01. Intro
02. CEO
03. Hinter blauen Augen
04. Slumdogmillionär
05. Höhenflug
06. Nummer Eins
07. Schönheit ist vergänglich feat. Animus
08. Skit
09. Zu Gangster feat. Silla & French Montana
10. Vampir feat. Moe Mitchell
11. La Vida Loca
12. Nimm mich, wie ich bin
13. Atme ein, atme aus
14. Psychopat
15. Lui V alles
16. Lady Killa
17. Skit
18. Du bist es wert feat. Silla & Moe Mitchell
Bonus-Tracks:
19. Team Blade feat. Kool Savas
20. Loyalität feat. G-Hot & Alpa Gun
Nach der Veröffentlichung von "SBM 2" mit Silla in der erste Hälfte des Jahres folgt nun, in der kalten Saison, ein neues Soloprojekt des Erfolgsrappers Fler. Während "SBM 2" noch durch seine offensive Kaltschnäuzigkeit zu beeindrucken wusste, hat man bei "Hinter Blauen Augen" – um das schonmal vorwegzunehmen – mehr denn je das Gefühl, als sei bei Fler irgendwie die Luft raus. Der Titel suggeriert einen persönlicheren Blick auf den Rapper, einen Blick hinter die vielzitierte harte Schale dieses "Bad Boys". In etwa so wie es auf seinem letzten Soloprojekt "Im Bus ganz hinten" in den großen Momenten bereits angedeutet wurde. Nur eben noch besser. Noch konsequenter. Stattdessen entpuppt sich der Titel als bloßes Gewäsch und nach dem Hören fühlt man sich mit der Frage zurückgelassen, was sich denn jetzt genau hinter diesen blauen Augen befindet. Dahinter scheint sich das Gehirn eines waschechten Cineasten zu befinden. Anders kann ich mir den Geistesblitz, ein "Gangsterrap"-Album mit einem deutsch synchronisierten "Goodfellas"-Zitat zu beginnen, nicht erklären. Bei solch einem Ideenreichtum fragt man sich, was wohl als nächstes kommt? Vielleicht ein Spruch aus "Scarface" – das wäre doch mal was ... Dass Innovation nicht unbedingt zu Flers Stärken gehört, ist dem ein oder anderen aufmerksamen Hörer sicherlich bewusst, was den Guten aber nicht daran hindert, es auf seinem neusten Langspieler "Hinter Blauen Augen" erneut unter Beweis zu stellen:
"Der frühe Vogel fängt den Wurm – Adlerauge/
Illuminati Maskulin – Aberglaube/"
(Fler auf "CEO")
Auf dem Opener "CEO" spielt Fler auch schon eine seiner größten Stärken aus: Er bedient sich bei seinen amerikanischen Vorbildern. Betrachtet man das Cover, hat man Patrick Losensky lebhaft vor sich, wie er mit seinen wirklich außerordentlich blauen Augen über den großen Teich guckt und gerne so wäre wie die da drüben. Und wenn er dann mit großen, blauen Augen über den großen Teich schaut, gerne so wär' wie die da drüben und sich in Supa Dupa Flow auf Südstaatenbeats versucht, frage ich mich als Hörer eigentlich nur, wieso Deutschland so beschissen langsam bitet. Fler hat offensichtlich noch nicht ganz raus, wie man die GEMA-Sperre bei YouTube umgeht, sonst hätte er unweigerlich erfahren, dass das, was er da abzieht, seit gefühlten zehn Jahren so ausgelutscht ist, dass kein Hahn mehr danach kräht: Dem Gesamtprodukt fehlt es schlicht an Eigenständigkeit. Auf dem Titeltrack "Hinter blauen Augen" schafft er es dann, die Titel gleich zweier Klassiker plump zu übersetzen, jeder Sinnhaftigkeit zu berauben und in einen Track zu packen, der sich des exakt gleichen Rezeptes bedient wie der Opener. Pete und Nancy wären sicher stolz. Es folgt der Track "Slumdogmillionär". "Slumdogmillionär"? Wovon könnte der Track bloß handeln? Richtig, es geht darum, von ganz, ganz unten nach ganz, ganz oben zu kommen und das natürlich ganz alleine. Gewissermaßen der indische Traum. Ghetto war gestern.
"Ich bin ein Slumdogmillionär, du weißt/"
(Fler auf "Slumdogmillionär")
Mit "Höhenflug", "Nummer Eins" und "Schönheit ist vergänglich" (feat. Animus) gleich drei schmalzige, wohl für die Damenwelt bestimmte Nummern, die – man ahnt es schon – das Phrasenschwein ganz ordentlich mästen. Denn wie auch beim ganzen Rest des Albums drängt sich einem der Verdacht auf, Fler arbeite einen Kanon ab, der Themen und Sounds beinhaltet, die eine möglichst große Zielgruppe erreichen sollen. Das wird dann vom Künstler selbst gerne mal als Vielfalt bezeichnet. Bei solch einem – man muss schon sagen – Produkt ist es dann nur folgerichtig, dass man auch bei den obligatorischen "Mädchentracks" zu keiner Zeit das Gefühl hat, man habe es mit tatsächlichen Emotionen des Protagonisten zu tun. Es folgt das autotunegeschwängerte "Zu Gangster" mit Silla und French Montana, auf dem auf einem sommerlichen Plastikbeat über Geld und Frauen und alles, was so dazugehört, gerappt wird. Das passende Musikvideo, in dem ein paar Hampelmänner mit Champagner, Bling, Billionaire Boys Club-Klamotten, gemietetem Sportwagen und einer Handvoll halbnackter Damen ihren Reichtum geschmacklos zur Schau tragen, läuft im Kopf mit. Was an der ganzen Sache jetzt eigentlich "so Gangster" sein soll, erschließt sich auch bei den amerikanischen Originalen nicht so ganz. Einen ähnlichen Leitfaden verfolgen auch "Nightlife" (feat. Moe Mitchell)" und "La Vida Loca", wobei Ersteres eine Vampirmethaphorik verwendet, die auf dem trappigen Instrumental beinahe so etwas wie frischen Wind in das Geschehen bringen würde, wenn sie nicht lyrisch wie technisch so dermaßen langweilig wäre. Auf der Premium-Edition, die den bereitwilligen Käufer mit ganzen zwei Bonus-Tracks belohnt, kommt es zu dem von Fler schon längere Zeit gewünschten Savas-Feature, das sich spätestens mit der "Rapfilm"-Liebäugelei der beiden angekündigt hatte. Auf dem Track selbst beginnt Kool Savas mit einem furios geflowten und lyrisch erfrischend verspielten Part. Fler hält mit repetitivem Supa Dupa Flow, der in dieser Frequenz und inhaltlichen Zweckmäßigkeit nun wirklich zu viel des Guten ist, dagegen und geht zwar neben seinem Gast deutlich unter, liefert aber seinen technisch aufregendsten Part ab.
"Großmaul – Alligator/
Entertain' ich euch nich'? – Gladiator/"
(Fler auf "Team Blade")
Es ist tatsächlich so, dass man sich lediglich die Tracklist von "Hinter Blauen Augen" ansehen muss, um zu jeder Anspielstation treffsichere Angaben zu Thematik, Beat und verwendeten Worten machen zu können. Dieser Umstand, gepaart mit Flers bescheidenen Fähigkeiten als Rapper und – bis auf Savas' Reimgewitter – langweiligen, durchschnittlichen Featureparts, macht es einem verdammt schwer, auch nur einen Song des gesamten Albums gut zu finden. Wenn ich Musik höre, möchte ich überrascht werden, berührt werden, euphorisiert oder mitgerissen werden. Sei es nun durch textliche oder musikalische Qualitäten. "Hinter Blauen Augen" erfüllt keines dieser Kriterien auch nur einen Moment lang. Der oben beschriebene Verdacht, man habe es mehr mit einem Produkt denn mit einem Kunstwerk zu tun, verfestigt sich nach Durchhören des Langspielers nahezu zu einer Gewissheit. Aber was rede ich? "No one knows what it's like ..."
(disdi)
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