Review: Genetikk – Voodoozirkus



  • 01. Bananas & Cash
    02. Supa Dope Brothers
    03. Wer bist du?
    04. Erst der Anfang
    feat. Favorite
    05. Lebenslang
    06. Konichiwa Bitches
    07. König der Lügner
    08. G.E.N.E.T.I.K.K.
    09. Puls
    10. Tiefschlaf
    11. Yam Yam
    12. 24/7
    13. Sorry
    14. Genie & Wahnsinn
    15. Ich rauch'n Blunt


    Bonus-Track:
    16. Inkubation


    Wer kennt noch das "Familien-Duell"? Würde die Sendung nicht abgesetzt sein und es dort "Wir haben 100 Leute gefragt: 'Nennen sie ein noch bestehendes Deutschraplabel'" heißen – die meistgenannte Antwort oder wenigstens ganz weit vorne mit dabei wäre wohl: Selfmade Records. Und wieso, was hat dieses Label scheinbar richtig gemacht? Ganz einfach: sowohl auf künstlerische Qualitäten als auch auf die mögliche Vermarktbarkeit ihrer Künstler geachtet. Gehen wir doch einmal die aktuellen und ehemaligen Singnings durch. Da wäre einmal Kollegah, Zugpferd des Labels, für viele Hörer wohl kaum zu Unrecht in Sachen Wortwitz und Reimen mittlerweile mit Halbgottstatus, der durch sein kontroverses, arrogantes Player-, Zuhälter- oder ähnliches Image auffällt. Favorite, erster Selfmade-Artist, nach wie vor unter Vertrag, technisch ebenso erste Liga, glänzt mit kranken Sprüchen und wird gerade durch die ein oder andere durchgedrehte Aktion und sein Image als drogenabhängiger Psycho oder seine lustige Art einiges an Aufmerksamkeit abgesahnt haben. Durch seine Musik ganze Filme vor den Augen entstehen zu lassen und eine Atmosphäre wie kaum ein Zweiter zu erzeugen, ist, was Shiml, der bis 2009 Mitglied der Düsseldorfer Plattenfirma war, ausmacht. Mit emotionalen, metapherlastigen Lyrics und seinem alternativen Style konnte Casper bis an die Spitze der deutschen Albumcharts gelangen, wenn auch erst nach seiner Trennung vom Label. Zusammengefasst hätten wir da vier einzigartige, geniale Künstler, von denen wenigstens drei große kommerzielle Erfolge verbuchen konnten. Und letzteres – ganz und gar nicht negativ gemeint – wohl auch nicht ohne eine gewisse Berechnung des Labels.


    Nun bekommt das Label Nachwuchs in Form von... Karuzo, der... einen guten Flow und... manchmal auch recht witzige Vergleiche und... nichtssagende Texte hat und Sikk, einem Produzenten, zusammen Genetikk, die eine Maske und jede Menge Schminke nötig haben, um wenigstens irgendwie aus der Masse herauszustechen. So zumindest meine erste Einschätzung. Ob sich diese bestätigt, wird sich zeigen.


    "Voodoozirkus, welcome to the freakshow/
    Keiner hat jemals zuvor gesehen, was du jetzt siehst, Bro/
    Dynamit, Speed, Coke, alles Schnee von gestern/
    Ich bin euch circa tausend Jahre weit voraus wie Bender/
    Deutschraps Klemptner, die Supa Dope Brothers/
    Ihr seid mir zu einseitig wie das Vogue-Cover/
    "
    (Karuzo auf "Supa Dope Brothers")


    Diese Zeilen wurden zufällig aus dem Anfang des Albums herausgepickt und ich möchte behaupten, dass diese sich in etwa auf die selbe Weise wie alle zig anderen Zeilen aus "Voodozirkus" analysieren lassen. Der Album- und Tracktitel wird genannt, alternativ an anderen Stellen eben der Label-, Band- oder die einzelnen Künstlernamen der beiden. Mit etlichen Anglizismen, ganzen englischen Halbsätzen und möglichst coolem Vokabular aus dem HipHop-Jargon wird geklotzt und nicht nur gekleckert. Auf die eigene absolute Neuheit und derartige Überlegenheit wird selbstverständlich geschworen und ein Wasauchimmer des Deutschraps muss sowieso jeder anständige Battlerapper hierzulande sein. Deutschraps Rettung, Deutschraps König, Deutschraps Papi, Deutschraps... Ihr wisst, worauf ich hinaus will. Und die Vergleiche? Ja, Bender, der Roboter aus der Serie "Futurama", kommt aus der Zukunft und ist uns dann halt eben tausend Jahre voraus, hmm. Ja, ein Cover besteht zwangsläufig aus nur einer Seite. Auch das der Vogue, macht Sinn. Und ja, das mit Kokain und Schnee haben wir auch verstanden. Und Drogen sind natürlich eh cool und dürfen keinesfalls unerwähnt bleiben. Irgendwie ist das ja alles gar nicht so geil.


    "Ich bin dope, ihr seid out/
    Du sniffst Coke, weil du's brauchst/
    Mein Ego monstermäßig, übertrieben/
    Mein Shit bleibt überdope, auch wenn ich wieder clean bin/
    "
    (Karuzo auf "Yam Yam")


    Darf ich vorstellen, die Hook aus "Yam Yam". Ein besonders prägnantes Beispiel für extrem dürftige Lyrics, die in jeglicher Sichtweise nicht überzeugen können. Als Verse in einer Strophe mit gutem Willen noch akzeptabel, als Refrain, der sich naturgemäß einige Male wiederholt, enorm ungünstig gewählt. Klar, zur Verdeutlichung wurde zwei bis drei Minuten nach einem extra schlechten Zitat gesucht und klar, es gibt durchaus die ein oder andere gute Line ("Dich mit mir zu vergleichen, schafft nicht mal Kollegah"), aber solch minderwertige Zeilen sollte sich kein Rapper erlauben, gerade wenn dessen Anspruch es ganz offensichtlich ist, gute Punchlines abzuliefern. Denn Inhalte sucht man auf "Voodoozirkus" fast vollkommen vergeblich, wenn man von kleineren Ausnahmen wie "Tiefschlaf" und der Tatsache absieht, dass der Inhalt von "Sorry" daraus besteht, dass in Genetikks Musik keine persönlichen Themen behandelt werden und man eine Ansammlung an Lügen in "König der Lügen" nicht als Inhalt ansieht.


    Was das Album dann letztendlich doch – sogar recht deutlich – vor einem Totalausfall bewahrt, sind Sikks größtenteils starke Beats und Karuzos zweifellos (wenn auch oft erzwungener) cooler, eigener Rapstyle mit guter Raptechnik. Ob sie nun oldschool-angehaucht ("Bananas & Cash"), orchestral ("Erst der Anfang" feat. Favorite) oder lässig ausfallen ("König der Lügner") beziehungsweise typisch "auf die Fresse" gehen ("Puls"): An den Instrumentals liegt die Mittelmäßigkeit des Albums jedenfalls nicht. Ebenso wenig an Karuzos Flow. Übertriebene Betonungen, ein etwas spanisch anmutender Akzent, das lockere "Stylen" und Spielen mit dem Beat sowie viele langgezogene, fast gesungene Endings der Lines lassen sich durchaus hören. So kann man definitiv nicht behaupten, dass das Klangbild von "Voodoozirkus" nicht wenigstens ordentlich wäre. Doch die Texte wollen und wollen schlicht an kaum einer Stelle überzeugen, über mehr als eine Line hinweg ohnehin nicht.


    "Rotzlöffel, Klassenclown, Rap-Superstar/
    Träum' davon, diverse Sportwagen cash zu bezahl'n/
    Aber dann holt mich mein Wecker auf den Boden der Tatsachen/
    Ich bin killa und mein Mic ist meine Tatwaffe/
    "
    (Karuzo auf "24/7")


    Fazit:
    Das große Problem ist, dass Genetikk in keinster Weise besonders hervorstechen können. Klar ist Karuzo ein guter Rapper, aber gut ist eben lange nicht gut genug und die Frage, wieso gerade Genetikk von Selfmade Records gesignt wurden, stellt sich die gesamte Spieldauer über. Raptechnisch und vor allem lyrisch wird Karuzo niemals in die riesigen Fußstapfen seiner aktuellen Labelkollegen und ehemaligen Signings treten können. Und auch das komplette Auftreten der Band stellt viel zu wenig dar, als dass meiner Einschätzung nach ein großer kommerzieller Erfolg in Aussicht stehen würde, was man von Selfmade als Label ebenso als einen der großen Beweggründe für ein Signing erwartet. Ob und wie die Vermarktung der beiden durch die Plattenfirma, der zumindest ich einen guten Geschäftssinn unterstellt hatte, funktionieren wird, wird sich zeigen. Ich bin sehr skeptisch und halte Genetikk für keine gute Wahl. Denn das Debüt "Voodoozirkus" bei Elvir Omerbegovics Label bleibt für mich ein Album, das zwar in Ordnung klingt, aber keinen großen Gehalt, viele textliche Aussetzer, kaum große Momente und wenig Entertainment und Eigenständigkeit aufweisen kann.



    (TonySunshine)



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  • Zitat

    Original von AleGinger
    feiert er kay one und sagt was von textlichen aussetzern


    keiner schiebt mehr optik
    keiner is auf aggro
    alle wolln genetikk


    Nein.
    Super Review Tony. Entspricht so ziemlich genau meiner Meinung über dieses Duo.

  • muss sagen das album hört sich gut an wird aber schnell langweilig, mitlerweile kann ichs mir nichtmehr so sehr geben, was wirklich wohl an den texten liegt, zb. kollegah kann ich mir immer geben was wohl an den texten liegt.


    aber finde genetikk trozdem sehr gut, nur eben nichts langlebiges.

  • Es hat ja bekannterweise jeder irgendwo 'ne Ansicht, was guter Rap ist. Aber zum einen sind Genetikk zweifellos einzigartig und finden offensichtlich relativ viel Anklang beim Publikum. Deshalb sind sie auch verkaufbar. Zum anderen kann man jemanden, der Azzlack Stereotyp mit nahezu voller Punktzahl bewertet, dann bei Genetikk aber sagt, dass Beats und Rapskills gut sind, sich aber über die Lyrics beschwert, nicht ernst nehmen. Die Bossaura-Analyse lass ich jetzt auch mal aussen vor, obwohl die auch ziemlich daneben ging. Liebes Rappers.in-Team... Reviews sollte schon konsequent & kompetent gehalten werden. Wenn da irgendwelche Leute einfach irgendwas hinschreiben und bewerten, ist nur großer Unsinn.

  • Flow und Beat sind meiner meinung nach genauso wichtig wie text wenn nicht noch wichtiger und darin sind genetikk einfach genial :D
    Und die texte fand ich eig auch annehmbar bis gut die bewertung hier ist viel zu negativ -.-

  • habs mir noch nicht geholt. so wie es aussieht lass ich mich als textfanatiker von der review beeinflussen und werds mir wohl nicht kaufen.
    eigentlich hatte ich ein lyrisch annehmbares album erwartet...schade

  • Zitat

    Original von AZE-NORD
    ich find TonySunshine quatscht RIESENGROSSEN SCHEISS...! :motz:
    DAs album finde ICH äusserst UNTERHALTSAM
    :smoke:


    Find ICH ja MEGAGEIL, dass du so schreibst. Hätte ICH echt nicht von DIR ERWARTET. :smoke: :hut: :king:


    OnTopic: Sehr gute Review. Sehr enttäuschendes Album. Absolut angemessene Bewertung.

  • Ich muss zugeben dass ich aufgrund von Tracks wie Inkubation, Genie und Wahnsinn oder auch einigen Tracks des Free Tapes "Foetus" doch mehr erwartet habe. Auf einigen Songs wie Lebenslang, G.E.N.E.T.I.K.K oder Ich Rauch nen Blunt kann die Erwartungshaltung zwar erfüllt werden, abgesehen davon sind viele der weiteren Lieder aber nur Durchschnitt und sicher nichts Inovatives. Alles in allem kann ich der Review zustimmen, aber ein Punkt mehr hätte nicht geschadet, wie schon gesagt Sikks Beats und Karuzos Flow sind durchaus hörenswert...

  • Die Art wie Genetikk das machen find ich erfrischend, nice und ziemlich Ausbaufähig nur der Inhalt muss stimmen dann könnten die noch krassere Dinger raushauen.


    Edit: Ein roter Faden, der den Hörer mitzieht, muss her!

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