Review: Bizzy Montana – Gift



  • 01. Gift
    02. Alles beim Alten
    03. Kopfkino
    04. Fliegen lernen
    05. Bozz im Bizz
    06. Stress
    07. Die perfekte Welle
    08. Was du willst
    09. 100.000 Kilometer feat. Jonesmann
    10. Bei mir
    11. Engel
    12. Um sich selbst
    13. Alles kaputt (Ich? Nein, R!)
    14. 2 Seiten feat. Moe Phoenix
    15. Outro


    "Gift". Eine "Substanz, die einem Organismus, trotz geringer Dosis, erheblich schaden oder ihn sogar töten kann." "Was dich nicht tötet, macht dich stärker!" – Viele schwören auf dieses Lebensmotto. Doch was, wenn das Leben und der Alltag dich durch die Probleme und den Stress täglich immer mehr vergiften. Stärker wird man dadurch eher nicht. So denkt Freund von Niemand Bizzy Montana wohl auch und präsentiert deshalb seine ganz eigene Auslegung von "Gift".


    Nach seinem Mixtape "Ein Hauch von Gift", welches 2011 erschien, bringt Bizzy Montana nun sein erstes Soloalbum über Vegas Label Freunde von Niemand. Schon am Titel fällt auf: Das erste Album ist etwas Anderes, etwas Größeres. Es soll alles Vorherige in den Schatten stellen. Ein "Hauch" genügt nun nicht mehr, das gesamte "Gift" soll verbreitet werden, das sich über die Jahre im Inneren angesammelt hat.


    "Nie wieder im Halbschlaf, vergiftet vom Alltag/
    Endlich richtiges Business und nicht mehr auf Jagd nach Altglas/
    "
    (Bizzy Montana auf "Gift")


    Es geht dem selbsternannten "Musiker aus der Unterschicht" nun also auch um das große Geschäft, welches er sich durch Rap erhofft. Wer will es ihm verdenken? Denn nach drei Streetalben, einem Mixtape, zahlreichen anderen Projekten und jahrelanger Szenepräsenz wäre wohl jeder hungrig nach mehr. So zeigt sich das frühere ersguterjunge-Member, insbesondere auf Battletracks wie "Bozz im Bizz", angriffslustig und stellt sich selbst über alle anderen Rapper. Raptechnisch glänzt Herr Montana hierbei durch einen sehr angenehmen Flow und saubere Reime und Reimketten. Auch versucht er, durch den ein oder anderen Vergleich aufzutrumpfen. Diese fallen aber, vor allem wenn man es als verwöhnter VBT-Zuschauer und Kollegah-Hörer nicht anders gewohnt ist, eher simpel und wenig spektakulär aus.


    "Ich habe Großes vor und zieh' es durch wie Kiffertüten/
    Spitte übel, ihr Küken zwitschert auf Twitter zum Vergnügen/
    Die tickende Bombe t-tickt präzise im tiefen Süden/
    Unkontrollierbar wie Vulkane, die in der Tiefsee wüten/
    "
    (Bizzy Montana auf "Die perfekte Welle")


    Doch genug vom Meckern auf hohem Niveau! Alles in allem lassen sich die Battlerapsongs auf "Gift" gut anhören, was nicht zuletzt den – passenderweise – synthielastigen Beats zu verdanken ist. Jedoch gibt es natürlich noch viel mehr, was das erste Album des Müllheimers zu bieten hat. Bizzy besticht vor allem durch seine Begabung, Geschichten zu erzählen und Bilder beim Hörer zu erschaffen. Durch seine metaphorischen Fähigkeiten schafft er es, das "Gift" des Alltags durch die Musik abzubilden. Aufgrund dieser Bildlichkeit gelingt es Bizzy Montana tatsächlich, ein "Kopfkino" im Gehirn zu erzeugen, so dass jede seiner Geschichten wie von selbst vor dem inneren Auge abläuft. Diese Eigenschaft führt dazu, dass die ohnehin schon nachdenkliche und düstere Stimmung des Albums zusätzlich unterstrichen und fühlbar gemacht wird. Besonders bei Tracks wie "Stress" kommt dies zum Vorschein. Hier werden gleich mehrere Storys in jedem Part erzählt. Auf die eine folgt sofort die nächste. Jeder der Charaktere in diesem Song hat mit seinem eigenen "Stress" im Leben zu kämpfen, welcher von Bizzy nur kurz beleuchtet wird. Diese schnelle, fast abgehackte Abfolge von Erlebnissen lässt den Track wie einen Kurzfilm mit extrem vielen Schnitten wirken, was durch das angehobene Tempo des Beats zudem noch untermalt wird. Dieses Zusammenspiel von Beat, Text und Thematik des Lieds macht es zu einer wahren Storytelling-Perle. Bizzy Montana kann also stimmige Atmosphären erzeugen. Allerdings schafft er es leider viel zu selten, diese aufrechtzuerhalten. Häufig werden sie von völlig stumpfen Phrasen, die klischeehaft oder unpassend und beinahe zusammenhanglos im Text eingebracht werden, unterbrochen und endgültig zerstört, so dass man nur noch kopfschüttelnd weghören kann. Auf diese Weise wird zum Beispiel der eigentlich stimmige Track "Fliegen lernen" durch den wirklich sehr dürftigen Vergleich "Ich heb' das Glas und sag's wie Nelson zu Bart: Ha ha! Ha ha!" unfreiwillig total ins Lächerliche gezogen, was auch die Grundstimmung des Albums etwas stört. Allerdings gibt es nicht in jedem Lied einen solchen "Stimmungskiller". Bestes Exempel hierfür ist "Bei mir". Diesen Song möchte ich noch einmal besonders hervorheben, weil auch hier wieder eine sehr schöne Atmosphäre durch das Zusammenspiel von Flow, Text und Beat geschaffen wird. Denn anders als bei den meisten Raptracks mit einem solchen Thema berappt Bizzy einen etwas schnelleren Beat, was zum einen seinem Flow zugute kommt, zum anderen die Rastlosigkeit und das Gefühl des Vermissens, welches die Themen des Liedes darstellen, gut übermittelt.


    "Das Lächeln, das du mir dann schenkst im Halbschlaf/
    Lockert kurz die Fesseln und die Ketten meines Alltags/
    Dann vergess' ich all den Stuss und bleib' noch bisschen bei dir/
    Bevor ich gehe, wart' ich, bis du schläfst, und küss' deine Stirn/
    "
    (Bizzy Montana auf "Bei mir")


    Überraschenderweise fallen die Features auf "Gift" – wenn man das Album mit den vorherigen Werken Bizzys vergleicht – eher mager aus. Lediglich Jonesmann und Moe Phoenix bereichern "Gift" auf zwei Tracks mit klangvoll schönen Gesangshooks. Auch beattechnisch frappiert "Gift". Anders als vorangegangene Releases, die noch zu einem größeren Teil von Bizzy Montana selbst produziert waren, steuert er hier nur zwei Beats bei. Für die restlichen Produktionen zeigen sich Chakuza, Johnny Pepp, Beatdown Audio, Timecy – Chessa/Cutheta, Abaz, Trinity und Phillip Buchholz verantwortlich. Diese Abweichungen von seiner üblichen Vorgehensweise machen deutlich, dass ihm sein erstes Soloalbum durchaus wichtig ist. Hier steht sein Rap und nicht seine Beats oder die Features im Vordergrund.


    Fazit:
    Bizzy Montanas "Gift" ist nicht mit der allgemeinen Definition eines Toxikums vergleichbar. Wird man erst einmal von seinem Rap infiziert, bedeutet das nicht, dass man geschwächt wird. Das Album hat zwar eine eher negative Grundstimmung und klingt düster, aber insgesamt schaffen es die Texte, eine positive Botschaft zu übermitteln. So bildet das Album summa summarum ein Gegengift für das "Gift" des Alltags und man fühlt sich nach dem Hören gestärkt und ermutigt.



    Florian Peking (Florginal)

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  • Hätte noch etwähnt dass das Mixing bei manchen Tracks verkackt ist und man genau zuhören muss um alles zu verstehen und das Fazit hätte ich ander geschrieben zb nocheinmal bewertend aufs Album eingehen und dann begründen warum man das Album gut oder schlecht ist , ansonsten sehr gute review und sehr gutes Album ;)

  • Für mich total unterbewertet mit dem 4 mics... Album des Jahres bisher! Im Vergleich bekommt ein Haft 4,5 mics?? unverständlich
    Du sagst ja selber schon: Raptechnisch glänzt Herr Montana hierbei durch einen sehr angenehmen Flow und saubere Reime und Reimketten. Wieso 4 mics? Ich meine in dem Album passt einfach das musikalische Konzept!

  • Also ich muss ehrlich zugeben, dass mir das Mixtape ,,Ein Hauch von Gift" viel viel besser gefallen hat als das Album. ,,Gift" kommt meiner Meinung nach nicht annährend an ,,Ein Hauch von Gift" ran. Das Album ist zwar nicht soooo schlecht, aber ich würde es jetzt nicht unbedingt jeden Tag pumpen.

  • Mir gefällt das Album sehr, als ich das Snippet anhörte war ich verwundert und wurde dementsprechend nicht enttäuscht.

  • neben BOZ und Vega eins der besten Alben seit längeren meiner meinung nach.
    Besonders die beats sind größtenteils ziemlich fresh, kann man sich gut geben.


    edit: Kann mir einer der das Booklet besitzt sagen wer die Beats von "Engel" und "Fliegen lernen" produziert hat?
    (Nein, ich habe es NICHT illegal gezogen, bei der itunes version war leider kein pdf booklet dabei)

  • Ich hab das Album gekauft und finde es echt gut. Bizzy ist vielleicht nicht der technisch beste Rapper oder der mit dem besten Flow oder Reimen, aber im Allegemeinbild steht er für mich über JEDEM anderen Rapper!!!

  • aufjedenfall, der typ ist allgemein unterbewertest as fuck, das album gift ist aufjedenfall eines der besten alben des jahres gewesen, bzw. alle bizzy alben haben mir bisher gefallen und für jede stimmung gibt es songs zu denen man greifen kann, ähnlicher style wie chakuza den man sich gut geben kann, die hook von Moe Phoenix finde ich auch sehr stark, sehr viele krasse songs die einem im kopf bleiben, ähnlich wie das album kollegah (wo man schon nach paar sekunden wieder weiß welcher song jetzt kommt) aber diese songs kann man sich öfter geben

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