unknown Kings: Mai 2012

  • Wer kennt sie nicht? Die Werbung, mit der gefühlte 13 Millionen Amateurrapper in Form von Privatnachrichten in hiesigen Internetforen, Profilkommentaren auf Facebook oder Massenmails im Instantmessenger täglich unschuldige Konsumenten befeuern: "Hey, ich habe mein Album fertig gestellt! Es ist vielseitig, individuell und hebt sich von allen anderen ab." Es wäre schön, wenn jedes Release qualitativ so hochwertig wäre wie angekündigt, aber bei der Masse an Rappern, die seit Beginn des Internetzeitalters rumgeistern, ist das nahezu unmöglich. Die Folge: Der enttäuschte Raphörer bleibt bei Altbewährtem – da kann er ja (meistens) nichts falsch machen –, während viele Releases, die bei weitem mehr Aufmerksamkeit verdienen, in der Masse untergehen.


    Mit dieser Rubrik haben wir uns das Ziel gesetzt, Releases an die Öffentlichkeit zu bringen, die unserer Meinung nach (!) mehr Aufmerksamkeit verdienen. Hier werden weder die Releases überhypter Internetgrößen zu finden sein noch Marketingspezialisten, die nach ihrem zweiten geschriebenen Text schon ein eigenes Label, eine Webseite mitsamt Promoteam und ein von Papi im Hinterhof gefilmtes Musikvideo besitzen. Es geht ausschließlich um die Qualität der Musik, um das Produkt.




    Hey Frank! – Leider zum Glück



    Für die Münchner Formation Hey Frank!, bestehend aus Rapper Rapture, Beatbastler Beatzaps und dem "mächtigen Gitarren-Hanni" – Letzterer gibt sich allerdings nur live die Ehre – geht's "Leider zum Glück"; auch wenn sich das nach dem recht pessimistisch gehaltenen Intro und dem locker-flockigen Weltuntergangs-Song "Es wird Regen geben" noch nicht so ganz abzeichnet. Dennoch wirkt das Klangbild des Releases überwiegend fröhlich, was in erster Linie an den meist von Gitarrensounds bestimmten Instrumentals liegt, die teilweise schon sehr in Richtung Verrücktheit abdriften. Sowohl flow- als auch thementechnisch gibt's an "Leider zum Glück" nicht viel zu missen. Die Storys, die uns immer schön an den jeweiligen Beat angepasst erzählt werden, befassen sich oftmals mit eigentlich alltäglichen Inhalten, die allerdings so humorvoll und ironisch übermittelt werden, dass sie sich eher wie "noch nicht da gewesen" anhören. Etwa, wenn die Leichtgläubigkeit der Menschen auf dem Titel "Lemminge" mit lustigen Dorfkneipen-Anekdoten verdeutlicht wird. Nachdenklich sein können die Jungs übrigens auch – so zählt der Zukunftsängste-Track "Sprung ohne Schirm", zu dem es übrigens auch ein Video gibt, zu den absoluten Höhepunkten der Platte. Erfrischend anders und dazu auch noch umsonst – hier geht's "leider zum Download":


    http://www.heyfrankmusic.de – kostenloser Download




    Mohammed Ali Malik – Schlafwandler



    Wer regelmäßig auf rappers.in unterwegs ist, dem dürfte der Name Mohammed Ali Malik vielleicht schon etwas sagen. Der bei dem Label Freigeistmusika gesignte Rapper ist vor allem für nachdenklichere Musik mit Herz bekannt und bleibt ebendieser Linie auch auf seinem neuesten Release "Schlafwandler" treu ("Hab' vergessen, wie man träumt, doch sollte gelegentlich mal weitermachen"). Auf meist eher ruhigen, teils recht samplelastigen Beats erzählt Mohammed Ali Malik Geschichten aus seinem Leben und teilt dem Hörer seine persönlichsten Sorgen und Wünsche mit. Dementsprechend ist die Platte auch sehr melancholisch geraten. Der lyrische Anspruch, den er sich selbst gesetzt zu haben scheint, bleibt dabei zu keinem Zeitpunkt unerfüllt – "Schlafwandler" ist definitiv keine leichte Kost zum Nebenbeihören, sondern eignet sich eher dazu, mal in einer ruhigen Minute eingelegt zu werden. Eines der absoluten Highlights: die das Tape abschließende Akustik-Version des Titels "Lebewohl", auf dem der Künstler perfekte Flowvariationen – von ruhig bis frustriert – demonstriert und dabei auch ganz gut ohne Drums auskommt.


    http://www.freigeistmusika.de – kostenloser Download




    MischKonsuM – Pinnwand



    Makaber ("Rap und Crewkoch"), Körk ("Design, Fotografie, Artwork und Merch") und Modafucka ("Rap und Schreibkramartist") bilden gemeinsam das Trio MischKonsuM, seines Zeichens die neueste Entdeckung auf Liquit Walkers Plattform Disstrict Music. Faul, "nachtaktiv", aber auch battlewütig und HipHop liebend zeigen sich die Jungs auf ihrer "Pinnwand" von den unterschiedlichsten Seiten. Themenvielfalt bekommt man also zu Genüge geboten. Da beschwert man sich etwa über zu viel Langeweile ("Nichts Neues") und rappt über die Hitze der sommerlichen Zeiten ("Sonnenmilch"), äußert jedoch auch mal den Wunsch nach Freiheit ("Gegen die Wand") oder battlet alle anderen MCs an die Wand ("Status Quo"). Der Crewname ist demnach auch für den Hörer Programm. Pluspunkt: Auch ernste Themen behandelt man wenn, dann mit dem nötigen Fünkchen Selbstironie, um nicht zu sehr in die Tragödie abzurutschen. Beatmäßig ist jedwede Richtung außer allzu typische Clubbanger und Synthesizer-Klänge vertreten. Da gibt's Flöten-, Gitarren-, Piano-, Violinen- und Chor-Samples, denen man sämtliche Prädikate von "chillig" über "verrückt" bis "mächtig" aufdrücken kann. Verantwortlich für die Produktionen zeichnen unter anderem Pero, Creepa Beatz und Jumpa Beatz. Hier zu konsumieren:


    http://www.disstrict-music.de – kostenloser Download




    Paradox – Herzmasochismus



    "Das Schicksal liebt das Drama, das Drama liebt den Krach" – dem Stamm-User und VBT-Verfolger auf rappers.in dürfte der Name Paradox oder PzumX schon untergekommen sein. Ja, genau, dieser Schreihals, der selbst im Hochsommer mit Mütze rumläuft. Auf seinem zehn Tracks starken Album "Herzmasochismus" lernt man allerdings mal eine etwas andere Seite des PlayerHaters kennen – eine teilweise um einiges melancholischere. Da geht es inhaltlich sowohl um Ängste als auch um Respekt, Verrat und "Ehrlichkeit" ("Ich war von Anfang an ein Einzelgänger, weil ich zu ehrlich war und meine Meinung nie versteckt hab'"). Manch einer muss sich vielleicht erst mal an die hohe Stimmlage des Rappers gewöhnen, aber ebendiese wirkt in Kombination mit den meist düsteren Violinen- und Orchester-Beats unheimlich atmosphärisch. Was dann sein Übriges zur Atmosphäre beiträgt, ist die bildgewaltige Sprache, die sich Paradox zu Nutze macht – die Worte und wie er flowmäßig mit ihnen spielt. Für etwas Abwechslung sorgen dann noch Gastparts von Crewkollege Ca-Va und Cash Brother Lance Butters, der auf "Hi wie geht's" einen zwar ungewohnten, aber guten deepen Part abliefert. Der Download lohnt sich nicht nur für Masochisten!


    Facebook – kostenloser Download




    Du kennst jemanden (oder bist gar selbst der Meinung, dass du jemand bist), der dem Titel "unknown King" gerecht werden kann? Diese Person hat erst vor kurzem einen Tonträger oder Freedownload veröffentlicht, der eine Erwähnung in diesem Artikel wert ist? Schick eine Bewerbung mit dem Betreff "unknown Kings – *Künstlername*" an [email protected]. Bitte beachtet aber, dass ich nicht auf jede Anfrage persönlich antworten kann. Ihr werdet sehen, ob das Release dann letztendlich seinen Platz in dieser Sammlung findet. Viel Erfolg!



    Pascal Ambros (ProRipper)

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