unknown Kings: Dezember 2011

  • Wer kennt sie nicht? Die Werbung, mit der gefühlte 13 Millionen Amateurrapper in Form von Privatnachrichten in hiesigen Internetforen, Profilkommentaren auf MySpace oder Massenmails im Instantmessenger täglich unschuldige Konsumenten befeuern: "Hey, ich habe mein Album fertig gestellt! Es ist vielseitig, individuell und hebt sich von allen anderen ab." Es wäre schön, wenn jedes Release qualitativ so hochwertig wäre, wie angekündigt, aber bei der Masse an Rappern, die seit Beginn des Internetzeitalters rumgeistern, ist das nahezu unmöglich. Die Folge: Der enttäuschte Raphörer bleibt bei Altbewährtem – da kann er ja (meistens) nichts falsch machen –, während viele Releases, die bei weitem mehr Aufmerksamkeit verdienen, in der Masse untergehen.


    Mit dieser Rubrik haben wir uns das Ziel gesetzt, Releases an die Öffentlichkeit zu bringen, die unserer Meinung nach (!) mehr Aufmerksamkeit verdienen. Hier werden weder die Releases überhypter Internetgrößen zu finden sein noch Marketingspezialisten, die nach ihrem zweiten geschriebenen Text schon ein eigenes Label, eine Webseite mitsamt Promoteam und ein von Papi im Hinterhof gefilmtes Musikvideo besitzen. Es geht ausschließlich um die Qualität der Musik, um das Produkt.




    Philo – Traum vom Fliegen



    Mit dem Mannheimer Rapper Philo, seines Zeichens Signing der Famefabrik-Labelsparte First Love Music, veröffentlichten wir erst vor Kurzem ein Special auf rappers.in. Nun, ein paar Wochen später, präsentiert er uns seinen "Traum vom Fliegen" in Albumform. Im Gegensatz zu den meisten Rappern hat Philo dabei keine sonderlich hohen Ansprüche oder Erwartungen: Freiheit erlangt er für sich schon, wenn er sich in die Booth stellen und meist nachdenkliche Texte über sein Leben zum Besten geben kann. Abgedeckt werden größtenteils standardmäßige Themen wie Zukunftsängste oder Liebeskummer, die aber nicht immer unbedingt bierernst, sondern auch mal mit einer ordentlichen Portion Selbstironie. Das beste Beispiel hierfür ist die humoristische Nummer "Sie steht auf Frauen" – was der Titel behandelt, könnte der ein oder andere vielleicht schon vom Namen ableiten. Eine weitere Besonderheit: Auf seiner Featureliste verzeichnet Philo keinen einzigen Rap-Gastpart. Künstler wie Julius Reich, Ron Jerome, Amir oder Emory unterstützen den Mannheimer nur gesangstechnisch, was für ein hohes Maß an Abwechslung sorgt und sich auch vortrefflich ins Gesamtbild einfügt. Bleibt nur noch zu sagen: Die Beats, die durch viele eingespielte Instrumente absichtlich auf Livetauglichkeit abzielen, hätte man auch gut und gerne als reine Instrumentalplatte auf den Markt bringen können. Denn ein dermaßen homogenes und trotzdem nicht langweiliges Klangbild hört man in der Form und vor allem in diesem Genre selten. Grandios!


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    Kamikazes – Königsmische



    "Eigentlich kannste gerade mal beten, dass dein Leben an dir vorbeigeht, ohne Schaden zu nehmen" – perfekte Umschreibung für das, was hinter dem Pseudonym Kamikazes und der erwartungsgemäß selbstzerstörerischen Lebenseinstellung des Duos steckt. Mit ihrer "Königsmische" schicken die zwei Wuppertaler Suffbrüder Antagonist und Mythos, die dem ein oder anderen durch Gastbeiträge auf Releases des Kollegen Prezident schon ein Begriff sein könnten, nun nämlich eine weitere – wenn man's denn so nennen kann – "Solonummer" ins Rennen. Auf sich schleppend voranbewegenden Instrumentals wird passenderweise so apathisch, weltfremd und spielerisch gekonnt geflowt, wie man es nur von dieser speziellen Wuppertaler Musiksparte kennt. Einige mögen diese Art von Rap sicher langweilig, da zu emotionslos, finden. Genau darin liegt für die anderen inklusive mir gleichermaßen der Reiz: Alles egal, hauptsache die "Königsmische" am Start und jeder andere Mensch soll doch bitte Leine ziehen und ganz weit weg bleiben, sonst wird eben auch mal gebattlet. Wie sagt man so schön? – "Auge um Auge", aber im Prinzip sind wir doch eh alle "Blutgruppe NCl". Dazwischen noch einige schlaue Phrasen ("Warum wirken wir so kalt? Manche hängen an ihr'm Kreuz, andre tragen's um den Hals"), Metaphern und Wortspielereien eingeworfen und die Mische ist perfekt. Lebensfreudige Rapfans machen aufgrund der meist gequälten, dennoch stimmigen Atmosphäre eventuell besser einen Bogen um die Platte.


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    Rosa Rand Gäng – Ros$aura



    Kaum eine Crew hat im diesjährigen Videobattleturnier auf rappers.in für derart viel Wirbel um sich gesorgt, wie die Rosa Rand Gäng und, ganz klar: Dieser Hype, sei er nun befristet oder nicht, muss auch nach dem Ende des VBTs noch einmal ausgenutzt werden. Immerhin umgibt einen RRG!-Member ja nicht nur irgendeine "Aura" wie Savas, oder auch so eine popelige "Bossaura" wie Kollegah, nein: Mikzn70 aka Henry Mustache, Pat Riot aka Geiler Vater, Fid Rizz aka Don Senilo und AKFone aka Fußballmann haben allesamt die "Ros$aura"! Ja... Wie auch immer: Diese spezielle Aura scheint die (größtenteils) Münchner Truppe jedenfalls dazu zu bemächtigen, eine ganze Menge Unsinn von sich zu geben, was mir als Hörer einfach enorm Spaß macht. Ganz ehrlich: Schon lange konnte ich nicht mehr so herzlich lachen, wie beim Hören dieser EP. Auf meist bekannteren Amibeats, zur Abwechslung aber auch mal auf einem Falko-Instrumental, leben die Jungs mehr oder weniger ihre Affinität zu Süßspeisen (hust) aus, rennen exhibitionistisch mit ihren Riesenteilen durch die City, füllen sich mit "RRGetränken" ab, bezahlen Heizungskosten per "9mm" und – wie könnte es anders sein – "pumpen den rosa Rand." Wenn die Rosa Rand Gäng dann mal abseits ihrer sowieso schon abwechslungsreichen Themen auf altbewährten Gangsterrap zurückgreift, artet das in allerherrlichsten Parodien und ironischem Westcoastrepresenten aus – hier wird nämlich nicht auf die Gold-, sondern auf die "Kruppstahl"-Kette geguckt. Kurzum: Wer auf schrägen Humor bishin zum totalen Nonsens steht, kann mit "Ros$aura" nichts falsch machen.


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    Du kennst jemanden (oder bist gar selbst der Meinung, dass du jemand bist), der dem Titel "unknown King" gerecht werden kann? Diese Person hat erst vor kurzem einen Tonträger oder Freedownload veröffentlicht, der eine Erwähnung in diesem Artikel wert ist? Schick eine Bewerbung mit dem Betreff "unknown Kings – *Künstlername*" an [email protected]. Bitte beachtet aber, dass ich nicht auf jede Anfrage persönlich antworten kann. Ihr werdet sehen, ob das Release dann letztendlich seinen Platz in dieser Sammlung findet. Viel Erfolg!



    Pascal Ambros (ProRipper)

  • Dank Antagonist von den Kamikaze's hab ich angefangen zu rappen, hehe. Besser gesagt mit ihm gemeinsam! Bin heute noch dankbar dass es so kam & freue mich, dass es bei Ihnen aufwärts geht!

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