Review: Chakuza – Lost Tapes



  • 01. Intro
    02. Blabla
    03. Ironman
    04. Asozial feat. Gossenboss mit Zett
    05. Scherben
    06. Zieh den Kopf ein
    07. Alle
    08. Hat sich das gelohnt?


    Im Marxismus wurde der Begriff "Proletarier" noch dazu verwendet, die Arbeiterklasse zu umschreiben, oder auch "Bürger der besitzlosen Klasse". Seit 1945 wird das Wort vor allem dazu gebraucht, Menschen zu diskreditieren. In Form von "Prolet", "Prolo" oder auch "Proll" werden überwiegend Männer tituliert, deren Umgangsformen und Lebensstile als unkultiviert empfunden werden. Und genau davon möchte sich Chakuza nun distanzieren; er hat keine Lust mehr auf Proleten-Rap. "Lost Tapes" soll endgültig von dieser Attitüde Abschied nehmen. Das heißt: Ein letztes Mal pöbeln, prahlen und einfach die Sau rauslassen. Wie vor kurzem in einem Interview erwähnt, möchte er sich nicht nur vom Proleten-Image verabschieden, sondern auch künftig von der deutschsprachigen Rap-Szene Abstand halten und seine nachfolgende Kunstform lieber als "Musik" betiteln. Doch nun noch ein letztes, abschließendes Tape voller sexistischer, unkultivierter und asozialer Texte...


    "[...] Es gibt halt nur wenige Dinge, die ich gut kann und das ist Rappen, Musik machen, und Kochen [...]". Wie Chakuzas momentanes Selbstbild aussieht, wissen wir nun: Das Ex-Ersguterjunge-Signing scheint selbstkritisch und nachdenklich geworden zu sein. Doch wie angesprochen, soll sein aktuelles Tape genau das Gegenteil verkörpern. Abwechslungsreiche, aber dennoch behäbige Beats kann ich wahrnehmen, während Chakuza nicht mehr zu rappen scheint. Ich empfinde es eher als imposantes Sprechen oder auch Einreden – mit Prolo-Punchlines, versteht sich. Ob er nun kochen kann, weiß ich nicht, vom Singen sollte er jedoch in Zukunft lieber die Finger lassen. Denn das, was der Hörer auf "Asozial" zu hören bekommt, wird wohl nie einem Grammy nahe kommen.


    "Ich sterbe lieber asozial/
    Statt reich und mit 'nem Stock im Arsch/
    Ich hab' die Scheiße satt/
    Und nein, ich schreibe nicht, ich rotze Bars/
    "
    (Chakuza auf "Asozial")


    "Und nein, ich schreibe nicht, ich rotze Bars". Eine überraschende Selbsterkenntnis, aber wieso ändert er dann nichts? Mich überkommt zunehmend, von Track zu Track, das Gefühl, dass die Luft einfach raus ist. Zu Vendetta-Zeiten noch undenkbar: ein fast schon gelangweilter Chakuza. Wo ist der Enthusiasmus, das Temperament für das eigene Tun? Was man schon bei so vielen deutschen MCs nach einiger Zeit beobachten durfte, bestätigt sich auch hier. Überspitzt ausgedrückt: Es wirkt auf mich, als meint auch dieser Rapper, er habe schon alles erreicht. Und als würde er sich fragen, wozu er sich noch anstrengen muss. Leider überzeugt mich diese durchgehende Monotonie von hinten bis vorne nicht. Ein Lichtblick in Form eines Gastbeitrags befreit die Ohren des Hörers dann doch noch von der Kontrastlosigkeit. Wenn auch nur für kurze Zeit.


    "Jetzt sagt jeder, er ist asozial/
    Die Wenigsten sind froh damit/
    Ich brauche keine Accessoires/
    Weil assi keine Mode ist/
    "
    (Gossenboss mit Zett auf "Asozial")


    Erfrischend anders kommt der Part vom noch unbekannten Gossenboss mit Zett. "[...] Dein Style ist mir egal, Gossenboss – ich bleibe echt und sterbe vorm Real". Scheinbar wie aus dem Handgelenk schüttelt er Zeilen mit einer einfachen Reimstruktur, die dennoch passend und überzeugend klingt. Chakuzas Part hingegen kommt mir eher so vor, als hätte er sich nicht nur vom Rap, sondern auch von der Musik verabschiedet – lethargisch, desinteressiert und stumpf. Chakuza und Gossenboss mit Zett – der Gegensatz schlechthin. Mit viel Toleranz könnte ich hier noch von Ergänzung sprechen, aber das wäre dann doch zu viel des Guten. Die Verse Chakuzas halten sich konstant vom eigentlichen Track-Thema fern.


    Für die Beats zeichnen unter anderem David Venom und Johnny Pepp verantwortlich, das Abmischen übernahm DJ Stickle. Was die musikalische Untermalung betrifft, musste ich lange nachdenken, um für sie ein passendes, beschreibendes Wort zu finden: Schwunglosigkeit! Mir fehlt einfach der Aha-Effekt, die Instrumentals passen sich nahtlos der Tristesse an, die das Tape versprüht.


    "Ihr könnt mir alle, alle mal den Buckel runterrutschen/
    Guck ma', alle, alle können mir einen nuckeln und dran lutschen/
    Alle, alle woll'n was vom Kuchen und verschwinden dann/
    Willst du wie alle Anderen mich verfluchen? Stell dich hinten an/
    "
    (Chakuza auf "Alle")


    Dass ihm so ziemlich alles egal ist, hat Chakuza schon vorher deutlich gemacht. Schade, dass ihm auch sein eigenes Erzeugnis relativ gleichgültig zu sein scheint, so zumindest kommt es mir vor. Das Gefühl, dass sich die meisten Reime wohl zweckmäßig ergeben haben, lässt mich einfach nicht los. Inhaltliche Tiefe lässt sich für mich auch nach mehrmaligem Hören nur schwer erkennen, nur hier und da ist mal ein Vers mit Bezug zum vermutlich gewollten Thema zu finden. Das war aber leider auch alles.


    Fazit:
    Ein paar alte Beats zusammensuchen, den Staub wegwischen und sie auf Hochglanz polieren, den "Prolo" raushängen lassen und danach noch ein bisschen mischen – so in etwa würde ich den Produktionsprozess einschätzen, nachdem ich das Tape gehört habe. Der gebürtige Österreicher ist gelernter Koch – somit sollte ihm klar sein, dass nur eine gute Zusammenstellung aus allen Zutaten ein gelungenes Endresultat sichert. Schade, dass er genau das bei seinem aktuellen Tape vermissen lässt. Dennoch sollte man nicht über die Tatsachen hinwegsehen, dass das Tape kostenlos und der Gossenboss mit Zett-Part äußerst hörenswert ist. Nichtsdestotrotz: Einmal anhören genügt!



    (DieRobbe)

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  • Ich find' die Entwicklung auch sehr schade.


    Chakuza hat mal 'ne Zeit lang zu meinen absoluten Lieblingsrappern gezählt. "City Cobra" und "Blackout" mit Bizzy sind für mich nach wie vor Meisterwerke, kann ich mir immer noch gut geben. Auch "Unter der Sonne" war sehr gut, "Monster in mir" hatte dann schon ein klein wenig abgebaut, war aber auch noch vertretbar.


    Was danach kam, war aber... Ich weiß nicht, "Suchen & Zerstören 2" hat nicht mehr wirklich gezogen. Diese EP zieht jetzt überhaupt gar nicht mehr. Mich flasht das zumindest nicht mehr. War früher einfach krasser, er wiederholt sich nur noch und es geht textlich mehr als nur bergab. Finde ich sehr schade, dass ich hier tatsächlich sagen muss: Als er bei egj war, war er noch deutlich besser. Auch wenn der Labelwechsel an sich natürlich nichts damit zu tun haben wird.


    Von daher kann ich's auch nur gutheißen, dass er von dieser Art von Rap jetzt etwas Abstand gewinnen will. Vielleicht schafft er's dann doch noch mal, mich zu begeistern.


    Ansonsten: "Für eine Free-EP ganz gut" ist kein Argument für mich. Weil "Free" heißt ja nicht unbedingt, dass man jetzt nur Reste verwerten und alles schlechter machen muss. Ich finde, dass ein Künstler jederzeit zu gleichen Teilen alles geben und sich stetig zu steigern probieren sollte.

  • Die User Bewertung ist deutlich besser als die Rezension und ich muss leider diesmal sagen dass ich mit dieser Rezension überhaupt nicht konform gehe.
    Es wird nur auf 2 Tracks eingegangen, was meiner Meinung nach zu wenig ist.


    Auf "Scherben" wird zum Beispiel gar nicht eingegangen. Der einzige nicht assoziale Track auf dem Album mit einem seichteren Beat. Und bei Asszial zu behaupten, dass Chakuzas Texte an der Thematik des Titels vorbei ziehen, finde ich übertrieben. Er bringt Line die für assozial sein stehen genauso wie gossenboss mit Zett.


    Das Intro finde ich grenzwertig da geht mir gar nix rein Beat wie Vocals.
    Ansonsten ist die EP textlich besser als sie gemacht vird vom Reviewer.


    Von der ehemaligen EGJ Gang sind eigentlich nur noch Chakuza und Bizzy auf raptechnisch hohem Niveau. Und das zeigt sich auch in dieser EP!


    Für mich leider eine Rezension die nicht zutrifft... aber das schöne an Musik ist ja das es subkektiv ist :)

  • na hoppala, dachte das ist ein alter thread... reichlich spät dran.


    naja, ich finde die ep leider sehr, sehr langweilig zum größtenteil. langsame beats mit noch langsameren lyrics.



    da hör ich mir doch lieber so wunderbare chakuza bretter wie salem an.



    allerdings mein ich waren da 2 tracks drauf, die weniger prollig waren und gerade die waren ganz gut. glaub irgendwas mit scherben hatte einer der ganz gut war.. muss tatsächlich sagen... ist schon zu lange her. wie gesagt, reichlich späte review. muss nochmal reinhören, um überhaupt zu wissen welche tracks ganz gut waren.

  • Chakuza war ja in seinen Ansagen selbst nicht besonders überzeugt von seiner Free EP, die Tracks drauf stammen noch aus seiner "Proletenzeit", die er ja jetzt hinter sich gelassen hat. Die haben es aus gutem Grund nicht auf Releases geschafft die Tracks von der EP, weswegen man nicht so toternst darüber eine Review schreiben sollte.


  • dem stimm ich voll und ganz zu

  • Zitat

    Original von ProRipper


    Wieso das denn? Ob ein Künstler nun Geld für etwas verlangt oder nicht: Mühe und ein eigener Anspruch an Qualität sollten immer dahinterstecken... Egal ob umsonst oder kostenpflichtig.


    Jein. Meistens kommen auf freee releases doch nur tracks die nicht aufs album soltlen weil der künstler nich 100% dahinter steht

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