Review: Hammer & Zirkel – Wir sind Freunde und darum machen wir Musik



  • 01. Einleitung
    02. Wenn wir Tod sind
    03. Skit
    04. Liebessong für Britney Spears
    05. Ich will ein Kind
    06. Musik ist unser Leben, darum wurden wir Erzieher
    feat. Laas Unltd. & Sido
    07. Mike aussa Platte (Die Fortsetzung)
    08. Zeiten ändern sich
    09. Zurückgeblieben
    10. Hr. Günther ausm Ersten
    11. Ich hab leider keine Hand frei
    12. Kein Blick zurück
    13. Skit


    Der Schein kann trügen. Das muss man eigentlich spätestens seit dem Release von Hammer & Zirkels Debütalbum "Musik ist unser Leben: Darum werden wir Erzieher" 2008 einsehen. Denn wer die beiden etwas übergewichtigen Ost-Berliner Glatzköpfchen als ernste, immer böse dreinblickende Buben eingeschätzt hat, der wurde wohl von dem speziellen Humor von Sneezy und G-Fu überrumpelt. Spezieller Humor nicht im Sinne von Klamauk- oder Comedy-Rap, obwohl man ihre Songs teilweise schon in solche Schubladen stecken könnte. Da werden keine "ach-so-witzigen" Songtexte eingerappt, um möglichst crazy und überdreht rüberzukommen, wie es im Moment ja anscheinend in Mode ist. Nein, Hammer & Zirkel sind Typen, denen man es auch abnimmt, dass sie im realen Leben einfach witzig drauf sind. Und zwar, weil sie eben so sind, und nicht so sein wollen. Mit von der Partie ist nun seit 2009 der DJ Tracksau, der erst vom äußeren Erscheinungsbild (er ist dünn und hat Haare, noch dazu Dreadlocks!) so was von überhaupt nicht dazuzupassen scheint. Aber was haben wir ein Jahr vorher gelernt? Richtig! Der Schein kann trügen. Wenn die drei in Videos trockene Witze bringen und dabei mal wieder Grimassen schneiden, muss man einsehen, dass dieses Gespann einfach auf einer Wellenlänge liegt.


    Überrascht wird man nun nicht von "Wir sind Freunde und darum machen wir Musik" – wenn man weiß, womit man zu rechnen hat. Denn Sneezy und G-Fu rappen wie gewohnt zum Teil sinnlos, ironisch und ein bisschen stumpf, aber immer mit einem Funken Wahrheit und, wenn man so will, Sozialkritik im Hinterkopf.


    "Und diese jungen Leute, alles Schurken und Ganoven/
    Jeden Tag nur Party, Schule schwänzen und nur schwofen/
    Richtig harte Arbeit, sowas kennen die doch nicht mehr/
    Ich hatt' bei sechs Wochen Arbeit höchstens 'ne Stunde Schlaf, nicht mehr/
    "


    "Hr. Günther ausm Ersten" ist ein typischer Sich-über-alles-und-jeden-beschwerender-Rentner, der sich darüber wundert, dass der gesamte Wohnblock ihn nicht leiden kann. Witziger Song mit vielen Textstellen, die einem im Laufe seines Lebens schon mal von älteren Leuten oder kleinkarierten Nachbarn entgegengepeitscht wurden.


    Auch sonst wird ziemlich viel auf die Schippe genommen. Mit dem "Liebessong für Britney Spears" versucht Hammer die Gunst eben dieser mit Berliner Schnauze und Plattenbaucharme auf einem Synthie-Brett für sich zu gewinnen: "Ick wollt' dir nur kurz sagen, ick krieg' grad ein steifes Glied, weil ick hab' mir in dir reinverliebt". Auf dem einzigen Song mit Featuregästen, "Musik ist unser Leben, darum wurden wir Erzieher" mit sido und Laas Unltd., wird über den Erzieher-Job der Jungs hergezogen und sido um seinen Part gebracht. Auch Ausreden, älteren Menschen nicht hochhelfen zu müssen, bekommt man geliefert ("Ich hab leider keine Hand frei"), ebenso wie den obligatorischen Song über eine verflossene Liebe ("Kein Blick zurück") – natürlich nicht ohne den unterschwelligen Witz dabei. Auf Zeiten ändern sich befassen sich Hammer & Zirkel ironisch mit der Phrase "Früher war alles besser":


    "Wer hat gesagt: 'Zeiten ändern sich?' Ob's halt besser ist/
    Die Geschichten bleiben gleich, nur die Menschen nicht/
    Zeit heißt Veränderung, weil früher gab's 'n Kaiser/
    Und heut' den von der Hamburg Mannheimer/
    "


    An der Produktion kann man eigentlich nichts bemängeln, die Beats des Albums sind meist eher unterstützend als im Vordergrund stehend, fallen mal etwas mehr und mal etwas weniger auf. Man merkt, dass hier das Hauptaugenmerk auf die Stimmen und deren Aussagen gelegt wurde.


    Ich weiß nicht recht, was ich von diesem Album halten soll. Es ist eigentlich für jeden Humor was dabei und ich kenne wenige, die bei genauerem Hinhören keine Textpassage schmunzelwürdig finden würden. Spätestens bei trocken vorgetragenen Stellen wie "Werft die Schlüpper hier rauf, doch nehmt die Frauen vorher nicht aus" oder "Ich kann mich nicht einmal mehr an deinen Namen erinnern, Nicole" war es bei mir vorbei. Andererseits kann ich mir vorstellen, dass viele, die sich mit dieser Art von Humor nicht anfreunden können, irgendwann genug von den Witzen der Jungs haben. Man merkt ihnen den Spaß an der Sache an wie sonst keinem, andere könnten das aber auch als Kritik verwenden, dass die Künstler vor lauter Quatsch den Weg zurück zur Ernsthaftigkeit nicht mehr finden können. Für mich ist "Wir sind Freunde und darum machen wir Musik" ein Album mit hohen Entertainmentfaktor und vielen Facetten, denen man eine Chance geben sollte!


    (Jan König)


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  • Zitat

    Original von unknownKing
    Auch Ausreden, älteren Menschen nicht hochhelfen zu müssen, bekommt man geliefert ("Ich hab leider keine Hand frei"),



    ist dieser song nicht eher so an deutschem hiphop in person gerichtet?!

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