Review: eou – WIRSIND10



  • 01. Intro
    02. Geheimtipp
    03. Dich zu battlen wäre unfair (Ahzumjot Remix)

    04. Danke, schlecht
    05. O.S.T.
    06. Skit
    07. Ancient Roads
    feat. Kaspah Hausa
    08. Vergesst was war
    09. Ich Rap, du Nix
    10. Und ich rede nicht von Wasserski
    11. Skit
    12. Solotrack IV
    13. Solotrack VII
    14. Loooser (Ahzumjot Remix)
    15. Schade, dass du rappst
    16. Skit
    17. Käse & Kräcker (eou Remix)
    feat. KaynBock
    18. eou=mc²
    19. Bleib nicht stehen (Cop Dickie Remix)
    20. Alleine zusammen
    21. Skit
    22. Alles auf Anfang
    23. Fußmatte
    24. Es ist aus (Cop Dickie Remix)

    25. Kindergeburtstag feat. Schlechte Menschen
    26. Was kannst du eigentlich? feat. Rockstah


    Die letzten zehn Jahre des immer noch recht jungen 21. Jahrhunderts waren an spannenden Themen und Ereignissen nicht arm. Angefangen bei den Terroranschlägen des 11. Septembers über die digitale Revolution des "Web 2.0" bis hin zum wirtschaftlichen Aufstieg Asiens im Rahmen einer zunehmend globalisierten Welt gibt es unzählige Geschichten zu erzählen und vielfältige Zeitströmungen zu rekapitulieren. Was die Historiker dabei gänzlich übergehen werden, ist die nun über eine Dekade währende Existenz von eou (bestehend aus Crusoe und Snew), die der Welt in dieser Zeit immerhin die Tapes "eoulution" (2007) und "eoulution Vol. 2" (2008) sowie das Debüt "Alles auf Anfang" (2008) schenkten. Während sich die meisten weltgeschichtlichen Ereignisse der Dekade fest ins kollektive Gedächtnis eingebrannt haben, folgern eou auf ihrer Webseite rückblickend: "10 Jahre und uns kennt keine Sau!" Das ließe sich ändern, aber arm ist im Grunde ja sexy und unbekannt sein ohnehin stylisher als Mainstream-Fassade.
    Dies alles ist komprimiert auf den ersten Track "Geheimtipp" gepackt, eine sarkastisch-humorvolle Bestandsaufnahme des eigenen Bekanntheitsgrades:


    "Denn ich will, dass mich keiner mehr kennt/
    Und laut Verkaufszahlen bin ich da nicht weit von entfernt/
    Deshalb ist man ärmer, je fresher man ist/
    Also, kauft unser Album und tut so, als hättet ihr's nicht – okay?/
    "
    ("Geheimtipp")


    Wo der Name die Verkaufszahlen nicht anheizt, setzen eou auf Ausstattung – und so umfasst das Best-of-Mixtape ("Greatest Hits" wäre wohl eine überdimensionierte Bezeichnung) fünfzehn Songs der Jahre 2006 - 2010, sechs neue Tracks und diverse Remixe sowie eine sarkastische Skit-Retrospektive des ersten Tapes von 2002. Davon hat es dann auch zu Recht kein Song auf "WIRSIND10" geschafft! Und so ist es im Grunde mehr ein Rückblick auf die Jahre 2006 bis 2010 denn eine vollwertige Werkschau einer kompletten Schaffensdekade. Das enthaltene Material wiederum kann sich durchaus sehen lassen. Vieles auf "WIRSIND10" entspringt einer spielerischen Grundhaltung, die sich gerne an Battleklischees abarbeitet ("Dich zu battlen wäre unfair") und mit viel Wortwitz das alte "Ich-gut-Du-nix"-Schema auf die Schippe nimmt ("Schade, dass du rappst", "Ich Rap, du Nix"). Feiertauglicher und ebenfalls sehr frisch sind die inhaltlich sonst eher bescheidenen Featuretracks "Kindergeburtstag" mit einem mittelmäßigen Feature von Schlechte Menschen und "Was kannst du eigentlich" mit einem erwähnenswerten Feature von Rockstah. Es ist insbesondere der Session-Charakter, das Fehlen jeder konstruierten Künstlichkeit, der diese Tracks auszeichnet. Schlicht, aber konsequent – so könnte man es auf einen Punkt bringen.


    Es gibt aber auch nachdenkliche Songs auf diesem Tape. In "O.S.T." wird mittels Filmvokabular auf sprachgewandte Weise die Parallelität der eigenen Lebensgestaltung im Rahmen eines entscheidungsfreien Filmskripts illustriert, bereichert mit der Erkenntnis, dass nichts das eigene Handeln ersetzt. "Fußmatte" ist eine nachdenkliche Rückschau auf den Lauf der Zeit, die Thematik des Abschieds und die Verbindlichkeit von Erinnerung und Entfremdung für das eigene Leben. Beide Themen sind auch auf dem fein produzierten "Ancient Roads" mit Kaspah Hausa verarbeitet. Ein Track, der jenseits von Besserwisserei und Understatement Position bezieht und Erkenntnisse in Alltagsworten einfängt.


    "Denn jeder Tag ist ein Stück, klar, dass nicht jedes passt/
    Doch jedes hat irgendeinen Platz in deinem Lebenslauf/
    Sie machen dein Wesen aus und dich zum Mensch, der du bist/
    An deinen Fehlern gabelt sich dein Weg, rechts oder links?/
    "
    ("Ancient Roads")


    Abgerundet wird die ernste Lichtseite des Tapes mit dem großartigen Cop Dickie-Remix von "Bleib nicht stehen" und dem mitunter gelungensten Song auf "WIRSIND10" mit dem aussagekräftigenTitel "Alleine zusammen". Dabei handelt es sich nicht um die Verarbeitung einer Fernbeziehung, sondern um eine Introspektive der eigenen kreativen Produktivität zwischen Selbstzweifel, Ambition und dem immer wiederkehrenden Anspruch an das eigene Selbst. Sich mitzuteilen, Persönlichkeit in Texten zu vermitteln und das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren, sind nur einige Randthemen des inhaltlich starken Songs.


    "Du versuchst, cool zu sein, auch wenn es häufig nicht der Fall ist/
    Denn auch wenn du manchmal gar nichts sagst, bedeutet es dir alles/
    Denn das zu tun, ist alles, was du willst/
    Und solange du alles gibst, steckt darin alles, was du bist/
    "
    ("Alleine zusammen")


    Auch wenn "WIRSIND10" als Gesamtpaket überzeugen kann, so gibt es im Detail doch noch Potential für Veränderungs- und Verbesserungsbedarf als Zwischenfazit aus zehn Jahren Musik. Die Verwendung guter Samples (beispielsweise auf "Ancient Roads") täuscht nicht darüber hinweg, dass die Hooks – sofern vorhanden – auf beinahe allen Songs musikalisch und kreativ defizitär sind. Gerade hier fehlt es an Ausdruckskraft, konsequenter Einbettung und bereichernden Features. Gleichermaßen gibt es bei einer so weitläufigen Tracklist auch bei den Produktionen Licht (insbesondere Cop Dickie) und Schatten – "Und ich rede nicht von Wasserski", "eou=mc²" und "Looser" sind drei Beispiele für Produktionen mit tendenziösem Nervfaktor. Ohnehin sind die beiden Ahzumjot-Remixe gerade angesichts der Konkurrenz sehr verzichtbar geworden, was teilweise auch für den eou-Remix von "Käse & Kräcker" gilt. Das mag zu einem Teil Geschmacksache sein, doch die melodischeren Stücke auf "WIRSIND10" wie "Solotrack VII" sind in der Gesamtschau effektvoller. Mit einem vielfältigeren Spektrum an musikalischeren Einflüssen hätte man jedenfalls ein gutes Stück an Unterhaltsamkeit und Abwechslung hinzugewonnen. Nichtsdestoweniger zeigt "WIRSIND10" einen Act, der sich selbst gefunden hat; und es darf durchaus mit Spannung erwartet werden, ob das kommende "eoulution Volume 3" nochmals eine Steigerung mitbringt. Zu wünschen wäre es – als Start in eine neue Schaffensdekade in einem sicherlich ebenso spannenden zweiten Jahrzehnt des dann nicht mehr ganz so jungen 21. Jahrhunderts.



    (Philipp_)

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  • Jawoll.
    Stolzer Besitzer eines dieser Zauberwerke und dazu noch eins an meinen Bruder "verschenkt". Megarelease. Habe mir anlässlich des Zauberwerks mal gleich zwei Shirts bestellt.



    #FreeKani

  • Zitat

    Original von Crusoe
    Die User-Bewertung erfüllt mich mit großem Stolz. <3


    Selbst nach r.in-Maßstab, wo eigentlich alles unter Neun saumäßig schlecht sein muss? :D
    Ne, aber ehrlich. Richtig gut. Siehe Facebook. ;)



    #FreeKani

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