Müsste man in der fünfjährigen Geschichte des Videobattleturniers auf rappers.in das wohl polarisierendste VBT nennen, so würden die meisten Zuschauer mit Sicherheit das diesjährige wählen. Denn immerhin handelt es sich beim VBT 2012 eindeutig um das mit den meisten Überraschungen. Zahlreiche bekannte Namen, aber auch vielversprechende Newcomer konnte man in der Teilnehmerliste unter den 1.253 MCs, die im Mai ein gültiges Qualifikationsvideo einreichten, ausfindig machen. Favoritenrollen wurden verteilt und änderten sich von Runde zu Runde im Vergleich zu den vorangegangenen Turnieren ins immer Abstraktere. Letztlich wurden sie genau denjenigen zuteil, die man zu Beginn des VBT 2012 wohl mit Sicherheit nicht im Viertel-, Halb-, oder gar Finale gesehen hätte. Doch trotz vieler Aufschreie an allen Stellen ist eines sicher: Auch im "Weltuntergangsjahr" sorgte das Videobattleturnier wieder für beste Unterhaltung auf den heimischen Monitoren. Und es wächst beständig weiter. Bevor der ganze Stress für Teilnehmer, Jury und Publikum mit dem kommenden VBT 2013 aber wieder so richtig los geht, wollen wir euch die Zeit mit unserem frisch eingerichteten VBT-Magazin, das mal eben eine Rundumerneuerung erfahren durfte, vertreiben. In diesem Rahmen präsentieren wir euch in den kommenden Wochen einige Interviews mit diversen Acts, die unserer Meinung nach im diesjährigen VBT besonders auffallen konnten – sei es durch ihre ständige Präsenz, ihre Ausstrahlung oder ihre Siege.
rappers.in: Du hast in diesem Jahr an unserem VBT teilgenommen und bist uns und einem Großteil des Publikums dabei besonders aufgefallen. Was hat dich denn zu Beginn dazu bewegt, am VBT teilzunehmen? Was war dein anfängliches Ziel und konntest du es erreichen?
Happy Beckmann: Da ich letztes Jahr schon teilgenommen habe und das Format einfach cool finde, dachte ich mir, ich bin dieses Jahr auch wieder dabei und reiß' es ab. Irgendwie habe ich das auch durchgesetzt. Rappen ist seit circa drei Jahren mein Ding, vor allem mit John. Und das VBT hat mich einfach angesprochen.
rappers.in: Wie hast du diesen ganzen VBT-Hype um dich herum wahrgenommen? Mit der Zeit ist dein Publikum mit Sicherheit immer weiter gewachsen – hast du das alles realisiert?
Happy Beckmann: Es war schon ein extremer Unterschied. Wir haben früher nur für uns gerappt und ich hatte auch nie eine Fanpage, sondern einfach nur eine ganz normale Seite. Erst ab der zweiten Runde habe ich mir eine zugelegt und seitdem steigen die Like-Zahlen der Fanpage auch deutlich an.
rappers.in: Das Interessante ist ja, dass der Hype um dich nicht nur durch deine Solo-Runden gekommen ist, sondern gerade auch aufgrund der vielen Hooks, die du für andere Künstler gemacht hast. Am Schluss gab es in fast jeder Runde eine Beckmann-Hook ...
Happy Beckmann: Ich lache mich mit John zusammen bei jeder Hook zu Hause tot. Wir sitzen da und denken uns nur: "Das hören gleich so viele Leute und schreiben jetzt sowas drunter." Meistens entstanden die Hooks auch alle sehr fristnah, sodass wir vieles auf den letzten Drücker gemacht haben. An sich steckt da also nicht viel dahinter.
rappers.in: Apropos "Hype": Durch deine Battles im VBT wirst du sicher einige Fans dazugewonnen haben – wie, denkst du, wirst du diese mit deiner "normalen" Musik halten beziehungsweise von ihr überzeugen können?
Happy Beckmann: Die Musik, die ich beim VBT gemacht habe, ist nicht großartig anders als die eben "normal" genannte Musik. Nur, dass ich beim VBT battle und viel raushaue. "Normal" rappe ich eigentlich das Gleiche ... nur über Frauen. (lacht)
rappers.in: Was hat sich für dich alles im Bezug auf dein künstlerisches Schaffen durch das VBT geändert? Wie gehst du damit um?
Happy Beckmann: Die Runden schreibe ich wesentlich schneller als die anderen Texte. Beim VBT hat man direkt ein Thema und den Gegner, den man sich anguckt und sich dann was ausdenkt. Es ist schon was anderes. Ich bin auf jeden Fall kein Rapper, der sagt, dass meine Kindheit schrecklich war und ich aus einer ganz üblen Gegend komme. Das könnte ich auch gar nicht, da ich sowas nicht zu erzählen habe.
rappers.in: Wie kommst du spontan auf Trackideen? Sind das Eingebungen? Und gibt es Themen, die du unbedingt abhandeln willst?
Happy Beckmann: Ich mache schon lieber Thementracks. Die Ideen kommen einfach so, denn eigentlich sitze ich meist nur dumm vor meinem Rechner und lache darüber, wie amüsant es wäre, dieses und jenes zu verarbeiten. In letzter Zeit habe ich ein paar Tracks gemacht, die auf der Soundcloud-Seite von der Reimebude zu finden sind. Die behandeln dann beispielsweise Thematiken wie "Schmarotzer" – so heißt übrigens auch der Track.
rappers.in: Inwiefern hat sich das VBT auf dein Privatleben ausgewirkt und was sagen deine Familie und Freunde zu diesen Veränderungen?
Happy Beckmann: Meine Familie feiert meine Runden ebenfalls. Die kannten ja noch die Rapanfänge mit John zusammen im Keller meines Familienhauses. Damals fanden sie es nicht so gut, weil wir einfach viel Sinnloses gerappt haben. Inzwischen kommen auch unangemeldet Leute bei mir vorbei und klingeln bei mir, weil sie das Haus aus den Videos kennen.
rappers.in: Nervt dich diese Bekanntheit und wirst du auf der Straße oft erkannt?
Happy Beckmann: Zum Glück werde ich nicht beziehungsweise nicht so viel erkannt. Da hab' ich meine Brille ja auch nicht auf und dann erkennen mich die Leute wohl nicht. Ich poste auch nicht jeden Tag auf meiner Facebook-Fanpage irgendwelche Sachen, denn ich war noch nie so der Internettyp.
rappers.in: Kommen wir mal explizit auf deine Teilnahme am VBT zu sprechen. Zuerst einmal eine kurze Selbsteinschätzung: Worin liegen deiner Meinung nach VBT-technisch deine Stärken und worin deine Schwächen?
Happy Beckmann: Meine Schwächen liegen auf jeden Fall im Sinn! Meine Stärken ... darin, dass es sinnlos ist. (lacht)
Dollar John: (aus dem Hintergrund) Deine Stärke ist, dass du behindert bist und flowen kannst, egal, was du machst!
rappers.in: Hat sich im Laufe des Turniers deine Herangehensweise an das Schreiben, Recorden, Filmen und Videobearbeiten geändert? Kannst du einen Vergleich zwischen deiner Quali und deiner letzten Runde ziehen, was die Arbeitsweise betrifft?
Happy Beckmann: In der Quali kannst du über das rappen, was du willst. Ich gehe von Runde zu Runde gleich ran. Ich gucke mir auch nie großartig die rappers.in-Profile meiner Gegner an, sondern immer nur die letzte oder vorletzte Runde.
lupa: (aus dem Hintergrund) Darf ich mal ganz kurz stören? Du hast nämlich einen Fehler gemacht!
Happy Beckmann: Wieso?
lupa: Wir haben keinen Schinken!
Happy Beckmann: Aber die Cabonarasauce ist doch trotzdem lecker!
lupa: Aber da muss man Schinken anbraten.
Happy Beckmann: Nö, wieso?
lupa: Also, einfach das andere alles anbraten? Okay, du hast keinen Fehler gemacht. Red weiter!
rappers.in: John hat vorhin gesagt, ihr hättet die Runden in den zwei Jahren, in denen ihr teilnehmt, immer zusammen geschrieben?
Happy Beckmann: Die Runden schon, denn irgendwie haben John und ich das Phänomen, dass wir immer gleichzeitig aus dem VBT rausfliegen. Wir hören uns dann zusammen die Beats an und schreiben los.
rappers.in: Nehmen wir mal an, du wärst statt Teilnehmer ein Jurymitglied gewesen – hättest du dich selbst denn in jeder Runde weitergelassen? Wenn nein: Welche Begegnung war das?
Happy Beckmann: Ja, ich hätte mich in jeder Runde weitergelassen. (lacht) Was soll ich auch anderes sagen? Ich meine, es gibt natürlich auch Gegner wie diesen NavyMC. Den kannte ich schon vom letzten Jahr ein bisschen und den fand ich auch gut.
rappers.in: Gab es in diesem Jahr auch ein Battle, bei dem du gespannt auf das Ergebnis gewartet hast?
Happy Beckmann: Ja, bei der Sykon!-Runde, da er einfach Punchlines und sowas hatte! Das habe ich nie. (lacht)
rappers.in: Gab es in diesem VBT auch einen Wunsch- oder einen Angstgegner für dich, gegen den du auf jeden beziehungsweise auf keinen Fall antreten wolltest?
Happy Beckmann: Ich wollte immer gerne gegen ÉSMaticx battlen, weil sie einfach eine Frau ist und John sie mir gezeigt hat.
rappers.in: War es dir bei dem Tune-Battle unangenehm, als du erfahren hast, dass du gegen jemanden batteln musst, den du näher kennst?
Happy Beckmann: Ich und Tune wussten, dass, wenn wir gegeneinander battlen müssten, wir nicht richtig battlen würden, sondern uns irgendeinen Kram ausdenken und rumspinnen. Dann kamen ja auch die "Room Raiders"-Runden, für die wir in meinem Zimmer saßen und zusammen beide Texte geschrieben haben. Also, an sich so, wie wir immer einen Track gemacht haben.
rappers.in: Und wenn du mal ganz unrealistisch vor dich hinspinnen darfst: Was wäre deine Lieblingsfinal-Paarung gewesen und was war deiner Meinung nach die interessanteste Begegnung, die es in diesem Jahr gab?
Happy Beckmann: Ich muss gestehen, dass ich das gar nicht richtig beantworten kann. Es gab zwischendrin immer Leute, die ich echt cool fand und welche, die ich weniger mochte. Aknes Runde gegen Pimf fand ich beispielsweise toll. Es waren immer vereinzelt welche da, aber für mich gab es dieses Jahr keinen, der konsequent richtig genial war.
rappers.in: Findest du, dass es jemanden im VBT gab, der sehr unterschätzt wurde? Jemand, der vielleicht auch früh rausgeflogen ist?
Happy Beckmann: Der Gegner von Tune in der Vorrunde 3, dieser Spello, der war wirklich gut! Er hatte sehr gute Punchlines in seiner Runde. Schade, dass er so hoch rausgeflogen ist.
rappers.in: Was war im VBT das interessanteste Battle, das für dich persönlich stattgefunden hat?
HappyBeckmann: Akne gegen Pimf und Steasy gegen Das W.
rappers.in: Bist du ein Das W-Fan?
Happy Beckmann: Nein, ich fand immer Steasy besser. Steasy hätte auch nur "Ja" sagen können und ich hätte für ihn gevotet.
rappers.in: Wie gehst du mit dem VBT um? Bist du jemand, der sich viele Runden anhört? Ist das für dich Musik, die du dir auf deinen MP3-Player ziehst oder sind die Runden für dich auch mit den Videos verbunden?
Happy Beckmann: Ich hatte eine Zeit, wo ich wirklich nur VBT-Runden gehört habe, weil ich einfach im Thema drin war und die Leute cool fand. Zurzeit allerdings nicht mehr so, das ist abgeklungen. Ich finde, dass das Ganze auf jeden Fall mit dem Videotechnischen verbunden ist. Einfach, weil die ganze Arbeit der Leute da reingesteckt wurde. Es ist halt was für das Auge und das Ohr. Die RBA habe ich zum Beispiel nie verfolgt.
rappers.in: Neben dem ganzen VBT würden wir gerne noch erfahren, wie denn deine Raptätigkeit davor aussah ...
Happy Beckmann: Wir haben uns immer wieder alle getroffen, ein Thema überlegt und drauflos gefreestylet.
rappers.in: Bist du auch jemand, der sich mal alleine hinsetzt und Tracks schreibt? Verarbeitest du mit Tracks etwas?
Happy Beckmann: Ja, manchmal komme ich nach Hause, habe einen guten Beat und schreibe was alleine. Es gibt ja inzwischen auch einige Solotracks von mir. Aber ich gehe überhaupt nicht in die Richtung, dass ich mit meinen Tracks etwas verarbeite, denn ich habe einfach nichts zu verarbeiten. (lacht) Ich mache eigentlich immer nur irgendwelche Thementracks.
rappers.in: Und wie geht es jetzt für dich in Sachen Musik weiter? Ist da schon etwas geplant?
Happy Beckmann: Die EP "Müllsik" mit John zusammen kommt auf jeden Fall!
rappers.in: Hast du vor dem VBT schon gebattlet, beispielsweise in Freestylebattle-Tunieren oder etwas in der Art? Oder hast du dir früher einfach nur gerne Battlerap angehört?
Happy Beckmann: Ich habe vor dem VBT nie gebattlet. Als die Eko-Savas-Zeit mit "Das Urteil" war, habe ich das natürlich gehört. Es war einfach Realtalk, auch, wenn ich sowas selbst einfach nicht mache. Wenn andere das machen würden, um mich zu fronten, würde ich überhaupt nicht darauf eingehen.
rappers.in: Du bist ja auch jemand, der seine Gegner lieber angrinst. Der Realtalk würde nicht zu dem Image passen, das du dir aufgebaut hast, oder?
Happy Beckmann: Ja, das ist wahr. Ich finde auch einfach, dass es niemanden etwas angeht, wie der Gegner als Person ist. Für mich ist das dann gar kein Battle mehr, sondern einfach nur Wahrheitsgelaber. Das ist auch nicht unterhaltsam.
rappers.in: Zu guter Letzt: Da du inzwischen weißt, wie das VBT verläuft und wie viel Arbeit dahinter steckt – hast du mit diesem Wissen vor, dich für die kommende Splash!-Edition 2013 zu bewerben?
Happy Beckmann: Ja. Ich habe einfach Lust zu battlen und habe vor, mich zu bewerben.
rappers.in: Und falls du in die Splash!-Edition nicht reinkommst? Machst du dann beim VBT 2013 wieder mit?
Happy Beckmann: Ich hab' einfach Bock darauf! Also werde ich da nächstes Jahr auch wieder mitmachen. Allerdings wird man mich nie in diesen Nachahmungs-Battles vom VBT sehen, weil das einfach nur ein Abklatsch ist.
(Florence Bader, Pascal Ambros & Kristina Scheuner)
