Review: Alpa Gun – Ehrensache



  • 01. Intro Ehrensache
    02. Meister aller Klassen
    03. Almanya
    04. Sind wir nicht alle ein bisschen...
    feat. Fler
    05. Das neue Berlin
    06. Loyalität Skit
    07. Alles war die Sekte
    08. Hauptsache dir geht's gut
    09. Alpa Gun 2012
    10. Was bist du
    feat. Kool Savas
    11. Respekt Skit
    12. Habibi Dervis
    13. Hip Hop
    14. Leb wohl
    feat. Gabby
    15. Arab Style
    16. Stolz Skit
    17. Es hört nicht auf
    feat. Kitty Kat
    18. Bevor ich geh feat. Moe Mitchell


    Alpa Gun steht für harte und ehrliche Texte. Er war eines der Aushängeschilder von Sektenmuzik und unterstütze Sido bei jeglichem Beef. Nun hat er mit seinem neuen Album einen anderen, eigenen Weg eingeschlagen und kehrt sowohl Sido als auch Sektenmuzik den Rücken zu. Seine Texte sind zudem auch nicht mehr so "street", wie sie einmal waren – oder vielleicht auch nur erschienen. Wie dieser neue, wohl erwachsenere Alpa Gun, für den Ehre aber immer noch einer der wichtigsten Werte ist, sich weiterentwickelt hat, zeigt uns das Album "Ehrensache".


    Eine Thematik, die im letzten Jahr wie nichts anderes in den Medien aufgetaucht ist, war Thilo Sarrazin. Ausländer hassten ihn gleichermaßen wie die Menschen aus seiner (Ex-)Partei. Alpa Gun stellt allerdings genau diesen Mann in "Sind wir nicht alle ein bisschen..." in einen anderen Kontext. Die eigentliche Thematik wird nur in der Hook angesprochen, dennoch zeugt "Sind wir nicht alle ein bisschen..." von einem tiefen Gedankengang Alpa Guns über die Gesellschaft in Deutschland. Während sein Part mit guten Rhymes und hinterfragenden Aussagen im Kopf bleibt, scheint es so, als ob Fler den Sinn dieses Songs nicht ganz verstanden hätte. Sein Part ist, nüchtern betrachtet, nicht themenbezogen und passt nicht zum Gesamtwerk, welches eine der meistdiskutierten Stellungnahmen Deutschlands in ein neues Licht rückt.


    "Warum nur so kleinkariert/
    Macht euch mal locker, denn es ist nicht einfach hier/
    Bei uns im Süden sind die Leute nicht so kalt wie hier/
    Keiner gönnt dem anderen was, weil hier nur der Neid regiert/
    "
    (Alpa Gun auf "Sind wir nicht alle ein bisschen...")


    Traurige Lieder noch trauriger zu gestalten, ist in 2012 wohl einfach nicht mehr in Mode. Auch Alpa Gun entschied sich dazu, einfach Tracks mit tristen, berührenden Thematiken auf Beats zu packen, die annähernd fröhlich wirken. Das ist definitiv nicht schlecht, sondern auf "Ehrensache" wirklich gelungen! Ein Beispiel hierfür ist "Hauptsache dir geht's gut", auf dem Alpa Gun das Vermissen seines Bruders und seiner Schwester anspricht. Auch bei "Das neue Berlin", wo er den Verlust seines alten, geliebten Berlins, in das noch keine Yuppies zugezogen sind, thematisiert, wird der Beat eher als ein fröhlicher HipHop-Beat wahrgenommen – und das perfektioniert, meiner Meinung nach, den Song noch mehr durch genau diesen Gegensatz.
    Zunächst wirken die Skits auf "Ehrensache" wie eine Belehrung. Allerdings regen sie durch die mal aggressiv und grob, mal sanft klingende männliche Stimme viel mehr zum Überdenken der uns so bekannten Themen an. Stimmlich harmonisch ist auch der Einstieg von Kitty Kat auf "Es hört nicht auf", die mich zudem positiv überrascht hat mit einem ausgezeichneten Flow und kreativen Lyrics.


    Einen ebenso großartigen Einstieg bringt Kool Savas auf "Was bist du", dessen Part meiner Meinung nach besser ist als das ganze "Aura"-Album. So hat man den King of Rap vermisst! Und zum Glück schließt dieser Battletrack auch von Alpas Seite her gelungen ab. Unterhaltend ist vor allem das Ende, wofür man allerdings den Film "Blutzbrüdaz" mit Sido gesehen haben muss, da Alpa Gun eine bekannte Sido-Hook daraus übernimmt, um "Was bist du" abzuschließen. Und da ich gerade das Thema "Beef" indirekt anschneide, kann ich sagen, dass auch der Song "Alles war die Sekte", der mit einem bekannten Auszug aus einem Sido-Interview beginnt, wohl die Wahrheit und die ganze Geschichte über Sektenmuzik widerspiegelt. Unterlegt ist dieser für Alpa Gun scheinbar bedeutende Track mit einem melancholischen Beat, der den Hörer verleitet, genauer hinzuhören, da das Zusammenspiel aus Beat und Geschichte des Labels, kombiniert mit Alpas Stimmeinsatz, ein Umschalten nicht zulässt.


    Wer erinnert sich nicht an den Zeitpunkt, als er den ersten Rapsong gehört und eine Leidenschaft zu dieser Musik entwickelt hat? Jeder, der mit HipHop groß geworden ist, wird bei dem gleichnamigen Werk einen Gänsehautschauer erleben. Beinahe jedes großartige Musikstück aus Oldschool-Zeiten, aber auch einige neuere werden dort angesprochen, wenn nicht sogar angespielt. Für jeden echten HipHop-Fan – mit vorwiegend amerikanischen Tendenzen – ist dieses Lied genau das, was eine ganze Kindheit aufleben lassen kann.


    "Damals wollten wir nur auf die Wände taggen/
    Auf der Straße breaken/
    Ich blieb HipHop auf den Fersen, Gianni/
    Wir waren einfach genauso Ghetto wie bei Nature [heeey hooo, heeey hooo]/
    Wenn du HipHop liebst, dann heb deine Hände hoch/
    Und nick mit dem Kopf zu dem Beat/
    Homie, guck, wir machen HipHop, HipHop und alle: yo, yo, yo, yo/
    "
    (Alpa Gun auf "Hip Hop")


    Künstler mit einem Migrationshintergrund weisen oft die Neigung auf, dass sie unbedingt ihre Muttersprache irgendwo in ihre Texte einfließen lassen wollen. Mir kommt es so vor, als würde beispielsweise das türkische Wort "aynen" (dt.: haargenau, ebenso, gleich) auf "Ehrensache" geschätzte 100 Mal fallen und das in allen Variationen – egal, ob es überhaupt in den Kontext passt. Faszinierend ist auch das Phänomen, sich aufgrund von Melodie und Stimmseinsatz eine mögliche Bedeutung herzuleiten, weil man Teile eines Tracks gar nicht versteht. Jeder, der die arabische Sprache nicht beherrscht, würde dies bei "Arab Style" erleben. Ich kann mir schon vorstellen, wie irgendwelche Deutsche den Beginn dieses Songs mitsprechen, ohne eine Ahnung zu haben, was dort für eine harte Wortwahl fällt. Grob übersetzt, sagt die junge Frau da nämlich unter anderem so etwas wie "Ich gehe in das Geschlechtsorgan deiner Mutter" und auch Alpa Gun sagt des Öfteren "Leckt mir meinen Arsch".


    Fazit:
    Für mich war "Ehrensache" zwar nicht das meisterwartete Album seit "Detox", aber das überraschendste in 2012 bisher. Es gibt keinen Longplayer, der dermaßen chronologisch geordnet ist wie Alpa Guns "Ehrensache" – zumindest habe ich nie einen wie diesen kennengelernt. Er glänzt mit HipHop-Beats, vorwiegend produziert von den Beathoavenz, welche wiederum durch gut ausgewählte Breaks trumpfen. Seine tiefe Verbundenheit zu seinen Wurzeln, aber auch zu "seinem" Berlin bleibt nicht außen vor. Bei mir hat "Ehrensache" den Status erreicht, den ich ewig im Deutschrap gesucht habe: Alpa Guns drittes Studioalbum ist ein klassisches HipHop-Album, wie man es in Deutschland schon lange nicht mehr zu Ohren bekommen hat. Auch wenn man Alpa bis jetzt nicht verfolgt hat, so sollte man sich dieses Machwerk zulegen, wenn man ein echter HipHop-Fan ist, denn wenn man sich darauf einlässt, kann es eines: begeistern.



    911emergency (Kristina Scheuner)

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  • Gute Review , aber ich denke ,dass du den Track " sind wir nicht alle ein bisschen" nicht verstanden hast , in dem Track geht es um Vorurteile die Ausländer gegenüber deutsche haben und umgekehrt , es geht darum dass jeder Mensch Vorurteile besitzt und wir somit alle ein bisschen sarazin sind ;) somit passt Flers Part genauso gut zum Lied wie alpas Part

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