Review: Private Paul – Emopunkrap



  • 01. Intromental
    02. Emopunkrap
    03. Das Schlechte im Menschen
    04. .50AE
    05. 40%
    06. Hure
    07. WS Lifestyle
    08. Blutkunst
    09. Lolipop
    10. Weinerlicher Punkrap
    11. Wein für mich
    12. Bier für alle
    13. Blut für die Welt
    14. Drowning
    15. Slut
    16. r252
    17. Flieg
    18. Todeswut
    19. r253
    20. Kalt
    21. Outromental


    "Klingen in die Luft – Emopunkrap!" Vor wenigen Monaten noch Mitglied des Labels "Weisse Scheisse" und der "Projekt Chaos Punks"-Gruppierung, nun, auf emomäßigen Solowegen unterwegs, beschert Private Paul alias KASH seinen Fans zur besinnlichen Weihnachtszeit die passenden Winterdepressionen. Ein Künstler, geprägt von Hass, Trauer und Schmerz, gezeichnet von zahlreichen selbst zugefügten Narben und psychischen Problemen – sollte ja eigentlich die perfekte Scheibe für den Autor dieser Zeilen abgeliefert haben, möchte man meinen. Denn der Freiburger hat sich weniger der Rapmusik als vielmehr audiovertonter "Blutkunst" verschrieben und schneidet sich auf "Emopunkrap" stilecht eine Narbe für jede Enttäuschung seines Lebenswegs ins Fleisch, um den tristen Alltag zu ertragen. Ob nur audiomäßig, sei mal dahingestellt.


    "Die erste Narbe, weil ich Schmerzen habe" – Wut, Hass und Zorn. Das innerlich lodernde Feuer merkt man dem Protagonisten über den gesamten Longplayer über an – genau wie seine menschenverachtende "Alles egal"-Haltung. Und zwar sowohl in Sachen Flowstärke – er beherrscht es bis auf wenige Ausnahmepassagen vorbildlich, Dinge exakt auf den Punkt zu bringen – als auch in den Texten. Häufig findet sich Private Paul in Alkohol- und Drogenexzessen wieder ("WS Lifestyle"), all seine Freunde haben "40%", und klar: "Die Hoffnung stirbt zuletzt, aber sie stirbt" ("Das Schlechte im Menschen"). Negative Impressionen erhält man auf "Emopunkrap" dank durchgehendem Pessimismus und der suizidalen Grundstimmung, die sich wie ein roter Faden durch das Album zieht, zur Genüge. Wer also etwas Heiteres hören möchte, sollte generell einen weiten Bogen um die Scheibe machen.


    "Wenn man sieht, wie schnell das Gute zerbricht/
    Wünscht man sich, dass man die Hure vergisst/
    Bis dahin kämpfe ich den ewigen Krieg/
    Bis der körperliche Schmerz über den seelischen siegt/
    Glücklich sterben, das schaffst du nicht/
    Ich bin erst glücklich, wenn der Abzug klickt/
    "
    (Private Paul auf "Emopunkrap")


    "Die zweite Narbe für die Frau, die's nie mehr geben wird" – enttäuschte Liebe. Denn auch mit dem weiblichen Geschlecht hat der liebe Paul so seine Probleme. Zwar zieht er "die Frauen an wie beim 'Schweigen der Lämmer'", doch, was daraus resultiert, scheint lediglich in weitere Narben auszuarten. So ist es kein Wunder, dass gerade die Thematik jener Traumvorstellungen von der großen Liebe über den gesamten Longplayer gleich mehrmals aufgegriffen wird (".50AE", "Lolipop"), was auf Dauer leider fast schon ein wenig Eintönigkeit mit sich bringt. Das Gegenteil der Vorstellung einer perfekten Frau bietet dem Hörer hingegen der Titel "Slut" – herausragend durch eine partyhafte Mitgröl-Hook und bitterböse Zeilen, denn er "haut sie, dass es so was von klatscht/ Dass du denkst in dem Zimmer säße der Joker im Knast". Schließlich gipfeln sich jene Enttäuschungen über den Verlust der großen Liebe in unendlicher "Todeswut" mit Gänsehautfeeling. Auf dem gleichnamigen Track lebt man seine kranken Fantasien ganz im Stile der "TOA"-Songs von JAWs "Täter-Opfer-Ausgleich" aus. Detailliert berichtet Private Paul über die Entführung seiner Ex-Freundin bis hin zum Suizid vor ihren Augen, um sie mit einer ebenso großen seelischen Narbe zu brandmarken.


    "Sie lässt mich rein, sie begreift es nicht/
    Sie fühlt sich sicher, weil sie nicht alleine ist/
    Er fragt: 'Wer ist das?' Ich sag': 'Halt's Maul/
    ... Willkommen in meinem Alptraum'/
    Ich halte ihr den Tod an den Schädel/
    Und bitte sie, zum Sofa zu gehen/
    "
    (Private Paul auf "Todeswut")


    "Die dritte Narbe, mit der ich 'Fick dich' sage" – Einsamkeit. Und diese erkennt man auch im Schaffensprozess des Longplayers selbst. Was diesen wohl erheblich beeinflusst haben dürfte, ist der Weggang vom Freiburger Label "Weisse Scheisse", welchem auf "Weinerlicher Punkrap" auch gleich einige Lines – insbesondere Labelmitglied Maexer Cash – gewidmet werden, denn "WS ist jetzt leider nur noch S". Kollegah-Sample in der Hook inklusive! So entstand auch die gesamte Instrumentalisierung von "Emopunkrap" in Eigenregie – weder ein Featuregast noch ein fremder Producer haben etwas beigesteuert. Letzteres teilweise jedoch eher zu meinem Leidwesen, da die Beats in lediglich drei Bereiche eingeteilt werden können: Pianosequenzen, Gitarreneinlagen und ab und an ein Elektro-Synthesizer-Instrumental sowie gelegentliche Chor-Samples. Deshalb ist es auch wenig verwunderlich, dass sich einige der Beats zum Verwechseln ähnlich anhören oder mich manchmal einfach nur langweilen. Ein kleinerer Missgriff gelingt Paul mit seiner Hymne "Bier für alle" dann doch noch, meiner Meinung nach. Denn sobald etwas mehr Abstand zum konventionellen Rap gewonnen wird, endet dies meist in stumpfem Gegröle oder leicht schiefem Gesang. Genau diese Einzelfälle sind jedoch nicht charakteristisch für "Emopunkrap" und wollen sich nicht so wirklich ins Konzept einreihen, weshalb man auf diese Titel gut und gerne hätte verzichten können. Schließlich berichtet man dann noch wundervoll authentisch vom Aufenthalt in der geschlossenen Psychiatrie und lässt den Hörer mit der selben Empfindung zurück, mit der man ihn gleich im "Intromental" begrüßte: einer Depression.


    "Die Sonne scheint in bitterem Weiß/
    Vom Licht in der Mittagszeit zittert mein Leib/
    Ich bin viel mit Denken beschäftigt/
    Zu mehr bin ich wegen Medikamenten nicht mächtig/
    Ein Zimmer voller kahlem Nichts/
    Mir ist kalt – fahles, stromsparendes Licht/
    "
    (Private Paul auf "Kalt")


    Fazit:
    Mit "Emopunkrap" ist es Private Paul definitiv gelungen, ein kleines Kunstwerk in Form eines puren Stimmungsalbums zu kreieren, welches bis auf wenige Ausnahmen einem durchdachten Konzept folgt. Jedoch beinhaltet das Machwerk eine herbe Ironie, da es definitiv auf eine Hörerschaft abzielt, deren Grundstimmung dadurch erheblich negativ beeinflusst werden könnte. Auch ich musste den Inhalt nach dem ersten Hören erst einmal verdauen und etwas Abstand gewinnen, denn KASHs "Blutkunst" mag nicht für jedermann etwas sein. "Emopunkrap" läuft deshalb zwar nicht im Loop, spiegelt aber genau jene Empfindungen einer borderlinegeprägten Randgruppe wieder – und die wird ihre helle Freude damit haben, bevor sie zum nächsten Antidepressivum greift.



    Pascal Ambros (ProRipper)

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    Bewerte diese CD:
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  • klingt ganz ok , dachte als ich gesehen hatte das du das review schreibst das es eine einzige lobeshymne auf kash wird ;) von daher werde ich mir den ein oder anderen track bei youtube reinziehen und vllt das album kaufen weil das snippet war behindert

  • Zitat

    Original von Smoke M
    Habs gestern bestellt. Aber ich bin überzeugt davon, dass es eines der besten Album dieses Jahr ist!


    Ist auch in meiner persönlichen Top 5 drin!


    Hier bestellbar: http://emopunkrap.bandcamp.com


    TmK: Ich schreibe keine Lobeshymnen, ich geh' da doch mehr professionell vor und übe auch Kritik! Ich bin nicht korrupt! :P

  • Also an sich ist die Review schön aufgebaut so mit dem "erste narbe" im ersten Absatz und dann zweite im Zweiten usw.
    Allerdings stimm ich bei einigen Sachen nicht zu, insbesondere bei den Beats!
    Die sind doch fast das beste. Kann nicht nachvollziehen wie die langweilen können....


    Bobby: Das Cover ist das wohl beste Cover dieses Jahres!

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