den Tag als andere Musikrichtungen. Während auf Metalfestivals regelmäßig Headliner der letzten drei bis vier Jahrzehnte gastieren, zählen Namen wie Public Enemy oder A Tribe Called Quest nicht unbedingt zum Allgemeinwissen der jüngeren Raphörer. Gleiches gilt leider im Deutschrap für Creutzfeld & Jakob, deren Albumdebüt "Gottes Werk und Creutzfelds Beitrag" Klassikerstatus beanspruchen kann. Die beiden ursprünglichen Gründer waren Flipstar und Lakmann. Ebenjener Lakmann, der nach jahrelanger Abstinenz nun ein neues Tape vorlegt. Einen Bruch mit der Vergangenheit gibt es dabei nicht: Neben zwei Flipstar-Features ist auch der Titel "2 Gramm gegen den Stress" eine deutliche Anspielung auf das letzte gemeinsame Album "Zwei Mann gegen den Rest" von 2003. Seitdem ist viel Zeit vergangen, was passenderweise in dem Track "Reflektionen" gedanklich verarbeitet wird:


    "Und Mr. Flipstar hab' ich lang nicht gesprochen/
    Ich geh' meinen Weg alleine, die Hälfte nur gekrochen/
    Ein Schreien nach Hilfe steckt in jeder Silbe/
    Soll ich jetzt auch irgendein Label bilden?/
    "
    (Lakmann auf "Reflektionen")


    Künstlerisch ist "2 Gramm gegen den Stress" ein klares Statement in Richtung Oldschool-Attitüde. Kommerziellen Zuschnitt sucht man vergebens und auch die Single "Wofür mach ich das" kommt ohne eingängige Hook oder charttauglichen musikalischen Zuschnitt aus. Je nach Konzept kann das Vor- oder Nachteil sein – hier auf diesem Album zahlt es sich positiv aus. Die Mischung aus deepen Tracks, wie dem der Tochter gewidmeten "Tabbi's Song", "Das letzte Wort" und Spitter-Tracks wie "Serious Spitter" und "Xclusive Radio" ist insgesamt ausgewogen. Die Flipstar-Features sind durchweg gelungen und profitieren von einem hohen Nostalgie-Bonus durch den vertrauten Sound von Creutzfeld & Jakob. Gerade der Schlusspunkt "3 nicht allein" mit Flipstar und Lenny besticht durch einen chilligen Beat und gut aufgelegte MCs mit unterhaltsamen Lines wie Lakmanns "Viele Bitches klopfen an meine Tür, doch ich lass nur Meg Ryan". Neben dem Schlusstrack gehören der textstarke Representer "Ruhrpott Rydermusic" und der atmosphärischste Song des Albums, "Zeichen und Wunder", zu den Highlights. Gerade Letzterer ist ein exemplarisches Beispiel, wie deepe Lyrics, interessante Samples und ein deeper Beat gelungen kombiniert werden können:


    "Wenn die Geschichte mal zu Ende geht, dann nicht in Frieden/
    Ich tu' schon alles, was ich kann, um meinen Kopf zu besiegen/
    Wenn mal was Gutes kommt, dann bleibt's in der Familie/
    Wenn mal was Schlechtes kommt, dann war's von mir persönlich/
    Doch so einen Scheiß hat kein kleines Kind noch nötig/
    Ich seh' die Kraft und nichts erscheint unmöglich/
    "
    (Lakmann auf "Wunder")


    Im Vergleich zu "All In" ist Lakmanns neuestes Werk künstlerisch ein deutlicher Schritt nach vorne, gerade in den Punkten Stringenz und Stimmung. Die Kritikpunkte sind ebenso offensichtlich wie perspektivenabhängig. Zum Ersten verzeichnen die Texte eine gewisse Beliebigkeit, die sich in teils endlosen Reimketten ausdrückt, die nicht durchweg konzipiert scheinen. Zum Zweiten fehlt dem Ganzen eine klare musikalische Note. Lakmann steckt nicht viel Arbeit in stimmliche und flowliche Variation, melodiöse Hooks oder Gesangsfeatures. Drittens sind die Beats gut ausgewählt und ergänzen sich musikalisch, klingen aber wie die Mische des Albums streckenweise mehr nach Konserve ("Real Talk"), als nach der gewollten Old-School-Attitüde. Auf "2 Gramm gegen den Stress" sind diese drei Umstände offensichtlich weniger dem Können geschuldet, als dem bewussten Style, den Lakmann hier verkörpern will. Trotzdem wird der leichte Mangel an Sorgfalt beim Songwriting und die defizitäre musikalische Seite manchen Hörer abschrecken. Die traditionellen HipHop-Heads allerdings nicht. Die kleine, erste Auflage des Tonträgers war bereits nach kurzer Zeit ausverkauft. Es gibt immer noch viele, die wissen, wer gestern noch ihre Helden waren.



    Philipp

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  • Zitat

    Original von Philipp_
    Zum Zweiten fehlt dem Ganzen eine klare musikalische Note.


    du weißt schon, dass das ein mixtape ist und lakmann mitunter altbackene amibeats gepickt hat?

  • Zitat

    Original von Philipp_
    ("Real Talk"), als nach der gewollten Old-School-Attitüde.


    glaub da das teil hauptsächlich realtalk ist.
    ist die Oldschool-Attitüde ein Guter Beigeschmack ;)
    aber sonst eine gut zu lesende Review.

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