Interview: B.E.


  • Er ist der selbsternannte "Micathlet" – der Siegener Rapper B.E. kann bereits auf eine zehnjährige Musikkarriere zurückblicken und veröffentlichte vor Kurzem sein zweites Mehr-oder-weniger-Soloalbum über die Labelheimat Feine Kreise. Mehr-oder-weniger-Solo deshalb, weil das Machwerk komplett auf Instrumentals des im vergangenen Jahr überraschenderweise verstorbenen Produzenten Arves entstand, der zuvor bereits mit Genregrößen wie K.I.Z., Eko Fresh oder Manuellsen zusammengearbeitet hatte. Inwiefern dieser Umstand den weiteren Arbeitsprozess an der Platte beeinflusst hat, ist jedoch nur eines der Themen, die wir in unserem Interview mit B.E. zur Sprache gebracht haben. So entlockten wir dem Micathleten unter anderem Einiges über seine Einstellung zum digitalen Musikmarkt und zu seiner Vergangenheit mit Aggro Berlin. Und... Ach ja: warum eigentlich "Micathlet"...?!


    rappers.in: Seit ein paar Wochen ist dein aktuelles Album "Zeitlos" im Handel erhältlich. Die Platte entstand komplett auf Instrumentals deines verstorbenen Freundes und Produzenten Arves und wurde ihm auch gewidmet. Hast du dich beim Schreiben der Texte für diese Platte besonders schwer getan, weil du vielleicht einen höheren Anspruch an dich selbst hattest? Oder verliefen die Arbeiten an "Zeitlos" relativ normal?


    B.E.: Es war schon eine besondere Situation. Ich habe mich nicht schwer getan beim Schreiben, aber der Anspruch, den ich an mich selbst und die Texte hatte, war schon ein anderer. Denn sie sollten im Endeffekt ja nicht nur mir gefallen. Die Frage, die immer im Raum stand, war, ob Arves sie so auch gefeiert hätte. Die ganze Situation hat das Album aber natürlich geprägt, wodurch viele Texte sehr persönlich geworden sind.


    rappers.in: Verarbeitest du dieses Erlebnis dementsprechend auch an vielen Stellen auf "Zeitlos"?


    B.E.: Auf jeden Fall. Auch, wenn es nicht immer direkt hörbar ist. Es ist schwierig, das zu beschreiben, aber ich denke, viele kennen sowas: Wenn man so einen Schicksalsschlag erlebt, verändert das die Sicht auf viele Dinge und auch dein Denken. Somit würde das Album teilweise sicherlich anders klingen, wenn Arves nicht verstorben wäre. Der Song "Der Film den ich fahr'" ist ein gutes Beispiel dafür, da hier sehr deutlich vermittelt wird, dass die Gesundheit das Wichtigste ist. Ein Satz, den jeder kennt und auch schon tausend Mal gehört hat, aber den man sich viel zu selten wirklich bewusst macht.


    rappers.in: Wenn du gerade sagst, dass sich die Sicht auf viele Dinge verändert hat – auf "Daymares" rappst du zum Beispiel: "Nach dem Ereignis letztes Jahr habe ich begriffen, was Freundschaft eigentlich heißt". Inwiefern hat sich denn deine Sichtweise zum Thema Freundschaft dadurch geändert?


    B.E.: Es ist ja oft so, dass man sich über Dinge ärgert, mit Menschen streitet oder im schlimmsten Fall den Kontakt abbricht, obwohl der Vorfall irgendwann total bedeutungslos wird. Man entscheidet aber zu diesem Zeitpunkt nur aus der Emotion heraus. Manchmal können solche Streitereien sogar mit den engsten Freunden oder in der Familie passieren. Ich habe einen Kollegen, zu dem ich zwei Jahre lang keinen Kontakt mehr hatte, der früher aber einer meiner besten Freunde war. Nach dem Tod von Arves habe ich mir die Frage gestellt, was ich gemacht hätte, wenn ich diese Nachricht über ihn bekommen hätte. Meine ehrliche Antwort zu mir selbst war, dass ich ohne zu zögern der Erste gewesen wäre, der da gewesen wäre. Daher habe ich mich bei ihm gemeldet und ihm gesagt, dass es kein böses Blut zwischen uns gibt. Wir sind zwar heute weiterhin keine guten Freunde mehr, aber wir haben den vermeintlichen Streit zwischen uns geklärt und finden es beide besser so.


    rappers.in: Soweit wir wissen, hattest du für das Album sehr viele Beats zur Auswahl – gab es etwas, das du beim Picken der Instrumentals für "Zeitlos" ganz besonders beachtet hast? Und was passiert mit den übrigen Beats? Werden die auch noch ihre Verwendung finden?


    B.E.: Das Krasse ist ja, dass Arves und ich zwei Tage vor seinem Tod aus den circa 40 Beats, die er für das Album gebaut hatte, unsere 16 Favoriten gepickt hatten. Arves war sehr selbstkritisch, was seine Produktionen anging, und ich wollte, dass auch er hinter jedem Beat zu 100% stehen und somit nachher jeden Song auch feiern kann. Daher haben wir uns für die Beats entschieden, die uns beiden am besten gefielen. Die restlichen Beats gibt es noch, allerdings ist dazu bisher nichts geplant.


    rappers.in: Und du hast mit dem Schreiben der Texte dann genau nach diesem Ereignis begonnen? Du bist auf dem Album letztlich ja sehr persönlich geworden, was vielleicht auch nicht unbedingt von Anfang an geplant war, oder?


    B.E.: Was das Schreiben der Songs angeht, muss man hier unterscheiden. Manche Song-Ideen, wie "Alles Schlampen außer Mum", entstanden schon vor dem Tod von Arves und zum Teil sogar mit ihm zusammen. Der Großteil entstand allerdings erst danach, wobei doch eine zeitliche Differenz zwischen dem Ereignis und dem weiteren Schreiben lag. Sicherlich ist das Album ein wenig persönlicher geworden, als geplant, aber ich muss dazu sagen, dass ich mich sehr von den Beats hab' leiten und inspirieren lassen. Ich habe das geschrieben, wonach es sich angefühlt hat. Allerdings immer mit dem Anspruch, das Beste zu schreiben, zu dem ich in der Lage bin.



    rappers.in: Du hast jedes Exemplar von "Zeitlos" von Hand veredelt und mit allerlei Extras ausgestattet, etwa mit kleinen, eigens geschnürten Schriftrollen und sechs verschiedenen beigelegten Cover-Versionen. Ein kleiner Trailer auf YouTube gibt da genauere Einblicke in den Entstehungsprozess – hast du das wirklich alles allein' gemacht? Im Video sah das jedenfalls nach einem Haufen Arbeit aus...


    B.E.: Ich wurde in ein Zimmer gesteckt und mir wurde gesagt: Entweder machst du das jetzt oder wir bringen das Album nicht raus und du kriegst nichts mehr zu essen! Deswegen hat sich das Release auch immer wieder verzögert, weil ich so langsam war... (lacht) Ne, Spaß beiseite. Es war auf jeden Fall ein Haufen Arbeit, aber mir haben einige Leute dabei geholfen. Schönen Gruß an dieser Stelle an alle, die an der Aktion beteiligt waren!


    rappers.in: Was haben diese Mini-Schriftrollen denn eigentlich enthalten?


    B.E.: Es ist ja nicht so einfach, an die Schriftrolle zu kommen, wie wir schon beim Einlegen ins Case feststellen mussten. Daher kann ich verstehen, dass ihr sie noch nicht herausbekommen habt. (lacht) Allerdings möchte ich nicht zu viel verraten. Ich kann aber sagen, dass es etwas sehr Persönliches ist und es mir enorm wichtig war, dass wir die Idee mit der Schriftrolle und dem gesamten Artwork wirklich so realisieren konnten.


    rappers.in: Hat diese Liebe zum Detail in der heutigen Zeit, in der digitale Downloads immer mehr an Wichtigkeit dazugewinnen, für dich vielleicht auch einen besonderen Stellenwert? Wie stehst du aktuell allgemein zu diesem Downloadmarkt von Seiten wie iTunes, Musicload oder auch Amazon?


    B.E.: Ich habe kein Problem mit dem digitalen Musikmarkt, da jeder selber entscheiden sollte, ob er noch ein physisches Produkt braucht. Ich habe bis heute lieber ein wirkliches Produkt in der Hand und interessiere mich auch immer sehr für die Gestaltung des Ganzen, wobei ich meine Musiksammlung auch digitalisiert habe und fast überall nur noch über MP3s Musik höre, da es einfach komfortabler ist. Bei "Zeitlos" war es uns allerdings dann auch sehr wichtig, dass die Käufer der CD ein Produkt erhalten, das sein Geld wirklich wert ist, da es mit genau dieser "Liebe zum Detail" besticht und dadurch auch diesem zeitlosen Charakter in seiner Gestaltung gerecht wird. Ich finde, heutzutage fehlt dieser Einsatz leider oftmals, sodass die CD nicht viel mehr zu bieten hat, als der Download.


    rappers.in: Ich hab' vor ein paar Tagen auch gesehen, dass du "Zeitlos" zum Beispiel schon komplett zum kostenlosen Streamen anbietest – stören dich illegale Downloads sehr oder hast du da eher die Einstellung "Wer's cool findet, kauft das auch"?


    B.E.: Also, was den kostenlosen Stream angeht, ist es ja so, dass simfy (Anm. d. Red.: Webseite, die Online-Streams anbietet) von unserem digitalen Vertriebspartner beliefert wird. Wenn Leute dort meine Mukke streamen, verdienen wir ja daran mit. Also ist es nur ein weiteres digitales Geschäftsmodell. Wenn es um illegale Downloads geht, hat sich meine Meinung über die Zeit ein wenig verändert. Ich lade keine Musik illegal, weil ich weiß, wie viel Arbeit hinter jeder Platte steckt und diese somit auch durch den Kauf anerkannt werden sollte. Aber das ist eine Sache, die jeder für sich entscheiden muss. Es gibt ja auch nicht nur den einen Downloader. Wenn jemand mein Album illegal lädt, um reinzuhören, und es sich danach kauft, weil es ihm gefällt, dann ist das ja nicht auf eine Stufe zu stellen mit den Menschen, die aus Prinzip nicht bereit sind, für Musik Geld zu bezahlen.


    rappers.in: Seit einiger Zeit hast du deinem Künstlernamen B.E. noch den Zusatz "der Micathlet" angehängt, was auf einen gleichnamigen Track deines Debütalbums "Sein oder Nichtsein" von 2009 zurückgeht. Welche Stufe muss man erreichen, um sich einen solchen Titel geben zu dürfen? Was hat dich nach knapp zehn Jahren Musikerfahrung endgültig zum "Micathleten" gemacht?


    B.E.: Die Idee des "Micathleten" stammt ursprünglich aus dem Jahre 2003. Damals gab es schon einen Song von mir, der so hieß und dessen Refrain lautete: "Er spielt mit Flows, jongliert mit Flows, er zielt und bombardiert mit Flows, denn nur auf ihm basiert die Show, an alle Leute – hier ist der Micathlet!" Damals war es eher auf das Texte schreiben und die Technik bezogen, aber heute geht es mir viel mehr um den eigenen Anspruch. Darum habe ich den Song 2009 auf "Sein oder Nichtsein" für mich noch einmal neu interpretiert. Ein Athlet ist jemand, der immer weiter an sich arbeitet und stets den Anspruch hat, der Beste zu werden, jedoch im Wettkampf die Dinge auch sportlich sehen kann und das liebt, was er macht. Daher passt dieser Begriff aus dem Sport auch sehr gut für einen Musiker, da der Antrieb in beiden Bereichen vergleichbar ist.



    (Arves)


    rappers.in: Was diese Flow-Sache angeht, erinner' ich mich grade an den Track "Flowmarkt" auf "Sein oder Nichtsein" zurück, auf dem du ja sehr viele verschiedene Rapper und deren Styles quasi ein wenig "nachgeahmt" hast, im Stil von Blumios "Meine Lieblingsrapper". Wolltest du damals mit dem Song vielleicht auch ein bisschen unter Beweis stellen, dass du, wenn du wollen würdest, nochmal komplett anders rappen könntest? Viele Rapper haben heutzutage ja das Problem, dass man ihnen nachsagt, dass sie immer gleich klingen würden...


    B.E.: Genau das sollte dieser Song zeigen, wobei es im Gegensatz zu Blumio nicht darum ging, Rapper nachzuahmen, sondern einfach zu zeigen, was für verschiedene Styles und Flows es gibt und dass es mir nicht schwer fällt, so vielseitig zu rappen. Dabei ging es nie um Disrespekt. Auch, wenn es manche Leute vielleicht so aufgeschnappt haben oder dachten, ich würde irgendwelche Rapper damit verarschen wollen. Ich mag es, wenn ein Album oder auch ein einzelner Song sehr vielseitig ist und daher wollte ich Jüngeren aufzeigen, dass Deutschrap auch stylemäßig sehr viele Facetten haben kann.


    rappers.in: Du hast bereits in deinen jungen Jahren heutige Rapstars wie Sido, Bushido und Fler auf ihrer Aggro-Tour als Supportact begleitet – wie hast du deren Entwicklung bis heute so miterlebt und wie stark haben diese Künstler deiner Meinung nach die heutige Szene und vielleicht auch dich geprägt?


    B.E.: Wenn ich an damals zurückdenke, waren das schon verrückte Auftritte und man hat kuriose Geschichten miterlebt. Es war kurz vor Sidos Debütalbum, als die Leute alle anfingen, "Mein Block" zu feiern. Ohne Aggro Berlin und deren Künstler wäre HipHop in Deutschland heute sicher nicht so, wie er ist. Ob man diese Entwicklung jetzt gut oder schlecht findet, muss jeder persönlich entscheiden, aber was Proffessionalität und Ehrgeiz in Sachen Indie-Label angeht, hat Aggro Maßstäbe gesetzt. Persönlich kommt man an diesen Leuten ja auch nicht vorbei, wenn man dieser Szene angehört, und ich kann sagen, dass ich Sido und seine Musik auch bis heute noch sehr feier'. Unterbewusst wurde auch ich sicherlich von diesen Leuten mitgeprägt, wobei amerikanischer Rap immer einen größeren Einfluss auf mich hatte.


    rappers.in: Ich hatte mit dir bisher eigentlich immer eine andere Art von Rap assoziiert und war schon ein wenig überrascht, als ich das mit der Aggro-Tour mitbekommen hab'... Wie kam damals denn der Kontakt zu Sido & Co. zustande?


    B.E.: Persönlich hatten wir gar nicht so viel miteinander zu tun und auch keinen direkten Kontakt, sondern sind durch Glück da reingerutscht. Es gab in Siegen einen Veranstalter, der viele Jams und Konzerte organsiert hat und daher über viele Connections verfügte. Einmal holte er Sido und B-Tight nach Siegen und hatte von da an Kontakt zu den Jungs. Er sorgte dann dafür, dass Vito Vitality und ich damals als Support bei den Jungs spielen konnten. Wir waren ja noch sehr jung und es ging uns vor allem um die Auftritte, sodass wir bei diesem Angebot nicht lange gezögert haben, sondern dankbar waren für die Möglichkeit. Daher hatte es damals auch wenig damit zu tun, ob die Musik wirklich gut zu uns passte oder nicht. Die Jungs werden sich höchstwahrscheinlich auch nicht mehr an uns erinnern, schätze ich.


    rappers.in: Zu guter Letzt: Nach allem, was wir wissen, bist du auch ein leidenschaftlicher Freestyler und warst 2010 sogar im Deutschland-Finale der "1 on 1"-Freestyletour. Deshalb würden wir dich bitten, deine Abschlussworte an uns einfach mal in ein paar kreative Lines zu verpacken!


    B.E.: Danke für das Interview, danke an rappers.in/ kauft euch "Zeitlos", wenn ihr Mukke wollt, die besser klingt/ als 90 Prozent der Mukke, die grade auf dem Markt ist/ ihr wisst, dass es für neue Künstler immer sehr hart ist/ besonders wenn sie keinen Hype haben/ doch ich habe keinen Bock auf Alben, die keinen Style haben/ und Posen im Leihwagen/ ich steh' lieber on Stage und jeder, der uns live erlebt/ wird sagen: Er ist the one and only, B.E. der Micathlet!/ (kurze Pause) Vielen Dank auf jeden Fall für das Interview und euren Support. Wer immer auf dem neusten Stand bleiben möchte, liket am besten facebook.com/micathlet. Und wer jetzt Bock auf Arves' und mein Album bekommen hat, kann sich dieses auf CD bei uns im Shop auf feinekreise.de bestellen.



    (Florence Bader & Pascal Ambros)

  • nee von denen, die gegen creme fresh ranmussten. Du Kuckst Klan waren Natz, Unknownking (hier aus dem forum) und noch einer..


    hmm hab da mal im youtube drüber gehört, aber es ist irgendwie so garnich meins

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