Zweifel im Hakenkreuzfall: Alles nur erfunden?

  • Im sogenannten Hakenkreuz-Fall von Mittweida deutet sich eine Wende an: Die angeblich im November von vier Neonazis misshandelte 17-Jährige könnte sich das NS-Symbol laut Chemnitzer Staatsanwaltschaft selbst in die Haut geritzt haben. Dies sei nach einem neuen rechtsmedizinischen Gutachten zumindest nicht auszuschließen. Gegen die junge Frau werde nun wegen Vortäuschens einer Straftat ermittelt, hieß es am Dienstag.
    Selbst ob die junge Frau dem Mädchen geholfen hat ist zweifelhaft


    Bislang gingen die Ermittler davon aus, dass vier rechtsextreme Skinheads am 3. November in der sächsischen Kleinstadt ein sechsjähriges Mädchen aus einer Aussiedlerfamilie belästigt und der zur Hilfe eilenden Jugendlichen ein Hakenkreuz in die Haut geschnitten hatten. Nun gibt es selbst an der Version, dass die Frau dem Mädchen zur Hilfe gekommen sei, ernsthafte Zweifel. Entgegen ursprünglichen Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft hieß es jetzt, dass das kleine Mädchen noch nicht ermittelt werden konnte. Mehrere Wochen hatte die Polizei vergeblich nach Zeugen gesucht.


    Der Fall war von Beginn an mysteriös. Die junge Frau hatte erst neun Tage nach dem Vorfall die Tat bei der Polizei angezeigt. Die Ermittler gingen ihrerseits erst Ende November mit einem Fahndungsaufruf an die Öffentlichkeit. Laut damaliger Mitteilung schlossen Rechtsmediziner aus, dass sich die 17-Jährige die Verletzungen selbst zugefügt haben soll.
    Bis heute keine Zeugenmeldungen trotz Belohnung


    Auch Mittweidas Bürgermeister Matthias Damm (CDU) hatte nach einem Treffen mit der Jugendlichen keine Zweifel an ihrer Version. Er versuchte, bei der Aufklärung zu helfen, und schickte mehr als 100 Briefe an Anwohner, die das Geschehen beobachtet haben könnten. Denn die junge Frau hatte angegeben, dass mehrere Menschen von ihren Balkonen aus den Übergriff beobachtet hätten, ohne Hilfe zu leisten. Bislang meldeten sich aber trotz einer Belohnung von 5000 Euro keine Zeugen.


    Damm forderte in einer ersten Stellungnahme, dass viele, die voreilig über Mittweida geurteilt hätten, ihre Meinung wieder revidieren müssten. «Wir haben ein Rechtsextremismus-Problem», sagte Damm. «Wir sind aber - wie oft dargestellt - keine Nazi-Stadt.» Der Extremismusbeauftragte im Mittweidaer Landratsamt, Manfred Lindemann, sagte laut einer Mitteilung: «Dieser Vorgang zeigt wiederholt, dass sachliche Arbeit wichtiger als Aktionismus ist.» Die Chemnitzer Staatsanwaltschaft räumte ein, dass der «wohl falsche Eindruck» entstanden sei, die Bevölkerung habe in diesem Fall nicht genügend Zivilcourage gezeigt.


    Quelle: dpa

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