01. Intro
02. Necronomicon
03. Leichenberg
04. 9mm feat. Jesa & Trunk
05. Ein Stich reicht
06. Ich sehe was, was Du nicht siehst feat. MC Bogy
07. Jack The Ripper
08. Ascheregen
09. Rap Taliban feat. T-Rock
10. Ficke Verräter feat. Schwartz & Dr. Faustus
11. Aus dem Schatten ins Licht
12. Alpha & Omega feat. Morlockk Dilemma
13. Rakokalypse
14. Die Seuche feat. Uzi & Perverz
15. Silent Hill
16. Bleiben hart feat. Blokkmonsta
17. Outro
Als ich 2010 eine mir unbekannte Hirntot-Produktion im Auto eines Bekannten hörte, kam ich zu dem Schluss, dass diese Nische des Deutschraps vor allem für Menschen geschaffen wurde, die mit Rap ansonsten überhaupt nichts am Hut haben. Tatsächlich orientiert sich das Label um Manager Blokkmonsta thematisch eher an der Deathmetalszene als am durchschnittlichen Deutschrapfan. Seit 2010 mischt auch Rako bei Hirntot Records mit und präsentiert seiner Hörerschaft mit "Rakokalypse" sein inzwischen sechstes Album.
Ein Blick auf die Tracklist verspricht ein typisches Hirntot-Album, was durch das atmosphärische "Intro" bestätigt wird, in dem der Deutschtürke bereits Tod und Verderben ankündigt. Eine Zombiearmee, die aus dem "Necronomicon" heraufbeschworen wird, führt alsbald auf den ersten "Leichenberg" des Albums. Instrumentiert wird das blutige Abenteuer durch harte Synthiebeats mit Dirty-South-Einschlag, wobei der Fokus selbstverständlich auf den makaberen Texten liegt. Leider wurde auf Kosten der möglichst hohen Brutalität der vermittelten Gewaltexzesse die Reimtechnik vernachlässigt. Oft jagt ein Zweckreim den nächsten, trotzdem funktionieren die berühmten "wie"-Vergleiche dann trotzdem nur auf einer Ebene oder auch einfach gar nicht.
"Meine Hände sind wie Klauen, sie greifen und reißen/
In Einzelteile, um sie auf den Berg rauf zu schmeißen/
Den Berg rauf zu schleifen, ich stapel sie auf/
Hier fällt nichts zusammen, wie ein Kartenhaus/"
(Rako auf "Leichenberg")
Es fällt aufgrund der recht dürftigen Umsetzung schwer, die ohnehin stark übertriebenen Thematiken besonders ernst zu nehmen. Durch die gepresste Stimme des "Panzer"s, wie Rako sich selbst nennt, wird den dargestellten Gewaltexzessen noch zusätzliches Gewicht verliehen. Aus den Texten eine gewisse Ironie herauszuhören, fällt daher schwer – hierdurch hätte den Darstellungen durchaus ein künstlerischer Mehrwert zugesprochen werden können. Dass auch sinnlose Gewalt ein ästhetisches Potential besitzt, zeigen im filmischen Bereich Produktionen wie "American History X" oder "The Walking Dead", doch Rako gelingt es nicht, dieses Potential zu nutzen und seine Thematik angemessen zu verpacken. "Jack The Ripper" verkommt somit zu einer erneuten Aneinanderreihung von Gewalt, Tod und Elend, ohne dass das dunkle und unheimliche Moment der historischen Figur, die 1888 einige Prostituierte erdrosselte, ansatzweise genutzt wurde. Statt den Mythos aufzugreifen und in anspruchsvollem Rap zu verpacken, wird unstrukturierter Nonsens aneinandergereiht, um einen möglichst brutalen Text zu fabrizieren.
"Jetzt gehen wieder Menschen drauf/
Er zieht Machete, schlitzt sie auf/
Ein tiefer Schnitt im Bauch/
Und Eingeweide fallen raus/"
(Rako auf "Jack The Ripper")
Wie man es besser macht, zeigt auf "Alpha&Omega" Featuregast Morlockk Dilemma, der Rako in jeder Hinsicht vollkommen überflügelt und damit für den, zugegebenermaßen doch sehr flachen, Höhepunkt des Albums sorgt. Zwar kann Dilemma durch seinen erst kürzlich vom Bayrischen Rundfunk ausgezeichneten Wortschatz glänzen und mit seiner Souveränität und Routine am Beat das Niveau für kurze Zeit anheben, doch gleichzeitig wirkt der Leipziger derart fehlplatziert, dass dies den Hörgenuss nicht signifikant steigert. Die verbliebenen Featureparts schlagen allesamt in dieselbe Kerbe wie der Panzer und hinterlassen ein Leichenfeld oder verbrüdern sich mit dunklen Mächten. Dabei weiß keiner wirklich Akzente zu setzen. Auch Labelchef Blokkmonsta wertet "Rakokalypse" gegen Ende nicht weiter auf, doch gibt er schon mal die Marschrichtung für zukünftige Hirntot-Alben vor, denn diese "Bleiben hart". Positiv hervorzuheben ist das selbstsichere Auftreten des Künstlers, sodass die Texte trotz fehlender Tiefe immerhin nicht völlig lächerlich wirken – nur leider fehlt dem Panzer der nötige Witz zum Money-Boy-Effekt. Diese Sicherheit entsteht hauptsächlich durch einen durchaus akzeptablen Flow, den Rako den hochwertigen Instrumentals anpasst und so zu einem Soundbild beiträgt, das die düstere Stimmung des Releases unterstützt.
Fazit:
Im Jahr 2015 fällt es zugegebenermaßen schwer, noch Themen zu finden, mit denen geschockt oder provoziert werden kann – auch Rako gelingt dies nicht. Dazu sind die Themen zu banal, die Ausführung zu mangelhaft. Die düstere Atmosphäre der sauber ausproduzierten Instrumentals wird zwar durch den Stimmeinsatz gut ergänzt, doch sind die Texte einfach zu banal, der Fremdschämfaktor zu hoch. Auch "Ficke Verräter" erregt trotz Messern in sämtlichen Körperöffnungen spätestens nach dem "Leben und Tod des Kenneth Glöckler" kein Gemüt mehr, da die 31er Thematik in Bushidos Umfeld bereits ein gemütliches zu Hause gefunden hat. Somit gelingt es Rako auch nicht mit der "9mm" "Aus dem Schatten ins Licht" zu treten und die "Rakokalypse" einzuleiten. Wer seine Freude an der platten Schilderung von Tod und Gewalt hat, der kann sich auf die "Rakokalypse" freuen. Für alle Anderen bleiben die Instrumentals oder die Möglichkeit, das Album nicht zu kaufen.
(Claude Gable)
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