01. Intro
02. MiYo!
03. Bitchfresse (L.M.S.)
04. Gib mir Milch
05. Braves Mädchen
06. Mit dir feat. Sido
07. Ich bin eine von euch
08. Du bist Vergangenheit feat. Cassandra Steen
09. Es gibt kein zurück
10. Heiß
11. Spiel mit mir
12. Kitty Kat
13. Warum?
14. Ich steh wieder auf
Es gibt Hundemenschen und Katzenmenschen. Hund, Katze – wer je einen von beiden sein Eigen genannt hat, wird sich nur im seltensten Fall noch mal den jeweils anderen Vierbeiner ins Haus holen. Ich zum Beispiel bin ein Hundemensch. Für mich sind Katzen rotzfreche, widerspenstige, eigensinnige Egoisten. Wie viele Winterurlauber können denn bitte von sich behaupten, sie wurden vergangenes Jahr in Kitzbühl nach einer überraschenden Lawine von einem todesmutigen Siamkater aus den Schneemassen gezogen? Eben. Wenn man mich fragt: der Hund ist der beste Freund des Menschen, die Katze nur die nervige Mitbewohnerin, die einen nach einem harten Arbeitstag anschnauzt, weil man mal wieder nicht das Richtige vom Einkaufen mitgebracht hat. Nichtsdestoweniger: Da einem mit den Herren Snoop, Nate, Deso und DMX auf die Dauer doch ein wenig langweilig werden kann, habe ich mir jetzt doch einfach mal probehalber eine Katze ins Haus geholt...
Kitty Kat heißt sie und, wenn auch vielleicht keine neun Leben, so hat sie doch zumindest einmal zwei Gesichter: Natürlich in erster Linie ein aggrosives, toughes, männermordendes fürs Streunen durch dunkle, bundeshauptstädtische Hinterhöfe, aber dann doch auch noch ein zweites, sanfteres, weiblicheres fürs Einkuscheln in Herrchens heimischen Katzenkorb. Und um diese beiden Facetten ihrer selbst ins rechte Licht zu rücken, hat die Berlinerin uns 14 Tracks mitgebracht – allesamt eigenpfötig produziert (Erwähnte ich bereits, wie eigensinnig Katzen doch sind?) und meist eher nach Electro als nach HipHop tönend (Und wie widerspenstig?). Der Features zwei kommen vom langjährigen Duettpartner Sido sowie der Frau, die im Glashaus sitzt, Cassandra Steen.
Den Anfang macht ganz unkonventionell das "Intro", auf dessen knackigen gut zwei Minuten das Tier gleich mal die Krallen ausfährt, sowohl verbal, als auch für Scratches und die Katz – Pardon, die Cuts. Gefolgt von der inhaltlich ebenso kratzbürstig gehaltenen Titelmelodie ("MiYo!") und der – ich glaube, so nennt man das dieser Tage – Street-Single und potentiellen Hymne aller Golddigger "Bitchfresse (L.M.S.)". Zu Letzterem: Dass die Katze den Mäusen nachjagen muss, will mir ja sogar noch einleuchten, aber eine Frau die Worte "Lutsch meinen Schwanz!" sagen beziehungsweise samplen zu hören, lies mich schon einst hinter Lil' Kims "Suck My Dick" eher Penisneid vermuten, als tatsächliche Emanzipiertheit. Nun ja, wem's gefällt...
"Gib mir Milch, komm und gib mir meine Milch/
Ich sag': 'Schieb, schieb die Katze, gib der Katze, was sie will'/"
("Gib mir Milch")
Hihi. Zwar kann ich leider nur erahnen, womit genau man seinen Nachmittag da verbringt, wenn man sich denn entschließt, mal wieder so richtig die Katze zu schieben, aber schon nach einmaligem Hören dieser charismatischen Nonsens-Hook in Dirty South-Ästhetik bin ich zu so ziemlich jeder Schandtat bereit. So witzig und originell, dass nicht einmal die wenigen drum herum drapierten Zeilen, die dann wohl so etwas wie Strophen darstellen sollen, den guten Eindruck ruinieren können. Forciert wird dieser übrigens direkt im Anschluss an "Gib mir Milch" noch durch die offizielle und Nicht-Street-Single "Braves Mädchen", welche die gute Kat ganz gegen den Titel als deklarierte Partymaus bzw. natürlich –katze zelebriert. Und die raucht, säuft, tanzt auf dem Tisch mit meinem Typ (no homo) und offen bleibt zum Schluss lediglich die Frage, ob sie denn am nächsten Tag dann wenigstens mit einem Kater aufwacht.
"Ich kenn' eure Angst, ja, ich kenn' euern Schmerz/
Ich war genauso enttäuscht/
Ja, ich weiß, wie ihr fühlt, ich kann das verstehen/
Denn ich bin eine von euch/"
("Ich bin eine von euch")
Soso. Im Anschluss an die Bonnie und Clyde-Verwurschtelung "Mit dir" zusammen mit Siggi wird der Hörer – oder vor allem die Hörerin – erstmalig mit Samtpfoten angepackt. "Ich bin eine von euch" ist der – so zynisch es auch klingen mag – in seiner Plumpheit zumindest zielgruppengerechte Versuch, all den wandelnden Krisenherden mitten in der Pubertät da draußen entschieden bewusst zu machen: Kitty Kat ist... nun ja... eine von euch eben. Na ja, wenn's denn hilft... Dass Männer Arschlöcher sind, weiß ich persönlich jetzt zwar schon ein bisschen länger, aber auf jeden Fall schöner Beat.
Vor allem steht der ganze Katzenjammer jedoch symptomatisch für die wohl größte Schwäche eines ansonsten überraschend gelungenen Debütalbums: Auch die theoretisch etwas tiefer angelegten Nummern vermögen nicht, ein wenig Katharina Löwel hinter dem an den Schnurrhaaren herbeigezogenen Image und dem Catwomankostüm hervorzulocken. Ob Abrechnung mit dem Ex ("Warum?") oder auch mit der uneinsichtigen Ex vom Neuen ("Du bist Vergangenheit"): Die Zeilen sind durchweg so unpersönlich gehalten, dass sich zwar – oft sogar geschlechterübergreifend – ein jeder darin wiederfinden wird können, ihre Wortgewalt und Wirkung jedoch in etwa der des von der besten Freundin runtergeleierten "Hey, andere Väter haben auch schöne Söhne." gleichkommt. Sei's drum! Um es mit Kitty zu sagen:
"Es gibt kein zurück, der Flow sitzt/
Deine Schwester hat mein Poster und sie sagt, ich bin der Shit/"
("Es gibt kein zurück")
Fazit:
Ja, was will man denn mehr? Wer hat denn bitte auch entschieden, dass Rapmusik zwingender weise öffentliche Selbsttherapie und Seelenstriptease sein muss? Mit ihrem Gemisch aus allgemeinzugänglichen Selbstprojektionsflächen zum Anhören und exlabeltypischem Representer-Gehabe liefert die 27-Jährige zumindest eine mehr als stabile andersgeschlechtliche Entsprechung der Kunst ihrer ehemaligen Weggefährten aus dem Lager mit dem Sägeblatt. Dazu kommt das selbstgeklöppelte und dabei erfrischend andere Soundgewand und ja, auch eine nicht zu unterschätzende Portion weiblichen Charmes. Machen wir's kurz: Ich bin nach wie vor Hundemensch durch und durch, aber seit "Miyo!" spiele ich zumindest mit dem Gedanken, an der Tür zum Musikzimmer eine Katzenklappe anzubringen...
holi (Nico Mönnig)
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