Review: Ssio – Spezial Material



  • 01. B(e)reit?
    02. Spezial Material
    03. Langweilig feat. Obacha
    04. Jung, wat is los? feat. Schwesta Ewa
    05. Ssio macht schlau
    06. Du bist ein Pisser, aber ist nicht schlimm feat. Xatar
    07. Es geht nur um Sex feat. Celo & Abdi
    08. Dicke Eier feat. Hamed Lo
    09. Alles Routine
    10. Kombis feat. Abdou
    11. Besonderes Aufbauseminar für Drogen und Alkohol feat. Kalim
    12. Schon wieder geht es nur um Sex
    13. Sonntag


    "Es geht nur um Sex, manchmal auch um Drogen und Knast". Diese Textzeile beschreibt den Rap von Bonner "Alles oder Nix Records"-Signing Ssio eigentlich perfekt. "Retortenware", mag manch ein des klassischen Straßenraps überdrüssiger Hörer mosern. "Verpisst euch mal mit eurem ganzen Azzlack-Kanacken-Scheiß. Lernt erstmal richtig Deutsch, ihr Hurensöhne. F.R 4 Life yeah xD!", brüskieren sich ganze Hundertschaften angehender HipHop-Polizisten in der schützenden Anonymität des World Wide Webs (wahrscheinlich ohne das Lied auch nur zu Ende gehört zu haben). Wagt man es jedoch, über den Stereotyp des Südländers mit Boxerschnitt, Air Max, Bauchtasche und Adidas-Jogginganzug hinwegzusehen, oder besser noch, ihn zu akzeptieren, hört man ein Tape, das an Unterhaltungsfaktor kaum zu überbieten ist. Und jetzt mal ganz ehrlich: Straßenrap mangelnde Themenvielfalt vorzuwerfen ist als kritisiere man bei Por ... ach, das hatten wir schon mal. Aber ich glaube ihr wisst, was ich meine.


    "Nach mir machen die Cops 'ne Fahndung/
    Nach dir nicht, denn du tickst Oregano/
    Deswegen kriegst du immer miese Ohrfeigen/
    Testest den Geschmack verschiedener Bordsteine/"
    (Ssio auf "Spezial Material")


    So kann man Ssio bei Monologen über das altbekannte Leben auf der Straße, Sex ("Es geht nur um Sex", "Dicke Eier", "Schon wieder geht es nur um Sex") und Drogen (der ganze Rest der Tracklist) zuhören. Man bekommt es jedoch mit einem Künstler zu tun, der an Skills, Selbstironie und Eloquenz dem durchschnittlichem, böse in die Kamera gestikulierenden "Halt die Fresse"-Abschaumrapper bei Weitem überlegen ist. So besticht der der BWL-Student vor allem durch komplexe Reimketten, viele witzige Vergleiche sowie lustige Anekdoten aus dem Alltag eines Kleinkriminellen. Auffallend ist hierbei auch, mit welcher Bodenständigkeit der Bonner sein Image inszeniert. Verliert sich manch ein Kollege in romantisiertem Mafiadünkel, weiß Ssio mit fast schon bescheidenem Streettalk zu glänzen. Klar, es sitzt nicht jeder Reim und die Featuregäste hätten sich von einer besseren Seite zeigen können, allen voran die sonst so unterhaltsamen Celo & Abdi. Behandelten sie die Thematik ihres Gastparts auf "Es geht nur um Sex" auf HJ noch voller Leidenschaft, wirken sie hier beinahe lustlos. Mit einem von einer zarten Frauenstimme gesungenem "Du hast dicke Eier, weil du weite Boxershorts trägst" ist auch ein (forcierter?) Fremdschammoment vorhanden. Zwar liefert Label-Oberhaupt Xatar einen ziemlich hörbaren (!) Part ab und auch Schwesta Ewa weiß auf befremdliche Art zu entertainen. Der Rest der geladenen Gäste fällt jedoch unter die oben genannte Gruppe austauschbarer, einer namentlichen Erwähnung fast schon unwürdiger Straßenrapper und bleibt durchweg im Schatten des Gastgebers.


    "Bullen sind mir auf den Fersen wie Waden/
    Doch ich bin irgendwo in den Bergen am Skifahren/
    Die Taschen viel mehr beladen mit Peaceplatten/
    Als im Musikregal damals Hippies hatten/"
    (Ssio auf "Du ist ein Pisser, aber ist nicht schlimm" feat. Xatar)


    Dem positiven Gesamteindruck am zuträglichsten ist jedoch das Soundgewand auf "Spezial Material". Nein, Ssio kommt nicht auf dem obligatorischen m3schen Straßenbrett daher, sondern pickt durchweg verspielte Beats, die sich an seinen musikalischen Einfüssen wie etwa Biggie oder Tha Dogg Pound orientieren. Für die Realkeeper da draußen gibt es als Sahnehäubchen sogar noch Cuts. Ja, echte Cuts, bei denen man sich begrüßenswerterweise vor allem an deutschem Straßen-/Gangsterrap bedient und dem Genre so auf sympathische Art der Respekt erwiesen wird. Hinzu kommt Ssios eigenständige Art zu flowen die sich, wie auch die Beats, am letzten Jahrzehnt des vergangenen Jahrtausends orientiert. Eigentlich ist es fast schon lustig, dass solch eine Form der Präsentation in dieser Rapsparte eine echte Innovation darstellt. Das unfassbare "The Notorious H.A.F.T"-Tape mal außen vorgelassen.


    "Laber nicht was von: "Das Kilo war Schrott"/
    Ich weiß, du hast mein Para in der Spielo verzockt, Nutte/
    Macht mein Zeug dich breiter als Anabolika/
    Oder warum gehst du seit Tagen nicht an dein Nokia?/"
    (Ssio auf "Kombis")


    Fazit:
    Fakt ist, dass es bei Straßenrap so gar nicht um das "Was" geht, befindet sich das Genre doch bereits durch die selbst gesteckten Grenzen in einer inhaltlichen Redundanzschleife, sondern vielmehr um das "Wie". Und eben dieses "Wie", die Präsentation des Gesamtproduktes, meistert Ssio mit Bravour. Bei einer Hook wie "Du bist ein Pisser, aber ist nicht schlimm" oder einer kopflos gestotterten Einleitung wie auf "Alles Routine" kann man den jungen Rapper eigentlich gar nicht unsympatisch finden, weil in seinen Lyrics diese angenehm lockere Selbstironie mitschwingt. An dieses Mixtape wurde der meinetwegen simple Anspruch gestellt, einfach nur zu unterhalten und das gelingt voll und ganz. In diesem Sinne, "Ssio macht schlau", Nutte.



    (disdi)




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    Bewerte diese CD:
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  • Zitat

    Original von RusskijRap
    Wieso wurde mein Beitrag gelöscht oO?



    Weil du gay bist, wie der Nachname von Marvin.

  • Find das eigentlich grade schlechter als die Vorreiter dieses SubGenres.. Aber die Reviews muss man eh nicht mehr nachvollziehen können

  • Zitat

    Original von Omnipotent
    tape noch nicht gehört, nur vereinzelt n paar sachen. aber was ich gehört hab war teilweise echt nice. werd mal reinhören.


    läuft inzwischen im loop. lange keinen straßenrap mehr gehört der so viel spaß macht.

  • Zitat

    Original von Omnipotent


    läuft inzwischen im loop. lange keinen straßenrap mehr gehört der so viel spaß macht.


    isso! lief bei mir und Kollegen auch sehr sehr lange im Loop :D es wurde einfach nicht langweilig...die beats sind zuu krank ausgewählt, und die flows sind unmenschlich

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