Review: Die Orsons – Das Chaos und die Ordnung



  • 01. Das Chaos und die Ordnung
    02. Das Leben ist Sch.
    03. Nachmittag im Park
    04. Übertreiben Baby
    05. Zambo Kristall Merkaba
    06. Für immer Berlin
    07. Horst & Monika
    feat. Cro
    08. Vodka Apfel Z
    09. Lagerhalle
    10. Rosa, Blau, Grün
    11. Mars
    12. Unperfekt

    13. Wir können alles machen (Was sollen wir machen?)
    14. Wir waren da
    15. Jetzt


    Da müsse man aufpassen, sagte mir ein Freund. Die würden jetzt relativ schnell nur noch Pop machen – nur noch das, was bei der Masse ankommt. Die Rede war von den Orsons. Die brachten nun mit "Das Chaos und die Ordnung" ihr mittlerweile drittes Album auf den Markt. Tua, Plan B, KAAS und Maeckes hatten bereits auf den vorherigen Alben bewiesen, wie sie ihre verschiedenen Stile in der Gruppe harmonisch zusammenfügen können. Nach der "Jetzt"-EP war ich frohen Mutes, dass hier der Sprung zum berühmt-berüchtigten next level nicht weit war. Sowohl musikalisch als auch erfolgsmäßig, lief "Jetzt" doch von da an regelmäßig auf den Radiosendern.


    Nur dadurch sollten sie zu poppig werden? Gerade im HipHop gibt es diesen Vorwurf ja eigentlich regelmäßig gegen alles und jeden, der kommerziell mal ein wenig Erfolg verbuchen kann. Grund des Vorwurfs war in diesem Fall die ausgekoppelte Single "Horst & Monika", gefeaturet von Labelkollege Cro. Der Track über die (wahre) Geschichte der Wandlung eines Nazis in eine linke Politikerin ist tatsächlich an Pop-Elementen nicht zu überbieten. Dennoch ist die Story durch Humor und leichte Übertreibungen skizziert und mir zumindest erscheint es so, als sei die poppige Grundlage nur hilfreich, um das zu transportieren. Ein Album, basierend auf dieser Schiene, wäre mehr als anstrengend. Aber es bleibt die Ausnahme. Die Orsons zeigen sich nicht nur glücklich und verspielt. Von Platte zu Platte, so kriege ich das Gefühl, vermischen sie diese Elemente mit zunehmend mehr Melancholie und Tristesse – ein Spezialgebiet von Tua, der auf den Tracks zu glänzen weiß, wie auf "Lagerhalle", in welchem sich der Zuhörer verlieren kann. Maeckes erscheint auf derartigen Tracks als geeigneter Partner von Tua und so ergibt sich eines der absoluten Albumhighlights. Ersterer zeigt hier seine Stärke als Lyriker deutlich auf.


    "Ein Handy vibriert, unbekannt, Augen auf/
    Ich hab' wohl die Glückshormone für die gesamte Woche schon aufgebraucht/
    W-w-weder Milch noch Zucker da, nur Frustration/
    Boden übersäht von unzähligen leblosen Luftballons/
    "
    (Maeckes auf "Lagerhalle")


    Wo wir die beiden gerade schonmal auf einem Track haben: Die Produktionen von Tua und Maeckes sind durch die Bank weg überragend. Eintönigkeit? Fehlanzeige. Lange gab es kein Album mehr, auf dem mich jeder Beat auf seine Art und Weise angesprochen hat. Doch auch, wenn der Einfluss damit von den Produzenten vorgezeichnet zu sein scheint, kriegt generell jeder der vier seine Glanzmomente. Wenn KAAS im musikalischen Alleingang versucht, die Trennung von seiner Freundin zu verhindern ("Für immer Berlin"), glaube ich nicht, dass diese Tracks auf die Soloalben der jeweiligen Künstler gepasst hätten. Es sind Orsons-Tracks und sie funktionieren als diese durchweg sehr gut. Durch die Freiheit, dass nicht immer alle vier Mitglieder auf jedem Track auftreten müssen, ergeben sich einfach viele Kombinationsmöglichkeiten. Eine davon ergibt mit "Unperfekt" einen Track, der mich von der Message her catcht wie wohl ewig kein Lied mehr. Maeckes kann hier nicht verstehen, wie wir trotz unserer zahlreichen Fehler, die wir wie kein zweiter erkennen, von Menschen geliebt werden können. Die Selbstreflexion überträgt sich automatisch auf den Zuhörer; mir erscheint es wie einer dieser Bereiche, die jeder nachempfinden kann, aber selten thematisiert werden. Auch bei "Mars", auf welchem Plan B und Tua vor der Alltagstristesse und zwischenmenschlichen Problemen fliehen, gelingt die Kombination der Mitglieder sehr schön.


    "Ich wollte noch mehr Zeit totschlagen, sozusagen/
    Eine Leerlauffunktion uns'res Homo sapiens/
    "
    (Plan B auf "Mars")


    Fluchtgedanken, Trennungsgeschichten, Pathos? Das alles ist natürlich nur ein Teil der Orsons. Mit guter Laune und Aufbruchstimmung ("Wir können alles machen", "Übertreiben Baby") zeigen sie, dass nur nachdenklich sein niemandem etwas bringt. Hier trifft man natürlich auf die zu Beginn angesprochenen Pop-Elemente. Im Endeffekt wirkt es jedoch keinesfalls erzwungen, sondern vielmehr stimmig und zum Stil von KAAS oder auch Plan B mehr als passend. Schlussendlich finden sich auch die Banger mit Fokus auf Raptechnik, Wortwitz und Flow auf dem Album wieder. Auf "Zambo Kristall Merkaba" überzeugen Plan B und KAAS zunächst mit genialen Parts, ehe Tua zeigt, dass er nicht umsonst ein Vorbild für Kollegah in Sachen Doubletime darstellte. Auf "Rosa, Blau, Grün" wird auf einem schnellen Dubstep-lastigen Beat der Street-Artist Banksy gewürdigt. Durch die Geschwindigkeit und den Stil der Jungs wirkt es, als würden sie über den Beat mehr springen als flowen. Was einen selbst zum Springen veranlasst.


    "Chimperator, Universal, wir sind jetzt beim Major, Kinder/
    Nehmt euch ruhig das größte Spielzeug, Satan zahlt das – Seelenkiller/
    "
    (KAAS auf "Rosa, Blau, Grün")


    "Lackschuhe, Russland-Style, Universal-Pop und dennoch Bus fahren, geil/
    Hör meine alte Mukke an, ich habe hundert Jahre schon kein' Bock auf Doubletime mehr, aber muss wohl sein/
    "
    (Tua auf "Rosa, Blau, Grün")


    Da fällt mir auf, dass ich so viele Tracks finde, die eine Erwähnung verdienen, dass ich "Jetzt" wie selbstverständlich außen vor gelassen habe. Das schon auf der gleichnamigen EP vorhandene Lied bildet den Abschluss eines überzeugenden Albums mit seinem hypothetischen Blick in die Zukunft (mit Blick in die Vergangenheit).


    Fazit:
    Den Orsons gelingt auf ihrem dritten Album eine sehr stimmige Mischung aus Verträumtheit, Pathos und Witz. Alle vier Mitglieder tragen ihren Teil zur Stimmung des Albums bei. Sowohl textlich als auch musikalisch scheint vieles noch einmal ein Stück runder geworden zu sein, vielleicht auch gerade dadurch, dass ein Tua sich jetzt musikalisch innerhalb der Gruppe mehr in Richtung seiner Solowerke bewegt und diese gut einzubinden weiß. Insgesamt ein absolutes Top-Album. Pop-Elemente? Teilweise. So what? Das war davor auch schon so, es hatte nur nicht diese große öffentliche Wahrnehmung. Es bleibt stark zu zweifeln, dass Die Orsons ein Album à la "Horst & Monika" aufnehmen würden, zu experimentierfreudig und ihrem Stil treu erscheint ihr Auftritt auf dem Album. Und so bleibt die Single für mich tatsächlich der schwächste Track des Longplayers. Und da KAAS scheinbar überhaupt das dritte Album durch Überzeugungsarbeit möglich gemacht hat, bleibt die Bitte: Sorg dafür, dass es nicht das letzte ist.



    Niklas Potthoff

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    Bewerte diese CD:
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  • finde die userbewertung ein wenig hart. :o
    (3,8 als ich den beitrag verfasst habe)
    review ist schön geschrieben und das album ist auch in ordnung.
    vielleicht nicht gerade release des jahres, aber passt schon.

  • Dann muss ich mir das Album wohl doch mal besorgen ...
    "Rosa, Blau, Grün" ist natürlich ein sehr geiler Song, der mir im Gegensatz zur ersten Single sehr gefallen hat. Auch der Song mit Teddy ist cool. "Jetzt" kenn ich schon durch die Juice EP, der Song ist einer der besten, die ich von den Orsons kenne.
    Tickets fürs Konzert in Freiburg hab ich ja schon. =)

  • Hab das Album bei Spotify gepumpt und es hat mich immer mehr in den Bann gezogen. So lange dran zu arbeiten hat sich sehr gelohnt.


    Werds mir auch bestelleen jetzt, den Orsons zu gute.


    In diesem sinne: O!

  • Kann mit dem Album wenig anfangen. Natürlich übertrieben gut produziert, gerade Tuas Sachen, aber irgendwie gibt mir das eher 'nen Grund, über sein verschwendetes Talent zu weinen und auf ein neues Tua-Solo zu hoffen, als das hier zu feiern :D Gibt keinen einzigen Track, den ich so richtig feier' (Höchstens noch "Jetzt", aber gerade der is' ja nicht mal 'n exklusiver Albumtrack) und viele Tracks finde ich stellenweise extrem nervig und anstrengend. Dieses "Keiner kann uns das nehmen"-Gepitche zum Beispiel, weiß jetzt nicht in welchem Track. Gleich wenn das Album mit "Wir sind 'ne Band namens Die Orsons" beginnt, regt's mich eigentlich eher auf :D
    Meiner Meinung nach das schlechteste Album der Orsons, auch wenn man mehr als deutlich raushört, dass darin mit Abstand der größte Aufwand steckt.


    Und "Horst und Monika" ist die größte lyrische Dummheit 2012. Schade, dass Tua und Maeckes den Hintergrund scheinbar echt feiern.

  • Gute Review! Ich muss ja sagen, durch das Interview in der Juice haben sie bei mir Minuspunkte kassiert, das klang alles so nach hauptsache-nicht-mainstream, auch wenn gute Ideen kamen und was weiß ich. Das Album hat mich dann aber doch überrascht - auch wenn ich Horst und Monika absolut nicht feiern kann :(

  • alle songs feierbar, sogar das behinderte horst & monika bleibt irwann hängen..
    vor allem Zambo Kristall Merkaba, Rosa, Blau oder Grün & Vodka Apfel Z machen spaß zu hören.
    bisher bestes album dieses jahr

  • habs mir geholt, super geiles teil
    vodka apfel z ist der huaaammerh
    und maeckes ist sex pur aufm beat
    yo, hadde

    Ich bin nicht Maeckes
    Ich bin nur ein bisschen Fleisch das über meim Skelett is

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