01. Intro
02. Zunge
03. Blutgrüne Augen
04. Freiheitsstatue
05. Strich und Punkt
06. Funky rhymin master
07. Boom
08. Onafa
09. Karrierelatte
10. Beats und Reime
11. Stinkemu
12. Die feinen Herren
13. Scheibe
14. Gutsherr
15. Track 14
16. Rock'n'Roll
17. Ich hoch 4
18. Wildstyle
19. Schreianfall
20. Majuskel
21. Outro
"Sie schicken Rap auf den Strich... Und ich bring' ihn auf den Punkt" – damit hätten wir eigentlich auch schon den Inhalt von "Die Erde ist eine Scheibe" auf den Punkt gebracht. Retrogott (Huss und Hodn) und Sylabill Spill aka "der Radira" beleidigen wieder mal auf Hulk Hodn-Beats und widerlegen ganz nebenbei noch Gallileis These, dass unser Planet rund sei. Ein veraltetes Weltbild, angenommen aus bloßer Arroganz, nur, um nicht zu sein, wie der Haufen an Whack-MCs, der so in Rapdeutschland unterwegs ist. Mit anderen Worten: dope und fresh!
"Ich gebe der Whackness eine Bedeutung, indem ich auf dich zeige/
Meine Welt ist erstens in Ordnung und zweitens eine Scheibe/
Ich mach' mich nicht auf den Weg zur Wahrheit, sondern erwarte sie/
Sag mir deine freie Meinung und ich versklave sie/"
(Retrogott & Sylabill Spill auf "Scheibe")
Um gleich Mal vorzuwarnen: Jeden Geschmack werden die Beleidiger auch dieses Mal bei Weitem nicht treffen können, denn wer die Herren bereits etwas näher kennen gelernt hat, der wird wissen, dass ihre Art, Musik zu machen, sich stark vom Rest abstrahiert. Arrogante "Diese-Szene-langweilt-mich"-Flows, Verzichten auf Doppelreime oder des Öfteren sogar Reime im Allgemeinen, schlichteste Beats mit teilweise dermaßen dissonanten Tonstufen, dass es in den Ohren quietscht, und gelegentliche Phasen, die für Freshness ungeschulte Ohren beinahe schon nach Offbeat-Gelaber klingen. Was Retrogott und Sylabill Spill dann eigentlich zu Gute zu halten ist? Die haufenweise einfach perfekt auf den Punkt gebrachten Lines. Jede einzelne Zeile kommt bei genauerem Hinhören wohldurchdacht rüber, reiht sich einfach perfekt in das Beleidiger-Konzept ein. Thematisch beinhaltet dieses übrigens nur zwei Extreme. Zum einen wäre da das Zerstören von Whack-MCs, denn "traurige Beats sind durch die Ermordung von Whack-MCs wieder aufzuheitern" (Retrogott auf "Strich und Punkt"). Was die Whack-MCs verbrochen haben? Sie kriechen in die Ärsche ihrer Manager ("Du bist kontraproduktiv für Rap und sagst, du bringst das nur, weil du für Kohle Arsch gibst und für Fame mit jedem pimperst", Sylabill Spill auf "Gutsherr"), woraus resultiert: "HipHop lebt im Untergrund, doch stirbt in den Charts" (Retrogott auf "Freiheitsstatue"). Und zum anderen wäre da das mehrmalige Betonen der eigenen Freshness, die selbstverständlich in den Himmel gelobt werden muss.
"Du schreibst deine Muskeln in Majuskeln/
Dein Manager wartet im Separé und will kuscheln/
Das Rauschen der Muschel wird zu einem leisen 'Hurensohn'/
Mit Flüsterton, wenn du im Urlaub mein Album hörst/"
(Retrogott auf "Onafa")
Der größte Unterschied zwischen den beiden Hauptprotagonisten liegt auf "Die Erde ist eine Scheibe" von meiner Sicht aus darin, dass mich die Lines des Huss und Hodn-Rappers einfach mehr zum Schmunzeln bewegen, während Sylabill mit um einiges aggressiverem Stimmeinsatz nicht so herrlich arrogant und ironisch wie sein Partner rüberkommt. Zwar noch immer dope ("Du sagst, was wir machen, ist so scheiße, dass es wiederum dope ist", Sylabill Spill auf "Rock'n'Roll"), aber wirkliche Highlights droppt er für mich auf textlicher Ebene über den gesamten Longplayer verteilt eher wenige, während sein Partner auf so gut wie jedem der 21 Anspielstationen in neuen, ausgeklügelten und irrwitzigen Metaphern spricht. Zugegeben: Abwechslung findet man sowohl in Sachen Raps und Themen, als auch im Bereich Instrumentals eher weniger. Jeder Track ist austauschbar durch einen anderen Beleidiger-Song, denn auch eine künstlerische Weiterentwicklung zu Vorgänger-Releases lässt sich nur schwer feststellen. Im Prinzip gilt hier also die alte Binsenweisheit "Kennste einen, kennste alle". Zudem sind einige der Beats, die Hulk Hodn so bereit stellt, einfach schon zu experimentell – von dissonanten Tönen, die ein Quietschen in den Ohren herbeizaubern, bis hin zu purem Geklimper ist da nämlich alles dabei. Ich könnte mir ehrlicherweise keine anderen Rapper als Kurt Husstle und den Radira auf den Dingern vorstellen. Aber wozu sollte man auch Whack-MCs ans Mic lassen?
"Logisch geseh'n bist du ein Produkt der Liebe/
Denn aus Vernunft kann man sowas wie dich nicht zeugen
Alle wollen alles, aber sind nicht aufnahmefähig/
Du bist unfähig, deine Unfähigkeit unfähig zu machen/"
(Sylabill Spill auf "Track 14")
Fazit:
"Nur weil alle whacke Raps kicken, heißt das nicht, dass Sylabill Spill ein' kickt oder der Retrogott ein' kickt" – stimmt genau! Denn die kicken dope Raps. Und freshe. Der eine für mich zwar mehr als der andere, aber gut. Rund um die Uhr kann man sich das sicher nicht anhören, da die sich recht schnell ausbreitende Monotonie trotz der zu Grunde liegenden Einzigartigkeit da einen Strich durch die Rechnung macht, aber nichtsdestotrotz ist "Die Erde ist eine Scheibe" ein Release der ganz besonderen Art, welches unverkennbar aus dem Rest der Szene heraussticht. "Rap gehört dir – na und? Dann ficke ich dein Eigentum und scheiße auf Besitzrechte" – gut so!
Pascal Ambros (ProRipper)
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