Review: Massiv – Solange mein Herz schlägt



  • 01. Träume feat. Sefo
    02. Erinner dich
    03. Solange mein Herz schlägt
    feat. Sefo
    04. Dein Herz explodiert
    05. Höher als der Rest der Welt
    feat. Manuellsen
    06. Entweder – oder
    07. Wir sind keine Engel
    feat. Jelisa
    08. Du nennst dich Bruder?
    09. Hassan vs. Teufel
    10. Solange mein Herz schlägt Pt. 2
    feat. CJ Taylor
    11. Bei Nacht ist Disko
    12. Wir vermissen dich
    13. Al Massiva Beutejagd
    feat. Beirut & Granit
    14. The Diamond Boy 2012
    15. Setz deine Sonnenbrille auf Bro
    feat. Granit


    Wir leben in Krisenzeiten. Nach der "Dotcom-Blase" Ende der 90er schockte Anfang des neuen Jahrtausends der globale Terror die Welt. Nach einer kurzen Erholung folgte erst die Hypotheken-, dann die Banken- und zuletzt die Staatsschuldenkrise. Das soziale Gefüge der meisten Industrieländer gerät immer stärker unter Druck und die Arbeitslosenstatistiken zeigen, dass gerade junge Menschen zu den Verlierern dieser Krisen gehören. Es kommt zur richtigen Zeit, wenn Massiv anstelle von Geld und Statussymbolen ein Herz auf das Cover von "Solange mein Herz schlägt" packt und die alten Heroen der Menschlichkeit und Gerechtigkeit beschwört. Mandela, King, Gandhi – sie inspirierten Menschen in Krisenzeiten und handelten nach eigenen Idealen, frei von Käuflichkeit und Opportunismus. An diesen Werten setzt Massiv an, mit einem klaren Bekenntnis und einer deutlichen Botschaft: "Hier geht's nicht um Geld/ hier geht's um dich und dein Leben/ bau dir deine Welt" heißt es auf "Entweder – oder". Hier geht es um die große Botschaft in schwierigen Zeiten. Bereits der erste Track "Träume" gibt die konzeptionelle Richtung des Albums vor:


    "Nein, du kannst hier nichts verlangen, ohne dass du etwas gibst/
    Reichtum ist vergänglich, lieb das Geld nicht, weil es dich nicht schützt/
    Es bleibt die Angst, die dich nicht so träumen lässt wie mich/
    Wenn du nicht loslässt, wirst du niemals fliegen so wie ich/
    "
    (Massiv auf "Träume")


    Der Großteil der Songs auf "Solange mein Herz schlägt" ist auf inhaltliche Deepness zugeschnitten. Auf "Dein Herz explodiert" geht es um den Verfall von Werten und die Verlogenheit, welche menschliche Beziehungen charakterisiert: "Wer erkennt den Wert des Menschen heutzutage ohne Geld?", fragt Massiv. Das erinnert sehr an die ebenso richtige Feststellung von Samy Deluxe auf "Stumm": "Und sag mir, warum Geld hier das Einzige zu sein scheint, woran man heutzutage Erfolg misst". Wirklich politisch wird Massiv allerdings an fast keiner Stelle der Platte. Angelehnt an das Autobiografie-Projekt gleichen Namens geht es mehr um den persönlichen Werdegang. Die beiden "Solange mein Herz schlägt"-Teile handeln lose vom eigenen Lebensweg und künstlerischen Entwicklungspfad. Auf "Erinner dich" wird es härter, wenn Massiv den Respekt dafür einfordert, als Trendsetter viele Wege für nachfolgende Künstler aus dem arabischen Raum geebnet zu haben. Bei "Höher als der Rest der Welt", mit einer exzellenten Hook von Manuellsen, wird auf dieser Message aufgebaut: Massiv auf dem Weg nach oben, inspiriert von den ganz großen Freiheitskämpfern. Zuletzt wird es auf den beiden Storytellern "Hassan vs. Teufel" und "Wir vermissen dich" nochmal stiller. Beide Tracks sind emotional konzipiert, aber glücklicherweise nüchtern genug geworden, um nicht in Gefühlskitsch abzurutschen. Insbesondere "Wir vermissen dich" hat seine bemerkenswerten Momente:


    "24 Stunden trug er das Kind auf dem Arm/
    Bis zu dem Tag als der Sanitäter nachts kam/
    Und er erklären musste, dass es nichts zu retten gab/
    Wie versteinert lag sie ohne Blut zum Herzschlag/
    In einem Bett, das er nur für sie geschnitzt hat/
    "


    Die anderen Tracks des Albums bieten dann Altbekanntes. Besondere Erwähnung verdient die gelungene Sportlerhymne "The Diamond Boy 2012" für Manuel Charr, welche sehr stimmungsvoll und durchdacht geworden ist. Auf "Al Massiva Beutejagd" mit Beirut und Granit wird dann wieder representet, "Bei Nacht ist Disko" liefert eine neue Episode aus dem Ghettolife und zum Abschluss gibt es mit "Setz deine Sonnenbrille auf Bro" noch einen kurzen Sommertrack. Das alles ist so solide wie vorhersehbar geraten, aber auch nicht qualitativ minderwertig. Gleiches gilt für die Gesangsfeatures, die mit Ausnahme des bereits erwähnten Manuellsen eher unspektakulär ausfallen. Mit Jelisa gibt es zumindest eine weibliche Ergänzung auf "Wir sind keine Engel", die Massivs dunkle Stimme vielseitig ergänzt. Aus Produzentensicht gibt es weder Revolution noch Risiko: Abaz, Jumpa und Liuha Mo zeichnen für den Großteil der Songs verantwortlich und unterlegen Massivs Texte mit eingängigen, fett produzierten Streicherbeats. Auf "Al Massiva Beutejagd" wird es elektronischer, der Abschlusstrack wird thematisch konsequent auf arabisch anmutenden Gitarrenklängen arrangiert. Bis auf fehlende Abwechslung gibt es an den Beats nichts zu bemängeln.


    Das Gesamtpaket stimmt bei "Solange mein Herz schlägt" zweifellos. Das grundsätzliche Problem des Albums ist, dass Massiv bei allen Verbesserungen weder ein packender Storyteller noch ein komplexer Lyriker ist. Mit Bildern der großen Freiheitskämpfer im Booklet sind die Texte besonders auffällig in ihrer Simplizität. Politische und gesellschaftliche Realitäten verarbeiten, die Lebensgeschichten der Vorbilder inhaltlich durchdenken und durch komplexe Texte zum Nachdenken anregen – all das sind Potenziale des Konzepts, die Massiv nicht nutzen kann. So bleibt der Großteil des Albums eher ein Mixtape mit "Kopf hoch"-Botschaft als eine konzeptionelle thematische Auseinandersetzung auf Basis eigenständiger Tracks. Das ist aber eher Makel als wirkliche Schwäche. R.E.M. schrieben damals "Everybody Hurts" mit besonders eingängigen Lyrics, um die Zielgruppe suizidgefährdeter Teenager anzusprechen. Michael Stipe sang klarer als gewohnt, trotzdem war der Song keineswegs weniger künstlerisch wertvoll als die vielen, komplexen Werke der Band. Gerade in diesem Punkt ist Massivs Botschaft sehr ähnlich und es ist nur fair, die Einfachheit und Klarheit als geeigneten Weg zu werten, um eine motivierende und positive Botschaft zu kommunizieren. Gerade in Krisenzeiten ist das so wichtig.



    (Philipp)







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  • Die Review wirkt sehr zurückhaltend und teils schon fast ängstlich auf mich. Du scheinst versucht zu haben dich auf positive Aspekte zu fixieren und hast Kritikpunkte lediglich angeschnitten. Massiv ist raptechnisch und textlich eben immer noch sehr schwach und er hat sich hier mit dem Versuch etwas Bedeutendes zu kreieren schlicht übernommen. Die härtere Schiene stand ihm besser und man konnte zumindest darüber lachen, während man sich hier fast ausschließlich fremdschämen muss. Jeder, der sich mit den Tracks identifizieren kann, soll seine Freude damit haben, aber objektiv betrachtet ist es technisch und inhaltlich eben dennoch sehr mager.

  • Habs mir mal durchgehört. Ist ganz ok. Aber nichts dabei was ich mir zweimal anhören würde.
    Die Beats klingen alle wie eine einzelne Melodie, die jemand in jedem Track in einer anderen Tonhöhe gespielt hat.

  • Ließt man das Review, so wirds einem deutlich, dass der Autor sich mehr als nur zurückgehalten hat. Fakt ist: Massiv ist kein guter Rapper....man kann es drehen wie man möchte, es ändert aber nichts an der Tatsache

  • Für Massiv ein richtig ruhiges und gemäßigtes Album.


    Der Beat von KD supier ist der Hammer da muss man aber echt sagen das Massiv dann aus dem nicht viel rausgeholt hat


    Wenn man ihn mag kann man sich des Album schon mal geben.

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